Nicht so ganz reality

Ganz anders und wesentlich besser der heutige Tag, über den ich auch nicht viel Worte verlieren möchte.

Hinter den Kulissen

Interessant aber, am Ende, die kritische Sendung „Zapp“ (ARD), die einen Beitrag über die Rücksichtslosigkeit und Profitgier der „Frauentausch“-Macher brachten. (Link, mit Video)

Im Grunde bestätigte es nur den Verdacht, den man als Zuschauer sowieso immer spürt, wenn man sich dieses Format anschaut: Es ist alles furchtbar überdreht und auf Einschaltquote getrimmt. Die Fernsehteams begleiten die Familie oft 12 Stunden am Tag, dass es dabei zu Spannungen kommt, ist schon ganz automatisch klar- jeder, der bei sich längere Zeit Besuch hat, kennt das Gefühl keine Rückzugsräume zu haben. Da muss man noch nichtmal besonders „assozial“ sein, das ist einfach menschlich, wenn es dadurch kriselt. Konflikte werden falsch zusammengeschnitten und die Inhalte tlw. auch aus der Wahrheit herausgelöst. Das heißt dann nichts anderes, als dass Tatsachen verdreht werden und die Medien-Laien keine Ahnung haben, wie sie am Ende vor einem Millionenpublikum da stehen. Aus einem friedlichen, harmonieliebenden Pärchen wird dann eine „typische“ Problemfamilie, bei der der Zuschauer -angeheizt durch die leicht zynische Stimme aus dem Off – denken soll, dass es Assoziale sind und somit das eigene Vorurteil über die Unfähigkeit derer nur noch bestätigt wird. Also nichts anderes als eine reine Meinungsmanipulation, die dem Profit zu Gute kommen soll (und andere politische Ziele könnte man damit theoretisch auch durchsetzen).

Und wenn die geschädigte Familie während der Dreharbeiten merkt, wie der Hase läuft, hängen sie schon längst in einem derart raffiniert gemachten Knebelvertrag fest, dass es kaum möglich ist, die Ausstrahlung zu verhindern.

So heftig habe ich noch keinen kritischen Beitrag darüber gesehen, aber es ist gut von „Zapp“, dass sie es mal so deutlich vermittelt haben. Dass andere Sendungen der Machart in eine ähnliche Schiene schlagen, liegt auf der Hand. Nicht immer ist die Reality-Soap so real, wie wir denken, manchmal ist es doch deutlich mehr „Soap“.

Denn was wäre die Show ohne gute Schauspieler?

Und wie ist es bei den Blogs?

Da lob ich mir die Blogs, da hat man es wenigstens noch selbst in der Hand, was man schreibt und ganz ohne Vertrag auf freiwilliger Basis kann man soviel herauslassen oder reinschreiben, wie man möchte. Nicht halb Deutschland schaut einem zu, sondern vielleicht nur ein zwei, die es überhaupt interessiert- und die anderen, die keine Skandale bekommen, für die ist es langweilig.

Ist unsere Welt denn so einfach gestrickt?

Oder sind die Blogs nicht auch erst interessant, wenn sich der Leser „wohlfühlen“ kann? Sprich, wenn er über Probleme liest, die ihn nichts angehen, die er nicht beeinflussen kann- aber die ihm bei der Bewältigung von eigenen vielleicht irgendwie helfen können?

Ja, ich würde schon sagen, dass es so ist und dies auch immer den Druck, aber auch Reiz beim Schreiben ausmacht. Viele Leser werden echte Gefühle den objektiven Analysen vorziehen. Soweit ist das auf jeden Fall meine Erfahrung.

Wieviel von mir entblöße ich und wie soll es wirken? Bin ich eine Jammertante und anschmiegsam, oder die große Macherin, die alles im Griff hat, aber doch ein wenig ausbrennt und kalt wirkt?

Und daher ist zuviel Privates nicht gut im Blog, es ruiniert den eigenen Ruf und besser geht es einem auch nur, wenn man wirklich Mitgefühl bekommt.

Und für echtes Mitgefühl braucht man eigentlich keinen Blog, da würden ein paar gute Freunde reichen.

Wer sich im Blog öffnet, der öffnet sich unverbindlich, ohne einzuengen und im eigenen Tempo. Besser hier, als nirgendwo. Lieber der Welt mehr vertrauen, als der Welt zu misstrauen und sich vor allem zu verschließen.

Andere können nur ihr Herz öffnen, wenn sie sehen, dass sich auch andere öffnen und dabei fängt man am besten bei sich selbst an.

Offenheit steckt an und vergrößert die Welt. Zu großes Misstrauen verkleinert sie und macht sie fad.

2 Gedanken zu „Nicht so ganz reality“

  1. Ich würde gerne noch zwei Gedanken dazu ergänzen.

    Die Sendungsmacher sind nach meiner Meinung nach nur Werkzeug – sie bringen das in die Röhre, was die Menschen sehen wollen. Ohne Einschaltquoten kein „Frauentausch“.

    Und wie ist das mit blogs? Das unterstreiche ich alles, was du darin schreibst und sehe es genau so. Ich glaube darüber hinaus, dass das Schreiben uns letztendlich dahin führt, was wir in und über uns klären wollen. Ich habe für mich den Eindruck, dass das in verschiedenen Themen Jahre dauern kann und ohne die Kommentare, die ich in der Regel noch nicht einmal als Antwort auf meinen Beitrag empfinde, sondern mehr, was in dem Kommentator selbst arbeitet, aber mich dennoch weiter bringt, wäre ich noch woanders.

    Ich glaube, es gilt allein es fliessen zu lassen und sich selbst zu vertrauen, dass es so richtig ist, weil wir einerseits einfach aber doch extrem kompliziert gestrickt sind.

    Mir fällt dazu ein was ich zuletzt gelesen habe, und auch dies ist, obwohl es so aussehen mag, nicht direkt eine Antwort, sondern mehr, was dein Beitrag in mir auslöst. Oft wissen wir nämlich nicht, was wir unbewusst verhindern, damit es nicht eintritt, obwohl wir bewusst meinen, es eintreten lassen zu wollen. In dieser gelesenen Abhandlung ging es also darum, interpretiert auf blogs, der von tausenden am Tag gelesen wird, ob die Themen, die du auch beschreibst, überhaupt noch geschrieben werden könnten, und aus diesem Grund man eigentlich gar keinen blog will, der auf der Topliste steht. Diese Selbstverhinderungstaktik gibt es glaube ich ganz oft in unserem Leben, und wenn nicht, finde ich zumindest den Gedanken interessant.

  2. Beim letzten Punkt mit der Privatsphäre und den Topblogs würde ich sagen, dass es bei mir auch so ist. Ich finde kleine Blogs interessanter. Wenn die Leute viele Besucher bekommen, hört man doch hin und wieder, dass es ihnen zu streßig wird und sie nicht mehr so frei schreiben können.

    Diese Gier nach mehr Besuchern führt im schlimmsten Fall zur völlig Verdrehung des eigenen Selbst.

    Oder man denke an Stars, wie wenig die nach außen tragen können, wie sehr alle nach ihrem Privatleben trachten, wie anstrengend so ein Leben ist.

    Ich glaube, vor ein paar Jahren, so Mitte 20 hab ich für mich beschlossen, dass ich das niemals in meinem Leben will.

    Man spart sich zwei Dinge: Einmal den Streß, das Ziel zu erreichen und den Streß, der mit dem ganzen Rummel verbunden ist.

    Und von den spirituellen Dingen u. der Selbst-Reflektion führt die Gier nach Ruhm einen auch weg.

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