Ein Tag in Heidelberg

Guten Morgen!

Normalerweise schreibe ich immer die ersten Zeilen in mein Tagebuch für mich selbst. Was war passiert, was wird noch wichtig? Wie geht es mir im Moment?

Das ist meistens die Basis für ein paar Zeilen.

Da hab ich gerade den Artikel bei Sabine über unser letztes Treffen der Manna-Fotogruppe gelesen und mich gefreut.

Ja, das Wochenende war sehr chillig. Schön sonnig, schön entspannt. Es sollte nochmal der letzte „Spätsommertag“ werden, bevor das Wetter schlechter werden sollte. Oft habe ich die Treffen in Heidelberg nicht wahrnehmen können. Zu weit weg, zu viel Arbeit oder gerade keine Zeit, weil man mit den blöden Dingen des Alltags beschäftigt ist.

Wie schön es da ist, mal raus zukommen! Ich hab mich in unser Auto gesetzt (mein Mann brauchte es nur bis 10 Uhr) und bin einfach losgefahren. Vorher noch ein Paket zur Post gebracht und mich darüber gefreut, dass es so viele Leute gibt, die auch am Wochenende arbeiten und immer dafür sorgen, dass unsere Wirtschaft läuft. Wir haben uns zu sehr daran gewöhnt, zu „selbstverständlich“ ist es, dass wir es erst merken, wenn „Fachkräftemangel“ herrscht.

Auf der Autobahn war es sehr voll und Menschen aus allen Herren Ländern und mit allen möglichen Kennzeichen sind an mir vorbeigerauscht. „Jeder möchte das gute Wetter nutzen“, dachte ich mir und fuhr relativ gemütlich über die Autobahn und dann durch die Innenstadt zum Hauptbahnhof. Alleine das dauert ca. 40 Minuten.

Ich hatte mir ein gutes Parkhaus ausgesucht, das nicht zu weit weg ist, aber teuer sind leider alle. Am Ende des Tages musste ich für den Spaß, „mobil zu sein“, 10 Euro in den Automaten stecken, um mein geliebtes Gefährt wieder zu erhalten, weitere 17 Euros waren dann für ein VRN-Tagesticket fällig.

Am Hauptbahnhof Mannheim habe ich erst mal die Menschenmassen genossen und mir die vielen jungen Leute angeschaut. In der letzten Zeit merke ich immer mehr, dass ich älter werde. Vor allem am Wochenende, wenn viele junge Leute unterwegs sind, Fußball-Fans z.B., Studenten oder Gruppen aus jungen Frauen, die eine Freundin besuchen. Der öffentliche Nahverkehr ist oft jung, fällt mir auf.

Leider war ich für die erste S-Bahn nach Heidelberg zu spät. Ich bin gerade die Treppe hoch gejoggt, da habe ich noch gesehen, wie sie abfährt. Also nochmal 30 Minuten warten!

Ich habe die Zeit in der Bahnhofsbuchhandlung verbracht, was immer etwas besonderes ist und wo es besonders viele Eindrücke und Inspirationen gibt, vor allem wenn man normalerweise ländlich wohnt, so wie ich. ( Und es war mir sogar noch gelungen, ein Geschenk für meinen Schatz zu kaufen, der nämlich heute seinen Geburtstag hat. 😉 )

Irgendwann ging es dann weiter nach Heidelberg. Die Strecke war ich noch nie zuvor gefahren. Anlässlich der Herausgabe des 9- Euro Tickets im letzten Jahr hatte ich recherchiert und bin drauf gekommen, dass das S-Bahn Netz in der Rhein-Neckar Region doch sehr gut ausgebaut ist und die Taktung zufriedenstellend ist. Warum das also nicht nutzen? Heidelberg mit dem Auto ist keine so gute Idee, weil es sehr viele Straßenbahnen, Schienen und Fahrräder gibt. Mit den Öffis ist man da „intelligenter“ unterwegs, außerdem war mein heutiges Ziel der Bergfriedhof, wo es nicht besonders viele Parkplätze gibt. Nachdem das Transport-Problem also endlich gelöst und hinter mich gebracht wurde, konnte ich endlich Sabine treffen und zusammen warteten wir auf den Rest der Manna-Gruppe.

Die Führung begann am jüdischen Teil des Friedhofs. Sehr interessant, weil ich in meinem Leben noch auf nicht so vielen jüdischen Friedhöfen war. Wir hatten einen sehr guten Begleiter, der uns alles freigiebig und geduldig erklärt hat. So gibt es z.B. kleine weiße Steine, die die Besucher am Eingang aufnehmen können. Am Grabstein wird einfach ein Stein drauf gelegt. Blumen oder Grabschmuck wie bei den christlichen Friedhöfen gibt es nicht! Außerdem gibt es die Regel, dass die Gräber nicht angefasst oder „gepflegt“ werden sollen, wie es „bei uns“ üblich ist. Man überlässt die Toten quasi dem Totenreich und kümmert sich nicht mehr so versessen darum wie im Christentum. Es ist eine etwas entspanntere Art mit dem Tod und vor allem der aufwändigen Grabpflege umzugehen. Uns war z.B. auch aufgefallen, dass auf dem christlichen Teil des Friedhofs viele Schilder von Gärtnereien angebracht sind, weil es ja immer darum geht „Wer schaut nach dem Rechten? Wer pflegt den Bewuchs, kehrt die Erde oder den Staub weg und tauscht die Blumen aus?“. Einer aus unserer Gruppe meinte dann auch sehr treffend, dass er früher auf den Friedhöfen viel mehr ältere Frauen in schwarz gesehen hat, die diese Arbeit immer „wie selbstverständlich“ gemacht haben und dass die Grabpflege heutzutage quasi „outgesourct“ (also auf Dienstleister übertragen) worden ist.

Mit Hilfe von „Google Lens“ haben wir dann teilweise versucht, die hebräischen Inschriften zu entschlüsseln, vor allem ein Symbol war so gut wie an jedem Grabstein zu lesen. Es bestand nur aus zwei Zeichen und eine kurze Internetrecherche hatte dann ergeben, dass es einfach heißt „Hier ruht“, danach kommt dann der Name, und die restlichen Angaben. Aber es gibt z.B. keine Kreuze, weil dieses Symbol im Judentum „nicht erlaubt“ ist, sogar in der Mathematik wird ein anderes „Plus“ verwendet. Mir wurde auf jeden Fall bewusst, dass es noch viel über Religionen zu lernen gibt und man immer glaubt „schon alles zu wissen“, was bestimmt nicht so ist.

Weiter ging es mit dem gemütlichen Spaziergang über die Hänge und die bewaldete Fläche des Bergfriedhofes. Ich erinnerte mich an diese besondere Architektur des Friedhofes, weil ich hier das letzte Mal vor 25 Jahren war, als mein Onkel seine Beerdigung hatte. Aber an viel mehr von damals konnte ich mich nicht erinnern, vielleicht noch an die Kapelle und ein bisschen an den Eingangsbereich.

Im christlichen Teil fiel uns dann noch auf, dass wir uns hier irgendwie wohler fühlen, weil die Gräber „schöner“ waren und nicht ganz so düster und soldatisch-einheitlich wie auf dem jüdischen Teil. Hier sind nämlich zusätzlich alle Grabsteine in eine Richtung ausgerichtet, auf dem christlichen Teil ist mehr Durcheinander, etwas mehr „Chaos“ und auch die Grabgestaltung ist sehr unterschiedlich.

Weil uns dann auf dem Höhepunkt der kleinen Wanderung so langsam der Hunger einholte, beschlossen wir hinterher noch eine kleine Einkehr in der Heidelberger Weststadt zu unternehmen. Ein sehr schönes, ruhiges Viertel, das gepflegte Straßen und Menschen hat, nicht überlaufen ist und ein bisschen an den Mannheimer Lindenhof erinnert.

Hier im Restaurant fiel mir dann noch auf, wie gesellig das Stadtleben ist. Menschen kennen sich, grüßen sich und treffen sich anscheinend viel öfter in der Öffentlichkeit, als das bei uns auf dem Land ist. Da wurde ich etwas wehmütig, denn die Geselligkeit fehlt doch hin und wieder, wenn man in einem sehr kleinen Ort lebt, wo es vielleicht auch nicht so viele „Gleichgesinnte“ auf einen Fleck gibt (z.B. Foto- oder Kunstbegeisterte). Da hat die Stadt doch auf jeden Fall ein paar Vorteile!

Mit vielen Eindrücken und einem schönen Tag im Gepäck ging es dann nach Hause.

2 Gedanken zu „Ein Tag in Heidelberg“

  1. Hu, ich merke auch, dass ich immer älter werde. Oder die Jungen immer jünger! Alt fühle ich mich nicht, nur fremd, wenn ich deren Mode bemerke (zum Beispiel).

    Am „Dante“, wo wir einkehrten, treffen sich oftmals dieselben Leute, viele aus der Weststadt. Deswegen grüssen die sich auch! Und man trifft sich gerne in der Öffentlichkeit, weil man keinen eigenen Garten hat, zumindest kommt es mir so vor.

    Danke für Deine Eindrücke, Julia!

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