Die Andere

Im Supermarkt hat mich heute eine ältere Frau angefahren. Von weitem bemerkte ich schon ihre negative Energie und sie kam mir im schmalen Gang mit schnellen Schritten näher (ihre Aura spürte ich, ohne es zu sehen), gerade als ich den Blick vom Regal heben und in ihr zornerfülltes und angespanntes Gesicht blicken wollte, rempelte sie mich mit ihren Wagen an und vertrieb mich vom Gummibärchen-Regal. Dabei wollte ich mir auch gerade ein Päckchen Gummibärchen nehmen.

Ich schaute kurz zurück und in ein paar Millisekunden war mir klar, dass sie sich gerade geärgert hatte und auf irgendwas oder irgendwen furchtbar böse war. Ich, die junge Frau mit der unaufälligen Kleidung und dem leicht geschminkten Gesicht kam ihr gerade recht. Vielleicht erinnerte ich sie an ihre Schwiegertochter, die ihr ihren einzigen Sohn in Beschlag genommen hatte und nun gegen jeden weiteren Einfluss von außen (vor allem von ihr!) mit Verbissenheit verteidigte.

Ihren Sohn, den, den sie so geliebt hatte. Ihren einzigen. Das konnte nicht sein, sie war sauer und böse. An Weihnachten hatte sie mal wieder ihre weiblichen Attitüden ertragen müssen, die sie so überhaupt nicht ab konnte und die sie so an sie selbst erinnerten.

Sie wollte ihren Sohn behalten, aber es klappte nicht und sie merkte, wie sie ihn Schritt für Schritt an die andere Frau abgeben musste und das schmerzte.

Nun, da sie mich sah und mit meinem Gesicht erinnerte ich sie so an ihre freche Schwiegertochter, da musste meine Hand, mein Arm mein ganzer Körper hinhalten und ich habe noch nichtmal „Aua“ gesagt.

2 Gedanken zu „Die Andere“

  1. Hallo Julia-Adriana,

    Deine Geschichte zu Deinem Erlebnis im Supermarkt finde ich sehr bewegend. Vor allem das, was Du Dir gedacht hast, warum diese ältere Frau so gehandelt haben mag.

    Oh, und dieses Perplex-Sein, nicht mal etwas zu sagen, das kenne ich irgendwie. Hast Du es bereut, dass Du nichts gesagt hast oder hast Du bewusst nichts gesagt?

    Viele Grüße,
    Wombat

  2. Hallo Wombat, ehrlich gesagt musste ich erst über alles nachdenken und als ich etwas hätte sagen können, war die Frau schon weiter gegangen. Es hätte auch alles nur ein Versehen sein können, aber der böse Blick ist mir später doch gut in Erinnerung geblieben. Ich hab mir eigentlich vorgenommen, immer gleich was zu sagen, aber da ist es mir schon ein paar mal passiert und immer schweige ich nur. Vielleicht bin ich beim nächsten Mal „direkter“.

    lg, Julia

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