Die reichste Familie der Welt

Auf die Lösung meines letzten Rätsels ist keiner gekommen. Ich hatte zuerst gedacht, dass es zu einfach ist. Vielleicht hätte ich auch einen Preis ausloben sollen. Ich hätte z.B. das Buch verschenken können, dass ich durch Zufall in der Auslage vor einer hübschen Buchhandlung im Fuggerhaus gefunden habe und das ziemlich lesenswert ist.

Das Buch trägt den Titel „Kauf dir einen Kaiser“ und wurde von Günter Ogger geschrieben. Es geht dabei um das Geschlecht der „Fugger“, eine reiche, inzwischen adlige Kaufmannsfamilie aus Augsburg. Diese Familie kann man als die ersten Unternehmer der Geschichte bezeichnen und sie sind zugleich einer der einflussreichsten und wichtigsten Familie der Renaissance gewesen (neben den Medici) . Ihr Einfluss hielt bis zum 30-jährigen Krieg, der zugleich ihren Untergang besiegelte. Die Fugger wurden vor allem durch Jakob, dem Reichen berühmt, von dem auch ein bekanntes Porträt von Albrecht Dürer existiert (zu sehen im Wikipedia-Artikel).

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Blick in die Geschichte

Irgendwann im 16. Jahrhundert. Wir suchen eine Stadt. Erkennst du sie? Dann schreib die Lösung in die Kommentare!

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Der Buchhalter hatte gut geschlafen. Nachdem er die Milch ausgetrunken und das restliche Frühstück zu sich genommen hatte, stand er auf und gab seiner Frau einen Kuss. Dann nahm er seinen Mantel und seine Tasche und machte sich auf den Weg. Heute war ein besonders schöner und sonniger Tag, er freute sich darauf. Er überlegte, über welche Route er zur Arbeit gehen sollte. „Soll ich mal wieder in der Siedlung vorbeischauen und einen guten Tag wünschen? Oder lieber erst die Treppen steigen und ein wenig Sport treiben?“

Er entschied sich für die Siedlung, die kleine Stadt in der Stadt. Schon als er durch das Tor spaziert war, konnte er sich einen guten Überblick über die Lage der Dinge machen. Die Sonne blinzelte gerade so über die gotischen Treppengiebel und blendete ihn ein wenig.

In den frühen Morgenstunden waren die Menschen schon wach, einige kehrten die enge Straße vor der Häuserreihe. Fast alle erkannten den wichtigen Mann und grüßten ihn freundlich. Er merkte, dass sie großen Respekt vor ihm hatten und er unterschied sich auch schon rein optisch sehr von ihnen. Er hatte die feinsten Tücher und die teuersten Schuhe der Stadt gekauft, auf ein bestimmtes, passendes Erscheinungsbild legte er großen Wert. Die armen Menschen hingegen aus der Siedlung hatten nur grobes Sackleinen und waren oft ungewaschen und ungepflegt. Ihn störte das aber nicht, er grüßte jeden und fragte manchmal auch kurz nach dem Befinden. Nachdem er die kleinen Straßen einmal im Rundgang abgelaufen war, hielt er noch einen kurzen Plausch mit dem Siedlungsvorsteher und erkundigte sich über die Lage. „Es ist wirklich dunkel des Nachts, die Menschen haben Probleme, ihre Wohnungen zu finden“, sagte dieser und fragte, ob man nicht doch eine Straßenbeleuchtung anbringen könnte. Der Buchhalter wollte darüber keine Entscheidung treffen, nicht bevor er mit seinem Chef, den Inhaber der Stiftung Jakob F., darüber beraten hätte. Er würde aber darüber nachdenken, versprach er und verabschiedete sich vorerst.

Er kehrte zurück in die viel befahrene Straße und drückte sich an den Häusern entlang, Richtung Rathausplatz. Durch die vielen Pferdefuhrwerke, die um die Zeit schon unterwegs waren, waren die Straßen eng und etwas ungemütlich. Boten auf Pferden schossen an ihm vorbei, ohne nach links und rechts zu schauen. Eine militärische Patrouille aus vier Reitern ritt majestätisch an ihm vorbei. Ihre Rüstungen klirrten im Rhythmus, hin und wieder schnaubten die großen, muskulösen Pferde.

Nach einem kleinen Fußmarsch war er vorm Turm angekommen, der zwischen den Häuserreihen die Stadt überragte und auch als optische Orientierung für Neuankömmlinge diente. Er sah den kleinen Eingang, die Ausläufer der schmalen Treppe und überlegte kurz. „Soll ich jetzt da rauf und ein wenig mein Herz und die Lunge trainieren oder lieber gleich in die Schreibstube?“

Er entschied sich für die Morgengymnastik. Der lange Mantel hinderte ihn nach wenigen Treppenstufen sehr an seinem Gang. Er knöpfte ihn von unten her auf. Auf dem zweiten Stockwerk konnte er schon etwas weiter sehen und bewunderte die malerische Kulisse seiner Heimatstadt. Endlich, nach unzähligen Stufen und vielen, vielen Absätzen war er endlich in der Spitze, ca. 80 Meter über der Stadt, angekommen. Ein hervorragender Ausblick über die ganze Stadt, weit über die Stadtmauern hinweg, bis ins ferne Land, rüber zu den Alpen. Es war ein tolles Wetter.

Der Buchhalter freute sich auf den Tag.

Warum Gleichverteilung nicht funktioniert

Im letzten Text habe ich den Begriff „Gleichverteilung“ benutzt, ein Schlüsselbegriff aus dem linken und sozialen bis sozialistischen Gedankengut. Vorneweg möchte ich sagen, dass ich im Blog versuche, keine eindeutige, politische Meinung zu formulieren oder gar zu besetzen, sondern immer versuche, unabhängig und objektiv die Dinge zu analysieren und zu beschreiben. Nicht immer gelingt das. In manchen Dingen bin auch ich sehr fester Überzeugung oder es haben sich Sichtweisen und Erfahrungswerte eingeschliffen, die jetzt zu meiner „Überzeugung“ geworden sind- obwohl sie vielleicht falsch sind. Diese gilt es also in regelmäßigen Abständen zu hinterfragen. Ich möchte nicht behaupten, dass jemand „falsch denkt“ und schon gar keine Namen nennen, aber ich will überlegen, was es mit diesen Konzepten auf sich hat und wo sie real anwendbar sind oder reine Spekulation bleiben werden.

Zeit für einen politischen Text!

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Erfolg & Einigkeit

Gedanken zur Europawahl

Erfolg ist eine tolle Sache- vor allem, wenn man ihn hat.

Die Nicht-Erfolg-Habenden müssen sich hingegen mit Minderwertigkeitskomplexen herum plagen.

Erfolg scheint mir eine sehr temporäre Sache zu sein. Man kann kurzfristig erfolgreich sein, man kann kurzfristig angesagt sein, man kann Geld verdienen und ausgeben. Man freut sich über das neue Handy, doch bald ist es veraltet- oder so wie in meinem Fall, der Akku geht kaputt, das Display verkratzt- man braucht irgendwann ein Neues.

Erfolg, vor allem materieller und oberflächlicher Erfolg ist wie ein Kaugummi, den man frisch aus der Packung holt, freudestrahlend darauf herum kaut, sich über den netten Geschmack erfreut, bis er irgendwann fad und langweilig wird.

Wir Menschen wissen irgendwie, dass Erfolg wichtig ist- obwohl wir vielleicht auch wissen, dass er oberflächlich und belanglos ist, werden wir vom Erfolg magisch angezogen. In der Werbung werden nur Produkte versprochen und beworben, die unser Leben verbessern sollen- nie aber verschlechtern.

Es soll immer aufwärts gehen, wir werden nie satt. Haben wir gestern noch drei gute Freunde gehabt, brauchen wir morgen fünf, haben wir fünf, sind wir schon bald mit zehn nicht mehr zufrieden.

Mit dem Geld ist es ähnlich- je mehr, desto besser, aber das eigentliche Ziel ist der Weg, das Streben und mehr -Wollen. Wir können unter Umständen nicht anhalten und werden krank davon, brennen aus und leiden.

Die Buddhisten sagen ganz einfach „Gier“ dazu. Etwas, dass mit der Finanzkrise auch unsere Weltwirtschaft auf eine harte Probe gestellt hat. Schlimm wird es für den Süchtigen, wenn der Stoff ausgeht, wenn die harte Realität der Kausalitäten die Blase zerstört und das Ausmaß der Zerstörung sichtbar wird. Kein Wunder, dass diese Mechanismen der Gier auch in unseren Köpfen und in unserer alltäglichen Einstellung Einzug gehalten haben.

Wir können nicht mehr glücklich sein, mit dem was wir haben, was wir sind. Wir müssen immer auf den Kalender schauen, planen das Morgen und vergessen dabei das Heute.

Erfolgssucht ist wie eine Krankheit. Man kann sie inhaltlich und methodisch nur schwer trennen von der nötigen Entschlossenheit und dem inneren, beschwingten und fröhlichen Antrieb, den man braucht, um Gutes zu erreichen.

Man sollte sich also vom Zeit zu Zeit fragen: Bin ich auf dem richtigen Weg? Dienen meine Anstrengungen der ganzen Gesellschaft oder befriedige ich nur eigene Interessen? Ist es gesund, was ich mache oder schade ich mir selbst und anderen?

Was ist das Ziel meiner Suche? Erreiche ich mit den jetzigen Mitteln mein Ziel? Gäbe es vielleicht bessere Mittel oder gar andere Ziele?

Auf der anderen Seite sind Konsum, Erfolg und Fortschritt die Grundlagen für unsere Marktwirtschaft und die damit verbundene Forschung, die Menschen müssen konsumieren, um den Kreislauf am Leben zu erhalten. Die derzeitige Gesellschaft braucht Gewinner und Verlierer, das untergräbt die natürliche Solidarität. Ändern kann das nur ein gerechtes System, eine Gleichverteilung und eine Erfüllung der Bedürfnisse von allen. Daher wundert es mich z.B. an dieser Stelle, warum die Linksparteien und vor allem die SPD nicht von der Krise profitieren konnten. Die Wähler haben sich vor allem für die konservativen und die „bürgerlichen“ Parteien entschieden. Mir scheint, die Leute mit Besitz können sehr genau festmachen, welche Partei im Moment ihre Besitzstände sichert und welche Parteien nur „heiße Luft“ erzeugen- und sich mit dem Slogan leider ein Eigentor geschossen haben. Dass die SPD in einer Profilkrise ist, flankiert von nichtssagenden Aussagen und dem schweren Hartz 4- Erbe, kommt noch erschwerend hinzu.

Obwohl der kritische Menschenverstand zum Schluss kommen müsste, dass das ganze System in einer Krise ist, liefern die Wahlen ein beinahe widersprüchliches, paradoxes Ergebnis: Ein Teil, ungefähr die Hälfte der Wählerinnen und Wähler hat resigniert und ging gar nicht erst zur Wahl. Das sind die geknechteten, hoffnungslosen, bildungsfernen, die es bereits aufgegeben haben, an Gerechtigkeit und Wandel zu glauben. Übrig bleiben die Gebildeten, die wissen, wie man die Zügel in der Hand hält und was jetzt wichtig ist. Das Ergebnis: Es wird sich erstmal nichts ändern. Das allgemeine Bewusstsein wurde nicht wachgerüttelt. Mit geschickten psychologischen Belohnungsmittelchen hat man Autos unter das Volk verteilt und den Irrglauben verbreitet, alles im Griff zu haben und großzügig zu sein. Die wahren Abhängigkeiten und Begebenheiten werden von den meisten Menschen entweder nicht begriffen oder nicht hinterfragt: Es bleibt alles beim Alten.

Für die Reformen und den Veränderungsdruck im Land ist das ein handfester Nachteil. Bis zur nächsten Wahl muss sich etwas ändern. Die Wahlkämpfe müssen endlich politischer und eindeutiger werden. Die Parteien müssen alle aus ihrer Starre heraus und endlich anfangen, Menschen zu mobilisieren. Die niedrige Wahlbeteiligung ist ein Alarmsignal, ebenso die vielen kleinen Splitterparteien und euroskeptischen Parteien, die nun indirekt profitieren konnten. Einigkeit sieht anders aus.

Ohne Einigkeit : kein nötiger Wandel.

Religionsspecial, Teil 3

„Die“ Religionen sind langweilig- Glaube aber ist immer noch spannend

Ich sehe schon, die Religions-Texte erfreuen sich reißender Beliebtheit. Sie werden mir quasi vom Schreibtisch weggerissen, kaum habe ich sie fertiggeschrieben, stehen die Leute schon Schlange und drucken und drucken. Sie nehmen die Texte, heften sie an die Wand, in die Küche, ins Schlafzimmer, ins Klo…

Eine großartige Diskussion hat sich entwickelt, alle wollen wissen, wie es weitergeht. Ich werde berühmt für meine Texte, jeder liebt mich und eines Tages bekomme ich den Friedensliteraturpreis. Und alles nur, weil ich an diesem schönen Sonntagmittag über Religionen geschrieben habe.

-CUT-

Die Realität sieht anders aus, Moralfragen sind langweilig. Ich habe in der letzten Zeit versucht, im Fernsehen nur Sendungen über Religion und Geschichte zu schauen, weil es mich momentan interessiert. Das Ergebnis war niederschmetternd- wohin ich auch schaue, wertvolle Sendungen muss man mit der Lupe suchen. Es gibt Tage, da finde ich keine einzige Sendung über Geschichte. Keine einzige Sendung über Religion oder Psychologie. Keine einzige! Und es gibt genug Sender, geschätzte 578.

Sicherlich, die Erkenntnis ist abgedroschen, die Sachlage schon längst bekannt- aber doch immer und immer wieder verwunderlich. Die interessanten, schwierigen Themen sind keine Massenthemen- und so wird man auch mit Religionen oder Theologie nie berühmt werden.

Und gerade, weil das so ist, interessiert sich die Masse nicht für Religion. Daher sieht man niemand auf der Kirchenbank-

Sonntags morgen kann man wohl besseres machen. Um die Religion zu verstehen, muss man auch die Menschen, die jeweilige Kultur und die Geschichte verstehen.

Ich denke, in Zeiten als es noch kein Fernseher, kein Internet, keine Bilder, überhaupt sehr wenig Abwechslung gab, waren die Kirchen für die Menschen eine regelrechte Attraktion. Das einfache Volk hat unter der Woche schwere Feldarbeit verrichtet- vom Rumsitzen, Surfen und Fernsehen keine Spur- nein, früher mussten alle Leute arbeiten und zwar hart. Das Essen war einfach, meistens gab es nur Brei und einfaches Gemüse, Fleisch nur in Ausnahmen, denn die einfachen Menschen durften nicht einfach in den Wald zum Jagen gehen- dazu brauchte man Jagdrechte und die hatte meistens nur der Adel. Auch gab es noch kein Burger King und kein McDonalds. Tiefkühlkost und Tupper-Schälchen auch noch nicht.

Es muss langweilig gewesen sein, vor allem wenn man auf dem Land gewohnt hat, ohne Auto, ohne Fernseher, ohne Computer. Lesen konnte man vielleicht nicht, weil die Bildung nicht da war- was konnte und sollte man also machen?

Die Kirchen waren eine willkommene Abwechslung.

  1. Der Pfarrer erzählte weise Dinge und war gebildet. Man sah zu ihm auf. Man bewunderte ihn für sein Wissen, seine Rhetorik und Interpretationen. Der Pfarrer war für das einfache Volk eine Art Showmaster, ein Unterhalter, der den Alltag aufmöbelte.
  2. Die Inhalte waren Medizin für die einfachen Leute. Es ging um Moral und die Begründung, warum das einfache Volk hart zu arbeiten hatte. Die Monarchie war über die Kirche begründet, der König von „Gott eingesetzt“- das ganze christliche Weltanschauungsmodell war also auch ein Instrument der Macht und der Verwaltung- und der Rechtfertigung. Kein Wunder, dass die Leute es nicht erwarten konnten, die Lügen in die Tonne zu treten, als sie es enttarnt und überwunden haben.
  3. In der Kirche wurde gesungen und Orgel gespielt. Radios gab es noch nicht. Musikintrumente waren sicherlich selten und teuer- von dem brachialen, lauten Klang der Orgel ganz zu schweigen. Die Orgel war die Stereoanlage der Vergangenheit. Die Leute haben gerne gesungen und die Gemeinsamkeit gesucht. Für sie war es eine Freude, etwas Besonderes.
  4. Die Sonntage waren ein Moment der Geselligkeit. Man kann zusammen, um Nachbarn aus dem Ort zu treffen, reiche Leute, die man unter der Woche vielleicht nicht sehen durfte. Alle waren vor Gott gleich, alle saßen auf der gleichen harten Bank. Der Sonntag nivellierte die Unterschiede.

Es gibt also viele Gründe, warum damals die Kirchen erfolgreicher, einflussreicher und stärker gewesen sind. Wir werden diese Zeit nie wieder bekommen, die Moderne und die technischen Errungenschaften haben viel verändert- und zwar für immer.

Die modernen Götzen sind die Showmaster- wir beten sie an, wir werden taumelig und kreischen, wenn wir eine Band auf der Bühne sehen. Das ekstatische Erlebnis ist noch das gleiche, die Inhalte haben sich verändert.

Um dem Aberglauben der Germanen und anderen Naturreligionen etwas entgegen zu setzen, hat man damals verordnet, nur einen Gott zu haben. Schamanismus, Kräuterkunde und andere Dinge, hat man mit dem Begriff der „Hexe“ und des „Zaubereres“ verunglimpft und unterdrückt.

Heute sind solche alternativen Religionen wieder am Kommen- Esoterik ist ein Modebegriff und die Vielfalt zu wählen sind enorm. Es gibt nicht mehr den Glauben, nicht mehr die Richtung, nicht mehr diese Einigkeit.

Durch die Trennung der Kirche in die Konfessionen katholisch und evangelisch fing der Ärger ja schon an.

Wohin wird „die Religion“ also gehen? Worüber soll ich schreiben, wenn ich über „die Religionen“ schreibe? Über Geschichte?

Wo ist die Religion heute? Was ist Glauben eigentlich? Wozu braucht der Mensch den Glauben und warum können manche Menschen ohne Glauben leben?

All dies und noch mehr im nächsten Teil!

Religionsspecial Teil 2

Gott ist eine Frau

Im Folgenden schreibe ich über den „Gott“, so wie ich ihn sehe und empfunden habe. Für strenge Christen wird es nicht ohne Gotteslästerung gehen. Ich möchte aber meine Meinung formulieren, so wie ich denke, nicht, wie ich denken soll oder darf.

Dies ist ein Text, den ich schon lange aufgeschoben habe, weil er der Kern meiner derzeitigen Glaubenskrise ist. Ich kann mich nicht zwischen dem Christentum und dem Buddhismus entscheiden, nein ich weiß noch nichtmal, ob ich überhaupt eine Religion von diesen zu einhundert Prozent akzeptieren kann. Jede hat so seine Vor- und Nachteile. Ich bin ein freier und nachdenklicher Mensch, vielleicht atheistisch. Ich will meine eigene Meinung bilden und selbst entscheiden dürfen, an wen oder was ich glaube.

Aber der Reihe nach. Was weiß ich über Gott? In der Kirche ist er verborgene, geheimnissvolle Macht, der Mann mit Bart im Himmel. Aber vorstellen darf ich ihn mir nicht („Du sollst dir kein Gottesbild machen“, 10 Gebote) was oder wo ist er also dann?

Von verklärten Gläubigen mit Schal um den Hals wird mir erklärt, dass er überall ist und über mich wacht und Jesus sein Sohn und bla bla bla. Irgendwie interessiert mich das alles nicht. Ich habe keinen Bezug zur Bibel und auch nicht zur Kirche, noch kenne ich Leute, die stark gläubig sind und mir das Bild Gottes irgendwie vernünftig erklären könnten.

Also habe ich im Laufe der Zeit selbst Nachforschungen betrieben, mir so meine Gedanken gemacht.

In erster Linie ist Gott mir als eine Instanz in Erinnerung geblieben, die Angst und Moral verbreitet- ein schlechter Start, um gläubig zu werden. Der alte Mann mit Bart? Das ist doch die Vaterfigur! Väter braucht die moderne Gesellschaft aber nicht mehr, also wozu dann den Gott????

Warum keine weibliche Göttin, ja warum nicht mehrere Götter, so wie bei den Römern oder Griechen? Wer hat das zu entschieden, wieviel Götter es geben darf, wenn man sie noch nichtmal sehen kann?

Gott- ich glaube nicht an dich. Wie auch? Wir haben die Aufklärung, wir haben die Logik, wir haben die meisten Phänomene der Wissenschaft erklärt, aber einen haben wir dabei nie gefunden: Gott.

Mir scheint, der einzige Platz, wo er noch wohnt ist in meiner Seele und meinen Gedanken, von daher stammt er wohl und dort wird er seine Zuflucht, sein Zuhause haben.

„Was du sagst, ist Gotteslästerei!“ mögen manche mahnen. Andere wiederum lächeln mild und sagen „Gehe mit Gott, mein Kind“… oder sie hauen sich das Knie an, es blutet und sie rufen „Oh mein Gott!“.

Wenn ich Angst habe, bete ich zu Gott und bitte ihn um Hilfe. Gott scheint mir also emotional eine Hilfe zu sein. Die Vorstellung, dass jemand anders als ich verantwortlich sein könnte. Aber warum hilft er dann nicht, wenn es brenzlig wird? Wie weiß ich, wann er hilft, wann ich selbst schuld bin und wo ich völlig alleine und verzweifelt nach einem Sinn suchen werde?

Gott, ich verstehe dich nicht.

Du bist nicht zu verstehen. Man soll sich dich nicht vorstellen, aber glauben. Was bleibt, sind die Forderungen der Kirche, von denen ich wiederum weiß, dass sie menschengemacht sind. Es wird schwer, zu glauben.

Es wird schwer, sich verantwortlich oder gar schuldig zu fühlen. Wenn Gott nicht die Erde gemacht hat, sondern das ganze nur ein Zufall, eine Explosion oder sonstwas gewesen war?

Wir haben gerechnet, beobachtet und wieder gerechnet und der Begriff „Gott“ hat sich irgendwie rausgerechnet, ist unter den Tisch gefallen, bis er von dem Haushund dankbar aufgefressen wurde.

Gott, im Bauch des Köters, den ich gestern noch getreten habe?

Kann das sein?

Gott, wo bist du?

Hast die Atombombe nicht vertrieben, den Hunger nicht besiegt, die Armut nicht bekämpft- dem Menschen den Konsum und das Fernsehen gebracht, den Arbeitslosen ihr Hartz 4 und den Reichen ihre Banken. Die jetzt kriseln. Warst du das auch??

Also, Gott, es wird Zeit, dass ich dich suchen gehe. Denn von alleine wirst du nicht kommen. Es wird Zeit, dass ich dich neu definiere. Denn von allein definierst du dich nicht. Du bist wie eine Frau, immer im Schatten und der Mann hält die großen Sprüche. Also sei so lieb, liebe Gott-Frau und komm hervor, lächle ein wenig und zeige, wie schön du bist! 😉

Im Ernst, mir wäre es lieber, wir vergessen diese altmodische Gott-Geschichte und erfinden eine neue Religion. Eine verständliche, nicht verkrampfte. Eine logische, eine hilfreiche, eine die den Mensch in den Mittelpunkt stellt- den modernen Menschen mit seinen Wünschen und Fähigkeiten. Nicht einen grauen Vorzeitmenschen aus irgendeinem babylonischen Reich mit Ziegen und Schafen.

Ehrlich- ich brauche keinen Gott, kein Mann mit Bart. Ich brauche aber eine Religion. Ich finde das Christentum toll, es hat viele gute Ansätze und es gibt viele gläubige Menschen. Aber es ist unlogisch geworden, das Gedankengebäude bröckelt, verliert an Substanz, überzeugt mich nicht mehr.

Es gibt vielleicht ein atheistisches Christentum, ein Christentum ohne Gott. Dies wäre eine Option. Ein neues Christentum, ein Post-Christentum, ein gottloses, logisches und sinnvolles Christentum.

Das wäre dann mein Gott, meine Zuflucht, mein Halt, mein Glauben, mein Leben.

Etwas, dass mich wirklich überzeugen könnte.

Hilfreich finde ich z.B. die Ethik- eine Regel oder eine Vorgabe, wie man das Leben leben könnte oder sollte. Die zehn Gebote helfen dabei, sie sind aber zu ungenau, zu allgemein. Der Mensch und seine Psyche werden nicht aufgefangen, es gibt keinen Halt, Religion ist keine Medizin mehr, Gottesdienst nur lästige Pflicht.

Und dann immer diese Angst, die mit den Religionen aufgedrückt wird. Dieses kollektive Schuldbewusstsein, die Anklage, die Unfreiheit, das Unvermögen des Menschen – das nervt mich am meisten daran. Religion soll Moral sein und Moral soll Angst sein, das kann aber nicht klappen.

Wenn das Christentum wachsen will, muss es die Angst lösen- und den Glauben als eine Bereicherung anbieten- als Arbeit an sich selbst, aber auch als Chance. Als Grundlage für ein erfülltes Leben.

Gott, ich habe dich gefunden! Wenigstens für einen kurzen Moment.

Das Religions-Special, Teil 1

Grobe Übersicht über die kommende Fragestellung

Wozu also überhaupt eine Religion? Wie kann man jemanden erklären, dass eine Religion sinnvoll ist, wenn man selbst nicht glauben kann? Wie soll man die Liebe erklären, wenn man keine Liebe spürt?

Religion ist mehr als Denken, Religion ist mehr als Text-Verständnis, Religion ist mehr als Interpretation. Das muss ich gleich vorweg sagen, es ist eine wichtige Feststellung!

Viele Menschen haben keinen Bezug mehr zur Religion, weil sie zu analytisch und trocken ist. Verwöhnt von den bunten Medien des Fernsehers, den unzähligen Reise- und Vergnügungsmöglichkeiten der modernen Welt, ist die Religion nur noch ein Konzept- etwas unverständliches und langweiliges.

Auf meine Frage z.B., was denn der Pfarrer nun gepredigt hat, konnte mir niemand der Kirchgänger eine zufriedenstellende Antwort geben. Nein, niemand wollte sich auch nur damit beschäftigen- Religion ist out.

Die christliche Kirche, so wie sie heute ist, hat es ganz einfach versäumt, die alten Inhalte auf eine neue Sprache zu übersetzen. Und solange sie das nicht tut, wird sie weiterhin Mitglieder verlieren.

Kein Wunder, dass populäre Strömungen wie der Buddhismus, mit einfacheren Formeln und menschlicher Ethik, so viele Menschen im Westen überzeugen, die vielleicht früher Christen gewesen sind- so auch mich.

Wenn ich im Blog über Religion rede, kann ich nur über zwei Strömungen reden: Über den Buddhismus und das Christentum.
Ich tue das mit einer neutralen, analytischen Sicht und ich versuche, nicht system-immanent, sondern immer wenig von extern die Sache zu untersuchen. Das erlaubt es mir auch, offene Kritik anzubringen und macht mich frei von Ängsten und verklemmten Moralvorstellungen.

Zur Zeit habe ich eine religiöse Sinnkrise, daher eignet sich dieser nicht-fertige Geisteszustand hervorragend, alle Aspekte über dieses Thema aus der verstaubten Truhe zu holen und neu einzuordnen.

Zuerst, die wichtigste Frage überhaupt: Wozu überhaupt Religion?

  • Religiöse Fragen sind Sinnfragen, sie tauchen auf, wenn man viel über das Leben nachdenkt. Je nachdenklicher ein Mensch also ist, desto eher wird er auch auf religiöse Fragen treffen: Sie helfen also, das Verständnis über kausale Zusammenhänge zu vertiefen
  • Religion kann dem Menschen Sinn und Halt geben und aus schweren Krankheiten befreien, z.B. von Depressionen oder allgemeinen Lebenskrisen. Dies ist wohl auch der Grund, warum Sekten Menschen immer dann „infizieren“, wenn diese in einer Sinnkrise und psychisch geschwächt sind. Der Mensch kann viel argumentieren, aber im Kern ist der Mensch ein rückbezügliches Wesen und braucht den Halt, den die Religion bietet.
  • Religion ist der Inhalt des „Über-Ichs“. Der Instanz im Menschen, die das Leben verwaltet und moralische Entscheidungen trifft und bewertet.
  • Religion ist also der moralische Kompass durch einen größer werdenen Dschungel an Möglichkeiten.
  • Religion deckt Fragen nach dem „richtig oder falsch“ ab, für die es sonst keine vernünftigen Antworten geben würde.
  • Religion ist Antwortgeber für ungelöste Menschheitsrätsel. Was passiert nach dem Tod? Welchen Sinn hat unsere Existenz? usw.
  • Religion ist Platzhalter für alle variablen und schwierigen Fragen. Sie ist der Nährboden für Hoffnung und gibt Kraft in dunklen Momenten. So kann z.B. der Glaube an die Wiedergeburt den Wunsch nach Suizid ausgleichen, indem man sich sagt, dass man sowieso wiedergeboren wird- wozu also sich selbst umbringen?

Religion hat aber auch ein paar handfeste Nachteile:

  • Wenn sich jemand stets nach moralischen Aspekten ausrichtet, dauern die Entscheidungen länger
    Diskussionen und Sinnfragen verschlingen Zeit und Energie; der augenscheinliche Sinn wird nicht gesehen; Religion wird als unwichtig klassifiziert
  • Religionen sind immer menschengebunden: der Gläubige wird vom Religions-Vertreter und dessen Meinung abhängig; Freiheit durch Religion kann also nur entstehen, wenn die Religion eigenständig ausgeübt werden kann.
  • Religionen sind Glaubens-Systeme, nicht die Realität. Es sind Muster, um die Realität zu verstehen oder zu deuten. Daher sind sie fehleranfällig. Sie können nicht jede Entscheidung abnehmen, sie helfen nicht immer. Der Glaube an etwas oder jemanden soll nicht davon abhalten, eigenständige Entscheidungen zu treffen!
  • Religion betrifft oft menschliche oder psychologische Fragen und greift tief in die natürliche Wesens-Anatomie des Menschen ein; wenn man falsch denkt oder zuviel mit Religionen beschäftigt ist, kann das normale Leben schwer oder bis zur Unlebbarkeit eingeschränkt werden. Das ist dann das Zeichen für eine falsche Interpretation!
  • Religionen sollten nicht dazu benutzt werden, augenscheinliches Unrecht zu rechtfertigen- leider ist gerade das schon oft passiert (Kreuzzüge, heiliger Krieg, Terrorangriffe, „Achse des Bösen“, usw.)

Die Religion, die mich am meisten interessiert ist, die, die ich selbst leben und verwalten kann- ist der Buddhismus. Der Buddhismus unterscheidet sich vom Christentum dahingehend, dass der Mensch mit seinen Taten als der allein Verantwortliche gesehen wird- es gibt keinen Schöpfergott und niemanden „von außen“. Im Buddhismus kann man sich nicht freikaufen, noch frei-predigen. Der Buddhismus unterstützt die menschliche Selbstständigkeit, aber auch die menschliche Freiheit.

Er ist sehr nahe der menschlichen Psychologie und leicht verständlich. Das Kausalitätsprinzip ist wissenschaftlich und verständlich. Die Regeln sind klar und gut nachzuvollziehen.

Dem Buddhismus aber fehlt der -emotionale hilfreiche- Halt des Gottes.

Das Schöne am christlichen Gott ist die Vorstellung, dass er die Karre schon aus dem Dreck holen wird, wenn man es selbst mal verbockt hat. Und das kann- weiß Gott- oft vorkommen! 😉

Im nächsten Teil wird es also um die Gott-Frage und die Kausalität des Buddhismus gehen- wir halten beides gegeneinander und schauen, wo die Vorteile und Nachteile liegen.

Damit wir auch morgen sagen können: Religion? 3..2…1 – meins!

Wenn Menschen zusammenkommen

Wenn Menschen zusammenkommen, sieht man ihr Auto und ihren gesellschaftlichen Status.
Wenn Menschen zusammenkommen, dann trinken und essen sie.
Wenn Menschen zusammenkommen, dann prosten sie sich zu und lachen.
Wenn Menschen zusammenkommen, dann erzählen sie über ihren Beruf und fragen nach den Kindern.
Wenn Menschen zusammenkommen, hat man vorher ein schlechtes und hinterher ein gutes Gewissen.
Wenn Menschen zusammenkommen, muss man sich anstrengen und gut benehmen.
Wenn Menschen zusammenkommen, erfährt man etwas über ihre politische Einstellung.
Wenn Menschen zusammenkommen, bleibt man meistens an der Oberfläche, obwohl man ihnen so nah ist.
Wenn Menschen zusammenkommen, dann sieht man ihre schlechte oder gute Laune.
Wenn Menschen zusammenkommen, wird sehr wenig über privates oder Intimes geredet.
Wenn Menschen zusammenkommen, sieht man ihr Leiden direkt und ungeschminkt.
Wenn Menschen zusammenkommen, verbringt man Zeit und teilt das Leben mit ihnen.
Wenn Menschen zusammenkommen, fühlt man mit ihnen.

    Virtuelles und Reales

    Was mich persönlich am meisten wundert, ist die Tatsache, dass ich momentan „keine Lust“ mehr auf das Bloggen habe. Solche Phasen hatte ich immer mal wieder. Sicherlich es ist nur ein Hobby und man sollte nicht soviel reinlegen- aber es war immer ein wichtiges für mich. Das Blog ist sowas wie eine aufgehübschte und schriftliche Schnittstelle nach draußen. Man braucht viel Selbstbewusstsein, Zeit und Ideen, um es zu machen. Es ist für mich wie ein Spiel, manchmal hab ich Lust drauf, manchmal nicht. Es muss nicht viel bedeuten, wenn ich darauf keine Lust habe. Aber jetzt, im Verblassen dieses Hobbys, ist es für mich leichter zu erkennen, warum ich damals so gerne bloggen wollte. Wie schon oft gesagt, habe ich meine Webseite schon so lange und nie habe ich gezweifelt an dem, was ich tat. Ich sah, wie andere ihre Webseiten löschten und musste innerlich lachen, war aber oft bestürzt und erstaunt. Manche Menschen haben schlecht geurteilt und etwas, dass ich oft gehört habe, war: „Ach ich habe jetzt ein richtiges Leben, ich brauche die Webseite nicht mehr“. „Ich habe echte Freunde, was brauche ich das virtuelle Leben?“

    Ja, wozu braucht man das virtuelle Leben eigentlich? Wenn es doch ein „echtes“ gibt? Aber ist die Trennung zwischen virtuellen und realem Leben überhaupt zulässig? Wenn diesen Text jemand liest, weiß ich, er oder sie ist real. Er oder sie liest, versteht die Zeilen und ordnet sie im Gehirn neu ein. ich verändere also durch meinen Text die Gedanken und somit den Menschen, irgendwo anders auf der Welt.

    Das ist real! Das passiert, auch wenn die Rückmeldung vielleicht nicht so stark und unmittelbar wie im „echten Leben“ ist, wenn ich sehe, wie sich jemand gelangweilt abwendet, die Nase rümpft oder fröhlich über meinen Witz lacht, den ich gerade gemacht habe.

    Ich mache mir Gedanken- das ist real
    Ich bringe jemand anders auf der Welt zum Denken- das ist real
    Ich denke nach und ordne meine Gedanken- das ist real
    Ich lese bei anderen und äußere meine Meinung – das ist real

    Was ist also an Blogs nicht real? Mir scheint diese Trennung ist eine künstliche und basiert meistens auf der Angst, die die Menschen vor neuen Medien, vor allem dem Internet haben.

    Ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr im realen Leben mache, nur weil ich nicht mehr blogge. Das Motto „ich unterdrücke das eine und erhalte Energie für das andere“ funktioniert beim Bloggen nicht. Es ist eher so, dass ich mich schlechter fühle, wenn ich nicht mehr öffentlich über mein Leben reflektiere. Ich reflektiere viel für mich selbst, aber ohne das Blog fehlt mir das Gefühl, dass sich andere auch Gedanken machen. Obwohl es nur virtuell ist, hat es mir oft geholfen- es hat den Druck verstärkt, aber auch die Geborgenheit. Mein Blog hat mir oft einen Sinn gegeben, in dem was ich tat. Dass meine Gedanken auch für andere einen Sinn haben. Dass meine Recherche und meine Links anderen zugänglich gemacht werden. Dass ich meine absurden Gedanken zur Schau stellen kann und mich niemand dafür verurteilen wird. Es war ein Nervenkitzel, eine grandiose Bühnenshow- und jetzt? Wächst nur noch Gras über die Geschichte und die Bretter der Welt wird man für vernünftigere Dinge, wie z.B. große Schlachtschiffe, verwenden.

    Eine große Traurigkeit hat sich in meinem Leben breit gemacht. Eine große, tiefe, einsame und starke Traurigkeit.

    Oft sehe ich andere Blogs und merke, wie sie mir nichts mehr bedeuten. Ich sehe die Nachrichten auf Twitter reintröpfeln- aber ich habe kein Bezug zu ihnen. Wie auch, ohne Phantasie und Lust darauf? Was ist das Blog, was ist das Schreiben ohne Eingebundensein und ohne Phantasie?

    Bloggen ist gelebte Kreativität und der Wunsch, anderen das eigene Leben nahezubringen. Indem man das eigene Leben mit neuen Farben und verständlich ausmalt, ist es leichter zu transportieren- es wird aber auch für einen selbst farbiger, schöner und bunter. Bloggen ist ein nie enden wollendes Kunstwerk.

    Letztendlich ist es aber nur eine Illusion. Wie so vieles im Leben. Bloggen ist wie Träumen- nur das andere mitträumen können.

    Über das Bloggen selbst nachzudenken ist so gehaltvoll und auch unendlich, weil es die Frage nach dem „Sinn“, der Philosophie des eigenen Lebens des Blogger ist. Es kommt ungefähr dem gleich, wenn sich Philosophen auf dem Marktplatz treffen und über den Sinn der Sonne und der Blumen diskutieren, die sie gerade betrachten.

    Es ist völlig ohne Sinn, ohne Richtung- es ist einfach da.

    Bloggen ist: frei.

    Nun der letzte Artikel war negativ, ein etwas überzogener und mahnender Schlusspunkt für die „Bloggen ist:“-Serie.

    Ich hab wirklich genug darüber geschrieben, andere auch. Ich danke für die vielen Meinungen und Menschen, die sich dazu Gedanken machen und teilhaben- ob positiv oder negativ. Wer nicht bloggen will, soll es sein lassen und den anderen nicht ihren Spaß nehmen- wer aber Spaß daran hat, soll die Meinungsfreiheit nutzen und nicht vor ihren Möglichkeiten zurückschrecken. Wir haben ein freies Land, jeder kann schreiben und machen was er will (danke, Grundgesetz, und herzlichen Glückwunsch!). Private Meinungen mit Kommerziellen zu verbinden ist möglich, denkbar und es ist manchmal sogar eine besonders gute Methode, an Erfolg zu kommen. Ich möchte das nunmal ganz ohne Neid zugeben. Der Chef (Autor) einer Firma, beispielsweise kann sich mit einem persönlichen Blog persönlich vor seiner Firma präsentieren- er kann mit Kunden reden, er kann Meinungen und Wünsche erspüren, er ist angreifbar wie eine Erziehungsperson, ein Lehrer, er kämpft in erster Front und bekommt alles ab. Aber dafür wird er auch geliebt, wenn er es gut macht und kein Feigling ist. Es ist kein einfacher Job- nein, ich bewundere die meisten Blogger sogar (und das ist jetzt die ungeschminkte, neutrale, ehrliche Meinung) für das, was sie machen. Die Firmen und Mentalitäten, die man landläufig so kennenlernt, zeichnen sich oft durch schlechten Kundenkontakt aus, sie sind unpersönlich und haben beispielsweise externe Dienstleister -wie ein Callcenter- engagiert. Jeder regt sich darüber auf, jeder möchte „geborgen“ sein und gut behandelt werden, ein ganz besonders wichtiges, „persönliches“ Kauf- und Kundenbindungskriterium. Warum soll man diese Funktion und diesen menschlichen Mehrwert nicht in ein Marketing-Verfahren aufnehmen und sich darüber freuen- wenn es funktioniert? Bei Verhandlungen ist auch stets der Mensch wichtig, nicht immer der Lebenslauf oder das Produkt. Nein, der Mensch muss überzeugen und das Herz muss angesprochen werden. Wir können froh sein, dass andere Menschen sowas spüren und empfindlich dafür sind- das ist gut. Es schützt davor, Dummes zu tun und arrogant zu werden- dieses ist nur eine Garantie für Misserfolg und Einsamkeit. Freundlichkeit siegt- Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Offenheit sind die Schlüssel zum Erfolg- in jeder Hinsicht.

    Der Künstler und die Künstlerin sind sogar noch freier- natürlich steht der Sänger auf der Bühne, alle jubeln ihm zu- ist das nicht etwas Schönes? Hinterher mischt er sich unter das Volk, unter sein Publikum, schüttelt vielleicht die Hände und gibt Autogramme. Oder ist das mehr der volksnahe Politiker zum Anfassen? Was ist euch lieber? Stacheldraht und geschlossene Limousinen, oder ein Blogger zum Anfassen? Ich bin mir sicher, dass es das Letztere ist- das Persönliche, das Menschliche siegt- Und das ist auch gut so.

    Die anderen (negativen) Aspekte gilt es stets zu beachten. Dass man nicht zu belanglos schreibt, beispielsweise, dass man auf Quellenangaben achtet – wenn es denn ein wissenschaftlicher Text und keine Erörterung oder freier Aufsatz werden soll. Die Kommerzialisierung an sich ist nicht schlimm, aber es ist ein neuer Pfad und schwierig, die Aspekte Glaubwürdigkeit, Privates und Kommerzielles voneinander zu trennen.. Vielleicht wären dann wirklich mehrere Blogs besser.

    Gemeinsamkeit ist ein wichtiger Punkt. Ich sehne mich nach Gemeinsamkeit. Ich will Freunde, andere Blogger, die bei mir kommentieren und welche, um die ich mich „kümmern“ kann. Das macht Spaß! Es ist ein sozialer und wichtiger Aspekt. Ich will auch mal eingeschnappt sein und schauen, wie andere darauf reagieren- ich will es aber nicht übertreiben oder gar missbrauchen. Andere Menschen haben auch Probleme, was ist mit ihnen? Kümmert man sich genug um andere oder kreist man nur um sich selbst? Wer bloggt, verschenkt sein Wissen und seine Gedanken- es ist zwar etwas hergeben- aber tausendfach wird es zurückgegeben. Ein positiver Kreislauf kann beginnen. Offenheit macht frei- Geiz schränkt ein, ganz einfach.

    Kommentare und Diskussionen sind mir wichtig, wer will nur eine einzelne diktatorische Meinung? Meinungsdikaturen sind echte Diktaturen, bzw. die Grundlage für echte Diktaturen. Wir haben eine Demokratie, das ist unser Vorteil und wir müssen die Demokratie eigenständig wachhalten, wahrnehmen und nutzen! Wenn man keine Kommentare will, weil man vielleicht dünnhäutig ist oder aus einem anderen Grund, dann kann man die Kommentare für einen Artikel schließen- das ist ohne weiteres möglich. Niemand kann und darf sich über Kommentare beschweren, wenn diese Funktion vor dem Veröffentlichen aktiviert worden ist.

    Seid dankbar für eure Leser und behandelt sie mit Respekt- jeden Einzelnen! Und das ist eine schwierige Aufgabe. Bezieht jeden mit ein, auch die, die nicht kommentieren und einfach nur sauer oder still sind. Überlegt, warum die stillen nichts geschrieben haben- überlegt und geht auf sie ein. Seid aber nicht schwach und kein Fähnchen im Wind. Steht zu eurer Meinung und habt die Kraft, diese bei Bedarf zu verteidigen oder zu rechtfertigen, seid dabei aber nicht stur.

    Bloggen ist soziale Selbstkontrolle. Bloggen ist Schreiben lernen und Schreiben üben. Bloggen ist spielen. Bloggen ist Psychologie, Offenheit und Theater. Bloggen ist Show. Ja, Bloggen muss manchmal Show sein- warum auch nicht? Show spielen ist eine feine Sache, es macht Spaß und befreit- mehr Zweck braucht man nicht.

    Bloggen ist: frei.