Gedanken zum JMStV

Okay, ich habe derzeit nicht viel Zeit und liefere daher nur eine kurze Übersicht über meine bisherig-gewonnen Erkenntnisse über die Neuregelungen beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, kurz „JMStV“ . Ganz wichtig: Ich bin keine Expertin und kann mir meine Meinung nur auf Grund öffentlich zugänglicher Quellen bilden. Nichts von dem, was ich hier schreibe, darf man als rechtsverbindlich ansehen oder interpretieren. Selbst Experten sind sich bei der Beurteilung der neuen Regelungen noch unsicher.

Vorneweg: Es gibt sehr viele Infos im Netz zu diesem Thema, aber trotz der beeindruckenden Vielseitigkeit ist die Diskussion von der sachlichen Ebene scharf begrenzt. Ich habe den Eindruck, dass man fast ausschließlich Informationen von Netz-Affinen bekommt, die wiederum ähnliche Quellen lesen und sich vom Inhalt sehr angleichen.

Beispiele hierfür sind:

Auch gibt es weniger eine offene, demokratische Struktur, die in in die Breite geht, sondern vielmehr eine inhaltliche Reduktion auf Alpha-Blogger, nach deren Meinung man sich nun zu richten hat bzw. richtet. Ich habe nichts gegen Experten, aber im Kern bedeutet das mal wieder, dass sich nun 80 Millionen Einwohner und ihr prozentualer Anteil der Netz-Tätigen nun ausschließlich nach den Ideen und Vorgaben zu richten hat, die vielleicht ein oder zwei Einzelpersonen hervorbringen. Basis-Demokratie sieht anders aus.

Viel zitiert wurde in diesem Zusammenhang das Lawblog von Udo Vetter und seine „Beschwichtigung“ (die dann wiederum von anderen als zu beschwichtigend angesehen wurde..)

Es wundert nicht, dass all diese BloggerInnen (ich auch!) natürlich von Vornherein einen staatlichen Eingriff in ihre Grundrechte vehement ablehnen..insofern ist die Diskussion nicht objektiv, sondern von einer Protestkultur geprägt, wie man sie heutzutage in fast allen öffentlichen Bereichen und Themen findet. Ich finde das nicht schlimm, sondern gut. Aber man darf nicht vergessen, dass es auch eine ursprüngliche Motivation gab, die so im Kern gar nicht so schlecht ist: Nämlich den Jugendschutz.

Bitte, das Thema ist aber sehr wichtig und es geht uns alle etwas an. So wurde die eigentliche Thematik, kaum thematisiert und hier sehe ich auch ganz gezielt einen Verbesserungsbedarf. Im Vordergrund steht die Aufregung um die juristische und gesetzgeberische Gängelei, die möglichen finanziellen Folgen, die sich für BloggerInnen ergeben und dass ein Klima der Angst verbreitet wird. Ich sage aber: Angst kann man nur haben, wenn man ein schlechtes Gewissen hat.

Die Jugendschutz-Regelungen gibt es schon, es gibt bereits einen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Was sich nun ändert, habe ich so verstanden: Die unbedingte Pflicht für jeden Internet-Content-Anbieter, eigene Angebote zu „labeln“, also mit USK-Empfehlungen zu verstehen oder ganz aus dem Netz zu nehmen, bzw. nur zu bestimmten Sendezeiten zu veröffentlichen.

Labelt man nicht, dann gelten automatisch die USK 16 oder 18- Empfehlungen und die sind eben von der Uhrzeit beschränkt, müssen also raus! ((wobei ich eben, ein paar Stunden später, beim erneuten Lesen des Lawblogs zu einer gegenteiligen Meinung gekommen bin; Als Blogger muss man grundsätzlich nichts labeln, es sei denn es sind eindeutig Inhalte ab 16 oder 18 dabei))

Unheil verspricht dann die Höhe der Abmahnung. Ein weiteres Minenfeld besteht darin, dass man sich als Normal-Sterblich-Verdienender eine professionelle Beruteilung durch Fachkräfte (Medienpädagogen, Anwälte, etc.) kaum leisten kann. Die Zahl 4.000 Euro pro Jahr steht im Raum. Dazu kommt, dann man rückwirkend alle Angebote des eigenen Internet-Auftrittes nach etwaigen jugendgefährdenen Inhalten durchforsten und evt. rausnehmen oder labeln muss.

Dies ist- ein fast nicht zu bewältigender Aufwand, der verständlicherweise von niemand gemacht werden will. Einmal ist man kein Experte auf dem Gebiet und man kann nicht mal eben so zwei Wochen seiner normalen Arbeitszeit abzwacken, nur weil da so ein neues Gesetz herausgekommen und die Bürokratie mal wieder ins Uferlose gewachsen ist.

Aus diesem Grund finde ich die Einstellung von Claudia Klinger sehr gut, die schreibt, dass ihr Blog bleibt und ihre Beiträge „zur Diskussion des Zeitgeschehens“ beitragen.

Gut so, und die Einstellung teile ich. Ich denke, damit zeigt man mehr Standhaftigkeit und moralische Stärke, als wenn man nun beleidigt ins Ausland abhaut oder ganz aufhört. Auf Twitter schrieb jemand treffend, dass nun jeder, der abhaut oder sein Blog aus Angst schließt, nie ein richtiger Blogger gewesen ist. Das denke ich auch. Wie sollen wir je eine kritische und glaubwürdige Gegenöffentlichkeit aufbauen, wenn wir nicht standhaft bleiben und bei jeder Kleinigkeit jaulend das Weite suchen?

Eine ganz andere Frage ist, ob die neuen Regelungen der Jugend nützen, denn um sie geht es ja eigentlich:

Was ist denn überhaupt jugendgefährdend, und wo sind die inhatlichen Fallstricke, die jeder Content-Produzent mal überdenken sollte?

In meinem satirischen Artikel habe ich es ja bereits angedeutet: Nicht die aufklärenden und die Allgemeinheit bildenden Blogger sind das Problem, sondern eher die Politiker.

Dazu kommen folgende Themen:

  • Volksverhetzung
  • Rechts- oder Linksextremismus
  • Aufruf zu Straftaten
  • positive Darstellung von Drogen
  • positive Darstellung von Gewalt
  • Darstellung von Folter
  • Darstellung von Toten
  • Pornografie

Also, alles Dinge, die sowieso verboten sind und die kein Mensch macht, der einen gesunden Menschenverstand hat.

Ich habe mir mal aus Neugierde die Beispiel-Begründungen zum Jugendschutz der FSK durchgelesen:

Hier bekommt man einen guten Einblick, wie argumentiert wird. Was genau eigentlich jugendgefährend ist und wie man sich- so ungefähr- abgrenzen kann. (ohne Garantie!!)

Zitat „Für die Altersfreigabe eines Films spielen Wirkungsrisiken wie Beeinträchtigung aufgrund von Ängstigung, Übererregung, negative Vorbildverhalten oder Desorientierung die entscheidende Rolle.“

Ebenfalls interessant ist die BR-Online Veröffentlichung zur „Sicherung des Jugendschutzes bei der Beurteilung von Fernsehsendungen“.
Ich zitiere:

Im fiktionalen Bereich darf die Darstellung von Gewalt und Sexualität nicht selbstzweckhaftspekulativ und ohne dramaturgischen Begründungszusammenhang in Szene gesetzt werden. [..]. Gewalt und Sexualität können reflektiert und thematisiert werden, wenn dies dramaturgisch notwendig ist und ihre Darstellung psychologisch aufgearbeitet und in
differenzierte Zusammenhänge eingebettet wird.[..]
Gewalt in Spielhandlungen darf nicht als Mittel der Konfliktlösung propagiert werden. [..]

Für mich als Bloggerin interpretiere ich das so: Ich darf über Gewalt schreiben, aber ich darf sie nicht verherrlichen. Ich kann über die Probleme von Gewalt schreiben, aber ich darf sie aus dem Zusammenhang herauslösen oder gar moralisch aufwerten und als einzige Lösung hinstellen. Ein Beispiel wäre, wenn ich schreiben würde: „Alle Politiker sind scheiße. Und weil sie so scheiße sind, bewerft sie bitte mit Steinen und faulen Eiern. Das ist die einzige Lösung, wie wir diesem Drecksstaat beikommen können.

Das wäre ein Aufruf zu Straftaten und es würde die Gewalt in den Mittelpunkt setzen. Aber irgendwie erscheint es mir auch logisch. Was man damit abdeckt, ist der Ehrenkodex, den sich ein Blogger am besten von vornherein auferlegt und durch kritisches Hinterfragen des eigenen Wirkens immer wieder neu an sich selbst reflektiert. Wenn man das nicht kann, sollte man auch nicht bloggen.

Sicherlich reizt das Bloggen zu einer selbstherrlichen Darstellungsweise und manchmal fühlt man sich mächtiger, als man eigentlich ist. Aber das sollte nicht zu Dummheit verführen und vor allem muss man die Bezucherzahlen-Kirche einfach mal im Dorf lassen. So wichtig und so gefährlich sind Blogger nun auch wieder nicht. Wir werden in vielen Bereichen auch total überschätzt.

Interessant, aus gleicher Quelle, ist auch dieser Satz:

Hierbei ist jedoch der ständige Wandel gesellschaftlicher Normen zu beachten, so dass in diesem Problembereich nur allgemeinverbindliche Normen und Werte Berücksichtigung finden können.

Das ist sowas wie eine salvatorische Ausschlußklausel, mit der man das gesagte und beschlossene eigentlich wieder relativiert. Es bedeutet auch, dass eine realistische und menschlich unumstößliche Einordnung bestimmter Sachverhalte gar nicht so einfach möglich ist.

Und daher lautet mein vorläufiges Fazit auch, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Man muss nunmal abwarten, wie die Dinge sich entwickeln. Vorschnell das eigene Blog zu schließen, halte ich für falsch. Übermäßige Angst zu haben auch. Es vollständig zu ignorieren wäre dumm. Die Politiker zu unterschätzen ebenfalls. Die derzeitigen Entwicklungen um Wikileaks beispielsweise zeigen, dass es eine große Angst in der politischen Klasse gibt, vor allzu viel Öffentlichkeit und vor allzu kritischen Menschen. Auch wenn es Demokratie heißt, so haben wir im Kern nur eine kleine, Ausgangsdemokratie, bei der viele Strukturen eigentlich anti-demokratisch oder zumindest mal anfällig für Enthüllungen oder Korruption sind. Sowas gibt es nur bei starken Hierarchien und bei Machtstrukturen, die sich verfestigt haben. In einem wirklichen demokratischen Land gäbe es keine Angst vor Enthüllungen oder neugierigen Bloggern, weil es eben nichts zu verheimlichen oder beschwichtigen gäbe!

Wachsamkeit und ständige Weiterbildung durch das (hoffentlich noch lange freie) Internet sind die einzigen Möglichkeiten und „Waffen“ die man als einfacher Bürger hat.

Und ganz wichtig: Den gesunden Menschenverstand.

………..

Skurrile Fußnote zum Schluss: Selbst eine große, die Jugend stark beeinflussende Sendung wie DSDS hat schon Probleme mit dem Jugendschutz bekommen. Was dort beschrieben ist, stimmt nicht gerade optimistisch. Und die Frage – angesichts des JMStV – bleibt: Schwingt man hier die Keule gegen die richtigen? Jugendschutz ist auch eine Frage der Bandbreite und Quantität und ob mit dem Auftrtitt 50 Einzelpersonen oder eher 7 Millionen Menschen erreicht werden. Die Blogger und Internetbetreibenden richten sich doch eher nach den traditionellen Medien, rezensieren und kommentieren sie. Man sollte das Pferd nicht von hinten aufsatteln..

Filmrezension: Berlin Calling

USK: ab 12

Was für ein Film! Und was für ein Zufall, dass er gerade gestern auf Arte gesendet wurde, zwei Tage, nachdem ich mir das Soundtrack-Mp3 Album auf Amazon zum halben Preis gekauft hatte…

Da ich die Musik von Paul Kalkbrenner sehr gut finde, war ich auf den Film mit ihm in der Hauptrolle natürlich sehr gespannt.

Um es vorweg zu nehmen: Er hat die großen Erwartungen nicht enttäuscht, sondern sogar übertroffen. Allerdings war ich über den traurigen Grund-Tenor doch sehr überrascht und hätte mir insgesamt mehr Musik gewünscht, denn darum geht es ja schließlich! Viele Tracks wurden nur kurz angespielt und ich hätte mir gewünscht, dass sie zu Ende gespielt worden wären oder einfach öfters vorgekommen wären. Der gesonderte Kauf der Soundtrack-CD kann also nicht schaden (zumindest nicht, wenn man Techno/ Trance Fan ist).

„Filmrezension: Berlin Calling“ weiterlesen

Für die Kinder…

die sowieso immer weniger werden
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Achtung: In diesem Artikel kommen scharfkantige Worte und frei umherfliegende Satzzeichen vor.
Lesen gefährdet ihre Dummheit und eigenständiges Denken die Macht von Diktaturen.

Daher ist Denken und Lesen sehr gefährlich. Denken sie bitte nicht zuviel!

Nicht zu Hause nachdenken!

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Liebes Kind,

ich weiß, dass du jetzt wieder heimlich vor dem Computer sitzt. Deine Eltern haben es dir verboten ,weil du immer nur spielst und dir Pornos oder Gewaltvideos auf dein Handy ziehst. Oder du googlest nach deinen Hausaufgaben und holst dir gerade Inspiration für dein neues Referat? Wie, du machst sogar illegale Downloads? Pst, sag das lieber nicht weiter, sonst hagelt es noch eine Abmahnung…die dein Papa dann bezahlen muss.

Ich muss dir jetzt was erzählen. Über böse Menschen. Über „Politiker“. Die wissen alles besser. Die wissen, was für dich und für mich gut ist. Sie haben zwar keine Ahnung vom Leben oder vom Internet, aber von Gesetzen. Und weil sie ihr Geltungsbewusstsein befriedigen / und oder Inkompetenz überlagern wollen und/ oder keine Ahnung vom Netz haben und alles regulieren, wollen sie dir und mir nun sagen, was wir schauen dürfen und was nicht. Das kennst du vielleicht von den Computerspielen. Da reichen zwei rotgefärbte Pixel mit einer Winkelanordnung von 45 Grad und ein virtueller Schrei, der entfernt an einen Menschen erinnert, aber eigentlich eine Computerstimme und dass du gerade zufällig deine linke Maustaste gedrückt hast und dann kannst du das Spiel nicht mehr kaufen. Logisch, oder? Dann musst du das in den USA oder in Großbritannien kaufen. Kennst du vielleicht. Deine Freunde finden das Spiel cool, also musst du es auch haben. Kann ich verstehen. Während du das dann spielst, schauen sich deine Eltern um 20 Uhr nebenan einen Tatort an, wo man gerade die Leiche obduziert. Die Kehle ist aufgeschnitten, das Blut tropft über den Metalltisch und der Arzt hat gerade das Skalpell in der Hand und untersucht die Organe. Alles täuschend echt und sogar noch realistischer als mit dieser öden, kantigen Computergrafik. Alles ganz normal mit einem echten Menschen und total unindiziert! Um 20 Uhr! Du kannst sogar was über Anatomie lernen, aber du darfst das nicht am Computer, weil da sind das Pixel und ach.. oder ich erkläre dir das später, das ist nämlich seeehr kompliziert.

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Verrückter Trubel-Dienstag

Jugendfreigabe: Dieser Text ist ab Null Jahren freigegeben. Ein wenig mitdenken und ein Blick für die Gesamtheit kann helfen, diese Zeilen zu verstehen. Unter Umständen muss man sich dafür anstrengen. Kinder dürfen das aber ruhig lesen. Erwachsene auch.
(mehr Infos zum Thema
JMStV hier )

Passender Song „Gebrünn Gebrünn
by Paul Kalkbrenner

Sonne im Gegenlicht
Sonne im Gegenlicht

Wow was für ein Tag! Neben dem verrückten und sehr kalten Wetter haben sich die Ereignisse mal wieder überschlagen. Ich hatte heute einen Tag nach meinem Geschmack, einen Tag voller Kommunikation und externer Erlebnisse. Es sieht so aus, als ob es nun mit einem Mordstempo auf den Jahresendspurt zugeht. Alles ist in Wandel, alles ist in Veränderung. Diese Tage vergehen schneller als die anderen. Sie sind intensiver, erlebnisreicher, aufregender. Es ist kalt, doch ist das Herz voll Wärme.

Im Supermarkt haben die Leute eingekauft wie verrückt. Mütter mit Kindern, die hektisch durch das Gewühl gefahren sind und dabei ihren Einkaufswagen zu 150 % vollgeladen hatten. Über-Mensch-große Adventskalender, Schleckereien, Geschenke, Regale mit Süßigkeiten und Weihnachtsgebäck, soweit das Auge reicht. Eine eigene Weihnachts-Deko-Abteilung, Sonderangebote, Medien- der Supermarkt war mal wieder voll mit Attraktionen. Es fällt manchmal schwer, die Übersicht zu behalten. Aber muss man das immer? Kann man sich nicht auch einfach mal fallenlassen und das Leben einfach leben, so wie es kommt?

Ich habe sogar eine „Freundin“ getroffen, eine mir bekannte Frau, die ich mal auf einer Konfirmation eines Art „Patenkindes“ getroffen habe. Sie ist sehr nett und war auch mit ihrem Mann einkaufen. Ich habe mich gefreut. Spontan treffen, spontan quatschen und sich sympathisch finden, ich finde das eigentlich unersetzlich und es könnte mir ruhig öfters passieren. 😉

Dann habe ich heute abend ein sehr gutes und langes Telefongespräch mit einer mir wichtigen Person gehabt, zwischendrin noch ein paar Mails geschrieben und alles in allem, was es sehr erfüllend. Abends gemütlich auf der Couch liegen und die neue „Kalkbrenner“ hören- es könnte immer so perfekt sein.

Der Militärmachthaber

Der Militärmachthaber war ein finsterer Geselle. Nicht nur, dass er eine schlechte Kindheit gehabt und von seinem Vater ständig verprügelt worden war, nein- zu allem Übel war er auch noch intelligent und hatte in seinem Leben große Macht erlangt. Mit dieser Macht konnte er es allen zurückgeben und zeigen, was in ihm steckt.

In der Schule wollte bereits keiner mehr mit ihm spielen und im weiteren Verlauf wurde das immer schlimmer. Er wurde stark, aber er wurde auch einsam. Seine Menschlichkeit, die durchaus in Ansätzen mal vorhanden gewesen war, hatte sich wie eine Pflanze ohne Liebe und Sonnenlicht über die Jahre hinweg zurückgebildet und war verkümmert.

Vielleicht war er mal ein Mensch gewesen und wollte so wie du und ich auch nur glücklich sein. Eine gute Ehe führen, einen guten Job haben und heil über die Runden kommen. Aber da ihm der liebe Gott so ein Leben nicht erlaubte und ihn auf eine Prüfung schickte, sagte er sich bald von Gott los und beschloss, sein eigenes Ding zu machen.

Von da an lebte er ohne Gott, ohne Gewissen und ohne Moral. Überlegungen, die eigene Macht zu vergrößern, waren sein einziges Interesse. Für seine Untertanen interessierte er sich nicht.

„Herr Machthaber, das Ausland ignoriert uns und hat ein weiteres Handelembargo verhängt. Wir können unsere Bevölkerung nicht mehr richtig ernähren. Was sollen wir tun?“ kam sein Berater eines Tages auf ihn zu. Er war verschwitzt und das Hemd saß nicht richtig. Er hätte mal einen Haarschnitt vertragen. Unordnung schätzte der Diktator nicht.

„Verschonen sie mich mit diesem Schwachsinn“ blaffte der Machthaber ihn an. „Ich habe besseres zu tun, als mich auch um das Jammern zu kümmern. Die jammern doch ständig. Sie sollen was arbeiten und ihre Produktivität erhöhen, dann geht es ihnen auch wieder besser. Außerdem bekommen wir doch diese Hilfslieferungen, was ist damit? Zweigen sie einfach davon was ab und tun sie so, als ob es von uns kommt und dann machen sie einen Film darüber. Aber der sollte um 20 Uhr gesendet werden, ja? Damit ihn alle sehen.“

„Wird gemacht“ leise kopfschüttelnd entfernte sich sein Berater. Es war aussichtslos, den Diktator vom Gegenteil oder eines Besseren zu belehren. Er machte doch, was er wollte.

Der Machthaber hatte in der Zwischenzeit eine Videokonferenz mit seinem Waffenminister geschaltet und wollte wissen, wie die neuen fahrbaren Raketen sich machen und ob man den Produktionssoll von 1.000 Stück pro Woche nun endlich erreicht hatte?

„Aber natürlich, aber natürlich! Wir tun alles, was in unserer Macht steht. In zwei Wochen haben wir unseren Output erreicht, so wie von ihnen befohlen, Herr General! Derzeit gibt es noch kleinere Probleme mit…“

„Still! Ich will nichts davon hören. Verschonen sie mich mit den Details. Machen sie es einfach!“

„Jawohl, Herr General!“ – die Verbindung wurde beendet.

Der Machthaber starrte auf den schwarzen Schirm. Gedankenverloren nippte er an seinem Drink.

Das war fast wie früher. Als sein Vater ihn schlug und ihm Gehorsamkeit lehrte. „Gehorsamkeit“ dies Prinzip hatte er verstanden und verinnerlicht. Es war sein zweiter Vorname geworden. Er liebte Gehorsamkeit und Disziplin. Er liebte Macht und das Gefühl, etwas zu bewirken.

Dann ging er zum Fenster und schaute über die Skyline, über die Häuserschluchten seiner Macht. Er war ganz oben angekommen. Hier gefiel es ihm. Alle hatten zu tun, was er sagte. Der Palast glitzerte an allen Ecken und Enden und der Marmor auf dem Boden spiegelte seine dickliche und untersetzte Statur.

Was seine Ex-Frau wohl nun machte? Vor drei Jahren hatte sie ihn verlassen. Sie hielt es nicht mehr mit ihm aus. Er wollte noch ein staatliches Dekret verhängen, das Scheidungen von seiten der Frau verhinderte, aber da war es bereits zu spät. Sie war einfach abgehauen und hatte sich nach Amerika abgesetzt. In das Land des Feindes. Er schnaubte innerlich und goß sich noch etwas nach.

Wenn er nicht irgendwann im Laufe seines Lebens auf eine falsche Seite gerutscht wäre, wäre er vielleicht sogar ein guter Staatslenker geworden. Einer mit Umsicht und Verantwortungsgefühl. Aber irgendein Strang in seinen Genen, irgendeine schlechte Erfahrung in seinem Leben und am Ende das ganze System hatte der „guten Seite“ in ihm einen Riegel vorgeschoben. Einen unüberwindbaren und schweren Riegel aus Stahl.

Je mehr Macht er erhielt, desto weniger scherte er sich um die Konsequenzen. Er war ein sich selbst erhaltender Mechanismus. Ein Teufelskreis. Ein System, das einfach funktionierte. Er bekam immer mehr Macht und die anderen mussten kuschen.

Nur die Ausländer, die internationale Presse, die hatte er noch nicht unter Kontrolle. Die Menschenrechtsorganisationen und die selbst ernannten Heiligen und Gutmenschen. Die standen ihm noch im Weg.

Vielleicht würde ein Krieg helfen. Ein Krieg gegen ein schwächeres Land. Er überlegte. Ja, das war eine gute Idee.

So würde er es machen.

Ohne Dich – Teil 2

Einsamkeitsgefühle als Chance

Im ersten Teil meiner „Geschichte“ habe ich Einsamkeit als Problem beschrieben, als Mangel, als allgemeines Unwohlsein, als Unvollkommenheit, durch dass sich früher oder später die Einsicht nach Veränderung breit macht. Egal, wohin wir schauen, Einsamkeit ist genauso wie Krankheit, Alter, Depression, Armut – ein unbeliebtes Zeichen von Mangel und Schwäche und etwas, dass nicht in unseren Zeitgeist mit den spezifischen Anforderungen nach polierter Oberfläche und Leistung passt. Im Allgemeinen sollen wir unsere Leistung präsentieren: Männer sollen viel verdienen und möglichst wenig Krankheitstage haben. Frauen sollen über ihre Doppelbelastung bitte nur lächeln und als perfekte, aufopferungsfähige Mütter leben. Jammern ist nicht erlaubt in dieser Gesellschaft. Wer jammert oder klagt, ist raus aus dem Spiel.

Daher wollen wir Einsamkeit um jeden Preis vermeiden, wir fühlen ja, dass es eine Schwäche ist, die man lieber verbirgt. Ohne je wirklich über die Bedeutung der Einsamkeit oder die Rolle der Entfremdung des modernen Menschen in einer (bisweilen kranken) Zivilisation nachzudenken, schämen wir uns vielleicht für die Einsamkeit und denken heimlich, dass es allein unsere Schuld ist.

Solche Gedanken führen aber zwangsläufig in eine größere Depression, vor allem wenn man sie nicht aktiv verarbeitet, sondern ständig verdrängt. Ich denke, dass in der Einsamkeit auch eine Chance liegen kann und sie nicht per se nur als Mangel anzusehen ist. Wer diesen Schritt gedanklich durchlaufen kann, kommt einen großen Schritt im inneren Reifungsprozess vorwärts. ((im Idealfall kann man diese psychologische Entwicklung mit einer religiösen Weltanschauung kombinieren; das ist einerseits hilfreich um die Motivation der Übung aufrecht zu erhalten und gibt darüberhinaus ein gutes Verständnis für die Gesamtheit der Existenz))

„Ohne Dich – Teil 2“ weiterlesen

Ohne Dich

Besinnliche Gedanken in einer manchmal unbesinnlichen Zeit

Ich weiß nicht, ob ihr sie kennt, aber in diesen übervollen Geschenkeläden und kleinen Mitbringselstationen am Bahnhof findet man sie oft gedruckt auf aller Art: Süße Comics, in diesem Falle ein Schäfchen, das den Kunden traurig anblickt und verkündet „dass ohne dich alles doof ist“.

Als ich sie das erste Mal gesehen habe, war ich richtig angerührt. Ich unterbrach das hektische Suchen im Laden, schaute mir die Tasse an und dachte über den Comic nach: Genau das ist es! Super, genau auf den Punkt gebracht. Etwas kitischig, natürlich und für den Massengeschmack getrimmt, aber im Kern doch eine schöne und wichtige Aussage, die zudem sehr gut in die besinnliche und wettertechnisch graue, langweilige Vorweihnachtszeit passt.

Ohne den Mitmenschen ist alles fad. Das ist in erster Linie der Partner, der dem eigenen Leben einen Sinn verleiht. Aber auch- oder gerade- wenn man allein ist, kann diesen Sinn jeder Mensch erfüllen.

Das Leben ohne Mitmenschen oder ohne sich für die Mitmenschen zu interessieren, macht keinen Sinn. Es ist sicherlich nicht Zweck unserer Existenz, andauernd allein zu sein oder Selbstgespräche zu führen. Selbst, wenn man dabei sehr weise wird oder gar die Erleuchtung findet. Hey, aufgerafft, irgendwann musst du auch mal lernen, auf andere zuzugehen! Lernt man das nicht schon im Kindergarten oder der Grundschule? Vielleicht lernen es manche auch nie..

„Freunde“ stehen hoch im Kurs und in jedem drittklassigen, psychologischen Essay zu dem Thema findet man die Ratschläge zuhauf: „Öffnen sie sich, gehen sie auf andere zu, wagen sie den ersten Schritt! Ein soziales Netzwerk ist gut für die Gesundheit, schafft Sicherheit und Geborgenheit, erhöht die Potenz und die Lebenserwartung, und bringt dir augenblicklich den genetisch unbelasteten und atomwaffenfreien Weltfrieden. Sichern sie sich ihr sozial erfülltes Leben noch heute. Rufen sie an, unter der kostenpflichtigen Hotline…“

Soziale Netzwerke im Internet bringen dir Freunde in Massen und jede Woche schickt mir der Facebook-Konzern meines Vertrauens die dringliche Botschaft, dass die 534 Freunde (die ich hauptsächlich durch das Abo einer Browserspiel-Massenmail erhalten habe) auf mich warten und mich soo sehr vermissen. Auf Twitter kann man am Leben fremder Menschen ständig teilhaben, man bekommt mit, wann sie einkaufen, wann sie ihren Kaffee kochen, ob sie Bauchschmerzen, Kopfschmerzen oder doch eher Menstruationsprobleme haben, ob derzeit die Kondome, das Katzenfutter, das Geld ausgegangen oder die Akkus leer gelaufen sind, wie sie sich über das Fernsehprogramm aufregen, mit ihrem Freund Schluss gemacht und stattdessen einen neuen Handyvertrag begonnen haben. Die GPS- Ortung im Handy macht den genauen Aufenhaltsort bekannt und in Verbindung mit der Adresse und Google Streetview haben auch geschickte Langfinger ein leichtes Spiel. Alles ist offen, alles ist transparent! Jeder Mann ist Teil der Horde, Teil der Masse, jeder macht das Gleiche und doch teilen sie alle das gleiche Problem, dass am Ende des Tages auf der Rechnung Einsamkeit steht. Und zeitgleich regen sich alle massenkonform über den mangelnden Datenschutz auf.

Diese Art in der Masse zu schwimmen, ist attraktiv und berauschend. Es gleicht dem Gang durch eine überfüllte Shoppingmall an einem Adventssamstag. Jeder ist in Bewegung, man sieht tausende unterschiedliche Gesichter und die Luft ist erfüllt von Millionen unterschiedlichster Duftmoleküle. Auf den Weihnachtsmarkt vermischen sich die Glühweinschwaden mit gebratenem, gesottenem oder knackig süßem. Der Mitmensch reibt seinen Hintern an mir ich schiebe zum Dank meinen Ellenbogen in seine pelzig-bewehrte Rippe; man geht nicht durch die Masse, sondern man wird mehr geschoben, man taucht ein in das Bad der Menge und hat ein sehr gutes Gefühl dabei- von der unterschwelligen Angst vor Terroranschlägen vielleicht abgesehen.

Das alles ist sehr berauschend und in diesem Fall ist man nichts „ohne dich“. Sobald man ins Auto gestiegen, das Parkhaus verlassen und nach stressigem Verkehr auf der überfüllten Straße endlich wieder in die gemütlichen vier Wände einkehrt, umgibt einem wieder diese Stille, diese Leere. Es ist wie ein Heroin-Süchtiger auf Entzug: Vom farbenprächtigsten und schönsten Rausch der Erde kehrt man wieder in seinen grauen Betonbunker zurück.

In viel größeren Dimensionen erlebt der Mensch das Wechselbad der Nähe und Einsamkeit in den Phasen seines Lebens und in den größeren zeitlichen Phasen der Schicksalschläge, des Alterns und in den verschiedenen Lebensabschnitten.

Als junger Mensch ist man gewöhnt, viele Freunde und viel Freizeit zu haben. „Ausgehen“ ist das Wort, das eine große Bedeutung hat und auch unweigerlich mit Leben gefüllt werden muss. Nach der kurzen, unsicheren Phase der Pubertät macht sich schon bald ein neues Selbstbewusstsein und eine neue Lebensanschauung breit, die für neue Erfahrungen sorgt und den Menschen verändert. Er hat diese Reifung auch bitter nötig, denn nur zu schnell drängen die Anforderungen der Gesellschaft, der Arbeit und der Familie an ihn: Es muss eine Ausbildung oder ein Studium begonnen werden. Irgendwann ist man dann im Idealfalle im Berufsleben angekommen. Die Zeit für die Freunde wird weniger. Selbst gute Freunde aus der alten Zeit werden „vergessen“.
Schon im Studium musste man umziehen und hat sich umorientiert. Der kleine, begrenzte Freundeskreis aus der Schule wurde komplett ausgetauscht und mit einem neuen ersetzt. Zeitweilig ist man vielleicht einsam. Im Beruf dann hat man keine Zeit für Einsamkeit, da die Arbeit und die acht Stunden pro Tag die wichtigste Lebenserfahrung sind. Am Ende steht Geld auf dem Konto und der Mensch funktioniert.

Er hat vielleicht eine Ehe und Kinder.. aber doch meistens keine Zeit oder umgekehrt. Als Frau gibt man den Beruf auf und ist nur noch für die Kinder und den Mann da. Die schönsten und wichtigsten Kontakte sind dann die Mütter aus dem Kindergarten. Und das Highlight des Abends ist, wenn der eigene Mann an der Tür klingelt. Neben dem (relativ schlechten) Fernsehprogramm.

Oder die Ehe löst sich von heute auf morgen auf. „Es passt nicht mehr“ hat sie gesagt „ich habe einen anderen“. „Du bist nicht mehr attraktiv und das mit dem Sex hat doch eh nie geklappt zwischen uns. Machen wir uns nichts vor. Es ist vorbei.“

Das alte Leben löst sich auf. Eine Krankheit entsteht. Etwas unerwartetes, heimtückisches, das so nicht auf der Agenda deines durchgeplanten und von einem Versicherungskaufmann gegengerechneten Lebensprofiles stand. Vielleicht folgt dann die Arbeitslosigkeit. Die guten Freunde verabschieden sich plötzlich, durch den Jobverlust hat man auch keine Kontakte mehr. Alkohol kommt ins Spiel und dann ist sie wieder da, ganz plötzlich und unvermittelt steht sie vor deiner Tür: Die Einsamkeit.

„Hey, lange nicht gesehen, wie geht es dir?“ Schaust du sie fragend an.

Du hast ganz vergessen, wie sie aussieht. Früher war sie hübscher, aber sie ist älter geworden. Man sieht die Verhärtung um die Mundwinkel herum, der Blick ist fahl geworden, desillusioniert und leer.

Das Fernsehprogramm vorhin konnte dich ablenken, die gute Reise sowieso. Du konntest sie verdrängen, deine alte Freundin.

Aber jetzt nagt sie an dir, tief drinnen, ein Gefühl das einfach nicht weggeht. Du schaust aus dem Fenster und siehst niemanden. Wann hat dich das letzte Mal jemand gelobt, in den Arm genommen, dir Aufmerksamkeit und Liebe geschenkt?

Der Kloß der Traurigkeit und Enttäuschung klettert den Hals hoch.

Du schaust nach draußen. Es schneit. Die Sonne ist untergegangen, dabei ist es gerade mal fünf Uhr.

„Ohne dich“, denkst du.

Ohne dich ist alles doof.

Spendenaktionen im Fokus: Haiti

Haiti dürfte den meisten Menschen ein geläufiger Begriff sein, wenn man an arme Länder und Bedarf für Spenden und Hilfsbereitschaft denkt. Im Januar gab es das schlimmste Erdbeben in der Geschichte des amerikanischen Kontinents . Das löste eine wahre Welle der Hilfsbereitschaft in vielen Ländern aus.

Schon in der ersten Woche hatten die Bundesbürger mehr als 10 Millionen Euro gespendet (( noch eine Quelle http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/hilfe-fuer-haiti-die-wucht-der-guten-tat/1667040.html )) und im März 2010 war das Spendenaufkommen auf 200 Millionen Euro gewachsen. Auch die Österreicher spendeten fleißig und hatten mit einem Aufkommen von 32 Millionen Euro eine Spendenleistung von 3,8 Euro pro Kopf erreicht, womit sie im internationalen Vergleich weit vorne liegen.

Mit dem Ausbruch der Cholera ist der Bedarf an Hilfe aber weiterhin groß und dieses Land sollte nicht so schnell in Vergessenheit geraten.

Hintergrund

Wie kam es eigentlich zu dem Leid und was ist Haiti für ein Land? Die Wikipedia gibt dazu viele Auskünfte.

So liegt das BIP (Bruttoinlandsprodukt) pro Kopf ((nominal)) bei gerade mal 630 US Dollar pro Kopf, Deutschland hat im Vergleich 40.875 US Dollar pro Kopf. D.h. die allgemeine Wirtschaftskraft und der statistische Reichtum pro Kopf ist in Deutschland 65-mal größer als der von Haiti.

80 Prozent der Bevölkerung müssen von weniger als 2 Dollar pro Tag leben, das sind derzeit umgerechnet 1,50 Euro. In einem Monat sind das 45 Euro von der die Masse der Bevölkerung auskommen muss. Das schließt aber alles ein: Unterkunft, Ernährung, Gesundheit, Kindererziehung, Bildung..

Bei diesen augenscheinlich armen Verhältnissen wundern auch die anderen Zahlen nicht, die man zu diesem Land findet: Die Lebenserwartung liegt gerade mal bei 61 Jahren, eine deutsche Frau kann mit ca. 83 Jahren ganze 22 Jahre (!) länger auf der Welt bleiben.

95 Prozent der Bevölkerung sind Schwarze, 50 Prozent sind arbeitslos, 50 Prozent sind unterernährt, davon 1,9 Millionen chronisch. Gute Bildung ist leider Mangelware, so kommt das Land auf 55 Prozent Analphabeten. ((zum Vergleich: Deutschland hat zwischen 6,5 und 11 Prozent Analphabeten, eine erstaunlich hohe Zahl für ein Industrieland, aber immer noch wesentlich geringer als in Haiti))

Man sieht, es mangelt überall. Wie ist es aber dazu gekommen? Ein kurzer Blick in die Geschichte gibt Aufschluss:

Das Land war eine ehemalige französische Kolonie und galt lange Zeit als die reichste Kolonie Lateinamerikas. Zu diesem „Zweck“ wurde die indigene Bevölkerung vollständig ausgerottet und das Land mit Sklaven bevölkert. So kam es zwar zu einem zeitweiligen großen Reichtum, aber es führte zwangsläufig auch zu späteren Sklavenaufständen und Abschaffung der Sklaverei. Haiti wurde die erste unabhängige Republik von Schwarzen und half auch anderen Ländern bei der Befreiung aus der Sklaverei. Die Folge war, dass das Land im Zuge der Befreiung hohe Entschädigungszahlungen an Frankreich zahlen musste, was die eigene Wirtschaftsleistung bei weitem überstieg (ca. 90 Millionen Franc).

Die Agrarreform und Umverteilung des Landbesitzes in kleine Parzellen führte zur einer Übernutzung der Böden und zur fast vollständigen Abholzung des Regenwaldes. Da immer weniger Böden fruchtbar wurden, machte sich schon bald der Hunger und die Unterernährung breit.

Eine richtige Industrie (wie in Deutschland) kennt Haiti nicht, die Haupteinnahmequellen waren stets die Landwirtschaft und die Dienstleistungen. Exporte von Kaffee oder Mango führen aber weiterhin dazu, dass für die Einheimischen keine Lebensmittel angebaut werden, sondern alles verkauft wird (ein globales Ernährungs-/Geld-Problem in vielen Ländern).

Größte Tourismus-Quelle ist ein Hafen für Kreuzfahrtschiffe, der aber – wen wundert´s – gegen den Rest der Insel abgeschottet wurde. Urlaub machen ja, aber bitte keine Probleme sehen.

Die weitere Geschichte Haitis liest sich wie das traurige „Who is Who“ der Grausamkeit und Entbehrungen. So gab es lange Militärdiktaturen und selbst von den „guten“ USA war das Land schon mal besetzt (zwischen 1915 bis 1934). 2004 gab es nach einem Bürgerkrieg eine UN-Intervention, der ehemalige Präsident Aristide floh ins Exil,  seitdem sind Blauhelm-Soldaten vor Ort stationiert.

Ein weiteres großes Problem ist die Korruption und natürlich die ungünstige Lage in einem Erdbebengebiet. Auch tropische Wirbelstürme erreichen das Land regelmäßig.

Nachdem 2008 die Inflation schon weit angestiegen und die Preise für Grundnahrungsmittel explodiert waren, kam 2010 das schwerste Erdbeben in der Geschichte des Landes und einer der schwersten Erdbeben weltweit.

Kein Wunder, dass sich das Land mit einer derart traurigen und schwierigen Vorgeschichte bis jetzt noch nicht erholen konnte. Nun kommt auch noch die Cholera hinzu.

Spenden – aber richtig

Spenden sind sicherlich weiterhin willkommen. Was muss der Spender und die Spenderin dabei beachten?

Hier gibt es eine gute Zusammenfassung der Spendenkonten großer Hilfsorganisationen, man sollte darauf achten, nur an seriöse Organisationen zu spenden und aufpassen, nicht in eine geschäftliche Masche verwickelt zu werden.

Generell gilt: Auch bei großer Hilfsbereitschaft von freiwilligen Helfern oder Sachspenden, sind direkte Geldspenden immer noch das beste Mittel. Es kann ohne großen bürokratischen Aufwand schnell eingesetzt werden. Damit ist sichergestellt, dass die Hilfe auch dort ankommt, wo sie benötigt wird.

Haiti- ein Land das unsere Hilfe weiterhin dringend nötig hat.

Weihnachtszeit – Spendenzeit

Alle Jahre wieder… kommt die schöne Weihnachtszeit.

Und was gehört neben der obligatorischen Weinachtsdeko, den Plätzchen, die Gemütlichkeit in den vier Wänden, den Schoko-Nikoläusen und die horrenden Ausgaben für Konsum und Weinachtsgeschenke ganz eindeutig auch zum Fest der Liebe? Genau, das Spenden.

Wenn man in einem reichen Land wie unserem Land lebt und mit fließend Wasser, ausreichend Ernährung, einer guten Gesundheitsversorgung und einer Mindestabsicherung für alle Menschen aufgewachsen ist, kann man sich kaum vorstellen, dass es Länder gibt, bei denen es nicht so ist. Das Leid kommt oft durch die Fernsehbildschirme und dabei drängt sich das Gefühl auf, dass das nicht unsere Welt ist. So fern und so fremd erscheinen diese Probleme und diese Länder.

„Im Fernsehen“ gibt es Kinder, die mit zwei Jahren schon sterben, Menschen die auf der Straße im Dreck kochen, keine eigenen vier Wände haben, Kinder, die auf Müllhalden arbeiten oder dort ihr Essen suchen. Dazu kommen Verstümmelungen durch Kriegsfolgeschäden (z.B. Minen), Krankheiten durch schlechtes Trinkwasser (Cholera), Armut, Unterernährung …

Aber was können wir, in den reichen Industrieländern schon machen? Spenden wäre eine gute Lösung.

Auf der Seite Fundraisingverband gibt es viele Statistiken zu diesem Thema. Wer spendet in Deutschland und wieviel? Interessant ist diese Tabelle, aus der hervorgeht dass die privaten Spenden gar nicht die Hauptquelle für viele Hilfsorganisationen ist (3 Prozent), sondern die öffentliche Hand (64 Prozent).

Der Spendenanteil der Deutschen liegt mit 0,18 % vom Gesamteinkommen gerade mal knapp über dem internationalen Durchschnitt.

Wer weniger verdient, spendet dabei prozentual sogar mehr, aber absolut gesehen weniger.

Weihnachten ist ein christliches Fest und im Christentum heißt es, dass man alles teilen soll, was man hat. Aber teilen heißt im ursprünglichen Sinne: 50 Prozent von allem. (bzw. 50 Prozent von dem, was nach den Steuern und freiwillig erzwungenen Abgaben noch übrigbleibt)

Ganz gleich, wie man darüber denkt oder man nun eine Moralkeule braucht oder nicht: Jeder Euro wird helfen. Im Internet gibt es viele Seiten, die sich auf Spenden spezialisiert oder zu großen Gruppierungen zusammengeschlossen haben:

Exemplarisch sind diese beiden genannt: Aktion Deutschland Hilft
und Spenden.net .

Besonders betroffen sind im Moment Länder wie Haiti oder Pakistan. Aber auch nach dem Erdbeben in Chile wird noch Hilfe gebraucht und dann gibt es noch viele Länder, die nach der medialen Aufmerksamkeit schnell in Vergessenheit geraten: Kongo, Simbabwe, Sudan, Tansania und viele weitere.

Was ich persönlich auch noch sinnvoll fände, wäre eine Spende für die Wikipedia.
Ich benutze sie eigentlich in fast jedem Blog-Artikel oder als Recherche fast täglich.

Auch wenn die Zahlungen und die Entwicklungen dahinter etwas unklar vermittelt werden,
so kann es sicher nicht schaden, diesen gemeinnützigen Verein mit einer kleinen Spende zu unterstützen.

Irgendwie gehört das auch zur Netiquette … man gibt etwas zurück, was man im Netz kostenlos geschenkt bekommen hat. (nochmal eine andere Erklärung dafür: http://www.techfacts.de/ratgeber/was-ist-eine-netiquette )

Und wenn das alles nichts für das Seelenheil hilft, dann kann man darüber nachdenken, ob man statt Geld lieber Werte schenken möchte…

Das klingt zwar sehr abstrakt, ist aber vielleicht eine Überlegung wert.

Denn das Wertvollste was der Mensch dem anderen schenken kann, ist die eigene Zeit. Nett sein kann man allerdings das ganze Jahr. 😉