Diskussionskultur im Netz

Ich benutze das Internet schon recht lange und in verschiedenen Formen. Vor allem in Foren lese ich sehr gerne. Man bekommt dort vor allem zu den Themen Computer, Webdesign, Spiele, etc. sehr viele wertvolle Anregungen. Es ist witzig zu lesen, wie andere schreiben, was für Erfahrungen sie mit ihrem neusten Betriebssystem oder Grafikkarte gemacht haben. Gerade, wenn Jugendliche schreiben, merkt man ihre unterschiedliche Lebensanschauung.. bei Erwachsenen kommt dann oft dieses „knurrig-bissige“ durch, was alte Menschen in Deutschland anscheinend „auszeichnet“. Schön ist es dann, wenn die verschiedenen Generationen und Geschlechter aufeinander zugehen und sich austauschen, aber auf Grund der Thematiken bilden sich oft eigene, streng abgegrenzte „Peergroups“. Die einen wollen dann mit den anderen nichts zu tun haben, es ist nach Geschlechtern, Alter und Bildung scharf getrennt und das Internet überwindet hier nur langsam die hohen sozialen Mauern aus dem „reallife“.

In typischen „Frauenforen“ lese ich dann über Krankheiten, Probleme mit dem Partner, und derzeitig vorherrschende Vorstellungen von Familie und Karriere. Gerade hier ist das gegenseitige Abwerten von Lebensvorstellungen und Einsichten untereinander sehr ausgeprägt, ein Grund, warum ich dabei meistens nicht mitmache. (warum die Aufregung? Jeder lebt eben so, wie es ihm gefällt, darüber muss man eigentlich nicht diskutieren; außerdem ist es privat und lohnt der Mühe und Entblößung nicht)

Auf Amazon und anderen Einkaufsseiten lese ich sehr gerne die Rezensionen. Persönliche Erfahrungen von Nutzern mit einem bestimmten Produkt? Ich richte meine Kaufentscheidung mittlerweile fast ausschließlich nach dem Konsens, der sich daraus ergibt. Besonders wertvoll und gut wird die Entscheidung dann, wenn man sie noch mit professionellen Testberichten mischt. Denn Tester und Kunden haben oft unterschiedliche Erfahrungen und manche Mängel zeigen sich nur bei ganz bestimmten Vorgängen.

In meinem Blog schreibe ich dann meine persönlichen politischen Ansichten und bin immer wieder froh, wenn sich eine Diskussion darüber ergibt oder bestimmte Leser/ Leserinnen Anregungen dazu haben.

Das Internet ohne Menschen könnte ich mir eigentlich kaum vorstellen und die vielen Meinungen und Erfahrungen aller bildet in der Summe den eigenen Erfahrungshorizont. Ich glaube, es gibt keinen einzigen Blogartikel, der nicht aus 85 Prozent von Meinungen besteht, die ich im Fernsehen, in Talksendungen, in Blogs, über Twitter oder Bücher gehört und gelesen und dann mit eigenen Worten neu zusammengestellt habe. Ja, meine genialen Artikel (hüstel) verdanke ich hauptsächlich euch! Meinen Lesern, den anderen Bloggern, den vielen Quellen im Netz.

Bei all dem wundert es mich, dass ich außer auf meiner eigenen Seite kaum in anderen Foren oder Blogs aktiv tätig bin, denn meinen Charakter konnte das Netz trotz aller Informationen nicht ändern. Vielleicht, weil ich keinen Bedarf nach extrovertiertem Austausch habe und mir das Blog als räumlich begrenzte Nabelschau oft reicht? Z.B. habe ich mich in den zehn Jahren Internet-Geschichte noch in keinem einzigen Forum dieser Welt länger als drei Tage aufgehalten. Es gibt ja Leute, die haben Stammforen und kehren immer zurück und beim Nutzer steht dann in der Statistik „6500 Beiträge“ ! Ich kann mir da nur verwundert die Augen reiben. Die ganzen Meinungen im Netz passiv aufzunehmen ist schon eine Menge Arbeit und irgendwo muss ich zwangsläufig immer einen Strich ziehen. Der Tag hat nur 24 Stunden und nicht mehr als drei Stunden surfen pro Tag ist eigentlich genug! Diese Stunden vergehen allerdings sehr schnell.

Nachdem ich die vielen Meinungen durchgelesen habe, ist mir dann alles klar und ich habe kein Bedürfnis mehr, noch was dazu zu schreiben. Vor allem mag ich den Stil in Foren nicht, wenn man die anderen kritisiert oder mit der eigenen Meinung manipulieren oder „überzeugen“ möchte. Ich finde, jede Meinung steht für sich und ist es wert, gelesen, gesehen und gehört zu werden. Man muss eigentlich niemand von der eigenen Meinung überzeugen, es reicht völlig aus, wenn man sie äußert. Man muss sich auch nicht ärgern, wenn der andere die eigene Meinung nicht teilt. Man muss nicht traurig sein, wenn man als einziger eine bestimmte Meinung hat und die anderen alle einer anderen sind. Was ist denn so schlimm daran? Ich verstehe oft den Einsatz nicht, mit dem Leute in solche Diskussionen gehen und empfinde das dann eher als abschreckend. Auch auf Twitter kann man kaum eigene Statements abgeben, ohne dass sie von anderen negativ bewertet werden. Einen Gewinn kann nur derjenige daraus ziehen, der ausreichend aggressiv ist und sich aus diesem kalten Wind der ständigen Streiterei nichts macht (vergleichbar hierzu: die Talksendungen im Fernsehen).

Und ich glaube, weil ich da von vornherein so passiv und abwartend bin, hatte ich auch nie das Bedürfnis nach aktiver Forenteilnahme. Vielleicht vermeide ich die Aggression und suche mir lieber gesündere Wege? Das Blog ist da ein ideales Zwischending.

Nur, jetzt ist mir letztens was dummes passiert: In einem bestimmten Forum gibt es eine bestimmte Datei für den Computer, die ich unbedingt haben wollte. Das ist „user generated content“, also von fleißigen Mitgliedern des ‚Clubs‘ erstellter Inhalt.
Das ist wirklich eine exklusive Datei und meine ganzen Recherchen über Google haben ergeben, dass es sie wirklich nur in genau diesem Forum gibt. Man bekommt sie allerdings nur, wenn man sich registriert. Und auch dann noch nicht gleich, sondern erst, wenn man mind. 6 Beiträge geschrieben oder 3 neue Topics eröffnet hat! Die Punkte werden dann zusammengezählt und so soll ausgeschlossen werden, dass es zuviele Forenleichen gibt (zu denen ich definitiv gehöre) die nur saugen, aber nichts zurückgeben.

Tja, schöner Trick, liebe Forenbetreiber! Damit habt ihr mich. Jetzt bin ich gezwungen, auch aktiv zu sein. Und entdecke eine völlig neue Schüchternheit an mir. Wie geht das eigentlich mit den Foren? Huch, hier stehe ich ja nicht im Mittelpunkt. Hier zählt jede Meinung gleich viel und wird schön ordentlich hintereinander gepostet, aufeinander eingegangen, Infos nicht doppelt erwähnt, sonst kommen böse Ermahnungen von 16jährigen Moderatoren. Gar nicht so einfach, das Forenleben- wenn man das Internet nur von der femininen Tagebuch-Seite aus kennt.

Ich muss mich noch ein wenig daran gewöhnen. Aber mit der Zeit macht es richtig Spaß! Jetzt kann ich endlich mal der Welt meine Meinung aufdrücken. Was für ein schönes Gefühl! 😉 harharhar!

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