Blog und Gegen-Blog

„Da kommt schon eine ganze Weile nichts mehr“, sagt meine Mutter als sie auf meine Webseite surft und den letzten Eintrag im Blog lädt. „Ja stimmt, mhm..“ versuche ich ihr zu entgegnen, aber mir fällt keine richtige Antwort ein.

Ich hab wirklich schon lange nicht mehr gebloggt! Echt seltsam, wie sich die Zeit verändert, bzw. man sich selbst mit der Zeit verändert. Früher war mir das Schreiben so wichtig gewesen, der Mittelpunkt der eigenen Welt. Der Stabilitätsanker in der Identitätskrise, das Tor, nein eher der Nabel zur Welt.

Und was man alles geglaubt hat, mit dem Schreiben zu verändern! Man wollte die Welt aus den Angeln heben, ein bisschen gerechter machen! Über den sozialen Frieden und Ausgleich, über Politik und Gegenpolitik, über die Feuilletons dieser Welt schreiben. Da ging es schon längst nicht mehr über die eigene Befindlichkeit. Nein, die eigene Befindlichkeit wurde auf die Befindlichkeit der Welt ausgedehnt und man entdeckte überall Parallelen und kleine Verbindungsschalter. Alles hing miteinander zusammen.

Man wollte zur Politik seinen Teil dazu beitragen und eine eigene Meinung haben, so wie man das in der Schule gelernt hat. Weil die Lehrer gesagt haben, dass Deine Meinung gehört wird. Dass Du wichtig bist. Auch wenn Du es nicht glauben konntest, damals mit deinen 14 oder 15 Jahren… und heute noch weniger.

Und wie viel Mühe man sich gegeben hat! Wie lange es gedauert hat, bis so ein Artikel mal fertig geschrieben und alle Fehler entfernt worden waren. Und irgendein kritischer Geist hatte dann doch noch einen Fehler gefunden, den er gerne behalten durfte…

Heute muss ich nur noch schmunzeln, wenn ich so auf meine eigenen Ambitionen von damals zurückblicke. Spätestens mit Facebook oder Instagram hatte sich dann sowieso alles geändert. Die Leute schrieben nicht mehr über ihr Leben, nein sie luden nur noch Fotos hoch oder kommentierten komplexe Vorgänge mit einem einzigen Smiley. Plötzlich war nur noch der Moment wichtig oder die Frage, was man gerade gegessen hat oder in welchem großartigen Land man sich gerade aufhält. Selbst dieser Hype kommt mir mittlerweile etwas schal vor und ich kann meine eigene Begeisterung dafür kaum noch nachvollziehen.

Oder erinnert ihr euch an Twitter, zur Blütezeit seiner eigenen Entwicklung? Man hat ständig nette und neue Leute kennengelernt und sich freundlich unterhalten. Meistens wurde gelobt, manchmal auch ein bisschen kritisiert, aber die Stimmung unter den Nutzern war meistens freundlich und man konnte sich in kürzester Zeit ein richtiges Netzwerk aus Lesern und Freunden ausbauen. Die Nutzer interessierten sich füreinander und waren in der Lage gegenseitig empathisch zu sein. Wo sind diese menschlichen Fähigkeiten hingekommen? Was wurde aus unserer Empathie?

„Ohne Twitter brauchst du auch gar nicht mehr zu bloggen“ sagte mir mal vor langer Zeit ein Freund. „Die Leute nehmen die Abkürzung und micro-bloggen nur noch“. „Oder sie posten was auf Facebook.“

Ich fand das etwas befremdlich, so war ich es doch gewohnt, lange Texte zu schreiben und mir viel Zeit für meine Gedanken zu nehmen. Aber hätte ich doch damals (2008-2010) nur ein bisschen mehr micro-gebloggt! Dann hätte ich mehr davon gehabt, denn auch Twitter ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Es ist so toxisch und rechtspopulistisch geworden, so unterwandert von Trollen und Hetzern und Fake-Accounts, dass ich schon beim Ansurfen der URL-Adresse Hautausschlag bekomme.

Nein, die Blogs waren immer die letzte freie Instanz. Sie waren immer das Medium, das komplett frei und unreguliert war. Und daher ist es auch kein Wunder, dass dieses Medium von großen Internetriesen, Verlagen, oder Zeitungen nie unterstützt, bzw. regelrecht klein geredet wurde.

Könnt ihr euch noch an das große Versprechen erinnern, dass man mit dem Blog ja jetzt sein eigener Redakteur, bzw. seine eigene Redakteurin sein darf? Und dann wurde diese schöne Erkenntnis sogleich von den „Klowänden des Internets“ niedergemetzelt, wie es in diesem Mainstream-„Diskurs“ leider so üblich ist.

Aber für „Nischenmenschen“ und Gefühlsmenschen ist es eben wichtig, eine „Nische“ zu haben und mag sie noch so klein sein… Jeder Mensch braucht seine Ausdrucksweise und eigentlich benötigt auch jeder Mensch ein Ventil, eine Plattform, sich so auszudrücken, wie er das für richtig hält.

Dass jeder auch Anerkennung benötigt und eigentlich gleich wichtig sein sollte- geschenkt. Natürlich setzen sich in der Öffentlichkeit erstmal die Lauten durch. Das war vor 2000 Jahren schon so und wird auch in der fernen Zukunft nicht anders sein.

Wer weiß, vielleicht wird auch in Deutschland die vielbeschworene Freiheit des Einzelnen und die Demokratie mal wieder auf dem Rückzug sein. Wenn andere Parteien, mit extremeren Weltanschauungen und radikalen Programmen an die Macht kommen. Dann bekommen wir vielleicht eine Situation wie im großen europäischen „Nachbarn“ oder anderen Diktator-geführten Ländern, wo die freie Meinungsäußerung allein schon das Fundament der Demokratie ist.

Wo allein schon der Gedanke an ein systemkritisches Wort ausreicht, um von der Gedankenpolizei als „Verdächtig“ eingestuft zu werden.

Die Worte eines einzelnen Menschen sind immer die Grundlage der Freiheit. Weil man nur im Wort und in den Gedanken, in seinem Gewissen und seinen Gefühlen „frei“ sein kann. Weil man tief in seinem Inneren nicht im Widerspruch leben kann. Weil man als Mensch weiß und spürt, was Menschenrechte, was Freiheit sind und wie sich Gesundheit anfühlt.

Und somit ist das Schreiben nicht nur politisch wichtig, sondern z.B. auch die Grundlage für seelisches, emotionales und soziales Wohlbefinden. Nur, wenn andere meine Gedanken kennen und ich ehrlich und offen („frei“) darüber schreiben kann, können Sie etwas zu mir sagen. Nur dann kann ich „gespiegelt“ werden.. Nur dann biete ich Angriffsfläche. Wie wenige Menschen heute überhaupt noch etwas sagen wollen. Und sich verstecken, aus Angst, dass ihre Meinung nicht angemessen ist oder nicht in den Mainstream passt. Diejenigen, die andere niederbrüllen oder mit anderen Mitteln versuchen, ihr Ego und ihre Meinung durchzudrücken, haben gute Arbeit geleistet.

Nein, die Blogs und das persönliche Schreiben werden immer wichtig sein. Heute, gestern und auf jeden Fall auch morgen!

Das bisherige Blog als Buch

Hat gerade einmal 10 Minuten gedauert. Passendes Plugin rausgesucht, alles „exportiert“ und dann die „Print to PDF“ Funktion im Browser genutzt. Aber nicht mit Firefox, der ist irgendwie lahm (schade, war eigentlich immer gut), besser mit Chrome oder Edge.

Das Ergebnis findet Ihr hier:

Die Datei ist ein ca. 22 MB großes PDF-Dokument mit 1634 Seiten, beginnt irgendwann ab 2005 und wird ab 2008 mit neuen Beiträgen gefüllt. In dem Jahr hatte ich die neue Homepage und den neuen Provider. Ich plane demnächst einen neuen Wechsel des Anbieters, d.h. wenn Ihr die Beiträge noch sichern wollt, ist das Eure letzte Chance. 😉 Mann, ist auch schon wieder 16 Jahre her..

Das beste wäre aber, wenn ich alle Beiträge redaktionell sichten würde und nur die guten (und wichtigen) Beiträge konserviere. Quasi als J.A. Blog Anniversary Edition.

Das ist demnächst geplant, dauert aber noch ein bisschen…

Viele Probleme – wenig Lösungen

Lange nix gebloggt. Es ist so, als ob das Bloggen überhaupt keine Bedeutung mehr für mich hätte und früher doch so mal unglaublich wichtig gewesen war.

Aber so ist es natürlich nicht! Ich schreibe jeden Tag, meistens in mein Tagebuch. Schreibend leben, denkend schreiben- anders kann ich es gar nicht. Es gibt Leute, die sehen die Welt in mathematischen Formeln, andere sehen die schönen Farben und Formen und andere wiederum die Worte. Jeder hat einen anderen Fokus, wie er die Welt sieht und begreift und bei mir ist es häufig das Wort.

Mit Worten kann man seine Welt gestalten und begreifen. Sie sind ein schönes Hilfsmittel, bei der Erkennung und der Zustandsbeschreibung der Welt. Es ist heutzutage überhaupt schön „von anderen“ mal was zu hören in dieser Zeit. Es kommt mir vor, als ob wir alle seltsam still geworden sind.

Es ist die Zeit des Schweigens und der Ungläubigkeit. Zu schnell die Veränderungen um uns herum. So stark und schnell die Aneinanderreihung von Krisen und Problemen. Wir sind irgendwie verstummt. Zuerst haben wir uns in das Corona-Nest zurück gezogen, dann ins finanzielle und geben nichts mehr aus. Die Lebensfreude wird von allen Seiten entzogen und beschnitten. Erst wurde unsere individuelle Freiheit beschränkt, dann die materielle. Das kostet Vertrauen und Sicherheit. Es nimmt uns Zuversicht und Hoffnung.

Aber wir können nicht anders, als weiter zu leben. Der ewige Rückzug ist auch keine gute Strategie. Natürlich gibt es Krisen im Leben der Menschen. Das hat es schon immer gegeben. Es hat schon immer Krankheiten, Krieg und wirtschaftliche Verwerfungen gegeben. Und die Menschen sind meistens aus all den Problemen wieder „empor gewachsen“. Auch eine Multi-Krise ist lösbar. Vielleicht ist es ja gerade die Verkettung der Probleme, die heutzutage so überdeutlich wird?

Vielleicht ist das der Hinweis, dass irgendwie alles miteinander zusammen hängt?

Klimawandel, Überbevölkerung, Überlastung aller Ressourcen- Natürlich muss das am Ende zu „mehr Problemen“ führen und dass die Wirtschaft nicht „endlos wachsen“ und die fossilen Energieträger nicht „unendlich“ sind, sollte ja auch jedem klar sein.

Aber auch wenn wir überwältigt sind von all den Eindrücken und uns als Einzelne oder Einzelner hilflos fühlen, sollten wir nicht verzweifeln. Es bringt jetzt nichts, stur oder stumm zu werden. Der Rückzug bringt genauso wenig wie die übermäßige politische Agitation oder der Extremismus. Was soll es bringen, auf der Straße herum zu schreien und Flaggen zu verbrennen? Welche Kinder werden dadurch wieder lebendig? Welche Mägen werden gefüllt, wenn wir voller Hass sind? Und welches Krankenhaus wieder aufgebaut? Es bringt nichts, anderen immer nur die Schuld in die Schuhe zu schieben und bei sich selbst niemals auch nur zu suchen.

Die Probleme der Welt sind deswegen so groß geworden, weil sie zu wenig gesehen worden sind. Wir haben zu viel verdrängt. Wir haben die Endlichkeit der Ressourcen genauso verdrängt, wie die Verletzlichkeit der Welt, der Natur und ihrer Bewohner. Und das schlimmste ist: Wir haben uns selbst zu lange und zu wenig beachtet. Wir haben gedacht: Wenn wir nichts sagen, nichts äußern, nicht denken, dann wird alles von selbst wieder gut. Aber dem ist nicht so! Wir sind keine Maschinen, die ständig funktionieren und am Ende des Tages Steuergeld ausspucken. Wir sind doch viel mehr.

Die Welt braucht mutige und aufrichtige Menschen. Die Welt braucht intelligente und weise Führungspersönlichkeiten. Sie braucht davon sogar sehr viele und am besten arbeiten diese alle zusammen. So wie Robert Habeck in diesen Zeiten mit seiner letzten Rede zur Staatsräson. Was für eine Wohltat, wenn ein Politiker mal das macht, was man von ihm erwartet: Politik.

Überhaupt ein richtig guter, öffentlicher politischer Diskurs wäre mal wieder schön.

Woher kommt die Verunsicherung?

Wenn all die Probleme und Sorgen, die das Land schon seit Jahren hat, mal endlich „nach außen“ kommen würden. Wenn man mal wieder anfangen würde, mit den Bürgern zu reden und Lösungen zu präsentieren.

„Die Bürger sind verunsichert“ hört man oft in diesen Tagen. Aber warum? Weil sie merken, dass es Probleme, aber keine Lösungen gibt. Dass sich noch nicht einmal eingestanden wird, dass wir massive Probleme haben und die Lösungen häufig nur halbherzig sind oder im schlimmsten Fall nichts taugen.

Aber die Politik kann nichts bewirken, wenn die Menschen nicht mitmachen. Auch die Menschen müssen ihren Anteil leisten. Wir haben uns z.B. jahrelang den Luxus geleistet, zu wenige Kinder zu bekommen. Die Rentenlast wird „zu viel“ oder „zu teuer“. Aber wir haben ja vorher auch den Luxus gehabt! Also alles gehört zu einer Medaille, wir sehen jetzt nur mal die Schattenseite.

In Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs müssen alle mehr arbeiten, disziplinierter sein, mehr Steuern abgeben, mehr leisten. Das ist unbequem für eine Generation, die eher „weniger arbeiten“ möchte und gerade erst Errungenschaften wie Home-Office, Teilzeit oder 4-Tage Woche kennengelernt hat. Aufgewachsen im Wohlstand und jetzt schon wieder vor der Klippe des wirtschaftlichen Abgrundes.

Wir möchte immer den bequemen Weg gehen. Weil er sich angenehmer anfühlt. Einfacher, mit weniger Widerstand. Wie ein Kind möchten wir uns in diesen Schutzraum aus frühen Tagen zurück flüchten, als wir für nichts verantwortlich waren und die ganze Last des Lebens noch weit von uns weg war.

Aber in diesen Tagen ist nichts bequem. Und wir werden auch nicht verschont. Im Gegenteil. Die Herausforderungen der Welt sind gigantisch und sie benötigen gigantische Anstrengungen. Je früher wir damit anfangen, umso besser.

Mein Besuch auf der Buga 2023 in Mannheim

Gestern war ich wieder auf der Bundesgartenschau 2023 in Mannheim. Es war mein zweites Mal für dieses Jahr.

Ich musste leider – anders als geplant – sehr lange mit dem ersten Besuch warten, weil ich mir einen 8-wöchigen Bandscheibenvorfall zugezogen hatte. Meine Premiere auf der Buga im Juni ging auch nur mit drei Schmerztabletten und schmerzverzerrtem Gesicht.

Der Eingangsbereich mit „Mannheim“ Schriftzug

Vorneweg: Der Besuch auf der Buga 23 in Mannheim ist eine absolut zweischneidige Erfahrung.

Auf der einen Seite das karge, frisch hergestellte „Konversionsgelände“ der ehemaligen Spinelli-Barracks und dann der alteingesessene, gewachsene Luisenpark mit seinen Baum-Riesen und dem malerischen Parkaufbau.

Widersprüchlicher kann eine Bundesgartenschau kaum sein, zeigt sie doch die ganze Zerrissenheit unseres Landes in einem Bild. Verbunden wird das Ganze mit der Seilbahn. Sie ist quasi der Mediator zwischen den Welten. Sie vermittelt zwischen dem alten Wohlstand und der Blüten- und Pflanzenpracht des Luisenparks aus der 70ern und die vielen Herausforderungen der Zukunft, die auf dem Spinelli-Gelände sichtbar werden. Hier die Zukunft, dort die Vergangenheit.

So ist es auch kein Wunder, dass das Motto der diesjährigen Gartenschau lautet „Beste Aussichten“, denn es soll um die Zukunft gehen. Um die Herausforderungen, die der Klimawandel, die Urbanisierung, die Überbevölkerung, das Schwinden von Ressourcen oder die Umweltverschmutzung bietet. Ich empfand den neuen Teil der Buga als durchweg politisch.

Politische Bildung und Infos zur Nachhaltigkeit gibt es reichlich

Mehr Bildung und Aufklärungstäfelchen waren selten. Erinnert ihr euch an manche Museen, die arg didaktisch und belehrend daher kommen? Man muss immer wieder aufatmen, wenn es zwischendurch mal „nur was zum sehen“ und nicht zum nachdenken oder zweifeln oder sorgen gibt. Genauso ist die neue Buga geworden. Ein Gelände zum Nachdenken und sich sorgen. Und daher hat das Konzept meiner Meinung nach das „Thema“ verfehlt. Im Mittelpunkt einer Gartenschau sollten die Pflanzen, die Natur und der Gartenbau stehen. Als Besucher möchte man erfahren, wie man mit einfachen oder komplizierten Mitteln sein eigenes Grün gestalten kann. Oder man möchte Pflanzen erwerben und diese mitnehmen. Als das wird einem auf der neuen Buga schwer gemacht.

Zu sichtbar ist noch die Präsenz und die ordentliche Struktur des Militärs. In den Kasernengebäuden am Eingang erwartet einen entweder Leerstand oder traurige Gesichter von Flüchtlingskindern. Diese gucken dem Shuttle-Bus der Gäste vom Maimarkt-Gelände hinterher, welcher die Besucher kostenlos in ein neu gebautes Mittelschicht-Paradies kutschiert, von dem sie nur träumen können. Der Eintritt für einen Erwachsenen beträgt happige 28 Euro, die Parkgebühr beläuft sich auf 9,50 Euro.

Panzer- und Montage-Hallen wurden zurückgebaut oder stehen gelassen. Teilweise ist die Umgestaltung zu neuen Ausstellungsflächen aber durchaus gelungen.

Die alten Hallen wurden geschickt umgebaut und als Ausstellungsfläche verwendet

Vor allem die Halle „Floristik“ überzeugt mit wechselhaften und interessanten Ausstellungen (siehe dazu auch die Galerie am Ende des Beitrages). Aber auch die Erklärungen zu der Geschichte des Spinelli-Geländes waren sehr interessant. Künstlerische Visionen wurden ebenfalls gut umgesetzt, es gibt z.B. Skulpturen oder Graffiti zu sehen und man erfährt auch etwas über die Mannheimer Schlossgeschichte.

Die Darstellung der „Geschichte“ ist sehr gelungen

Ganz besonders gut gefallen hat mir die Integration der Gastronomie. Als Besucherin hatte ich stellenweise das Gefühl in der gastfreundlichen Mannheimer Innenstadt zu verweilen, nur dass ich jetzt auf einem Gelände mit „Blumen außenherum“ bin. Die Luft zieht angenehm belüftend durch die halboffenenen Konstruktionen, es gibt ausreichend Sitzplätze und ein vielfältiges Speisenangebot. Spazieren gehen, die Seele baumeln lassen oder mit Freunden zusammen essen und trinken geht auf jeden Fall gut.

Dass man über Pflanzen oder Gartenbau all zu viel erfährt und ganz viele Inspirationen für den Garten zu Hause erhält, sollte man aber nicht erwarten.

Wirklich informativ fand ich nur den „Weltacker“. Hier wurde die Pflanzen- und Ackerfläche der Welt auf einem 2000 Quadratmeter großen Gelände nachgestellt. Welche Pflanzen haben welchen Anteil an der Ackerfläche? Wie sehen Erdnüsse, Reis oder Sojapflanzen eigentlich aus? Es ist sehr schön gemacht, dass man jene Pflanzen aus der Nähe betrachten kann, die man sonst nur verpackt oder verarbeitet im Supermarkt erhält.

Der Weltacker ist informativ und gut umgesetzt

Ebenfalls einen Besuch wert sind die kleinen Aussichtstürme, die mit Metall- und Gerüstkonstruktionen errichtet wurden und einen schönen Überblick über die jeweilige Nachbarschaft bieten. Denn dem Spinelli-Gelände fehlt irgendwie noch die Struktur und die Tiefe von natürlichen Landschaften. Zu vieles erinnert noch an ein „Reißbrett“ und man erkennt die Planung der Architekten wie auf einem Computer-Bildschirm. Zaghaft sind anscheinend neue Gebäude am Rande des Geländes entstanden, die aber noch leer stehen sollen, wie ich von einer anderen Besucherin erfahren habe.

Brutal und simpel wurden Wege in die Landschaft gesetzt, die dann nur mit kleinen Brücken oder neuen Stegen Abwechselung versprechen. Es gibt eine neue gebaute Auen-Landschaft, die viel verspricht, aber noch nicht ganz fertig ist.

Der Holz-Pavillon erinnert mit seiner geschwungenen Form verdächtig an die Multihalle im Herzogenriedpark, die zur Buga 1975 ein Highlight war, aber leider nicht mehr genutzt werden kann. Obwohl er so ungeschützt und luftig wirkt, herrscht im Schatten unter ihm ein sehr angenehmes Klima. Aber was erwartet den neugierigen Besucher dann im Inneren? Keine spannende Ausstellung, nichts zum Anfassen- sondern wieder nur langweilige Texte und eine Videovorführung, bei der eine Computer-Präsentation gerade abgestürzt war.

Der luftige Holz-Pavillon bietet zumindest Schatten

So schwankt das neue Spinelli-Gelände immer zwischen „gut gedacht“, aber irgendwie schlecht gemacht. Auf den Rezensionen zur Buga im Internet liest man häufig, dass der Schatten fehlt. Und es im Sommer eine Plage ist, dort herum zu laufen. Jeder weiß, wie heiß es in Mannheim zur Sommerzeit werden kann und dass das Rhein-Neckar Gebiet eines der heißesten Zonen in Deutschland ist.

Es gibt so gut wie keine Bäume. Vereinzelt liest man auch, dass die Veranstalter anscheinend das Konzept verfolgten, dass die Natur das Gelände „von selbst“ erschließt. Ein einfacher Blick in die Grundlagen der Biologie und von Ökosystemen hätte aber gereicht. Wie soll die Natur in ein oder zwei Jahren ein Gelände „zurück erobern“, dass der Mensch über hunderte von Jahren mit seinen Walzen, Asphalt und seinen Baggern geprägt hat? Da hätte man einfach etwas mehr in die Landschaftsgestaltung stecken können. Auch Gewässer oder interessante Wasserläufe sucht man vergeblich. Die einzigen Bäume stecken dicht gedrängt in Eimern in der Baumschule. Ja, es wird wohl noch ein paar Jahrzehnte brauchen, bis hier endlich wieder was wächst.

Und dann diese endlosen Wege! Schon am Eingang erfährt der belehrte Besucher, dass hier aber keine Fahrräder erlaubt sind. Man solle bitte alle Wege zu Fuß gehen, ganz egal, ob man nun gut laufen kann oder nicht. Überall wird über die Mobilität der Zukunft geredet, aber von der Umsetzung fehlt jede Spure. Mobilität der Zukunft heißt hier einfach nur: Geh doch zu Fuß, wenn du keine Energie mehr hast oder zahle nochmal extra, um die kleine Solar-Eisenbahn zu nutzen.

Blick in das innere eines Art Elektro-Buses, der eine neue Art von Mobilität bietet

So wird man als Besucher schnell vom neuen Gelände abgeschreckt und fragt sich, wo es denn jetzt zur Seilbahn auf das alte Buga-Gelände des Luisenparks geht?

Die Seilbahn ist das absolute Highlight der Buga 2023. Die Schlange vor dem Eingang löst sich erfreulich schnell auf. Es ist ein Kommen und Gehen. Die Seilbahn hält nicht an, sondern transportiert Menschen im Sekundentakt mit den Gondeln. Schnell wird man in luftige Höhen gezogen und wird mit einem herrlichen Weitblick über ganz Mannheim belohnt. Man sieht die Skyline, die Wohnblocks, den Wasserturm, den Fernsehturm und die endlosen Schrebergärten. Unten begrüßt einen ein Steinsalamander, der kunstvoll aus Steinen errichtet worden ist, daneben der Buga-Schriftzug. Gerade entspannt man sich und genießt den kleinen Plausch mit den acht Insassen, da geht es auch schon wieder abwärts und man kann aussteigen.

Die Seilbahn ist das Highlight der Buga ´23

Der Luisenpark empfängt seine Gäste und man ist plötzlich in einer anderen Welt. Dieser Park war vorher schon sehr schön, aber die Umgestaltung zur „neuen Parkmitte“ gliedert sich nahtlos in alte Erinnerungen ein. Das neue Café Gondoletta ist wunderschön, die Speisen sind gut und wieder gibt es so viele Sitzplätze und so viel Mannheimer Gemütlichkeit. Abwechslungsreiche Highlights des Luisenparks sind die Gewächshäuser und Hallen, von denen noch ein paar neue dazu gekommen sind, unter anderem die Halle mit Schmetterlingen. Es gibt Pinguine und eine neue Freiflug-Voliere, die aber ebenfalls etwas klein geraten ist. Die neue Unterwasserwelt mit ihren Aquarien ist leider immer noch nicht fertig. Geplante Fertigstellung ist jetzt Ende August, also ca. zwei Monate vor dem Ende der Buga. Das ist schade. Wenn man aber die Begründung liest, versteht man vieles besser: Das Dichtmittel für die Aquarien ist gefährlich für Wasser-Organismen. Aus diesem Grund wollte man ein anderes verwenden. Also gut, dafür warten wir gerne! Schließlich soll es den Tieren auch gut gehen. (https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/mannheim/buga-mannheim-halbzeit-bilanz-100.html )

Wer mag, kann sich im Luisenpark stundenlang entspannen und einfach auf einen der vielen Liegestühle setzen, die überall im Park verteilt sind. Die Rasenflächen sind sehr gepflegt und die riesigen Bäume spenden einen tollen Schatten und reichlich Sauerstoff.

Der Luisenpark ist prächtig und bietet Entspannung pur

Oder man geht ins Seerestaurant und lässt sich dort ein paar Speisen bringen?

Ein Rundgang bis in den oberen Teil lohnt sich auf jeden Fall. 1975 hat man aber besser mitgedacht, denn für Leute mit eingeschränkten Lauffähigkeiten sind die Gondolettas das Mittel der Wahl. Herrlich ruhig werden sie mit einem Seil durch das Wasser gezogen. Aber warum muss man hier für eine Fahrt wieder extra bezahlen? Das stört den Gesamteindruck. Denn bei 28 Euro sollte eigentlich „alles inklusive“ sein.

Meine Empfehlung für die Buga 2023 ist auf jeden Fall, sich zuerst das Spinelli-Gelände anzuschauen und dabei den Fokus auf die Ausstellungen oder die Gastronomie zu legen. Nicht zu spät sollte man in die Seilbahn steigen und die meiste Zeit seines Besuches in den neuen Luisenpark stecken, der wirklich gut geworden ist.

Ich gebe dem neuen Spinelli-Gelände noch eine Chance. Aber es wird sicherlich noch etwas dauern, bis es hier wieder schön grün und malerisch ist.

Gut Ding will Weile haben. Die Mannheimer können auf jeden Fall freuen, dass sie eine neue Grün- und Ausgleichsfläche hinzu gewonnen haben.

In Zeiten der Krise

Die große Trauer, sie läuft langsam über Dein Gesicht.
Der Schmerz- so real und ich – dir so nah.

Deine Gedanken, ich will sie teilen.
Deine Gefühle, ich will sie alle spüren.

Dein Wesen, es soll jetzt meines sein.
In der größten Krise
entdecke ich die größten Gefühle

Was machst Du?
Gehts Dir gut?

Die Gedanken laufen kreuz und quer.
Sorge um die Mitmenschen, Sorge um die Nachbarn.

Eine innere Vertrautheit
eine Intimitiät die es lange nicht mehr gab.

Zwischen mir und den anderen
keine Trennung mehr
alles wird geteilt.

Der Moment wo alles egal wird
das Geld, das wir verdienen
die Zukunft, die uns oft so quält

In diesem Moment der Krise ist nur eines wichtig-
die Liebe zu anderen Menschen.
dass es ihnen gut geht
und dass sie gesund sein mögen.

Weiterbildung

Hab mich für einen Französisch-Kurs an der Volkshochschule Kaiserslautern eingeschrieben. Das ist ein gutes Gefühl.
Gestern kam der Teilnahmeausweis in meine Email-Inbox reingeflattert. Das ist schön. Das ist offiziell. Jetzt bin ich angemeldet und kann im März endlich loslegen. Es gab mehrere Optionen, entweder 2 Stunden die Woche, einmal wöchentlich, entweder vormittags oder abends. Das würde dann fast 4 Monate dauern, bis der Kurs fertig ist. Oder ein Gesamtpaket, als „Crash-Kurs“, sechs Stunden am Tag, fünf Tage hintereinander. Das habe ich gewählt. Das liegt mir mehr. Wenn ich mich mit etwas beschäftigen möchte, dann richtig. Ich muss zwar dann um 5:30 Uhr aufstehen und ca. 35 Minuten nach Kaiserslautern fahren, dafür bin ich gegen 14 Uhr fertig und hab was aus dem Tag gemacht! Allein das ist ein gutes Gefühl.

Ich hatte ja leider kein Französisch in der Schule (nur Englisch und Wahlfach Latein), aber ich habe festgestellt, dass wir die Sprache im beruflichen Alltag öfters mal brauchen. (Frankreich ist ja ein enger Wirtschaftspartner von Deutschland). Die französische Kultur ist ja überall, unsere Verwandten im Saarland wohnen beinahe direkt an der Grenze. Ich könnte also einfach zu Fuß rüberlaufen und meine neu gewonnenen Sprachkenntnisse dort ausprobieren. 😉 Außerdem möchte ich mal wieder nach Paris. Mir das Land anschauen. Und dann nicht wie eine „dumme Deutsche“ ohne Vorbildung aussehen. Ich mag die französische Kultur. Sie ist ein bisschen anders als bei uns. Manches sehen sie lockerer. Die Arbeit ist nicht ganz so wichtig. Beim Essen wird sich viel Zeit gelassen. Und die Frauen sehen immer sehr chic aus und legen Wert auf Mode und ein gutes Äußeres. 😉

In die Schule gehen. Allein das finde ich schon witzig. Ich bin ja eigentlich ein ziemlicher Autodiktat und bringe mir Dinge gerne selbst bei. Die Möglichkeiten sind unzählig. Mit Youtube, mit Wikipedia, mit den ganzen Apps, die es heutzutage so gibt. Aber die Sprache ist etwas Lebendiges. Die lernt man am besten „mit anderen“. Die muss man sprechen. Und dann braucht man auch Leute, die einen korrigieren oder sagen, wenn es nicht so gut klingt.

Schwieriger Start in das neue Jahr

Dieses Jahr komme ich nicht gut rein. „Guten Rutsch!“ wünscht man sich im Allgemeinen so. Ich bin nicht gut reingerutscht.
Irgendwo klemmt es, fragt mich nicht, wo. Die Energie fehlt, ich hab im Moment keine „Tatkraft“, was für mich eher ungewöhnlich ist.

Vielleicht, weil das letzte Jahr so überdimensional anders, anstrengend und aufregend war?
Die Statistiken von Google (Zeitachse, Bewegungsprofil) sind mir gerade ins Haus geflattert.

Da steht, das ich im Schnitt 1 km pro Tag gegangen bin und ca. 50 km pro Tag mit dem Auto oder der Bahn zurückgelegt habe. Das macht eine Gesamtstrecke von über 18.000 km! Ganz stolz sagt mir Google, dass das fast eine halbe Erdumrundung war.

(Aufs klimaschädliche Fliegen hab ich übrigens komplett verzichtet. )

50 km pro Tag! Ächz. Jetzt weiß ich, warum ich mich so platt fühle. Und was das alles gekostet haben muss! Der Transport, die Übernachtung, das ständige Essen gehen. 2019 war für mich sowas wie ein „Sabbatical“. Ich wollte nochmal alles sehen, alles ausprobieren und mich von völlig neuen Seiten kennenlernen. Und jetzt: Kommt der Absturz?

Ich sitze hier schon seit einer gefühlten Ewigkeit an einer Arbeit und komme einfach nicht weiter. Schaue stattdessen aus dem Fenster, träume mich in weite Welten, lasse mich am Computer ablenken. Mache alles, nur nicht meine Arbeit, die „mich voranbringen“ soll.
In der Ecke liegt die teure Kamera, auf die ich zur Zeit überhaupt keine Lust mehr habe. Dafür zocke ich mir die Nächte um die Ohren im neusten Strategiespiel. Das ist jetzt mein Leben. Fühlt sich an wie Hartz IV. Der größte Genuss ist das Abendessen, über das man den ganzen Tag nachdenkt. Wie ein Schwein im Stall. Oink oink! Mampf Mampf.

Aber nichts bringt mich weiter. Stattdessen surfe ich auf den Profilen von anderen tollen, erfolgreichen Menschen und überlege, wie sie es so weit bringen konnten. Wie gut sie aussehen! Was sie alles erreicht haben! Wie toll ihr Leben, ihre Fotos sind.

Dann muss ich gähnen. Meine Diät musste ich vorzeitig abbrechen, stattdessen hab ich mir eine Erkältung eingefangen.

Ich freu mich aufs Bettt. Einfach nichts tun. Einfach ausschlafen.

Nichts wollen. Nichts erstreben. Fühlt sich gut an!

Jetzt, endlich

Sylt-Geschichten, Teil 1

Hugo
Hugo

Und am Ende hast Du jeden Tag drauf gewartet, dass es jetzt endlich los geht.
Dass dein Leben spannender und aufregender wird. Dass du Dinge machst, die du dich vorher nicht getraut hast.
Dass es intensiver wird, leuchtender, toller!
Dass du noch mehr Freunde gewinnst, dass du netter und umgänglicher wirst.
Du hast gehofft, dass die Musik noch wichtiger wird und du wieder mehr tanzt.
Ja, du hast gehofft, dass du ein bisschen jünger wirst und die Dinge, die du früher gerne gemacht hast, jetzt wieder zurückkommen.
Du hast ewig gewartet. Aber auf was eigentlich? Neben dir liegt der Ausweis mit dem alten Passfoto. Du nimmst das Ding in die Hand und schaust das gräuliche, hässliche Foto an.
Wer ist diese Person mit der Brille? Die so ernst und freudlos guckt? Die bestimmt 10 kg zuviel hat. Ihre Haare eher langweilig trägt. Kein Glanz in den Augen hat? Du erinnerst dich an endlose Stunden vor dem Computer, wo du alles in- und auwändig gelernt hast, was mit dem Blechkasten in Verbindung steht. Du hast dich auf fremde Welten eingelassen und warst innerlich fern von der Heimat. Du bist irgendwo versunken und hast gewartet. Dass du endlich erwachsen wirst und es losgeht.
Dann nimmst du noch das andere Bild, dass du zufällig noch auf der Festplatte gefunden hast. Von dem Ausweis, der schon 2007 abgelaufen ist.
Da siehst du viel jünger aus. Fröhlicher, frischer irgendwie. Dein ganzes Leben lag noch vor dir. Was für Erwartungen an das Leben hattest du da?
Und was ist geblieben? Es ist alles so erschreckend schnell gegangen.

Klar du hattest Pläne und Ziele. Von Weiblichkeit und Schönheit. Schlank wolltest du sein und gut aussehen.
Du wolltest akzeptiert und geliebt werden.

Irgendwann sollte es endlich losgehen. Dann schaust Du dir die unzähligen Handy-Bilder von den letzten Monaten an. Schon wieder ist es ein Blick in die Vergangenheit.
Du siehst eine junge Frau, die um die Welt reist und Spaß am Leben hat. Da fahrt ihr gerade über die Dünen, eine Dose mit einem „Hugo“ in der Hand. Du erinnerst dich noch, wie die nette Verkäuferin sie euch mit einem Lächeln zugesteckt hat. Es war eine Prämie, weil ihr ein sündhaft teures Merchandising-T-Shirt von einer coolen Marke gekauft habt. Du fühltest dich geschmeichelt. Jetzt hattest du nicht nur dieses coole T-Shirt, sondern auch noch ein Gratis-Getränk! Eiskalt war der Cocktail, direkt aus dem Kühlschrank, genau richtig an diesem heißen Juli-Nachmittag. Die Wasserperlen liefen schon das Blech herunter und du wolltest es gar nicht loslassen. Doch bis zum Kliff war es noch weit.
„Die trinken wir dann da! Was hälst du davon?“ Dein Partner nickte nur stumm und sah zufrieden aus. „Gute Idee, das machen wir.“
Dann hast du die beiden Dosen in die Mittelkonsole gestellt und dich schon auf den kleinen Ausflug zum Kliff gefreut. Es war so heiß. Trotz Klimananlage hast du geschwitzt. Du hattest einen schönen weißen Rock an und eine leichte Bluse. Es war trotzdem zu warm. Dann seid ihr endlich auf dem Parkplatz angekommen. Hier mitten im Nirgendwo, im Osten von Sylt. Und trotzdem waren da mindestens 7 andere Autos mit Leuten, die die gleiche Idee wie ihr hatten. Ihre Kennzeichen verraten, dass sie aus allen möglichen Himmelsrichtungen kommen, selbst aus der Schweiz sind Leute dabei. Alle wollen an diesen schönen, einsamen, verlassenen Ort mit dem berühmten Morsum-Kliff pilgern.

Ihr stapft also mühseelig durch den Sand und später über den etwas bequemeren Steg. Es ist wirklich sehr heiß und jeder Schritt ist anstrengend. Deine Handtasche drückt sich noch fest in der Schulter, weil du noch zwei Getränke dabei hast. Du hast hohe Schuhe an, Sandalen, die in der Wärme ein bisschen scheuern und drücken. Aber egal- wenn es denn nur gut aussieht.

Ihr kommt an der ersten Düne an. Da sind immer noch Leute, das ist nicht romantisch. Da steht auch eine Bank. Aber die möchtest du nicht.
Schnell werden noch ein paar Fotos gemacht. Ganz egal was, Hauptsache abdrücken.
Ihr kommt zur nächsten Düne. Immer noch Leute. Nicht romantisch genug! Allerdings ist die Landschaft schon hier atemberaubend schön. Dann gehst du schnell vor, bis zur äußersten Spitze des Kliffs. Da musst du hin, soweit es nur geht. Es gibt nur noch einen kleinen Trampelpfad, keine weiteren Sicherungen mehr und nach links fällt die Düne steil ab. Mit den hohen Absätzen ist etwas schwierig, an der Stelle sicher zu gehen. Aber du bekommst es gerade noch hin.
Dir kommt ein letzter Mensch entgegen (er sieht aus wie ein Jogger) und dann endlich – Menschenleere! Nur das Wattenmeer, ganz ruhig um euch herum. Schilfpflanzen, die sich langsam im seichten Wind wiegen. Die Sonne brennt grell herunter. Unter euch trockener weißer, gräulicher Sand und ein bisschen vertrocknetes Gras. Du kannst dich problemlos mit dem weißen Rock auf die Erde setzen und nichts färbt ab. Du kramst mit zwei aufgeregten Fingern den Hugo aus deiner Handtasche und ziehst den Dosendeckel vorsichtig auf- es soll ja nicht übersprudeln..vorsichtig führst du die Dose an deine Lippen und nippst den ersten Schluck. Durstig bist du auf jeden Fall. Es schmeckt so köstlich! Das Getränk ist süß und klar und nur ganz leicht alkoholisiert. Es entspannt dich sofort. Du atmest kurz durch und lässt die Gedanken treiben. Es ist still, ruhig, du bist mit dir allein und vollkommen glücklich. Dieser Moment, er ist perfekt. Du greifst zur Hand deines Partners, der ein paar Schritte hinter dir war und sich jetzt auch hingesetzt hat.

Du musst jetzt nicht länger warten. Der perfekte Moment ist da und will einfach nur wahrgenommen und wertgeschätzt werden.