Stuttgart 21, weitere Eindrücke (+ Links)

Zu Stuttgart 21 habe ich beschlossen, vorerst keine endgültige Meinung zu bilden. Wie so oft, je mehr Meinungen ich mir darüber einhole, desto unklarer wird das Bild. ((dazu gibt es sogar eine Gesetzmäßigkeit: Je mehr Informationen man über eine Sache hat, desto schwieriger ist die anschließende Handlung; manchmal ist es besser, mit nicht allen endgültigen durchgekauten Argumenten einfach zu handeln; und eine nur 50%ige Sicherheit ist dann besser, als eine theoretische von 100, die es in der Realität fast gar nicht gibt. Dieser Zusammenhang wird z.B. hier näher erläutert.))

Nach meinem letzten Artikel, der am Ende in Richtung Satire gegangen ist, erhoffte ich mir vom Lesen eines Spiegel-Artikels und das Anschauen der heutigen Maybrit Illner – Sendung mehr Klarheit und Einsicht in die wirkliche Lage der Dinge, vor allem in die versprochenen „Sachargumente“, die sich nun mit der Vermittlung von Heiner Geißler jeder auf die verbalen Fahnen schreibt.

Aber obwohl der halbwegs mündige Bürger durch Nachrichtensendungen, Radio-Spezialberichte und tausenden andere Quellen ständig Meinungsfragmente und Wertungen erhält, fehlen auf dem Bodensatz der Diskussion noch immer die zurückgebliebenen Argumente. Wie ich im Nachhinein festgestellt habe, sind die Informationen aus dem Web, vor allem aus den Blogs, die besten und haben die meisten Details. Die Informationen, die man über regionale Zeitungen oder TV-Medien erhält, allerdings sehr dürftig.

So frage ich mich nach der Illner-Sendung immer noch, wofür der Bahnhof eigentlich steht? Wie wird er einmal aussehen? Was sind die Vorteile des neuen Bahnhofes und sind sie realistisch begründet? Warum hat kein Projekt-Befürworter auf dem Talkshow-Sessel Platz genommen und sich Frage und Antwort gestellt?

Wird der neue Bahnhof eines Tages wirklich Arbeitsplätze schaffen und wenn ja, wie viele und in welchem Bereich? Stehen die Kosten dazu in positiver Relation? Werden dafür auf der anderen Seite vielleicht Arbeitsplätze abgebaut? Wo ist der genaue, verkehrspolitische Unterschied zwischen einem Kopfbahnhof und einem Durchgangsbahnhof? (Stuttgart 21 ist letzteres; siehe hierzu auch die Links) Dazu brachte der Unternehmer (über den auf Twitter manche Leute gesagt haben, er würde klassische negative Unternehmer-Vorurteile bedienen) das Argument, dass er in China für die altmodische Infrastruktur in Deutschland belächelt wurde, was wiederum in ihm Aggressionen und Wut ausgelöst hat. Der Wortlaut des Chinesen war ungefähr „Deutschland ist ein lebendes Museum“. Wer die Bilder von aufstrebenden, chinesischen Städten im Kopf hat und diese mit der behaglichen Skyline deutscher Städte vergleicht, kann das wohl bestätigen. ((auf diese Aussage konnte man im Netz das Gegenargument lesen, dass die chinesische Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik nicht unbedingt nur ein Vorbild sein kann, da sie eben auch Fehler macht, wenig auf Nachhaltigkeit setzt und beispielsweise Umweltzerstörungen in Kauf nimmt; ein Punkt, auf den die demokratisch geschulten und mitdenkenden Menschen in Deutschland sehr feinfühlig reagieren ))
Skyline von Frankfurt

Aber dennoch, dieses wichtige Argument der Wirtschafts- und Fortschrittsgläubigkeit stieß nur auf wenig Begeisterung im Publikum, welches in Talksendungen immer als Resonanzverstärker der aktuellen Meinungen dient und daher von der emotionalen Wirkung nicht unterschätzt werden darf. Ich interpretiere das so, dass inzwischen für viele Leute der reine Fortschritt oder das Erreichen einer geldwerten Rendite nicht mehr das oberste Ziel ist. Wichtig ist eben auch die ökologische Nachhaltigkeit, wichtig sind die technologischen und sicherheitsrelevanten Fragen, wichtig ist auch die Frage „in welche Richtung wollen wir überhaupt gehen?“ Viele Bürger sind sehr genau infomiert und sehen es nicht ein, für ein Projekt, das ihnen nicht wirtschaftlich sinnvoll erscheint, ihre Zustimmung zu geben.

Und daher ist Stuttgart 21, so fern dieses Schwaben-Projekt auch sein mag, eine wichtige Grundsatz-Entscheidung und Frage für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Es geht um die Frage: Wie soll unser Land/ unsere Stadt / unser Bahnhof aussehen? Dieses ureigene Recht nach Selbst- und Mitgestaltung nehmen sich die Menschen, indem sie demonstrieren. Das ist für die Demokratie insgesamt gut und „für alle ein Gewinn“.

Im weiteren Verlauf der Sendung tat sich die wichtige Frage auf, wer den harten Polizeieinsatz vom letzten Donnerstag zu verantworten hat und von welcher Seite eigentlich die Gewalt ausging. Die meisten Talkgäste und auch das Publikum waren der Meinung, dass Gewalt keine gute Lösung ist und es bessere Wege geben sollte, um den Konflikt zu entschärfen. Der Unternehmer nahm die Polizei in Schutz und auch von Claudia Roth (Die Grünen) war zu hören, dass die Polizei mehr ein Instrument der Politik ist und dass diese den harten Einsatz absichtlich verursacht hat („Stefan Mappus wollte Blut sehen“). Dieses Argument wiederum wurde von Christian Lindner (FDP) nicht gerne gehört, der sich vehement dagegen wehrte und sinngemäß meinte, dass es so was in Deutschland nicht gäbe (dass absichtlich Gewalt angeordnet wird, um die Demonstration zu zerschlagen). Dennoch machten sich, auch angesichts der eingespielten Bilder mit blutüberströmten Menschen und Polizei-Gewalt gegen eine am Boden liegende Schülerin, deutliche Zweifel an der Angemessenheit des Polizei-Einsatzes breit. So seien die berüchtigten Wasserwerfer in Stuttgart seit 40 Jahren nicht mehr im Einsatz gewesen.

Interessant waren die Augenzeugen-Berichte einer älteren Dame, die auf der Demo anwesend war und selbst hinter den polizeilichen Absperrungen mit Wasser beschossen wurde und Reizgas abbekommen hat. Mit einer erschütterten und ängstlichen Miene schilderte sie ihre Erfahrungen und dass sie erschrocken über die Härte des Einsatzes gewesen ist. Selbst bekannte sie sich erstaunlicherweise zu einer „konservativen“ CDU-Wählerin. Das zeigt indirekt, wie weit der Widerstand gegen das Projekt inzwischen auch in gut-bürgerliche Schichten vorgedrungen ist.

Gelbe Blumen, Nahaufnahme

Die Diskussion versuchte sich weiter mit gegenseitigen Argumenten. So stellte Claudia Roth fest, dass auch der Juchtenkäfer ein Lebensrecht hat, was ihr in der Runde niemand streitig machte. Der junge Mann, Gegner von Stuttgart 21, verblasste ein wenig in der Diskussion und meldete sich nur selten zu Wort, so dass die Hauptargumente gegen Stuttgart 21 von Frau Roth vorgetragen und jedes Mal heftig kritisiert wurden. Sie musste sich vor allem den Vorwurf anhören, dass die Grünen derzeit auf einer Protestwelle reiten, das Projekt Stuttgart 21 instrumentalisieren und insgesamt auf „Wolke 7“ schweben, wie der Unternehmer spöttisch in die Runde warf. Und auch der Einspieler zu gewaltsamen Protesten gegen Atommülltransporte, der von grünen Politikern damals medial kritisiert wurde, verstärkte diesen Eindruck.

Von Frau Roth hätte ich mir insgesamt mehr Sach-Argumente und weniger Emotionalität gewünscht, hängen geblieben ist vor allem die Aussage, dass man mit einem Kopfbahnhof die regionale Infrastruktur/ den Nahverkehr stärken möchte (und ein wenig Abneigung gegen überregionalen Verkehr hat? Warum sollte nicht beides zusammen gehen? hier wäre vielleicht ein guter Vermittlungsansatz). Aber auch der Unternehmer bestätigte das Klischee und sagte durch die Blume, dass mit Stuttgart 21 vor allem Geld verdient werden soll.

Wertvoll für alle, war die Erkenntnis zum Schluss, dass man das nächste Mal vorher über dieses Großprojekt reden muss (die Zahl 15 Jahre stand im Raum und dass den Bürgern bereits zahlreiche Beteiligungsmöglichkeiten geboten wurden) und dann erst ein Planfeststellungsverfahren einleiten sollte. Dieses übrigens sei ein guter Anwärter auf das Wort des Jahres..

Darüber waren sich alle einig, und so besteht am Ende der Sendung die Hoffnung, dass man vielleicht doch nochmal „an einen Tisch kommen“, sachliche Argumente austauschen und sich einigen kann.

Wenn es auch keinen „halben Tiefbahnhof“ geben kann und mind. ein Beteiligter von seiner Schwarz-Weiß Position abweichen müsste. Was anscheinend allen ein wenig schwierig fällt.

Weiterführende Links
…und ein Großteil der vermissten Fakten finden sich hier:

Was von Stuttgart 21 hängenblieb..

Als ferne und komplett außenstehende Medienbeobachterin kann ich zu Stuttgart 21 nur den Eindruck vermitteln, den die Medien und die vielen dazu schreibenden Menschen bei mir vermittelt haben. Ich habe kaum reale Konversationen zu diesem Thema gehabt, entweder sind die Menschen zu unpolitisch oder es waren andere Themen wichtiger und Stuttgart „weit weg“. Oder die Meinungen sind so einseitig und von tausenden wiedergekaut, dass sie mich ganz furchtbar langweilen.

Daher will ich ganz offen und direkt alle meine Eindrücke aufschreiben, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, die gerade dominiert, sondern ganz persönlich und auch subjektiv:

Stuttgart 21 ist aus irgendeinem Grund „böse“, der Grund leuchtet mir aber noch nicht ganz ein: Da ist einmal dieser seltene Käfer, von dem ich noch nie gehört habe, der aber sehr wichtig zu sein scheint. Da sind die vielen Bäume, die für das Bauvorhaben gefällt werden müssen und auf Youtube konnte man den Umfang der einzelnen Stämme sehen: Gewaltig. Das ist wirklich ein Frevel, so wie jedes Bauprojekt für das die Natur weichen muss. Allerdings ist das ein generelles, kapitalistisches Wachstumsorientiertes-Geldproblem und ein Mangel von Nachhaltigkeit, den man überall findet. Selbst wenn man neue Bäume pflanzt, wird das ewig dauern, bis sie wieder soo groß sind.

Nicht gut, wenn man öko ist. (so wie geschätzte 2 Milliarden linke Bildungsbürger in Deutschland).

Da sind ferner die Kosten und die Geldverschwendung und dass die Bürger das Gefühl hatten, nicht gefragt zu werden. Das ist ein wirkliches Problem mangelnder Kommunikation. Auch wenn das Land eigentlich demokratisch ist, so hat sich der Eindruck bei vielen Menschen aufgedrängt, dass der Beschluss zu Stuttgart 21 eine un-demokratische Entscheidung war.

Summiert mit anderen Entscheidungen der jüngsten Zeit baut sich ein emotionaler Widerstands-Kloß im Hals auf, der irgendwie raus muss. Was wäre besser geeignet, als eine Sache, die man anfassen und sehen kann? Die die abstrakte Entfremdung des Menschen in einem System, das er nicht beherrscht, wieder konkretisiert und beherrschbar macht?

Da ist die Bahn, die sowieso einen schlechten Ruf bei vielen hat, auf Grund der vielen negativen Dinge, die man inzwischen mit ihr assoziert: Der Hitze-Kollaps im Sommer, der zu einer „Qualitätsoffensive“ führt, die vielen Verspätungen, die unübersichtlichen Tarife, die regelmäßig angeprangert werden, sich aber dennoch nicht/nie ändern. Warum also dem großen anonymen Konzern nicht mal ein praktisches, reales Bein stellen und auf dessen Profit-Drüse drücken?

<———————– hier beginnt der politisch unkorrekte Satire- Teil ———————————>

Oder, warum nicht gleich mit einem günstigen Bahnticket in die Schwabenmetropole reisen und den Kopf mal zur Probe in einen Schlagstock halten?

Da ist die böse Polizei, die Männer in schwarz, die bedrohlichen und komplett ungeliebten Robocops unseres „Nazi-Diktatur-Polizeistaats“, auf die niemand Bock hat. Auch wenn das schöne grüne Fahrzeug mit dem weichen Wasser so lieb daherkommt, so scheint es ungesunde Auswirkungen zu haben, wenn man direkt in den Strahl blickt. (( bitte nicht falsch verstehen, ich finde es auch schrecklich, was passiert ist und mir tun die erblindeten u. verletzten  Menschen sehr leid – ich finde es so erschütternd und traurig, dass ich die Frage wichtiger denn je finde, inwieweit eine Demonstration oder die Polizei eine angemessene Lösung für ein Problem ist, das politisch und mit Argumenten gelöst werden sollte; daher wende ich mich auch ein wenig gegen die Protestkultur und das Durchsetzen einer Sache mit Gewalt, egal von welcher Seite ))

Wer schonmal mit einem Hochdruckreiniger den Hof gesäubert hat, weiß dass in der Anleitung steht: „Bitte Schutzbrille benutzen!!“. Ein Motorradhelm tuts zur Not auch.

20 bar sind eine Menge Holz, wenn man bedenkt, dass in einem Autoreifen vielleicht 2,5 bar, in einem Radreifen keine 3 bar Platz finden. Und Wasser hat eine höhere Dichte und somit auch höhere Gefährlichkeit als „nur“ Luft. Daher steht auf Wikipedia zum Thema Wasserwerfer auch der Satz „Bei zu hohem Betriebsdruck kann ein direkter Wasserstoß zu schweren Verletzungen führen, daher gelten Beschränkungen bei der Druckregulierung.“

Also, Kinder nicht in den Strahl schauen, wenn die Polizei schlechte Laune hat. Reizgas auf beiden Seiten gilt auch schon als „politisch unkorrekt“. Trillerpfeifen, körperliche Belästigungen und Begrapschen, Besetzen von Polizeifahrzeugen, auf Bäume klettern, die gefällt werden, Plakate und Beschimpfungen der Polizei könnten unter Umständen auch als Aggression gewertet werden, aber wem der Zusammenhang zwischen Gewalt und Gegen-Gewalt nicht ganz klar ist, sollte eventuell… mal mit seinem Therapeuten darüber sprechen.

Oder zu einer Demonstration reisen und seinem Frust mal so richtig Lauf lassen!
Die blöden Politiker!
Die da oben!
Machen sowieso was sie wollen!

Denen gehört mal tüchtig in den Ar.. getreten!

Wenn wir schon Steuern zahlen, wollen wir auch demonstrieren dürfen- gehen- gehabt- wollen- sein.

Und – juchee- die Abstimmung mit den Füßen trägt bereits zarte Früchte: Der Südflügel bleibt vorerst stehen und der olle Mappus gesteht Fehler ein! Wenn das nicht mal ein Teilsieg auf voller Linie ist.

Ich bin begeistert.

Das nächste Mal reise ich auch ins Schwabeländlein. Wenn die Scheiß-Autobahn nicht immer so verstopft und Winterreifen nicht immer so teuer wären…

Wir sind das Netz

Eigentlich war das gestern ein ganz normaler Tag im Leben einer Blog-Autorin. Mein Twitter-Account pflege ich nicht sehr intensiv (mangels derzeitiger Ideen und Zeit) und auch im Blog plätschern mir die Artikel mehr mäßig als flüssig durch die Finger. Wie die Blogosphäre aber funktioniert und dass das (von mir manchmal belächelte) Prinzip der Aufmerksamkeit und Vernetzung sehr wichtig ist, erkannte ich gestern sehr deutlich.

So habe ich mir gedacht, dass ich Twitter auf den HartzIV Praxis-Vergleich aufmerksam machen könnte, weil ich den Artikel selbst ganz gut fand und nun neugierig auf die Meinung anderer war/ bin. Vollautomatisch (über Twitterfeed) lasse ich ja die Artikel nicht mehr raus, weil ich immer das Gefühl habe, dass das so nach Spam aussieht und andere vielleicht nerven könnte. Manuell kann man viel bessere Schwerpunkte setzen und vielleicht noch einen Satz dazu schreiben.

„Wir sind das Netz“ weiterlesen

Was der Alltag so kostet

Kann man mit wenig Geld leben? Und wieviel „wenig“ ist wenig?

Heute waren wir Einkaufen, weil wir einen dringenden Bedarf für unseren Haushalt hatten: Der Siphon in der Küche hat sich verabschiedet und ist aus noch nicht ganz geklärten Gründen undicht geworden (meine Vermutung ist, dass er das kochende Wasser vom Nudelkochen nicht ausgehalten hat und die billigen Plastikmaterialien und Dichtungen dabei geschmolzen sind, aber er kann auch auch nur leckgeschlagen sein. Auf jeden Fall pladderte das Wasser nach dem Nudel-Abgießen aus dem Küchenschrank, weshalb diese Vermutung recht naheliegend ist). Dieses Teil kostet im Baumarkt ca. 6 Euro, enthalten sind noch ein paar Kleinteile und neue Dichtungen.. Da die Anschlusskabel immer recht kurz sind und es meistens hinten und vorne nicht passt, haben wir noch ein flexibles Anschlussrohr dazu gekauft, was aus allerbilligstem Plastik ist und nochmal mit 7 Euro zu Buche schlägt. Obwohl ich im Baumarkt sehr genau geschaut habe, war es nicht möglich, die gewünschten Teile in Chrom oder Metall zu bekommen. Für die Waschtische im Badezimmer gibt es die sehr wohl, aber da wo es auf gute Materialien ankommen würde (in der Küche) findet man nur Plastik-Verschleißteile. Vielleicht, damit sie nach 12 Monaten wieder verschleißen und man sie dann neu kaufen muss?

In den Einkaufswagen rutschte (( wenn man schonmal da ist, sollte sich die Fahrt auch lohnen)) noch eine rutschhemmende Duschmatte, weil die alte ein wenig fleckig und unansehnlich geworden ist und das generell ein Austausch- und Verschleißprodukt ist (allein schon aus hygienischen Gründen). Quadratische Plastik-Rutschmatten gab es nur für wucherverdächtigte 17 €, im Angebot waren dafür Wannenduschmatten, die nicht ganz in die quadratische Duschwanne passen, aber seltsamerweise nur 10 €uro gekostet haben und dazu noch ein praktisches Nackenkissen für die Badewanne dabei haben.

Inzwischen stehen wir bei 23 Euro. Ein paar Räume sind noch recht leer, aber im Baumarkt gibt es keine schönen Regale, nur allerbilligste und etwas klapprige Fichten-Regale (10 Euro), die wohl eher für die Werkstatt gedacht sind. Dafür fanden wir weitere Ersatzteile, die auf der Baustelle unersetzlich sind: Zwei kleine Päckchen Schrauben für jeweils ca. 6 Euro.

Alles in allem machten die paar Sachen im Wagen einen traurigen Eindruck und vermittelten uns das Gefühl, nur das Allernötigste für den Moment zu sein, aber dennoch unersetzlich zu sein, wenn man sein Heim ein wenig im Wert erhalten und evt. noch aufwerten möchte. An der Kasse staunte ich nicht schlecht, als die Kassiererin mit freundlichen Worten den Betrag 35 Euro nannte und ich damit ca. 5 Euro über den „vorgesehenen“ Bedarf eines HartzIV – Empfängers für „Wohnen, Energie und Instandhaltung“ gerutscht bin.

Wohnkosten/ Instandhaltung
Vorgesehen: 30 Euro
Verbraucht: 35 Euro

Was da im Einkaufswagen liegt, ist das Allernötigste, kein Luxus, sondern nur ein wenig Werkzeug und Ersatzteile, um unsere Reparaturen zu erledigen. Es kommt immer mal wieder vor, dass wir diesen Betrag deutlich erhöhen und der Ausbau und die Pflege von Wohneigentum ((natürlich muss jetzt das Argument kommen, dass Hartz IV Empfängern ja auch kein Wohneigentum im eigentlichen Sinne zusteht; sie wohnen aber dennoch und müssen ihre Wohnung instandhalten; nicht alles wird vom Vermieter bezahlt, bei bestimmten Ausgaben ist zu erwarten, dass man sie selbst erledigt oder es ist einfach praktischer und schneller, sie selbst zu machen; auch kann man nicht immer mit der gleichen Tapete leben und möchte hin und wieder renovieren oder ähnliche „Verbesserungen“ vornehmen; letztendlich soll ja die Frage geklärt werden „Was ist menschenwürdig?“ und nicht alleine „was geht im bürokratischen Sinne?“)) ist bekanntlich ein Fass ohne Boden. In guten Zeiten haben wir locker 400 Euro pro Monat in die Sanierung gesteckt, aber auch nur so „wenig“, weil wir nicht mehr Material verarbeiten konnten. Das sind aber wohlgemerkt nur Baumaterial-Kosten, ohne Handwerker-Leistung, ohne teure Luxus-Möbel und ohne jegliche Inneneinrichtung.

Allein aus praktischer Lebenserfahrung kann ich vermuten, dass der Betrag für Wohnen, Energie und Instandhaltung für Hartz IV Empfänger lächerlich wenig ist. Allein diese Zusammenfassung (Wohnen, Energie, Instandhaltung) zeigt, dass es hinten und vorne gar nicht reichen kann.

Der Betrag ist irgendwie an der Realität vorbeikalkuliert. Wer mit so wenig Geld wirtschaften muss, kann gar nicht anders, als die meisten Reparaturen liegen zu lassen oder darauf zu hoffen, dass der Vermieter sich gnädig zeigt und die meisten Reparaturen übernimmt. Die Folge ist Stillstand und Abhängigkeit von anderen, die mehr Geld haben.

Nahrungsmittel
Vorgesehen: 128 Euro (für vier Wochen)
Verbraucht: 50 Euro (für eine Woche)

Für Nahrungsmittel sind 128 Euro pro Person kalkuliert: Im Supermarkt haben wir Lebensmittel für zwei Personen und eine Woche eingekauft und sind auf ca. 80 Euro gekommen. Ein Brot, Toastbrot, Käse, Bananen, Kiwis, Tee, Schokolade, Milch, Gemüse, ein paar Fertiggerichte, zwei Schirme für die kalte Jahreszeit, ein Sixpack Bier (spezielles Oktoberfestbier, war im Angebot) ((Alkohol und Tabak sind zwar offiziell herausgenommen, d.h. aber nicht, dass man sie nicht kaufen wird, also ist das nur eine statistische, indirekte Kürzung der Sätze)) und noch diverse andere Sachen. Der Wagen war ca. ein Drittel gefüllt. Getränke (zwei Kasten Apfelsaftschorle) haben uns mit Pfand ca. 20 Euro gekostet.

Das macht nach den Hartz IV- Sätzen 100 Euro für zwei Personen (50 Euro für eine), bliebe uns noch ca. 156 für die restlichen drei Wochen. Das ist knapp, aber verhungern wird man wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlicher ist aber, dass es an anderer Stelle fehlt und das nicht vorhandene Geld vom Lebensmittelposten abgezogen wird und dann dafür nicht mehr zur Verfügung steht.

Gesundheit
Vorgesehen: 15 Euro
Verbraucht: 20 Euro

Schnell noch in die Apotheke, denn der Schnupfen plagt: Ein Fläschchen Naturarznei, 9 Euro, eine Packung Schnupfentabletten nochmal 10 Euro, wir sind bei ca. 20 Euro für die Gesundheit. Das sind schon fünf Euro zuviel, denn für die Gesundheit sind nur 15 Euro vorgesehen. Aber Moment, Paxisgebühr alleine kostet 10 Euro und die meisten Zuzahlungen liegen schon bei fünf Euro pro Arznei. Wie soll das bitte gehen? Vor allem, wenn man eine chronische Krankheit hat oder bestimmte Medikamente sehr oft braucht?

Wenigstens die Zahncreme ist heute umsonst: Ein Werbegeschenk einer bekannten Zahncreme-Firma, die am Eingang der Apotheke auf Kundenfang geht. Naja, immerhin etwas….

Bildung:
Vorgesehen: 1,39 Euro (( pro Monat!! dafür bekommt man noch nicht mal ein gebrauchtes Buch+Versand ))
Verbraucht: Stromkosten, Gehirn und Internetgebühr, „kostenlos“

Bleibt noch die Bildung, denn ich will mir eine Zeitung kaufen, oder ins Internet gehen und mich dort weiterbilden, vielleicht ein Buch kaufen und darin lesen?

Nein, das war heute nicht drin. Ich hätte auch gar keine Zeit gehabt.

Fazit:
Auch wenn ich zum Glück keine Hartz IV-Empfängerin bin, die derzeit von der Politik kalkulierten Sätzen muten unmenschlich niedrig und an jeglicher Realität vorbeikalkuliert an. Das Leben ist teuer und es wird meistens immer teurer. Die Preise im Supermarkt und für Gesundheit oder Energie sinken nicht und kennen nur eine Richtung: nach oben. Von den Hartz IV- Sätzen alleine zu leben, bedeutet Armut und Mangel in allen Bereichen. Durch den Mangel an Geld werden einem die Möglichkeiten geraubt, noch nichtmal das Nötigste ist drin. Gesellschaftlicher Aufstieg ist unmöglich, an Bildung oder einen freien Kopf kaum zu denken. Nach der Maslowschen Bedürfnispyramide kommen immer erst die materiellen und praktischen Bedürfnisse, bevor man sich um andere kümmern kann.

Die mangelnden materiellen Möglichkeiten sind wie ein Sauerstoffmangel, der einem die Luft zum Atmen nimmt und jegliche soziale Verbesserung oder Aufstieg verhindert.

Das Leben ist hartz und ungerecht

Fünf Euro sollen es also nun werden. Fünf Euro sind nicht besonders viel, davon kann man sich eine Packung Aspirin oder alternativ ein bisschen Gemüse kaufen.
Reiche Menschen schaffen damit sogar ein Glas Wein, wie jemand in Anne Will berichtete, als er gefragt wurde, was man sich von fünf Euro leisten kann. Ja, es ist ein wenig seltsam, dass diese öffentlichkeitswirksamen Diskussionen immer nur von denjenigen geführt werden, die es sich leisten können, in Talkshows zu sitzen und dafür anscheinend ausreichend „verdienend“ und für das öffentliche Interesse ausreichend interessant sind.

Die zuständige Ministerin verteidigte ihre Thesen eisern und machte auch keine Anstalten, sich von den verbalen und heftigen Seitenhieben des Linken-Vorsitzenden Klaus Ernst beeindrucken zu lassen. Gebetsmühlenartig und mit stoischer Ruhe, sowie einem recht abgeklärten Blick wiederholte sie ihre Thesen in einem schulmeisterlichen Ton. „Wer arbeitet, soll mehr haben als der, der nicht arbeitet“ war ein wichtiges Argument, und dabei wurde der Zuschauer unweigerlich an die Aussagen des FDP Chefs Westerwelle erinnert, der Anfang des Jahres mit entsprechenden Aussagen über Hartz IV-Empfänger Furore machte und seitdem in der Versenkung verschwunden ist. Den Respekt vor den Niedrigverdienern gelte es zu bewahren, denn schließlich gehen manche Menschen für sehr wenig Geld arbeiten, so dass sich für viele Arbeitslose die Aufnahme von Arbeit kaum noch lohne. Dieses Argument mutet ein wenig zynisch an, so nach dem Motto: „Wir vergleichen euch jetzt mit den untersten Schichten und wenn es denen immer dreckiger geht, muss es euch eben auch immer dreckiger gehen.“ Viel besser wäre es, in diesem Bereich wirtschaftliche Neustrukturierungen einzuleiten und den Niedriglohnsektor zu überdenken, vielleicht mit einem Mindestlohn. Dass auch Außenstehende Institutionen wie die OECD diesen Teil des Arbeitsmarktes in Deutschland kritisch einschätzen, zeigt dieser Link.

Dennoch ist es irgendwie zynisch, angesichts der hungernden Menschen vor Essens-Tafeln, von schlecht gekleideten Kindern, denen das Nötigste fehlt, die meist kein richtiges Frühstück bekommen und der allgemeinen Erkenntnis, dass die Schere zwischen arm und reich in Deutschland immer weiter auseinander geht. Dies scheint eine unaufhaltsame Entwicklung zu sein und nichts in der Welt hält sie auf. Die Argumente wirken auf beiden Seiten nicht überzeugend und die Diskussionen sind meist von sehr starker, emotionaler Aufladung geprägt. Am meisten schadet es den Betroffenen selbst, über deren Köpfe hinweg diskutiert wird. Die Hartz IV-Empfänger scheinen überhaupt die Problemgruppe an sich zu sein und sie sind auch ein Sündenbock für vieles. „Sie können ihre Kinder nicht richtig erziehen“ > also brauchen wir Bildungsgutscheine und andere Aktionen. „Sie trinken und rauchen zu viel“ > also werden diese Berechnungen in Zukunft herausgenommen, schließlich brauchen wir auch einen pädagogischen Effekt.. und ganz wichtig: Sie haben keine Lust auf Arbeit und sind faul > daher kürzen wir die Sätze oder erhöhen sie nur ganz wenig.

Hinter all den politischen Ambitionen stecken Menschenbilder und der Versuch, die inhomogene Gruppe der Hartz-IV Empfänger in eine Schublade zu stecken, genauso wie man es heutzutage mit den „Bankern“ macht, die durch die „Bank“ alle böse sind und risikoreich unser Geld verzocken.

Dass es in jeder Gruppe auch Ausreißer und Ausnahmen gibt und Menschen, die es anders machen wollen, übersieht man anscheinend komplett. So trifft ja der Hartz IV -Satz ja auch Menschen, die arbeitslos geworden sind und nach dem Bezug von ALG keine Stelle mehr erhalten. Es geht vor allem um die Frage: Was gibt die Politik und die Gesellschaft den Menschen zurück, die jahrelang gearbeitet haben und nun ohne Verschulden in die Arbeitslosigkeit gerutscht sind? Derzeit gibt es eher Bestreben, alle Sozialleistungen zu kürzen, so auch beim ALG 1.

Anstatt dass man sich über die Leistungen eines großen und mächtigen Sozialstaats freut, schaut man immer ein wenig geizig auf die Kosten, die er verursacht und überlegt, wie man nicht hier und da ein wenig abzwacken kann. Nicht der Sozialstaat ist das Problem, sondern die Leute, die ihn bezahlen müssen und dass diese steuerliche Lasten teils sehr ungerecht verteilt sind. Am oberen Ende der Einkommenskala profitieren Unternehmer, Selbstständige und große Firmen von immer ausgedehnteren Entlastungen und einem Spitzensteuer-freundlichen Steuersystem sowie einer großzügigen Kreditvergabe, an der unteren Skala kürzt man immer weiter und schafft soziale Kälte und Abstiegsängste. Die Mittelschicht -und damit der Großteil der Wähler- sitzt aber dazwischen und muss jeden Tag arbeiten, damit am Ende nur noch ein Bruchteil an Netto-Einkommen im Geldbeutel übrig bleibt, wenn es nicht von steigenden Krankenkassenbeiträgen, Energie- und Lebenshaltungskosten aufgefressen wurde.

Die gesamte Denkweise ist zynisch und zeigt bei vielen Menschen in der Politik eine kapitalistische und vor allem egoistische Denkweise: Wer arbeitslos geworden ist, „ist eben selbst schuld“ – wer keine Arbeit findet, „der ist nur zu faul“ – und Arbeitlose brauchen nicht soviel Geld, „weil die eh alles versaufen und nur Fernsehen schauen“.

Die autoritäre Strenge und die allgemeine Unmenschlichkeit ist das wahre Problem an diesen Entscheidungen und vor allem ein Mangel an Mitgefühl. Aber mit diesem Mitgefühl meine ich auch nicht, alle Menschen in Watte zu hüllen und ungeachtet der persönlichen Situation Pauschalurteile im Guten zu fällen. Ich finde es aber wichtig, genau hin zuschauen und mit einerseits kaufmännischen-wirtschaftlichen, aber auch sozialen und ethischen Verstand die Ursachen für Armut herauszufinden und zielgerichtet Maßnahmen zu ergreifen, die diese Ursachen beheben.

Derzeit verfällt die Politik eher in heiß aufgeladene, aber dennoch nutzlose Scheingefechte: Die einen verteidigen ihr Sparen an den Armen (währenddessen sie Hoteliers, Energiekonzernen und Banken Milliarden schenken), die anderen schreien blindwütig und einseitig nach „mehr“, was genauso wenig glaubwürdig herüberkommt. Beide Lager, die Befürworter von höheren Sozialleistungen, aber auch die „sozial kalten“ sollten sich zusammensetzen und überlegen, wo die wirklichen Probleme sind. Wie kann man beispielsweise die Brücke schlagen, zwischen den ständig gesuchten Fachkräften und einem ruhenden, wenig gebildeten Potential, dass einfach nicht „arbeitsmarktskompatibel“ ist?

Wie kann man verhindern, dass sich Hartz IV- Traditionen in den Familien vererben und die Menschen endlich aus ihrer gesellschaftlichen Stagnation gelöst werden? Wer nimmt in diesen Tagen endlich mal die Worte „Bildung“ und „Schulsystem“ in die Hand? Warum verabschiedet man sich nicht endlich von dem mehrgliedrigen Schulsystem, dass die gesellschaftliche Separierung quasi per Gesetz zementiert? Die Folge ist, dass „einfache“ Berufe nicht mehr so angesehen werden, dann aber indirekt auch ausgebildete Meister fehlen.  (( Von einem Computer aus alleine kann man ein Haus allerdings nicht bauen… Die Folge ist auch, dass Innovationen in diesem Bereich gern übersehen werden.  ))

Fazit
Mit dem alleinigen, öffentlichkeitswirksamen Diskutieren in Talkshows und dem gegenseitigen Verstricken in Argumenten wird man in der Sozialpolitik überhaupt nichts bewirken. Es muss ein umfassendes Neudenken in der Politik stattfinden, aber mit dieser schwarz-gelben Regierung wird es schwer, weil sie die Schlüsselpositionen mit guten Politikern besetzt hat, die das Ruder eisern in der Hand halten. Die Opposition und andere soziale Gruppierungen können sich zwar in Demos auspowern und zornesrot eine verbale Keule schwingen, aber es ist zweifelhaft, ob sich die Regierung davon beeindrucken lässt. Den Betroffenen hilft das alles nur wenig, sie müssen weiter mit gesellschaftlicher Ausgrenzung und in ihrem Leben am Existenzminimum ausharren. Es ist zwar schön, wenn die Zahlen sagen, dass sie „gar nicht so arm“ seien, aber die Lebenssituation ist bekanntlich oft ganz anders. Vielleicht sollten manche Politiker so eine Lebenssituation mal selbst durchleben, damit sie spüren können, wie sich das anfühlt, jeden Cent umdrehen zu müssen?

Wem das alles zu deprimierend erscheint, kann Hartz IV immer noch in „Basisgeld“ umbenennen, dann schnell die Augen zumachen und darauf hoffen, dass alles besser ist, wenn er sie wieder geöffnet hat…

Rezension: Little Children

Aus einer ganz anderen Sparte der Erzählkultur stammt „Little Children“, ein amerikanischer Film aus dem Jahre 2006 nach einer Romanvorlage von Tom Perotta. Die Angaben zum Film sind auf Wikipedia recht umfangreich, so dass ich mir diesmal eine zu umfangreiche Inhaltsangabe ersparen werde. In kurzen Worten: Der Film illustriert auf eine eindringliche Weise das Alltagsleben von verschiedenen Menschen in einem amerikanischen Vorort. Dabei stehen vor allem die verheiratete Literaturwissenschaftlerin Sarah (gespielt von Kate Winslet) und der noch ohne Jura-Abschluss harrende, aber ebenfalls verheiratete Brad Adamson (Patrick Wilson) im Vordergrund der Geschichte.

Die beiden finden durch ihre Kinder zueinander, Sarah hat ein kleines Mädchen und Brad einen Sohn im gleichen Alter. Der Spielplatz und das Schwimmbad sind ihre Orte der Begegnung. In einer sehr langsamen, aber detailverliebt ausgearbeiteten Erzählweise kommen sich die beiden immer näher und erkennen, dass es in ihrem Leben viele Gemeinsamkeiten und auch viele ähnliche Probleme gibt. So sind beide nicht so recht glücklich in ihrer Ehe und vermissen die Romantik sowie das Familienleben. Ihre Partner sind jeweils berufstätig und haben kaum Zeit für sie oder die Familie. Vor allem die strenge Frau von Brad, Kathy (gespielt von Jennifer Conelly) beobachtet das Leben ihres Mannes argwöhnisch und erwartet, dass dieser bald sein Anwalts-Exam ablegt. Sie hat in der Beziehung die Hosen an und macht ihm z.B. Vorschriften in Bezug auf das Geldausgeben. („Muss diese Ausgabe wirklich sein?“, schreibt sie mit schnellen Buchstaben auf die Kontoauszüge, die er am Mittagstisch hervorkramt)

„Rezension: Little Children“ weiterlesen

Rezension „The Fortress“

Gestern kam zu später Stunde ein recht guter Science-Fiction-Film, den ich auf Grund der etwas konservativen Bewertungsweise meiner Fernsehzeitschrift beinahe übersehen hätte.

Denn darin stand, dass die Story von „The Fortress“ nicht so gut wäre und nur Wert auf Spezialeffekte gelegt worden wäre, was so überhaupt nicht gestimmt hat.

Es ist eher umgekehrt: Der Film aus dem Jahre 1992, in der Hauptrolle der legendäre „Highlander“ Christopher Lambert,  zeichnete sich eher durch eine glaubwürdige, fesselnde Story aus, die- eingebunden in ein unheilvolles und bedrückendes Science-Fiction Szenario- menschliche Probleme und Ängste vor einer allzu technisierten Zukunft, mit hochwertigen Szenen und einer guten Spannungskurve sehr gut zum Ausdruck gebracht hat.

„Rezension „The Fortress““ weiterlesen

In den Augen der anderen

Schon wieder hat Deutschland einen Amoklauf und schon wieder reibt man sich als verwunderte Online-Zeitungsleserin einfach nur die Augen und fragt sich „warum“?

Auch wenn es schön wäre, es gibt nur die offiziellen Verlautbarungen und die sind recht dünn und verleiten zu Spekulationen.

Sie sei „psychisch angespannt“ gewesen und die sarkastischen und zynischen Kommentatoren im Spiegel-Forum fragen dann ein wenig zu recht: Wer ist heutzutage nicht psychisch angespannt?  ((was mir so nebenbei auffällt, es scheint im Grunde nur noch sarkastische Kommentare zu geben, egal in welcher Online-Zeitung und egal zu welchem Thema – der Sarkasmus und somit die jegliche Abwesenheit von Gefühl und Menschlichkeit scheint oft das einzige Mittel unserer Gesellschaft zu sein, um mit solchen „Problemen“ fertig zu werden; aber ich wage zu bezweifeln, ob es immer das beste Mittel ist))

Sind wir nicht alle ein wenig angespannt? Haben wir nicht alle hin und wieder Beziehungsprobleme? Aber wer kann schon in unsere Köpfe schauen?

Auch die bösen Killerspiele werden es diesmal nicht gewesen sein und wenn man das Forum so durchliest, dann drängt sich der Eindruck auf, dass die Schreibenden darüber eine heimliche Freude empfinden. „Endlich mal eine Frau“, „endlich mal keine Killerspiele als Ursache“, „das habt ihr nun von eurer Vorverurteilung“, „eurem ideologischen Gutmenschentum“, „das Schubladendenken“ ((im Bezug auf das Waffenrecht)) scheinen sie zu sagen.

Ja, „man“ macht es sich recht einfach. Was wusste man schon von dieser Frau, die „Blumen und Pflanzen“ in ihre Wohnung getragen hat und in ihrer Anwaltskanzlei mehr schlecht als recht geschlafen hat? Die vielleicht eine Fehlgeburt hatte, aber auch das weiß man nicht so recht. Man weiß eigentlich nichts. Nur gut, dass die ältere Dame aus der Nachbarschaft genau aufgepasst hat und in ihr Protokoll schreiben konnte, dass Sabine R. „adrett gekleidet gewesen war“.

Das ist doch schonmal was. Nach außen hat alle gestimmt. Hübsch lächeln und die netten Nachbarn möglichst nicht mit den eigenen Problemen belästigen. Man könnte ja etwas falsch machen. Man könnte ja ausgegrenzt oder zum Opfer von Gerede und Spott werden. Eine Frau, die Anwalt ist und einen Schreiner zum Partner hat? Das ist ja schon etwas ungewöhnlich. Und dann noch Sportschützin? Daran ist bestimmt dieser böse Feminismus schuld! Das haben wir nun von den gleichberechtigen Frauen. Sie verhalten sich wie Männer. Aber das haben wir doch immer gewollt…

Egal, in drei Tagen ist sowieso wieder alles vergessen.

Auf zum nächsten Thema!

Die Deutschen werden dümmer..

Die Nachdenkseiten schreiben mal wieder sehr kritisch und ausführlich über das Bildungsproblem in Deutschland.

Der Artikel ist so gut, dass man ihm kaum etwas dazu fügen kann. Ich frage mich nur – abseits der Zahlen – warum das Thema Bildung gerade in Deutschland so vernachlässigt wird? Was ist passiert mit dem Land der Dichter und Denker? Der Pisa-Schock war ein erster Warnschuss, aber meistens kommt es schlimmer und zweitens als man denkt.

Folgt nach einer kurzen kulturellen Blütezeit nun ein erneuter Abschwung? Wird man uns eines Tages mit Entwicklungs-Ländern in einem Atemzug nennen? Wir haben vergessen, ins Humankapital ((Der Begriff „Humankapital“ ist eine Zusammenfassung von menschlichen Fähigkeiten mit ökonomischen Maßstäben, daher etwas einseitig und ungenau. Das wird auf den Nachdenkseiten nochmal extra erklärt)) zu investieren, weil wir keine Fachkräfte mehr haben, weil keiner mehr Arzt auf dem Land werden will, weil die Gesellschaft emotional kalt geworden ist.

Warum kann man mit mächtigen Atomkonzernen über Nacht Kompromisse aushandeln, aber warum gelingt es nicht, ein paar Millionen zusätzlich in den Bildungsbereich zu stecken? Warum hängen wichtige Struktur- und Bildungsreformen soweit hinterher? Den Kommunen wird der Hals zugedreht, dabei sind sie es, die maßgeblichen Einfluss auf soziale und kulturelle Projekte „vor Ort“ haben.

Warum haben Leute wie Sarrazin, die Bildung und Intelligenz als etwas „erbliches“ auffassen Hochkonjunktur? Ich denke, man kann sich eine homogene, gleich gebildete und gleich gewichtete Gesellschaft einfach nicht vorstellen. Ohne die Armen und Dummen würde uns viel fehlen: Ein lenkbares Volk, Arbeitskräfte, die man ausbeuten kann.. und wir bekämen stattdessen Menschen, die mitdenken und aufbegehren, Menschen die sich wehren, Menschen die uns auf Augenhöhe begegnen.

Dabei ist gute Bildung so etwas wie ein Menschenrecht, schützt maßgeblich vor Krankheit und Armut. Wer sich selbst schützen kann, braucht die kollektiv gefütterten Systeme nicht mehr.

Wer ein gutes Bildungsfundament in seinem Leben erhalten hat, kann sein ganzes Leben davon profitieren. Bildung bedeutet die Fähigkeit zur Selbstbestimmung, zur kritischen Meinungsäußerung und zur Selbstreflektion. Gute Bildung stärkt die Persönlichkeit und das Selbstvertrauen (neben dem produktiven, gesamt-wirtschaftlichen Effekt). Wir sind nicht mehr gezwungen, dem Nächstbesten zu glauben, sondern erhalten uns mit dem kritischen Geist die eigene Autonomie. Für Frauen kann Bildung aber auch Einsamkeit bedeuten, weil kaum ein Mann eine schlauere Frau „erträgt“.  ((das ist eine etwas umstrittene Aussage, die ich hier näher erkläre: https://www.ja-blog.de/2010/09/einsamkeit-im-alter/ )) Aber dennoch ist das Gefühl, etwas selbst verstanden zu haben, durch nichts zu ersetzen und steht letztendlich über allem.

Bildung ist aber nicht nur Schulbildung oder ein Hochschulstudium. Bildung ist vielmehr eine Einstellung, an der man lebenslang feilen und arbeiten kann. „Lebenslanges Lernen“  ist für jeden Menschen essentiell wichtig, egal ob im praktischen oder theoretischen Bereich. Wer nicht mehr lernen kann, ist geistig tot.

Schade, dass in Deutschland, dem Land der Autobauer und Ingenieure so wenig Wert auf die richtige Bildung gelegt wird und dass man die sozialen Unterschiede derzeit eher ausbaut, als ausgleicht.

Einsamkeit im Alter (+ update)

geschrieben zu „A natural desaster“ von Anathema

Bei einem Auto ist es doch auch so, dass du lieber einen neuen als einen gebrauchten nimmst.“, war das Zitat eines Mannes in einem Partnervermittlungs-Kurs für ältere Menschen, Thema der heutigen 37 Grad – Sendung.

Lieber ein Neues.“ Soll heißen, lieber eine neue junge Frau, als eine alte verbrauchte. Hart formuliert, aber vielleicht doch einen Funken Wahrheit eingefangen. Erbost die folgende (weibliche) Erwiderung 10 gegen 1, dass es Frauen genauso zusteht, sich einen jungen Mann zu suchen. Eigentlich. Sollte. Müsste, hätte, könnte, würde… Denn die Realität ist anders, als das Wunschbild oder die feministische Ideologie im Kopf. Manchmal passt beides nicht zusammen. Dann muss man es akzeptieren, traurige Wahrheit. Denn in sexuellen Dingen dürfen Männer immer noch so bestimmen, wie sie wollen. Da haben sie noch Rechte und müssen sich keinem „Modell“ fügen. Das Zauberwort für eine gute Beziehung heißt Empathie, Freiwilligkeit, Toleranz und Autonomie.

Überhaupt ging es um Geschlechter in dieser Sendung. Um das weibliche Geschlecht. Einzig und allein. Die Frau im Mittelpunkt des Universums — Gynozentrisch nennt man das, glaube ich, weit entfernt vom „Maskulinissimus“. Der Stern des Maskulinissimus ist eher der natürliche Gegenpol des Gynozentriden, und am Anfang, da war kein Gott, denn Gott hat kein Geschlecht… und wenn, dann müsste er es sich aussuchen und würde vermutlich verzweifeln vor dieser schwierigen Aufgabe.

Daher war diese Sendung einseitig, denn es ging um einsame Frauen und nicht um die Frage, warum sie eigentlich einsam sind. Nimmt man ihre Schuldzuweisungen zulasten der Jungfrau- und Optik orientierten Männlichkeit mal weg, blieb nicht viel. Es taten sich mehr Fragen als Antworten auf. Da bleibt eine ältere Dame mit einem hübschen Lachen und einem netten Charakter, die aber kurze Haare trägt. Männer hatten ihr bei Dates gesagt, dass das ein Grund sein könnte, dass sie lange Haare attraktiver finden. Die Frau probiert bei einem Friseur mit einer blonden Perücke, übertreibt und überzieht ihre eigenen Vorstellungen von Weiblichkeit und landet mit einem charmanten Lächeln wieder bei ihrer eigenem, recht burschikosen und selbstbewussten Form der Lebenseinstellung.

„Männer trauen sich nicht, Frauen anzusprechen, meistens muss ich den ersten Schritt machen“ war das Fazit der gleichen Frau, nachdem man ihre Flirtversuche in einer Kneipe porträtiert hatte. Dann wieder ein anonymes Internet-Date, bei dem sie versetzt wird, ein Herr, der versprach, sich zu melden- und es nicht tut. Enttäuschung auf ganzer Linie.

In einem anderen Leben sehen wir ähnliches: Das kurze Kleid passt nicht mehr, die Tochter argwöhnt kritisch und dennoch scheint das Ego der leicht ergrauten Dame über 50 vor Selbstsichersicht nur so zu platzen.

„Warum suchen sie überhaupt nach einem Mann?“ frage ich mich beim heimlichen Zuschauen auf meiner Couch. „Wenn sie so selbstsicher, fröhlich und unbeschwert sind? Warum sich das Leben so schwer machen?“
Das Privatleben der anderen, nur einen Tastenklick entfernt. Und mein eigenes? Versuche diese Sendung zu reflektieren, höre aber lieber auf, bevor es zu kompliziert wird. Frauenthemen. Keine Lust auf überbordende Emotionalität, heute.

Kein Platz für Männer im Leben dieser Frauen, bzw. umgekehrt. Biologisch aussortiert oder selbstgewählte Einsamkeit? Des Gleichberechtigung´s reale und traurige Schattenseite? Männlicher Egoismus?

Prinzessin sein, begehrt werden und dann die ewige Schönheit? Vielleicht braucht die Gesellschaft keine weibliche Reife oder es gibt nur zu wenige Herren, die maskulin genug sind, um das zu schätzen?

Und wenn, dann wird es bestimmt auch darüber eine Reportage geben…

„Männer mögen es nicht, wenn die Frau intelligenter ist als sie oder einen besseren Job hat“, las ich mal irgendwo. Und mit dieser (biologisch verankterten und sexuell erwünschtem) Unterliegen der Frau gegenüber dem Mann verträgt sich das Modell der geschlechterlosen, austauschbaren Gleichberechtigung nicht. Überhaupt heißt Beziehung auch Rollen zu erfüllen, und sich ein Stückweit anzupassen. Aber für beide Seiten. Und wo sich keiner anpasst, da flutscht auch nichts.

In dieser Sendung wollten die Frauen erobern, wollten sie die Liebe erzwingen, konnte es ihnen nicht schnell genug gehen. Aber Liebe braucht Zeit, Liebe braucht Verständnis und Liebe muss frei sein von Moral, Vorstellungen und Erwartungen. Das kommt schon noch früh genug.

Und so gehen alle ihre Wege. Kuscheln sich an ihre Haustiere. Pflegen ihre Hobbys, für die dank des Single-Wohnens auch genügend Platz ist.

Die Männer holen sich das, was sie brauchen und schätzen: Junge und fruchtbare Weibchen, die das auch nach außen präsentieren. Junge fruchtbare Weibchen holen sich reife Alpha-Männchen mit Status, Arbeit und einem dicken Geldbeutel.

Und dann ist da noch das Heer der zurück gebliebenen alten, grauen Witwen: Der Frauen, die alles erreicht haben, Kinder großgezogen, gearbeitet und sich selbstständig gemacht haben. Geblieben ist ihnen nur ihr eigenes, einsames Leben. Aber das ist besser als nichts.

Update:

Bisherige Quellen deuten eher daraufhin, dass es umgekehrt richtig ist: Frauen suchen sich zur Fortpflanzung tendenziell eher intelligente Männer (anstatt: Männer suchen sich „weniger intelligente“ Frauen). Bei Männern gibt es aber genetisch bedingt mehr Abweichungen und Extremfälle von extremer Intelligenz (Genies) und deren genaues Gegenteil. Frauen neigen bei Intelligenz-Verteilung zur Ausgeglichenheit und liegen statistisch gesehen näher zusammen. Um den Nachwuchs zu sichern, deutet eine hohe Intelligenz bei Männern auf allgemein hohe Fähigkeiten hin und ist daher ein wichtiges Auswahl-Kriterium. In der Tierwelt wie beim Menschen, ist es meistens so, dass die Männchen ihre „Fähigkeiten zur Schau stellen“ und die Weibchen dann den Partner auswählen. Das erklärt auch die Erfahrung der Frau in der Reportage, dass sie immer diejenige war, die den ersten Schritt machen musste.

Weiterführende Links zu Partnerschaft und Sexualität