Was der Alltag so kostet

Kann man mit wenig Geld leben? Und wieviel „wenig“ ist wenig?

Heute waren wir Einkaufen, weil wir einen dringenden Bedarf für unseren Haushalt hatten: Der Siphon in der Küche hat sich verabschiedet und ist aus noch nicht ganz geklärten Gründen undicht geworden (meine Vermutung ist, dass er das kochende Wasser vom Nudelkochen nicht ausgehalten hat und die billigen Plastikmaterialien und Dichtungen dabei geschmolzen sind, aber er kann auch auch nur leckgeschlagen sein. Auf jeden Fall pladderte das Wasser nach dem Nudel-Abgießen aus dem Küchenschrank, weshalb diese Vermutung recht naheliegend ist). Dieses Teil kostet im Baumarkt ca. 6 Euro, enthalten sind noch ein paar Kleinteile und neue Dichtungen.. Da die Anschlusskabel immer recht kurz sind und es meistens hinten und vorne nicht passt, haben wir noch ein flexibles Anschlussrohr dazu gekauft, was aus allerbilligstem Plastik ist und nochmal mit 7 Euro zu Buche schlägt. Obwohl ich im Baumarkt sehr genau geschaut habe, war es nicht möglich, die gewünschten Teile in Chrom oder Metall zu bekommen. Für die Waschtische im Badezimmer gibt es die sehr wohl, aber da wo es auf gute Materialien ankommen würde (in der Küche) findet man nur Plastik-Verschleißteile. Vielleicht, damit sie nach 12 Monaten wieder verschleißen und man sie dann neu kaufen muss?

In den Einkaufswagen rutschte (( wenn man schonmal da ist, sollte sich die Fahrt auch lohnen)) noch eine rutschhemmende Duschmatte, weil die alte ein wenig fleckig und unansehnlich geworden ist und das generell ein Austausch- und Verschleißprodukt ist (allein schon aus hygienischen Gründen). Quadratische Plastik-Rutschmatten gab es nur für wucherverdächtigte 17 €, im Angebot waren dafür Wannenduschmatten, die nicht ganz in die quadratische Duschwanne passen, aber seltsamerweise nur 10 €uro gekostet haben und dazu noch ein praktisches Nackenkissen für die Badewanne dabei haben.

Inzwischen stehen wir bei 23 Euro. Ein paar Räume sind noch recht leer, aber im Baumarkt gibt es keine schönen Regale, nur allerbilligste und etwas klapprige Fichten-Regale (10 Euro), die wohl eher für die Werkstatt gedacht sind. Dafür fanden wir weitere Ersatzteile, die auf der Baustelle unersetzlich sind: Zwei kleine Päckchen Schrauben für jeweils ca. 6 Euro.

Alles in allem machten die paar Sachen im Wagen einen traurigen Eindruck und vermittelten uns das Gefühl, nur das Allernötigste für den Moment zu sein, aber dennoch unersetzlich zu sein, wenn man sein Heim ein wenig im Wert erhalten und evt. noch aufwerten möchte. An der Kasse staunte ich nicht schlecht, als die Kassiererin mit freundlichen Worten den Betrag 35 Euro nannte und ich damit ca. 5 Euro über den „vorgesehenen“ Bedarf eines HartzIV – Empfängers für „Wohnen, Energie und Instandhaltung“ gerutscht bin.

Wohnkosten/ Instandhaltung
Vorgesehen: 30 Euro
Verbraucht: 35 Euro

Was da im Einkaufswagen liegt, ist das Allernötigste, kein Luxus, sondern nur ein wenig Werkzeug und Ersatzteile, um unsere Reparaturen zu erledigen. Es kommt immer mal wieder vor, dass wir diesen Betrag deutlich erhöhen und der Ausbau und die Pflege von Wohneigentum ((natürlich muss jetzt das Argument kommen, dass Hartz IV Empfängern ja auch kein Wohneigentum im eigentlichen Sinne zusteht; sie wohnen aber dennoch und müssen ihre Wohnung instandhalten; nicht alles wird vom Vermieter bezahlt, bei bestimmten Ausgaben ist zu erwarten, dass man sie selbst erledigt oder es ist einfach praktischer und schneller, sie selbst zu machen; auch kann man nicht immer mit der gleichen Tapete leben und möchte hin und wieder renovieren oder ähnliche „Verbesserungen“ vornehmen; letztendlich soll ja die Frage geklärt werden „Was ist menschenwürdig?“ und nicht alleine „was geht im bürokratischen Sinne?“)) ist bekanntlich ein Fass ohne Boden. In guten Zeiten haben wir locker 400 Euro pro Monat in die Sanierung gesteckt, aber auch nur so „wenig“, weil wir nicht mehr Material verarbeiten konnten. Das sind aber wohlgemerkt nur Baumaterial-Kosten, ohne Handwerker-Leistung, ohne teure Luxus-Möbel und ohne jegliche Inneneinrichtung.

Allein aus praktischer Lebenserfahrung kann ich vermuten, dass der Betrag für Wohnen, Energie und Instandhaltung für Hartz IV Empfänger lächerlich wenig ist. Allein diese Zusammenfassung (Wohnen, Energie, Instandhaltung) zeigt, dass es hinten und vorne gar nicht reichen kann.

Der Betrag ist irgendwie an der Realität vorbeikalkuliert. Wer mit so wenig Geld wirtschaften muss, kann gar nicht anders, als die meisten Reparaturen liegen zu lassen oder darauf zu hoffen, dass der Vermieter sich gnädig zeigt und die meisten Reparaturen übernimmt. Die Folge ist Stillstand und Abhängigkeit von anderen, die mehr Geld haben.

Nahrungsmittel
Vorgesehen: 128 Euro (für vier Wochen)
Verbraucht: 50 Euro (für eine Woche)

Für Nahrungsmittel sind 128 Euro pro Person kalkuliert: Im Supermarkt haben wir Lebensmittel für zwei Personen und eine Woche eingekauft und sind auf ca. 80 Euro gekommen. Ein Brot, Toastbrot, Käse, Bananen, Kiwis, Tee, Schokolade, Milch, Gemüse, ein paar Fertiggerichte, zwei Schirme für die kalte Jahreszeit, ein Sixpack Bier (spezielles Oktoberfestbier, war im Angebot) ((Alkohol und Tabak sind zwar offiziell herausgenommen, d.h. aber nicht, dass man sie nicht kaufen wird, also ist das nur eine statistische, indirekte Kürzung der Sätze)) und noch diverse andere Sachen. Der Wagen war ca. ein Drittel gefüllt. Getränke (zwei Kasten Apfelsaftschorle) haben uns mit Pfand ca. 20 Euro gekostet.

Das macht nach den Hartz IV- Sätzen 100 Euro für zwei Personen (50 Euro für eine), bliebe uns noch ca. 156 für die restlichen drei Wochen. Das ist knapp, aber verhungern wird man wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlicher ist aber, dass es an anderer Stelle fehlt und das nicht vorhandene Geld vom Lebensmittelposten abgezogen wird und dann dafür nicht mehr zur Verfügung steht.

Gesundheit
Vorgesehen: 15 Euro
Verbraucht: 20 Euro

Schnell noch in die Apotheke, denn der Schnupfen plagt: Ein Fläschchen Naturarznei, 9 Euro, eine Packung Schnupfentabletten nochmal 10 Euro, wir sind bei ca. 20 Euro für die Gesundheit. Das sind schon fünf Euro zuviel, denn für die Gesundheit sind nur 15 Euro vorgesehen. Aber Moment, Paxisgebühr alleine kostet 10 Euro und die meisten Zuzahlungen liegen schon bei fünf Euro pro Arznei. Wie soll das bitte gehen? Vor allem, wenn man eine chronische Krankheit hat oder bestimmte Medikamente sehr oft braucht?

Wenigstens die Zahncreme ist heute umsonst: Ein Werbegeschenk einer bekannten Zahncreme-Firma, die am Eingang der Apotheke auf Kundenfang geht. Naja, immerhin etwas….

Bildung:
Vorgesehen: 1,39 Euro (( pro Monat!! dafür bekommt man noch nicht mal ein gebrauchtes Buch+Versand ))
Verbraucht: Stromkosten, Gehirn und Internetgebühr, „kostenlos“

Bleibt noch die Bildung, denn ich will mir eine Zeitung kaufen, oder ins Internet gehen und mich dort weiterbilden, vielleicht ein Buch kaufen und darin lesen?

Nein, das war heute nicht drin. Ich hätte auch gar keine Zeit gehabt.

Fazit:
Auch wenn ich zum Glück keine Hartz IV-Empfängerin bin, die derzeit von der Politik kalkulierten Sätzen muten unmenschlich niedrig und an jeglicher Realität vorbeikalkuliert an. Das Leben ist teuer und es wird meistens immer teurer. Die Preise im Supermarkt und für Gesundheit oder Energie sinken nicht und kennen nur eine Richtung: nach oben. Von den Hartz IV- Sätzen alleine zu leben, bedeutet Armut und Mangel in allen Bereichen. Durch den Mangel an Geld werden einem die Möglichkeiten geraubt, noch nichtmal das Nötigste ist drin. Gesellschaftlicher Aufstieg ist unmöglich, an Bildung oder einen freien Kopf kaum zu denken. Nach der Maslowschen Bedürfnispyramide kommen immer erst die materiellen und praktischen Bedürfnisse, bevor man sich um andere kümmern kann.

Die mangelnden materiellen Möglichkeiten sind wie ein Sauerstoffmangel, der einem die Luft zum Atmen nimmt und jegliche soziale Verbesserung oder Aufstieg verhindert.

Ist das gerecht gegenüber denen, die nicht arbeiten?

Ein Tag im Leben eines leidenden Vertriebsingenieurs

Montag, 6 Uhr

Eine schöne Frau kommt auf ihn zu, mit einem Hauch aus Nichts bekleidet. Er liegt am Strand, die Sonne blendet. Die kurvenlastige Unbekannte scheint ihn anzuflirten, aber sie sieht nicht aus wie Eva, nein eher wie… Er will nach ihr greifen, sie lächelt ihn an. Sie beugt sich über ihn und gerade als sie ihren Mund an seinen bringt… KNAATZ KNAATZ KNAATZ KNAATZ zerstört der etwas altertümliche Klingelton des Radioweckers seinen erotischen Traum.

Der leitende Vertriebsingenieurs (auf den Namen Holger getauft) blinzelt auf die Anzeige des nervigen Störenfrieds. „Ist es wirklich schon so spät?“- guckt er griesgrämig-ungläubig auf das Display. Er kratzt mit dem Handrücken seiner linken Hand über seine Bartstoppel, da fällt ihm ein, dass er sich heute beeilen muss, weil er ein wichtiges Meeting hat.

Also schnell in die Pantoffeln gesprungen, den Bademantel übergestreift und in die Küche geschlichen. „Gääähn“ sagt er, als er seine Frau sieht, die bereits den Kaffee aufgesetzt hat. „Oh das ist nett, Liebes.. hast du schon die Zeitu..?“

„Liegt auf dem Tisch, Bärchen.. und du wolltest Croissants, stimmt´s?“ Eva hat dunkelbraune fast schwarze Haare, die sie aber gerne mal färbt, ist immer schick gekleidet und achtet sehr auf ihre Haut und ihr Aussehen.

Für ihre 45 Jahre hat sie sich noch gut gehalten, ist sportlich, nicht zu dick und auch mit diesen Dellen an den Oberschenkeln hat sie trotz der Schwangerschaften nur wenige Probleme. Sie hat viele Hobbys, unter anderem ist sie künstlerisch und im Hausfrauen-Verein aktiv, wo sie sich jede Woche zweimal treffen, um Rezepte und Fotos von den Enkeln auszutauschen. Außerdem hat sie einen kleinen unbedeutenden Posten im Ortsverband der SPD und leitet dort die Bücher, aber nicht wirklich motiviert. Das meiste sind Männer und..

„Äh ja, oh das ist super danke.“ Der leitende Vertriebsingenieur lächelt sie kurz an, aber es ist zu kurz, um wirklich Wärme auszustrahlen. Seine Frau ist das gewohnt und sie denkt sich nichts dabei. Sie haben zusammen zwei wunderbare Kinder, Peter und Lisa, und ein sehr schönes Leben in ihrem kleinen Einfamilienhäuschen im Vorort der Stadt. Das Leben läuft perfekt. Sie hat – wie ihr Mann- etwas Kaufmännisches studiert, aber nach dem ersten Kind den Job aufgegeben, denn sein Geld reicht völlig und durch die vielen Beförderungen in den letzten Jahren… naja, sie können sich nicht beschweren.

Sicherlich, es kriselt manchmal in ihrer Ehe, aber wo kriselt es nicht? Kein Grund, um sich Sorgen zu machen. Wirklich nicht.

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Geschichten aus dem Kindergarten

Zurück aus dem Urlaub, dem kleinen Städtetrip nach Hamburg, der eigentlich keine richtiger Urlaub war. Kaum zurück, finde ich mich kaum im eigenen Haushalt zurecht, so schnell stellt sich der Mensch um. Der Kaffee schmeckt viel zu süß, weil ich mir im biologisch sinnvollen und ernährungstechnisch optimierten Haushalt angewöhnt habe, weniger zu nehmen. Und Rohrzucker schmeckt bekanntlich „bääh!“. (Mir zumindest)

Das eigene Bett ist erstaunlich weich und bequem, fast ein bisschen zu komfortabel, wenn man das mit der 6 cm dicken Reise-Klapp-Matratze vergleicht, auf der ich die letzten Tage meine Nächte verbracht hatte. Und ja, das war ein Kampf, ein Kampf gegen die eigene Natur, gegen die Untiefen und raue Gegenwinde der Seele, gegen die eigene Schwere und die nässende Bequemlichkeit des „normalen“ Alltagslebens.

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Den Tag verschenken

Gibt im Moment nicht viel zu bloggen, hab auch keine Lust dazu. Ich bin eigentlich schon am Überlegen, das Blog ganz dicht zu machen, weil ich irgendwie eine mittelschwere „post-Blog“ Phase erreicht habe, wenn man das so nennen kann.

Das Schreiben im Blog lebt bei mir immer von zwei wichtigen Dingen: 1.) Der Wunsch, mit anderen zu kommunzieren und das Leben und die Gedanken für andere zu öffnen und 2.) Die Lust am Schreiben selbst, das Nachdenken über bestimmte Dinge und das reine Handwerk & Hobby „Schreiben“. (3. vielleicht noch: Die Muse, die Inspiration und die gute oder in einer anderen, gewissen, formulierbar gefärbten Laune)

Auf alles hab ich im Moment keine Lust. Meist tun mir die Hände abends weh oder die Augen brennen und ich bin froh, wenn ich ein wenig Ruhe und Zeit für mich habe. Auch der Druck, mich jetzt unbedingt der Öffentlichkeit präsentieren zu müssen und mein Alter Ego, meine virtuelle Identität weiter aufzubauen oder abendfüllende Spannungsbögen zu formulieren, habe ich im Moment nicht.

Ich bin eigentlich ganz zufrieden, vielleicht liegt es daran? Die innere Zufriedenheit, die Ausgeglichenheit, vielleicht auch die Gelassenheit, Langeweile und der Gleichmut sind die besten Gründe, sich nicht zu äußern. Das Leben plätschert so vor sich hin. Ich muss nicht betonen, dass mich das Wetter (auch wenn ich vorher einen leicht ironischen Winter- Adé Artikel geschrieben habe) nun doch ein wenig nervt. Wann wird’s mal wieder Sommer?

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Zwischen Feuchtgebieten, Erfolg-reichen und Einsamen

Zwei, drei Dinge gibt es, die heute ver-schreibenswert sind. Ich könnte es auch auf morgen verschieben, aber dann vergesse ich es vielleicht wieder. Grundsätzlich habe ich wieder mehr Zeit und Lust zum Schreiben und das ist auch mal schön und sollte genutzt werden. Die Kreativität kommt und geht wie Wind, mal setzt sie sich hin, dann gilt es sie zu nutzen, dann fliegt sie wieder weiter, dann kann man sie nicht erzwingen. Vielleicht schreibe ich zehn Artikel am Stück, nur um dann wieder wochenlang keine „Eingebung“ zu haben.

Seit Tagen bin ich krank und ein heftiger Schnupfen plagt mich, der erste des Herbstes. Pünktlich zum Wetterumsturz und dem damit verbundenen Sonnenlicht-Mangel war mein Immunsystem im Eimer.

Ich sitze so herum und plane dies und jenes, doch es will (noch) nichts so recht gelingen. Ich bin hoffnungslos unter-motiviert und bestaune und beneide auch ein wenig die Leute mit mehr Schaffenskraft. Ich hingegen versuche den Herbst, als Abkehr der Sonne und Rückzug in stillere Zeiten zu verinnerlichen, mich irgendwie darauf ein – oder umzustellen.

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Hilfe, ein Stöckchen!

highjump

Es ist schon spät, ich bin unendlich müde von dem heutigen Wetter. Auf der Baustelle ging es für mich nicht weiter, der ständige Regen hat meine Lackier-Arbeit blockiert und ich muss morgen das „Finish“ nachholen. Am Donnerstag, also gestern, habe ich 7 Stunden draußen im Hof gearbeitet, allerdings im Schatten, denn eine gewaltige Sahara-Hitze hatte sich wie ein dicker Teppich über das ganze Land gelegt. Wenn kein Wind gegangen wäre, wäre es unerträglich gewesen. Dafür trocknete der schwarze Lack gut und hielt dem nächtlichen Gewitterguß stand.

Eigentlich wollte ich schon viel früher an den PC, um etwas zu schreiben, aber auch der Sport war Opfer des Regens und viele Entscheidungen wurden nach hinten geschoben.

Der deutsche Hochspringer Spank wurde genauso wie der Pole Dritter und freute sich zusammen mit ihm über eine Bronze-Medaille und herzte ihn kräftig, was eine schöne Geste war. Sport bedeutet Verbrüderung, Fairness, Wettkampf unter gleichen, das ist das Schöne daran.

Die deutsche Diskuswerferin hat es aber nicht geschafft. Sie versäumte es, die Scheibe aus der Hüfte zu schieben und noch ein „Wahnsinns-Ding rauszudonnern“- somit konnte sie es ihrem männlichen Kollegen Harting nicht nachmachen, der noch vor ein paar Tagen das „Last Minute“-Gold geholt hatte.

Alles wirkte heute ein wenig langsamer und zäher als gestern, an diesem besonders heißen Tag, der auch die Läufer, allen voran den hervorragenden Sprinter Usain Bolt beflügelt hatte. Übrigens wirkt es sehr männlich auf mich, er ist so groß und stark, vielleicht hat er mit Testosteron gedopt…. ? Oder in Wahrheit ist er eine Frau…, nein ich habs, Bolt steckt im Teddybär- Kostüm, und der unterbezahlte Komparse ist in Wahrheit der Sieger. Schwarze Gesichts-Farbe soll es in jedem besseren Kosmetik-Geschäft geben, hab ich mir sagen lassen…

Ziemlich alt sah die deutsche 4*100 Meter-Staffel aus. Aus irgendeinem Grund hatte der erfahrenste dritte Mann Angst vor dem anfliegenden Stöckchen und rennte partout zu früh los und verenkte noch unglücklich seinen rechten Arm nach hinten links, was natürlich keine gute Idee war. Ein kleiner Smart hätte locker zwischen den Abstand der Staffelläufer bei der Übergabe gepasst…aber für große Sicherheitsabstände gibt es leider keine Medaillen, noch nichtmal eine Qualifikation.

Ich hab es übrigens noch nie erlebt, dass deutsche Sprinter mal bei Großereignissen langfristig vorne mitmischten. Jede Nation hat so ihre eigenen Stärken. Amerikaner und Jamaikaner dominieren die Sprint-Disziplinen, die deutschen sind bei den Stoß- und Wurfdisziplinen oft besser.

Als Zuschauerin finde ich den Hochsprung sehr reizvoll. Man kann hier gut sehen, wie wichtig die richtige Technik ist und wie anmutig diese Disziplin ist. Der Kopf muss stimmen, es ist eine volle Konzentrationssache.

Im Hochsprung war ich in der Schule mal gut, ich liebte diese Disziplin. Ein paar Jahre später war diese Euphorie aber vorbei, irgendwas blockierte bei mir und ich kam einfach nicht mehr über die Stange rüber. Wenn man es mal raus hat, diesen rückwärts gewandten Flop, dieses anmutige Drehen über die Stange weg, was beinahe einem lang gezogenen Rückwärts-Salto gleicht, dann will man immer mehr davon… ich kann die Sportler verstehen, die süchtig nach dieser Disziplin sind.

Fast genauso gut sind 100 Meter – Sprints, Weitspringen und um die Wette bloggen.

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Links/ Videos

Die richtige Aufbaustrategie

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Die Wohnung duftet nach Holz. Nach Fleisch und Bratensaft, durchtränkt mit dem süßlichen Duft des versprühten Deos . Draußen geht langsam die Sonne unter und ich höre „Sometime around midnight“ von The Airborne Toxix Event (später Counting Crows). Mir ist ein wenig übel, weil ich zuviel gegessen habe: Schweinenacken-Steak mit Brechbohnen, eine komische Mischung. Dazu Ketchup aus der Flasche und Apfelsaftschorle. Das Kaugummi, das ich für den besseren Atem hinterher gekaut habe, wirkt auf Grund des Süßstoffes mal wieder abführend- ich hätte es besser wissen sollen.

IKEA möchte, dass ich den Fragebogen zur Produkt- und vor allem Lieferqualität ausfülle. Eine Sache, bei der mir etwas unwohl ist, denn hier geht wie so oft um Strangulierung des einfachen (niederen) Personals der unteren Einkommensschiene, die man mit bürokratischen und unmenschlichen Mitteln zu mehr Disziplin zwingen will. Das ganze nennt sich dann „Verbesserung der Servicequalität“, aber im Grunde ist eine getarnte Masche der modernen Sklaverei- nur eben etwas subtiler und getarnter. Ich habe überall ein „Gut“ bis „Sehr Gut“ vergeben, nur die Kosten, mit den bin ich wirklich nicht zufrieden. 80 Euro für eine einzige Lieferung, aus ca. fünf Paketen á 40 kg ist mir etwas zuviel.

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Routine

Über den Versuch, die eigene Richtung zu bestimmen.

Jeff Buckley weint mir sein „Halleluja“ an die Backe. Und wie ich seine anmutige Stimme so höre, da gehen die Sorgen aus dem Körper, da weicht die Seele auf. Es ist dieser Moment, wo ich wieder ich sein kann, wo ich mich spüre und endlich weiß, wer ich bin. Ein Mensch, ein Mensch mit Gefühl.

Ich lasse den Tag an meinem inneren Auge vorbeiziehen, spüre die Sorgen, wie sie wie ein dumpfes Echo an das Innere meines Herzens drücken, wie sich die Wellen des Erlebten durch jede Zelle des Körpers breiten. Wie da zuerst eine dumpfe Wand war, eine große schwarze, kaum zu überwindende Mauer. Wie ich mich entschlossen auf meine Feinde geworfen habe, sie mit meinen Reißzähnen attackiert, ihre Worte in Stücke gerissen habe. Wie ich mich breit gemacht habe mit meinem fetten Arsch, die Arme gegen meine Konkurrenten ausgebreitet, mich selbst schlauer -als ich eigentlich bin- dargestellt habe. Meine ganze Bosheit, meine dunkle Seite wird von diesem Lied aufgeweicht, ich will sie noch festhalten, aber die Töne sind stärker und so lass ich es geschehen.

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Amoklauf an Vollmond

Spaß hätte seine Freud- oder andersrum?

Heute ist Mimosentag. Ein Blick in den Kalender und aus dem Fenster sagt, dass es Vollmond ist.

An Vollmond – so sagt ein Aberglaube und evt. auch die Statistik- ticken die Menschen anders. Schießen wild um sich, real oder virtuell oder mit Worten.

An Vollmondtagen weht der Wind etwas heftiger, scheint die Sonne mal hell, mal nicht- wechselt das Wetter wie im April. Klirrt mal eine Tasse auf den Tisch, läuft man gegen die Wand, weil man dachte, da wäre eine Tür, rutscht das eine um das andere Wort aus dem Voll-Mund.

Alle scheinen nicht bei der Sache zu sein. Eine seltsame Mischung aus Nervosität, Anspannung, Entschlossenheit und Unzufriedenheit. Der Frühling möchte raus, aber so richtig kann er noch nicht. Aufgestaute Frustrationen.

Der Winter war lang.

Daran wird es wohl liegen. Mein Tipp: Einfach mal laut heulen und rumbrüllen. Hilft bestimmt!

Oder eins von diesen schlimmen Spielen spielen und mal virtuell ordentlich einen draufmachen.

Bevor man noch jemanden wehtut….

Oder vielleicht will man ja gerade das?

Musik-Tipp des Tages:
Korn-Beg for me | Lyrics

Herbstzeiten

Eine ältere Frau schiebt ihren Einkaufswagen rückwärts durch den engen Gang. Dabei dreht sie ihren Kopf halb nach hinten, murmelt irgendetwas Unverständliches vor sich hin und drängt mich zur Seite. Ich war gerade dabei, Gewürze aus dem Regal herauszusuchen und musste wegen ihr meine Tätigkeit abbrechen. Mit Selbstbestimmtheit und Scheuklappen schiebt sie an mir vorbei. Sie riecht ungepflegt, nach Schweiß. In ihrem Wagen sind Krücken (die sie aber derzeitig nicht braucht) und Dinge, die aussehen, als ob sie von einer alten Frau kommen. Als ich in ihr Gesicht blicke, merke ich aber, dass sie noch gar nicht so alt aussieht. Ihr Kleidungsstil ist sogar recht gut, wenn auch nachlässig getragen und nicht gebügelt, die Haut und die Haare wirken wie die von einer 50-Jährigen. Sie schaut unruhig hin und her und nimmt überhaupt nicht die Menschen wahr, die um sie herum stehen. Auch nachdem ich sie mehrmals bewusst anschaue, erwidert sie meinen Blick nicht. Später kommt sie mir immer wieder in die Quere, irgendwo bin ich froh, als ich noch mal durch den ganzen Markt muss, weil ich was vergessen habe und sie dann nicht mehr treffe.

Eine Gruppe von Jugendlichen steht genauso im Gang, dass man sie nicht übersehen, und vor allem nicht überhören kann. Lauthals unterhalten sie sich. Ihre Kleidung wirkt billig, übertrieben, vor allem bei den Frauen. Meistens haben die Frauen eine breite Hüfte, einen dicken Po und tragen dann eine zu enge Jeans, was nie passt. Immerhin, sie lachen und verstehen sich gut untereinander. Auf andere achten sie aber genauso wenig wie die alte Frau. Ihnen gehört der Markt, sie sind eine starke Gruppe und sie reden am lautesten. Schüler vielleicht.

Die meisten Besucher im Supermarkt sind weiblich, ob alt oder jung, der Frauenanteil beträgt bestimmt 85 Prozent. Dabei müssen Männer auch Brot essen und sich ab und zu mal einen Kaffee aufbrühen, denke ich mir.

Einkaufen macht mir heute kein Spaß, so wie fast nie. Es ist so unmenschlich, so kalt. Jeder ist dem anderen egal, nie unterhalte ich mich. Ein großer komplexer Einkauf und ich rede vielleicht 2 oder 3 Sätze, die meistens aus einem Standardrepertoire bedient werden. Ändern kann ich das nur, indem ich mir sage „So heute rede ich mal besonders viel und gehe auf die anderen Menschen zu.“ Dann geht es gut, aber wenn ich warte, dass ich angesprochen werde, passiert fast nie etwas.

Dann erstreckt sich das Vokabular auf:

„Danke, war alles perfekt. Wo stehen die Nudelsoßen? Ich habe es auch klein. Auf Wiedersehen!“

Die Autofahrer stellen sich wie immer ungeschickt an. Ein älterer Mann fährt mit seinem Kleinwagen nach hinten aus der Parklücke heraus. Obwohl er sieht, dass Passanten vorbeigehen und teilweise auch große und schwere Einkaufswagen dabei haben, setzt er stur zurück. Rentner haben halt wenig Zeit, das sehe ich ein! Geduldig warte ich auf ihn. Anstatt dass er weit genug zurückstößt, fährt er nur zwei Meter aus der Lücke heraus und versucht den zu engen Winkel durch Vorwärtsfahren und Lenkradeinschlagen zu Kompensieren. Dumm nur, dass ich da noch stehe, denn mit dem schweren Wagen komme ich nicht so schnell außen herum. Etwas verlegen schaut der Fahrer schnell weg. Auch hier- ohne Worte, einfach nur ein paar unverständliche und nichts sagende Blicke.

Das ist das Deutschland, wie ich es kenne- und leider auch nicht mag. Die Deutschen sind kalt, wortkarg, egoistisch, stolz und benutzen ihre Ellenbogen. Es wird darauf gewartet, dass andere einen Fehler machen, ansonsten verhalten sich die Menschen wie perfekte, unauffällige Maschinen. Das Leistungsideal steht im Mittelpunkt, der Fleiß, die Sauberkeit. Allen Ortes wird gekehrt und geputzt, gewerkelt und erledigt. Niemand fragt, warum, es wird einfach gemacht. Jeder möchte ganz oben mitschwimmen, jeder will das beste Auto haben, den schönsten Urlaub, das meiste im Warenkorb, die besten Klamotten. Nur warum, das fragt keiner. Alle halten es für erstrebenswert, wie ein Fluss, der seine Menschen einfach mitreißt, werden wir im Konsum- und Alltagsstrom mitgerissen und finden keinen Platz für den freien Geist. Der soll irgendwann kommen, abends vielleicht, da haben wir zwei Stunden Zeit. Dumm nur, dass wir dann müde sind und wiederum nur konsumieren, aber nicht wirklich leben können.

Dumm nur, dass so wenig Platz für die Dinge ist, die wirklich Glück erzeugen und dem Menschen dienen.

Wo ist der Ausweg aus dieser Misere? Ich denke, man muss sich regelrecht zwingen aus diesem Alltags- und Leistungsideal zu entkommen und sich massiv Freiräume zu „erwirtschaften“, in denen man einfach das macht, worauf man Lust hat, nicht- worauf man denkt, Lust haben zu müssen!

Zeit für sich, Zeit für Bücher, Zeit für Spiele, Zeit zum Entspannen, für ein angenehmes Bad. Für Stunden zu zweit, für schöne Gespräche, für etwas, darüber hinaus.

Es bringt nichts zu sagen „dass mache ich irgendwann“. Man muss es jetzt machen. Indem man selbst andere Richtlinien befolgt und eigene Maßstäbe setzt, wird man auch zum Vorbild. Es ist nicht leicht, aus der Masse zu treten, niemand macht das gerne. Jeden Tag neu aufzustehen und für seine Ideen gerade zu stehen, kann ein harter Kampf sein. Und gerade die Tatsache, dass es so schwierig ist, zeigt auch- wie wichtig es ist.

Warum ziehen Außenseiter aber soviel Hass und Ablehnung auf sich? Warum ist es so schwer, anders zu sein?

Für jeden Menschen in der Gesellschaft gibt es Normen, Rollenbilder, Erwartungen, die ständig neu überprüft und formuliert werden. Ein Medium wie ein Blog beispielsweise formt solche Normen, vor allem wenn es ein soziales Blog ist, wo viel „geredet“ wird. Indem man jetzt eine eigene Meinung formuliert und sie ins Netz stellt, produziert man eine gültige Meinung.

Menschen können die Meinung teilen und einen dafür loben, bestätigen, etc. Wenn sie einen nicht loben, nicht beachten, etc. ist das meistens ein Zeichen dafür, dass sie es ablehnen, was man sagt oder nicht wertschätzen. Je weiter die eigene Meinung nun vom Allgemeingültigen abweicht, desto größer der Druck, wieder Meinungen anzunehmen, die gesellschaftskonformer sind. Das erklärt z.B. auch warum so viele Krankheiten oder Besonderheiten von Menschen keine „Lobby“ haben. Niemand traut sich, für Besonderheiten eine Meinung zu bilden oder dafür gerade zu stehen. Dabei ist der verbale Anfang und das sich Bekennen zu einem eigenständigen Individuum das Wichtigste überhaupt, um ein freier und glücklicher Mensch sein zu können.

Indem man redet und dafür steht, was man denkt und sagt, setzt man einen Anfang. Ganz gleich wie klein er ist, es ist ein Anfang.

Ich denke, dass das mit die wichtigste Eigenschaft und Möglichkeit für ein soziales Blog ist. Bei Themenblogs kann das ein wenig anders sein, hier stehen vielleicht mehr die Sachthemen im Vordergrund. Aber bei den privaten Blogs kann es – neben der reinen Unterhaltung- vor allem nur diesen einen Zweck geben:

Meinungen zu produzieren, sich anzuschließen und sie zu verteidigen. Soziale Schichten zu definieren, Freundeskreise aufzubauen und die Leute auszuschließen, auf die man gerade keinen Bock hat.

Oder aber der lockere, wenn auch schwierigere Weg: Meinungen produzieren, sie in den Topf werfen und schauen was mit ihnen passiert.

Sich nicht an sie klammern, sie einfach ziehen lassen wie graue Wolken am weiten Himmel.

Dann ist es mit der Zeit egal: Wer hat mich gelobt? Wer hat mich kritisiert? Wer ist mein Freund? Wer ist mir übel gesinnt? Solche Fragen verlieren irgendwann ihren Sinn.

Fragt die Blume ständig danach, warum sie blüht oder im Herbst ihre Blätter verliert?

Nein- sie macht es einfach.