Das Püppchen

Passende Musik

Das Püppchen sah sich selbst vorm Spiegel an und konnte es kaum glauben. Die Wimpern so lang, die Wangen so hoch und die lockigen blonden Haare fielen ihr von der Schulter. Sie hatte volle Lippen, die sie in der letzten gerne schminkte. Ihr Haut war weiß und glatt geworden. Ihre Augen irgendwie tiefer und intensiver. Sie lächelte sich an, war sehr erfreut. So wie die letzten 2000-male auch, als sie sich vorm Spiegel anlächelte. Sie drehte sich ein bisschen um die eigene Achse um ihre neuen weiblichen Rundungen zu betrachten. Und auch die waren neu und schön. Sie konnte es kaum glauben. Sie strich vorsichtig den feinen Stoff ihres Kleides über die Hüfte und es fühlte sich tatsächlich alles echt an. Sie musste lachen, grinsen und ein bisschen kichern. Überhaupt lachte sie in der letzten Zeit viel mehr. Sie wusste nicht warum, aber sie fand alles witzig. Sie sah plötzlich Dinge, die sie vorher übersehen hatte. Ihre Augen waren wie ausgewechselt und die „Filter“ die dazu gehörten, sowieso. Alles hatte plötzlich einen rosa-farbenen Schleier. Die Dinge wurden weiblicher. Alles, was sie anfasste, wurde zu etwas weiblichem. Jede Bewegung ihrer Hände war weiblich, alles bestand plötzlich aus Anmut und Grazie. Sie arbeitete wieder mit Farben und konnte Stunden mit Bildern und Menschen verbringen. Alles lebte, die Figuren kamen ihr fast entgegen, unbewegtes wurde belebt und Menschen konnte sie fast durch den Bildschirm riechen und hören, auch wenn sie nur aus Bits und Bytes bestanden.

Dafür war ihre Konzentration schlechter geworden. Und sie fühlte sich dumm, was sie betrübte. Wenn der Typ neben ihr saß und sie mit ihm zusammen arbeiten wollte, konnte sie sich kaum auf den Inhalt am Bildschirm konzentrieren. ER war plötzlich viel wichtiger geworden. Sie setzte sich extra so hin, dass er sie berühren musste, wenn er mit der Maus was am Bildschirm erklären wollte. Sie genoss die Berührung. Das sanfte Streichen über ihre Haut. Das Blut schoss dabei durch ihren Unterkörper und die Nackenhaare stellten sich auf. An den Armen spürte sie ein leichtes Kribbeln. Überall war Energie, sie war die Energie. Und schon wieder musste sie kichern.

Die Musik ergoss sich über ihre Ohren. Es war nicht einfach nur noch Musik. Es war wie zwei Tonnen Vanille-Eis, das man über ihre Brüste und ihren Körper ausgegossen hatte. Sie lebte in diesem Bad aus Musik… dann vergaß sie alles um sich herum und schmolz wie Butter in der Sonne. Mit fettigen Fingern konnte sie gerade noch so an der Lautstärke drehen, dann setzte ihr bewusstes Denken, das „Grübeln“ aus. Ihr Körper wurde zu Noten, ihre Beine wurden zu Linien und ihr Herz pochte im Takt. Das Püppchen war ein schöner Anblick. Der Schalter im Nacken drehte sich und drehte sich. Ob die Batterie je zu Ende sein würde? Im Moment sah es nicht danach aus.

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