Zielgruppe und Schreibmotivation

Im Wirtschaftsleben ist es unerlässlich, an die Zielgruppe zu denken. Ob das jetzt ein professioneller Werbetext ist, ein Aufsatz zu einem speziellen Thema, ein politischer Essay in einer Zeitung, überall gibt es Grenzen und Möglichkeiten und schnell ist das eigentliche Ziel verfehlt. Schreiben ist eine Kunst, weil sich der kreative Schreibfluss oftmals mit harten Grenzen und Beschränkungen der Auftraggeber vereinen muss. Und wer kennt nicht das ungute Gefühl, nur ein einziges Thema als Aufgabe zu haben und dazu partout keine Ideen zu haben?

Das Blog und das freie Schreiben bieten hier viel mehr Möglichkeiten, weil grundsätzlich alles erlaubt ist und sich aus dem Charakter eines Menschen wie von selbst eine Sphäre an Texten und eine dazugehörige Leserschaft herausbilden. Wenn der Blogger wirklich so schreibt, wie ihm der Schnabel gewachsen ist und sich nicht verstellt, können die schönsten Kunstwerke herauskommen, auf jeden Fall ein „Produkt“, dass sehr individuell ist und sich nicht unbedingt vermarkten lässt. Der Blogger macht es im Allgemeinen umgekehrt: Er schreibt erst seine Gedanken auf und sucht sich dann selbst eine Zielgruppe. Im Wirtschaftsleben hat man meistens erst eine Vorgabe und Zielgruppe und schreibt dann. Ich finde beide Herangehensweisen interessant, bin aber naturgemäß in der ersten, bequemeren und „freieren“ Variante zu Hause.

An eine Zielgruppe zu denken, wird immer dann interessant, wenn man mit dem Blog bestimmte, politische Absichten hat oder die Brücke vom privaten zum kommerziellen Schreiben schlagen möchte. Oder wenn der Blogger einfach lernen möchte, wie man anders, vielleicht professioneller schreiben kann.

Es gibt bestimmtes Handwerkszeug und Regeln, die einem die Arbeit erleichtern können:

• Überlege dir vorher ein Thema und versuche, inhaltlich nicht zu weit abzuschweifen
• Überlege, ob das Thema zu der Zielgruppe passt oder nicht zu weit hergeholt ist
• mache vorher eine Gliederung und einen Plan, was alles in den Text gehört
• halte dich strikt an diese Gliederung! Kreativität ist „zwischendrin“ immer noch möglich
• nimm dir Zeit für Recherchen und Verlinkungen oder Quellenangaben
• lies Deinen Text über Tage verteilt mehrmals durch und gib ihn anderen Leuten zum Korrekturlesen

Als gute Übung sind dafür professionelle Produktbewertungen (Ciao, Dooyoo, etc.) geeignet, weil man hier lernen kann, strikt bei einem Thema zu bleiben und nicht zu emotional oder persönlich schreiben darf. Außerdem wird man dort von anderen Kunden kritisch bewertet.

Wenn man insgesamt so geradlinig vorgeht, kommt man vom gewöhnlichen Notizzettel- Bloggen ab und hat den ersten kreativen Schritt für professionellere Text oder ein ganzes Buch getan. Es ist hilfreich, dieses Rahmenprogramm hin und wieder zu üben und seine Schreib-Fähigkeiten zu optimieren.

Die Frage bleibt aber: Was ist meine Zielgruppe? Was für Leute gibt es und mit welcher Absicht lesen sie überhaupt Texte?

Bleiben wir erstmal beim Blog!

• Leute im Internet lesen gewöhnlich nicht gerne zu lange Texte
• amüsante Geschichten mit Bildern sind oft populärer als schwierige und ernste Themen; das Internet ist ein schnelles Medium!
• Vorsicht bei allen emotionalen Brennthemen und politischen Texten: Hier gibt es starke Unterschiede und verschiedene Ansichten; zu schnell verliert man einen Leser
• beliebt sind private Geschichten und das- über- die- Schulter- schauen- können; allerdings hat man hier eine große Konkurrenz
• Faustregel: Je interessanter das eigene Leben, desto größer die Wahrscheinlichkeit damit auch gute Texte schreiben zu können
• beliebt sind Produktempfehlungen oder Reportagen von verschiedenen Ereignissen
• hier kann man ein wenig bei den „Großen“ abschauen und sich aus dem Repertoire von Journalisten bedienen: Interviews starten, Vorort-Berichterstattung, kritisches Nachfragen und Recherche
• die Art des Textes bestimmt seinen Inhalt! ein bloggender, freier Schreibfluss ist kreativ, aber auch unübersichtlich und zerfasert; ein Interview ist streng geordnet und wird auf Inhalt und Aussagen ausgerichtet; eine Produktbewertung wird analytisch und kritisch, etc.

Je nach Interessen und Fähigkeiten des Bloggers lässt sich das Schreiben mehr oder wenig professionalisieren. Die Frage bleibt allerdings, ob man das überhaupt möchte, hier sind wir wieder beim Charakter angelangt, der letztendlich das größte Kriterium bleibt.

Ein einzelgängerischer Mensch wird nicht die große Diskussions- und Verlinkungsflut starten können, genauso wenig wie ein oberflächlicher und schnelllebiger Mensch keine langen Texte schreiben kann oder mag!

Wenn man erstmal eine Nische gefunden hat und der Meinung ist, sich hier zu Hause zu fühlen, sollte man einfach weiterschreiben und versuchen, Leute zu finden, die über ähnliche Themen schreiben und die dann verlinken.

Wenn man selbst sehr exklusive Ansprüche hat und schwierige Texte produziert, für die sich kaum Leser finden lassen, gibt es zwei Möglichkeiten:

• man wechselt die Themen und schlägt einen Kurs ein, der mehr Aufmerksamkeit und Leser „produziert“
• man bleibt dabei und pflegt das gute Gefühl, Kunst zu erschaffen und somit der kulturellen Vielfalt im eigenen Land ein wenig geholfen zu haben; Schreiben ist dann mehr ein Selbstzweck und dient der eigenen kreativen Therapie oder einfach dem Spaß am Hobby

Im Idealfall kann man beide Themen „Populär“ und „Qualitativ-kritisch“ vereinen und hat somit den Königsweg gefunden. Das dürfte aber schwierig werden.

Wichtig ist meiner Meinung, dass man wirklich so schreibt, wie man sich wohl fühlt und es nicht übertreibt oder sich unter Druck setzt. Letztendlich färbt diese Einstellung beim Schreiben auch auf die Texte ab und erzeugt dann eine gleichwertige Resonanz.

6 Gedanken zu „Zielgruppe und Schreibmotivation“

  1. Ich muss da gleich was korrigieren: Man sollte sich bei jedem Text die Zielgruppe überlegen, nicht nur in der Wirtschaft. Und Handwerkszeug ist immer unerlässlich. Üben, üben, üben.

  2. Julia, korrgiere mich bitte, wenn ich auf dem falschen Pferd sitze:
    Wenn ich das Fahrrad aus dem Keller hole, treff ich eine Entscheidung. Mache ich mir einen schönen nachmittag, vielleicht noch mit Freunden auf einem Radwanderweg, oder will ich für die Tour de France trainieren?
    Beides in einem dürfte schwer sein zu realisieren und doch ist ja beides für sich o.k.

  3. wie ich sehe, gibt es schon diverse Meinungen dazu, das ist schön! Das liebe ich an den Blogs! 😛

    @ Violine: Wieso meinst Du, dass es immer eine Zielgruppe geben sollte? Was hälst Du z.B. vom freien, kreativen Schreiben (mit dem man letztendlich niemanden erreichen möchte als sich selbst)?

    @ Menachem: eine sehr schöne Metapher! Nun, es gibt vielleicht Leute, die setzen sich aufs Rad, wollen eigentlich nur ihren Spaß und trainieren dann doch wie Weltmeister! 😉

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