Der Gutmensch

und das „schlechte“ Gewissen

Gestern ist es mir wieder passiert: Auf dem Supermarkt-Parkplatz sehe ich eine junge Frau, Anfang 20 die mit einem Blatt Papier und einem Kugelschreiber herumrennt und Passanten anspricht. „Aha eine Umfrage“ denke ich mir. „Spart sich der Supermarkt mal wieder Personalkosten und macht eine billige Marktforschung mit außertariflichen Niedriglohnmitarbeitern“… denn sowas hatte ich in der Vergangenheit schonmal erlebt. Reicht ja nicht, dass man die Dinge im Markt kauft und dann fein säuberlich in den Kassen und überall registriert ist, nein die Jagd nach Daten und der Wunsch einen „gläsernen Kunden“ zu haben, kennt keine Grenzen und erstreckt sich bis ins Unendliche.

Bei der Frau war ich aber skeptisch, weil sie so übertrieben freundlich zu allen Leuten war und komische Gesten gemacht hatte. Sie kam dann auch auf mich zu und drückte mir eine Liste unter die Nase und gestikulierte weiter. In den dicken Lettern war auf den oberen Rand gedruckt, dass es sich um eine Spendenaktion für einen „Blinden- und Taubstummen – Verein“ handeln würde und man nun Unterschriften sammeln würde, um sich ein Gemeindehaus oder etwas in der Art bauen zu können. Da dachte ich mir noch, wozu braucht man denn Unterschriften… das ist ja nichts illegales, warum muss das denn genehmigt werden oder mit irgendeiner Initiative durchgesetzt werden?

Unten am Blatt waren allerlei Siegel und Auszeichnungen und Titel, dass das ganze offiziell ist. Ich wunderte mich nur über die schlechte Qualität des Ausdruckes und erkannte eigentlich sofort, dass das ganze eine billige Kopie war. Die Farbe war verwaschen und ein offizieller, frisch gedruckter Stempel nicht zu erkennen. Auch trug die Frau keinen Ausweis um die Brust und ihr Gebahren war sehr auffällig, da sie es anscheinend sehr eilig hatte. An der Stelle hätte ich also schon stoppen können und der Frau sagen, dass ich nicht unterschreiben werde. Meine kalte Seite zeigen und das Eisen-Gesicht der Abschottung aufsetzen. Bei Bedarf noch etwas die Ellenbogen ausfahren und auf Krawall gebürstete Zicke machen. Leider ist das nicht meine „Lieblings-Attitude“.
„Hach, eine Unterschrift schadet mir ja nicht und vielleicht ist es ja doch was legales?“ Zwei Stimmen in meiner Brust fochten in Millisekunden einen neuronalen Kampf um die ethische Vorherrschaft und das Gewissen verknäulte sich ineinander wie zwei verschiedenfarbige Woll-Arten, die sich beim Stricken der Gedankenfäden verheddert hatten. Und mal wieder siegte die schwache Seite…. Hatte ich nicht eben die andere Frau mit den zwei Gurken und dem Stück Butter in der Hand an der Kasse vorgelassen, weil ich so gerne freundlich war? Wie konnte ich da jetzt so eine – wesentlich höher zu bewertende- Aktion abwimmeln? Wäre nicht alles andere gegen die innere Logik des aufrechten und rechtschaffenden Menschen gewesen? Wie sonst soll man die Welt verbessern, wenn nicht mit gutem Beispiel vorangehen! Und die tausend Kameras des inneren Auges waren in dem Moment alle auf mich gerichtet, auf die göttliche Entscheidung, den Stift entweder zu nehmen oder ihn mit einem verächtlichen Blick fallen zu lassen.

Zum Glück wurde mir diese Entscheidung von der jungen Dame abgenommen, denn sie erkannte meinen aufschäumenden, inneren Kampf und drückte mir kurzerhand den Stift in die Hand und drängte mich nochmals freundlich, endlich mit meinem guten Namen meinen guten Willen auszudrücken.

Ich hielt den Stift, der alles entscheiden sollte, noch etwas fester und kritzelte hastig meinen Nachnamen auf die Liste, wo sich schon ca. 6 Leute vor mir eingetragen hatten. Noch schnell den Wohnort hinterher und fertig war es. Das war der jungen Frau aber nicht ganz genehm, denn sie verwies mich auf die letzte Spalte, wo es um die Höhe des Spendenbetrages ging. Vor mir hatten Leute schon 10 Euro oder 20 Euro eingetragen und da ich nun nicht dumm dastehen wollte, gab ich auch einen kleinen Betrag. Die Frau schäumte über vor Freude, betatschte mich überall, hielt meinen Arm fest und verhielt sich recht sonderbar. So schnell wie sie gekommen war, war sie dann auch wieder verschwunden.

Hinterher grübelte es sehr heftig hinter meiner Stirnseite und der Kampf des Gewissens war noch nicht ganz abgeschlossen. „Und wenn sie nun doch illegal waren? Sowas hört man ja immer wieder! Warnt Aktenzeichen XY oder andere Verbrauchersendungen nicht ständig vor solchen Trickbetrügern? Könnte ja auch eine ost-europäische Bande gewesen sein. Geschult im Erhaschen von Mitleid, schnell, von der Autobahn kommend und noch schneller wieder verduftend, und die mangelnde Polizeipräsenz ausnutzen und die Grauzonen des Gutmenschentum schamlos ausnutzen“. Je länger ich also über mein Verhalten nachdachte, desto ärgerlicher wurde ich. Im Grunde eine kleine Sache, die man schnell wieder vergessen konnte und die mich aber noch heute beschäftigt.

Zu Hause im Internet recherchierte ich noch kurz zum Thema und wurde in meinen anfänglichen Bedenken bestätigt. Man findet eigentlich überall und in großer Zahl Hinweise auf solche Betrügereien und überall wird gewarnt, ja nichts zu geben, weil es wahrscheinlich gefälchte Spendenaktionen sind. Die Wut über meine Dummheit und Naivität wurde immer größer. „Warum hast du nur was gegeben? Das Geld hätte man auch sinnvoller ausgeben können!“

Aber wenn ich das ganze Revue passieren lassen, dann bricht sich die Situation herunter, auf den genau einen Moment, bei dem ich in Millisekunden entscheiden musste „gut“ zu sein und etwas zu geben oder „böse“ und den kalten Knochen heraushängen zu lassen. In der kurzen Zeit war einfach kein Platz für eine längere Bewertung. Man konnte das „Gut“ nicht genauer definieren und musste die Entscheidung rein aus dem Bauch treffen. Ich hätte erst alle Fakten, alle Hintergründe wissen müssen. Ging es der Frau wirklich schlecht? War sie behindert? Wenn nein, warum wird sowas gemacht? Hätte sie es wirklich nötig gehabt? Hätte sie das Geld nur ihrem Boss gegeben? Hat der sich davon einen teuren Mercedes gekauft? Oder ist das nur ein frustrierter Arbeitsloser, der sonst nicht weiß, woher er das Geld nehmen soll? Hat der vielleicht vier Kinder, bekommt von seinem Staat aber keinen müden Euro-Cent? Ist er überhaupt in der europäischen Union? Sind solche Aktionen nicht etwas besser, als wenn man nur bettelt? Verdient nicht auch der Einfallsreichtum und das Talent so einer Aktion ein wenig Aufmerksamkeit?

In südamerikanischen Ländern findet man solche Bettelaktionen ja häufiger. Oder es kommen Kinder an der Ampel ans Auto gerannt und wollen die Scheiben putzen. Oder irgendeinen Plunder verkaufen. Man wird betascht, angemacht, angeschaut, bedrängt etwas zu geben. Soll man immer kalt bleiben? Das Geld zusammen halten? Grundsätzlich nichts geben? Können wir uns als „reiche Deutsche“ überhaupt leisten, geizig zu sein? Was sind schon 5 oder 10 Euro für uns? Kein Gedanke wert. „Geben ist seeliger als Nehmen“ heißt es so schön. Aber geben wir nicht schon genug Geld weg für Griechenland, für die Energiepreise, für Steuern, für Arbeitslose und für Großkonzerne? Wer will heutzutage schon freiwillig etwas geben, wo einem doch das meiste genommen wird und es der übliche Weg zu sein scheint, an Geld zu kommen. Die Lektion in der kapitalistischen „Gier-Gesellschaft“ scheint ganz einfach: Wer reich sein will muss das eigene Geld zusammenhalten und möglichst schauen, dass er von anderen viel erhält oder es ihnen mit Tricks und Einfallsreichtum wegnimmt. Der Trickbetrüger auf der Straße unterscheidet sich in seinen Grundsätzen nicht wirklich von überzogenen Gebühren der Banken, Energiepreis-Abzocke von Großkonzernen oder windigen Gesetzen, die von Klientel-Politikern über die Hintertür eingeführt werden. Nur dass die einen eher wenig und die anderen riesige Summen „verdienen“ oder wahlweise in den Sand setzen. Der ehrliche ist der Dumme. Wer nur gibt, ohne eine Gegenleistung zu verlangen, kann eigentlich nur verlieren… christliche Ethik oder Nächstenliebe kommt in dem Kontext einfach nicht vor.

Wenn ich über solche Aktionen nachdenke, dann komme ich zum Schluss, dass sie häufiger werden. In dem gleichen Supermarkt war mir vor zwei Monaten genau das gleiche passiert. Diesmal kamen sie in den Markt und sprachen die Kunden direkt an. Der deutsche Kunde ist etwas reserviert und meistens total überrumpelt über so eine „Offenheit“. Er möchte dann nicht kaltherzig erscheinen, außerdem ist soviel Trubel meistens unangenehm. Dann gibt man lieber etwas und hat seine Ruhe. Oder die Leute, die von Tür zu Tür ziehen und irgendwas sammeln. Selbst hier auf dem Land hat man sie ständig an der Klingel. Entweder es werden irgendwelche Dienstleistungen verkauft, die kein Mensch braucht, z.B. Scheren schleifen oder „Matratzenwäsche“ oder es gehen Handwerker herum, die fragen, ob was am Haus zu machen ist. Leider weiß man nie, ob es „richtige Handwerker“ sind oder ost-europäische Banden… Es gibt Leute, die wollen nur den „Wachturm“ verteilen, andere verkaufen Wäsche-Klammern, andere betteln einfach so. Und dann gibt’s noch die bösen Geister, die über das Telefon kommen und einem Dinge andrehen oder Daten sammeln wollen. An Sperrmüll-Tagen wird die Dorfstraße von einer – wie ein Hornissen-Schwarm surrenden Armee- weißer Lieferwagen überschwemmt, die den ganzen Tag die gleichen 200 Meter abfahren, in der Hoffnung ein altes Eisenrohr oder zwei Eisenbleche für den Schrottverkauf zu finden. Das Benzin, das sie dabei verfahren, wird die Verkäufe wahrscheinlich niemals aufwiegen, aber wen interessiert das schon, wenn es etwas „umsonst“ gibt?

Soll man jedesmal über alles nachdenken und sein Gewissen kämpfen lassen? Oder einfacher- den kurzen, praktischen, einfachen und abweisenden „bösen Weg“ gehen und alles kategorisch und mit Nachdruck abwimmeln?

Der Gute muss sich auch schützen können, indem er das Böse an der richtigen Stelle abwehrt. Wenn z.B. von Betrügern „im Namen des Guten“ gesammelt wird, dann schaden sie den wirklich Hilfsbedürftigen. Es entsteht dann die paradoxe Situation, dass es „gut“ ist, wenn man sich „böse“ verhält. So wie man einem bettelnden Kind auch nicht ständig Süßigkeiten gibt, sondern hart bleibt und erstmal das Gemüse aufessen lässt. Die Leute, die im Namen des „Guten“ sammeln, schaden auch dem gesamten Ansehen der Spendenbereitschaft, weil die Leute immer misstrauischer werden und immer mehr fragen stellen werden, bevor überhaupt irgendwas gespendet wird. Grundsätzlich nichts zu geben, scheint also auch keine gute Option.

Welcher Weg ist zu wählen? Wenn ich das wüsste, könnte ich den inneren Kampf endlich beenden und mich geruhsam zurücklegen…. Dann wäre es nicht mehr meine Sache, dann wäre nichts mehr zu entscheiden. Ich würde es mir gerne einfach machen… aber die Welt, mit der man täglich zu tun hat, ist meistens viel zu kompliziert. Und selbst der einfache Weg des „Guten“ kann manchmal falsch sein. Oder der Gute ist – geblendet und abgeschreckt vom Bösen- in der richtigen Situation nicht achtsam genug und verschläft seine Chance.

Bewegung und Mobilität

Eine Zusammenfassung

Bewegung und Mobilität ist so etwas wie ein „Menschenrecht“ und das Kriterium für eine moderne und vor allem freie Gesellschaft. Überall und zu jeder Zeit an jeden Ort der Welt zu fahren erzeugt ein unglaubliches Freiheitsgefühl. Unsere Möglichkeiten werden hier eigentlich nur vom Geld, nie aber von den zur Verfügung stehenden Mobilitätsmitteln begrenzt (zumindest nicht in den reichen, „westlichen“ Industrieländern). Wer möchte, reist in einem Monat an fünf verschiedene Orte auf der Welt, wer möchte, kann eine Woche lang mit dem Auto in jedes Urlaubsland seiner Wahl unterwegs sein, andere wiederum werden eine Wanderung zu Fuß auf einem berühmten Pilgerweg oder eine trans-europäische Reise mit dem Zug oder Trekking-Rad vorziehen.

Die Freiheit des modernen Menschen wird durch nichts mehr definiert, als durch die zu Verfügung stehende Mobilität. Das bringt uns aber auch gleich zu mehreren Einschränkungen: Diese Freiheit ist nicht gleich verteilt. Allein schon körperliche Einschränkungen wie Kurzsichtigkeit, Übergewicht, Querschnittslähmung, geistige Einschränkungen, hohes Alter, etc. schränken die Wahl des Fortbewegungsmittels ein. Auch wenn wir gerne wollten, auch im Verkehr sind wir nicht „gleichberechtigt“ sondern höchst unterschiedliche Wesen mit ganz unterschiedlichen Vorraussetzungen. So können starke Menschen schwache im wahrsten Sinne des Wortes auf der Überholspur abhängen.

Der zweite trennende Faktor ist eindeutig das Geld. Denn Reisen ist teuer. In der Themenwoche der ARD hatte man in einer Sendung z.B. vorgerechnet, dass die durchschnittlichen Kosten für einen Mittelklasse-Wagen bei ca. 5.000 Euro pro Jahr liegen und diese Kosten dann mit der Nutzung eines Taxis gegengerechnet. Man kann einige Kilometer (ich glaube es waren 1.500) mit dem Taxi fahren, bevor diese Kosten wieder eingespielt werden. Problematisch beim Auto ist vor allem der Wertverlust, der vor allem beim Neuwagen sehr hohe Wert-Minderungen in den ersten Jahren erzeugt. So schön ein neues Auto auch ist, in den ersten Jahren könnte man das sauer verdiente Geld auch in einem großen Ofen verbrennen, ähnlich rasant geht es vonstatten.

Autofahren war überhaupt schon immer ein Luxus und früher nur für wenige Menschen nutzbar. Vor ein paar Jahrzehnten sind die Leute noch hauptsächlich zu Fuß gegangen oder mit dem Fahrrad gefahren. Die Massen-Nutzung des Automobils ist eine typische Eigenschaft von industrialisierten und reicher gewordenen Ländern.  Ähnliches kann man derzeit in China beobachten, wo die Menschen auch massenweise vom Fahrrad aufs prestige-trächtigere Auto umgestiegen sind.

Menschen, die weniger privilegiert sind und kein festes Einkommen haben, können sich oft kein Auto leisten (z.B. Arbeitslose, Studenten, Hausfrauen). Sie sind dann mehr als andere abhängig von den weniger „starken“ Fortbewegungsmitteln Bus, Bahn oder Fahrrad. Erfreulich aber ist, dass die Hartz IV Gesetzgebung den Besitz eines Autos erlaubt, solange es einen bestimmten Wert nicht überschreitet.

Wer Pech hat, kann sich noch nichtmal mehr ein Fahrrad leisten und muss alle Wege zu Fuß gehen. Kein Wunder, dass die Menschen alles tun, um in den Besitz eines Autos zu kommen, bedeutet dieses Auto doch eine massive Aufwertung ihres Selbstbewertgefühls und eine faktische Aufwertung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, vor allem in abgelegenen und ländlichen Regionen. Für den Individualtransport über große Strecken und das Transportieren schwerer Lasten ist das Auto weiterhin unumgänglich. Anders sieht es aus, wenn man nur Kurzstrecken überwinden und dabei nur eine Person bewegen muss. Hier wäre der gezielte Ausbau anderer Verkehrsmittel sinnvoll.

Mobilität ist also nicht nur unsere Lebens- und Glückseeligkeitsader Nummer eins, sie ist außerdem mit Kosten, aber auch mit emotionalen Belastungen verbunden. Denn über kein Thema regt sich (der Deutsche) lieber auf, als das Auto, die Spritpreise oder die Verkehrspolitik. Manchmal hat man sogar den Eindruck, das Auto ist den Menschen wichtiger als die Kinder, die Menschen oder die Umwelt. Oft überwiegt der Egoismus und die persönliche Kosten-Nutzen Rechnung (die im Kapitalismus ja gewollt und indirekt auch gefördert wird, weil der Mensch ja „schlecht“ ist) über vernünftige Einsichten und logische Überlegungen.

Den Deutschen kann man generell wenig mit vernünftigen Argumenten kommen, wenn es um das Auto geht. Die Autofahrer-Lobby ist sehr stark. Die Autoindustrie ist zudem eine sehr umsatzstarke und exportträchtige Industrie (69 Prozent aller hergestellen PKW) und einer der wenigen klassischen Industrien, die in Deutschland noch boomt und nicht von anderen Ländern übernommen wurde.  Man verbindet das Autofahren also unbewusst auch mit dem Auto-Herstellen und indirekt auch mit dem Prestige als Autofahrer- und Autobauer-Nation.

Dass das Auto aber langfristig überdacht werden sollte, daran eigentlich besteht kein Zweifel. Bei jungen Leuten ist es schon lange nicht mehr das Prestigeobjekt Nummer eins und vor ein paar Jahren las ich die Zahl, dass der durchschnittliche Neuwagenkäufer meistens um die fünfzig Jahre alt ist (was hauptsächlich finanzielle Gründe haben wird).  Mit sinkendem Durchschnitts- Einkommen und gestiegenen Ausgaben für Nahrungsmittel und Energie werden zunehmend auch wirtschaftliche und ökologische Gründe bei der Wahl des Fortbewegungsmittels eine größere Rolle spielen.

Das Auto, als Nabel der Technik steht also auch im Fokus des Innovationsdrucks. Hier hat die deutsche Autoindustrie aber auch der deutsche Autokäufer eindeutig Nachholbedarf.

Für mich bedeutet eine vernünftige Verkehrspolitik also, das Auto nicht ganz zu verdrängen oder gar „abzuschaffen“ aber zukunftsfähiger, ökologischer und für die Masse erschwinglicher zu machen. Es muss zudem von anderen Verkehrsmitteln ersetzt werden und sollte nicht nur als reines Spaßmobil genutzt werden. Man sollte verkehrspolitisch auch an die Menschen denken, die sich kein Auto leisten können oder wollen.

Wenn das Verantwortungsgefühl für Gesundheit und Umwelt von den Menschen nicht selbst entwickelt und umgesetzt werden kann, müssen der Staat oder die Kommunen lenkend eingreifen.

Leute, die das Auto z.B. nutzen um zur Arbeit fahren sollten entlastet werden (Pendlerpauschale), aber alle die das Auto nur zum Herumfahren und Spaß vertreiben benutzen, sollten stärker in die Pflicht genommen werden. Wer das Fahrrad benutzt und damit seine Gesundheit schützt und die Umwelt schont, sollte entsprechend belohnt werden, z.B. durch günstigere Krankenkassen-Tarife oder steuerliche Anreize für den Fahrradkauf.

Auch der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und Radwege sollte weiter forciert werden. Es muss ein stärkeres Miteinander der Verkehrsmittel geben, z.B. bessere Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern im Zug oder mehr „Park and Ride“ Parkplätze für zugreisende Autofahrer.

Struktur- und verkehrspolitisch schwache Regionen müssen stärker unterstützt werden und dafür auch Gelder vom Bund erhalten. Wenn die Menschen günstig und umweltschonend zur Arbeit kommen sollen und damit auch gesellschaftliche Aufgaben erfüllen und Steuern zahlen, dann ist das nicht nur eine Sache der Kommunen, sondern eine Sache der ganzen Gemeinschaft.

Generell sollte die Verwendung von finanziellen Mitteln aus dem „Steuertopf“ wieder zielgerichteter erfolgen. Es kann nicht sein, dass man mit jeder Tankfüllung die Rentenkasse gefüllt wird, aber die Schlaglöcher weiterhin ungeflickt die Straße aufreißen. Da fragen sich die Menschen zurecht, was eigentlich mit dem ganzen Geld passiert, was vom Endverbraucher in den Verkehr gepumpt wird.

Verkehrspolitik ist eigentlich eine sehr spannende Politik, weil es jeden Menschen angeht und fast jeder Mensch damit täglich zu tun hat. Also sollten die Menschen in diesem Bereich auch mehr Mitsprachemöglichkeit bekommen und sich selbst noch aktiver einbringen. Wenn man es nicht macht, riskiert man Massenproteste und bürgerliches Aufbegehren wie z.B. mit Stuttgart 21.

Und wenn man es richtig macht, erntet man eine moderne, gesundheits- und umweltbewusste Gesellschaft, die dennoch auf den Luxus der allseits verfügbaren Mobilität nicht verzichten muss.

Mit Spatzen auf Kanonen schießen

KKP Auslauf

Während ich über Atomkraftanlagen in Deutschland recherchiere und die Lage in Japan weiter verfolge, fällt mir verschiedenes auf.
Ich möchte diesen Artikel einfach mal nutzen, um alles zusammenfassen. Eine bestimmte Ordnung kann ich dabei nicht gewährleisten, seht es mehr als ungeordnete Liste oder Zusammenfassung meiner persönlichen Eindrücke an. Es kann auch sein, dass diese Liste in weiteren Artikeln noch fortgeführt wird. Ich denke, dass ist das mindeste, das man in diesen Tagen machen kann. Darüber nachdenken, darüber reden und dass Bewusstsein aufrecht erhalten. Anteil nehmen und an der richtigen Stelle auch mal schweigen.

Auf den Bildern, die vor mir liegen, wirken Kernkraftwerke nicht besonders bedrohlich. Beinahe ruhig und malerisch stehen sie in einer blau-grünen Landschaft, auf Grund des Kühlwasser-Bedarfs oft an einem Fluss, in dem sich dann die gigantischen Kühltürme spiegeln und majestätisch in den Himmel ragen. Was oben heraus kommt, ist angeblich „sauberer und reiner“ Wasserdampf. Aber es gibt auch so einen kleinen Auspuff, mit dem überschüssige Radioaktivität in den Himmel geblasen wird, wenn ich das richtig verstanden habe. Und was ist z.B. mit den Studien über gestiegene Krebserkrankungen, gerade von Kindern, in direkter Atomkraftnähe?

Aber schon, keine fünf Tage nach den ersten Störfällen in Japan wird ein jeder Laie zum nachwachsenden Halb-Experten, was Atomfragen angeht.

So lese ich z.B. dass in dem Kernkraftwerk Philippsburg, das keine Autostunde Fahrt von meinem jetzigen Wohnort entfernt ist, alleine in einem einzigen Block 102 Tonnen Uran als Brennelement verwendet werden. Wohin geht das Uran, wenn es schmelzen sollte? In die Erde, in unser Trinkwasser? In die Pilze? Noch heute kann man in Teilen des bayrischen Waldes keine Wildschweine mehr essen und muss sämtliche Pilze auf Grund der Strahlenbelastung von Tschernobyl wegschmeißen! (Bericht in Frontal 21)

Dieses Atomkraftwerk konnte man bei guter Sicht vom Garten meines Elternhauses sehen und als Kinder fanden wir die riesigen Kühltürme schon sehr erstaunlich. Nur, was sie im Einzelfall bedeuteten, das wussten wir lange nicht.

So bedrohlich, so beeindruckend ist auch die thermische Leistung, die mit 2.575 MW beziffert wird, welches wiederum eine elektrische Nettoleistung von 890 MW ergibt.
Vergleicht man das mit einem „durchschnittlichen“ Windrad, so kommt dieses auf gerade mal 1,6 Megawatt. Das gibt mir zumindest einen ersten Überblick über die „Macht“- Verhältnisse der Energieformen. Es ist in diesen Tagen kaum möglich, nicht informiert zu werden, gestern hatte ich den Fernseher ca. zwei Stunden lang laufen und wurde ab 20 Uhr mit Informationssendungen über Japan und Atomkraftwerke, Folgen, Strahlenkrankheit, etc. dauerberieselt.

So ist die Strahlenkrankheit im Einzelnen doch tückischer als gedacht und muss dabei von den Elementen ausgehen, die jeweils in der Luft sind. So ist z.B. Plutonium generell hochgiftig, andere Teilchen heften sich wiederum an Partikel in der Luft (in Tschernobyl waren es z.B. weggeschleuderte Graphit-Teilchen von den Kühlstäben) und die Atemmasken, die man in den Fernsehnachrichten über Japan sieht, gelten zur Abwehr von radioaktivem Jod, welches in der Lunge sehr schnell Lungenkrebs auslöst.

Radioaktivät ist generell sehr gefährlich, so wurden Listen und Tabellen veröffentlicht, was für die Menschen noch verträglich ist. Das war ein Wert in der Größenordnung von ca. 2,1 Millisievert im Jahr  und in der Nähe von Fukushima gab es auf einen Schlag 400 mSv pro Stunde!

Multipliziert mit den Werten der Vertuschung und Beschwichtigung kann man davon ausgehen, dass die realen Werte noch viel höher liegen werden.

Eigentlich ist es da auch nur wenig verwunderlich, dass einige Menschen in Deutschland panisch überreagieren und sich jetzt schon mit Jodtabletten oder Geigerzählen eindecken, aber Vorsicht: Selbst-Medikation kann sehr gefährlich sein. Und nicht dass man dann an einer Krankheit stirbt, die man nicht gehabt hätte, wenn man vor der anderen Krankheit keine Angst gehabt hätte…

Was zeigen diese Panikkäufe? Dass der Mensch nicht mit dem Kopf reagieren kann, wenn die Gefühle betroffen sind. Die Bedrohung durch das AKW in Fukushima erscheint irreal und auch wenn Experten immer wieder behaupten, wie ungefährlich das alles für uns ist, liegt das gesunde Misstrauen und die Angst doch weit über dem sachlichen Abwägen von Bedrohungs-Wahrscheinlichkeiten.. diese irreale Angst vor dem Unbekannten wird es unter anderem auch sein, die die Atomkraft so unbeliebt macht. Man kann sich zwar die 99 Prozent Sicherheit schönreden und auch wenn es seit ca. 25 Jahren keinen Störfall der INES-Stufe sieben mehr gegeben hat.. so reichen die restlichen 1 Prozent doch, die Atomkraft gesellschaftlich und auf breiter Linie salon-unfähig zu machen. Zu Recht!

Schlimm sind auch weiterhin die Bilder, die aus der Krisenregion gesendet werden. Manche Fernsehsender wiederholen sie kontinuierlich, als ob sie sich selbst nicht daran satt sehen könnten. Die Grenzen zwischen Sensationsgeilheit und objektiver Wissens-Vermittlung sind da manchmal sehr fließend. Oder muss es sein, dass zu den besonders schlimmen Bildern noch dramatische Musik eingespielt wird? Das wirkt beinahe so, als ob es uns alles nichts anginge und wir uns nur am emotionalen „Thrill“ dieser Katastrophe bereichern wollten. Beinahe wie ein guter Actionfilm, halt nur etwas realer.

Man mag darüber denken, was man will.. auch die Händler von Geigerzählern werden in diesen Tagen einen Profit aus der Krise schlagen und in den 10 Uhr -Nachrichten von heute vormittag spekulierte man ganz offen über die Lage der deutschen Autobauer, die ja mit den Japanern in strenger Konkurrenz stehen und vielleicht davon profitieren könnten. Wenn es wieder ums Geschäftliche geht, dann ist ja alles in Butter, war meiner erster zynischer Gedanke dazu.

Was den Menschen jetzt vor Ort passieren wird, daran traue ich mich nicht mehr zu denken. Zu groß und unglaublich sind die Entwicklungen. Es wäre auch früh. Die Katastrophe ist noch im vollen Gang, langsam und quälend und nur noch in der „Hand Gottes“, wie manche schon auf Nachrichtenseiten kommentiert haben.

Oder glaubt noch jemand ernsthaft daran, dass man mit Wasserwerfern alleine eine Kernschmelze stoppen kann?

Wem das ganze jetzt nicht zu zynisch erscheint… der könnte evt. über dieses klassische Loriot Video schmunzeln…

Von der Trauer…

zum Gleichgewicht

Eine schwere Trauigkeit hat mich heute erfasst. Mit den Nachrichten im Fernseher und im Internet ist auch der reale Kloß im Hals angewachsen und spürbar dick geworden. Der Druck auf die Tränendrüsen war heute nicht mehr aufzuhalten. Mein ganz persönlicher Auslegungsstörfall. Zuerst ein grauer Schleier, ein verstopftes Emotions-Ventil, darauf folgt eine gewisse Fassungslosigkeit und Stille. Dann das kaum zu formulierende Gefühl, dass diesmal wirklich etwas schlimmes passiert. Immer in stiller Hoffnung, dass die Meldungen im Fernsehen doch nochmal besser, optimistischer werden und Entwarnung gegeben werden kann. Doch das Gegenteil ist der Fall und es wird derzeit noch schlimmer. Schon sieht man die ersten Anzeichen und das Groteske bahnt sich seinen Gang. Menschen, die hinter Scheiben eingesperrt werden und auf Grund ihrer Strahlung unter Quarantäne gesetzt werden. Das ist wie in einem Science- Fiction Film. Wer weiß, wie lange sie noch strahlen werden? Werden sie jemals wieder gesund? „Er sei beruhigt“ sagte ein Mann, der hinter der Scheibe Angehörige oder Freunde hat „sie sehen noch ganz normal aus“. Ja das ist das Tückische an der Strahlung. Man sieht sie nicht, man schmeckt und fühlt sie nicht und doch ist sie tödlich. Erst fallen die Haare aus, dann vielleicht die Zähne. Dann kommen die Schmerzen und schließlich der Tod. Manchmal auch in Form von Krebs, etwas verspätet.

Dass es selbst die schwarz-gelbe (Atomfarbene…) Regierung dazu bringt, einzulenken! Ich fühle mich fassunglos, extrem überrascht und fast ein wenig gerührt. Gleichzeitig ist es aber auch eine indirekte Bestätigung dafür, wie schlimm die Krise auch von der Regierung eingeschätzt wird. Oder geht es nur um die eigenen Felle, die angesichts der anstehenden Landtagswahlen wegzuschwimmen drohen? Nein, mein Gefühl sagt mir, dass es diesmal mehr ist. Dass Merkel und Westerwelle wirklich betroffen waren und dass es nun selbst bei konservativen, ehemaligen Atom-Befürwortern vielleicht doch noch ein Einlenken oder Umdenken geben wird. Denn an die Vernunft und die Einsichtsfähigkeit des Menschen sollte man immer glauben. Wer das nicht mehr kann, hat sie selbst verloren.

Aber muss es immer so weit kommen, bis die Vernunft über die (wirtschaftliche) Sturheit siegt? Warum müssen dazu 10.000 Menschen (und vielleicht noch vielmehr) sterben? Warum müssen dafür erst unzählige Quadratkilometer an kostbarer Natur -für was weiß ich wieviel Jahre- verpestet werden? Es ist das eigene Land, das man wegschmeißt. Es sind die eigenen Tiere, die vergiftet werden, die eigenen Immobilien, die wertlos geworden sind und letztendlich die eigenen Angehörigen, die gestorben sind und die eigenen Kinder, die keine Zukunft mehr haben werden. Gegen das Erdbeben kann man nichts machen, aber gegen die Atomkraftwerke sehr wohl.

Ich glaube, wir können uns das mit gewöhnlichen Mitteln gar nicht vorstellen, was eine nukleare Katastrophe bedeutet. Zu selten hat man eine erlebt, zu irreal sind die möglichen Folgen und es wird immer noch verdrängt, vertuscht und die Panik möglichst klein gehalten. Eine atomare Wolke, die mit Nordwind auf den 35 Millionen-Großraum Tokio zuweht? Unvorstellbar.

Und es geht uns ja auch nichts an. Japan ist ja weit weg! Der Wind steht günstig für Deutschland und Europa, also weiter zur Tagesordnung. Decke über den Kopf, Fernseher ausschalten und Zeitungen zusammengefaltet liegen lassen. Ist es so einfach?

Ich finde, die Zusammenhänge sind kaum zu übersehen. Wir sind alles Menschen. Über sieben Ecken kennt jeder Mensch jeden. Unser Genpool geht nach einer Theorie auf maximal 10.000 gemeinsame Vorfahren zurück. Es gibt viele Japaner, die bei uns in Deutschland leben und es wird auch einige Deutsche geben, die in Japan leben, studieren, Urlaub machen. Die Wirtschaften sind eng miteinander verflochten, wir kaufen fast jeden Tag japanische Produkte oder sind direkt oder indirekt damit in Verbindung.
Wir sind weder genetisch noch wirtschaftlich getrennt oder verschieden, noch was unsere gemeinsame Anlagen, Wünsche, Träume und Perspektiven angeht. Wir sind alles Menschen, wir wollen alle gesund, glücklich sein und in einer sauberen Welt auf einer gesunden Erde mit Zukunft leben. Das ist unser Recht, unser ureigenstes Recht und dafür müssen wir aufstehen und uns einsetzen!

Auch die Atomkraft geht uns direkt etwas an! Ganz Europa ist übersät mit Atomkraftwerken und selbst wenn in Deutschland alle AKWs abgeschaltet worden sind, sollte der Kampf gegen Atomkraft europaweit weitergehen. Wann wird man endlich einsehen, wie wichtig alternative Energiekonzepte sind? Und warum gibt es immer noch soviele, die meinen, dass es keine Alternativen gäbe?

Tja, der Mensch ist eben doch Egoist, wenn es um Energiefragen geht.
„Klimaschutz ist gut, wenn er nichts kostet“ las ich z.B. letzens im Umweltjournal.

Wenn man die (aktuellen) Erzeugerpreise von Atomstrom mit anderen Energieformen vergleicht, wird schnell klar, was der Knackpunkt an der Geschichte ist, das Geld.

So liegt der Erzeugerpreis pro Kilowattstunde bei 2,65 Cent bei Atomkraft, Braunkohle kostet 2,40 Cent, Wasserkraft 4,3 Cent und Windenergie ganze 9 Cent. Die Photovoltaik ist noch beinahe außer Konkurrenz und mit 54 Cent extrem teuer. ((Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Kernkraftwerk#Wirtschaftlichkeit ))

So einen tiefgreifenden Wandel wird man nicht zum Nulltarif bekommen. Aber im Grunde ist es doch egal, warum der Strompreis steigt. Ob das jetzt die Atomkonzerne sind, die sich die Taschen vollstopfen oder die Politiker, die die Steuern erhöhen. Zahlen muss man so oder so, denn ohne Strom kann niemand mehr leben.

Dennoch steigen Energie- und Stromhunger weltweit kontinuierlich an und scheinen von einer einzigen Konstante, der menschlichen Gier getrieben zu werden.  Denn „sinnvoll“ erklären kann man das schon lange nicht mehr. Mir fällt nur bei dieser Liste auf, wie stark Energiehunger und wirtschaftlicher „Erfolg“ miteinander in Bezug stehen.
Je erfolgreicher die Volkswirtschaften, desto größer ihr Energiehunger. Oder ist es umgekehrt?

Dass es mit erneuerbaren Energien eine sehr sinnvolle Alternative gibt, die einen hohen CO2 Ausstoß vermeidet und dabei gleichzeitig Werte und Arbeit schafft, zeigt z.B. diese Broschüre.

Und auch der Kapitalismus als Ganzes sollte endlich neue Antworten liefern, wie eine Wirtschaft gesund sein kann, ohne sich ständig vom Aufschwung- und dem unsäglichen Rendite- Dogmatismus beherrschen zu lassen. Kann es eine Wirtschaft geben, die gesund ist, auch wenn sie gerade nicht abnorm wächst und wuchert, wie beinahe ein krankhaftes Geschwür, dass dem Planeten Erde immer mehr an Lebensenergie raubt? Es wird höchste Zeit, darüber ernsthaft nachzudenken. Wir brauchen sinnvolle und nachhaltige Alternativen für eine gesunde Zukunft und die Abkehr von der Atomkraft ist nur ein erster, aber auch wichtiger Schritt.

Japan ist eine Warnung an die Welt. Ein Aufschrei der Natur, eine Zäsur, die dem Menschen zeigt: Eure Macht ist endlich. Baut keine Türme zum Himmel, baut eure Häuser kleiner und stabiler. Die Macht des Menschen als Ganzes ist endlich. Wirtschaftskraft um jeden Preis ist nicht alles. Was zählt, ist auch die Harmonie, das natürliche Gleichgewicht zwischen Mensch, Technik, Wirtschaft und Natur.

Das Erbe der Höhlenmenschen

„Freiheit statt Angst“ dieser Satz fällt mir ein, wenn ich über das Moderierungs-Problem nachdenke. Ein paar Terroisten jagen ein Hochhaus in die Luft und ein paar Wochen später, wird jeder Passagier bis auf die Unterhose gefilzt, darf nur noch 50 ml Zahnpasta, in möglichst unsichtbarer Verpackung (oder noch besser: vorsorglich bereits auf die Zähne aufgetragen) mit sich tragen, werden die Leute durch ein Raster geschickt, unterteilt nach Glauben, Ethik, Herkunft und Geschlecht. Schlaue Ingenieure erfinden Maschinen, mit denen Leute bis auf die Haut „gescannt“ werden und obwohl man sich dabei soviel Mühe gibt und mit immer größeren und intensiveren Mitteln versucht, die Sicherheit herzustellen, die es nur im Kopf gibt, scheitert man. Gegen den Terror der Angst gibt es anscheinend kein Abwehrmittel, denn die Angst entsteht im Kopf und nicht in der Waffe, dem Glauben oder der politischen Einstellung.

Angst ist etwas unsichtbares, aber doch beeinflusst sie die Taten der Menschen auf eine sehr sichtbare Weise. Ich habe Angst vor Trollen und unfreundlichen Kommentatoren. Wohin führt die Angst mich? Ich schaue automatisch nach Mitteln, die mir mehr Sicherheit versprechen, die die Aggression von anderen Menschen (die nur gefühlt wird und gar nicht real ist) abfedern, abpuffern und weicher machen soll. Ich habe also Angst vor der Aggression, Angst vor dem Hass, ich wünsche mir anscheinend eine Welt mit lauter bunten Blümchen, mit Schafen, die über die Wiese hoppeln und einem schönen, rosafarbenen Regenbogen, der sich über den tiefblauen und wolkenfreien Himmel spannt. Sieht so aus, als ob das Harmoniestreben in diesem Falle eine Schwachstelle ist.

Die imaginären Trolle (= die Terroristen) haben das erreicht, was sie wollten: Sie haben Angst und Schrecken verbreitet. Sie haben ihr hämisches Grinsen aufgesetzt, ein bisschen mit der metallisch glänzenden Klinge gescharrt und mit der Zunge geschnalzt und die Menschen haben angstschreiend das Weite gesucht. Wie beim Anblick von Piraten oder Plünderen, die über die Felder der armen Bauern herfallen. Das muss ein uralter Reflex sein: Angst schützt vor Gefahren. Lieber einmal zu früh hochfliegen, als einmal zu langsam sein und sich von der Aggression der lebensfeindlichen Natur auffressen zu lassen.

Lieber eine Sicherheitskamera mehr aufgestellt, als einmal im entscheidenen Moment zu wenig gesehen zu haben. Lieber einen Polizist mehr Streife patroullieren lassen, als es einmal zu verpassen, wie zwei Jugendliche eine alte Frau oder einen Kinderwagen auf die Gleise schubsen.

Angst bestimmt das Gemüt. Schon morgens, wenn wir die Zeitung aufschlagen, werden wir mit Angst konfrontiert: Bus rast in Auto, Kind wird von U-Bahn erfasst, Einbrecher bringen schlafenden Mann um, Jugendlicher erschlägt Vater, Frau von wütendem Mann erstochen, 3.000 Menschen sterben bei Hochwasser und eine Chemiefabrik ist explodiert.

Herje, und das alles an einem Tag? Das kann kein normaler, von der Evolution auf Angst und Überleben dressierter Mensch aushalten.

Ja, Freiheit ist eine tolle Sache. Aber lasst sie erstmal von anderen ausprobieren, bitte. Ich entscheide mich dann später, wie ich mich entscheide. Hier in meiner Höhle, ist es gerade so bequem. Ich habe da ein gemütliches Bett aus Stroh und einen dicken Felsen, der mich vor blutsaugenden, mädchenfressenden Dinosauriern schützt. Viel zu essen in der Kammer und wenn ich mal jagen muss, ist da noch mein Bruder. Der ist viel stärker als ich und gerissener. Den schicke ich vor.

Wenn er nicht zurückkommt, werde ich abends (spätabends, bei Dunkelheit!) langsam den Fels zur Seite rollen und ganz schnell, husch husch zu den Beerensträuchern rennen und ein paar von den roten Beeren pflücken. Aber nicht so lange, nur zehn Minuten. Circa..

Still, da raschelt etwas in den Blättern, ich muss mich beeilen. Bis später dann!

Sei er mir ein Crocus..

..der Freude und Farbe im Winter schenkt

Passender Song zum Text

Gestern habe ich Krokusse gepflanzt. Das ist so eine entspannende Tätigkeit. Zuerst die warme Winterjacke überstülpen, denn draußen ist es bitter-kalt. Hände mit spezieller Schutzcreme eincremen (Schmutzabweisend und pflegend, ist gut, wenn man direkt danach kochen muss und noch dreckige Finger hat). Dann die Pflanzgeräte und die Knollen zusammensuchen und in eine Kiste stecken. Damit zum Beet laufen, sich auf den Boden knien (eine Unterlage kann nicht schaden, möchte man keine blauen Flecken bekommen) und einen ersten Überblick über die aktuelle Boden-Lage verschaffen. Wo wächst das Unkraut? Welche Pflanzen sind noch gut, welche schon vermodert? Mal in der Erde rumstochern: Ist sie weich oder hart? Wie fühlt sie sich an? Wie riecht sie? Entspannen. Dann mit einer kleinen Hacke das Beet von den obersten, abgestorbenen Pflanzschicht befreien, das ganze in einen Eimer sammeln. Steine und nicht-organischer Abfall (Netzreste, angewehtes Plastik, etc.) in einen anderen Eimer.

Die Erde gut aufbereiten und aufwühlen. Dabei schauen, ob in der Erde schlabbrige Regenwürmer sich winden und einem treu-doof bei der Arbeit beobachten. Nebenbei die neugierigen Vögel im Auge behalten, die ein angeborenes, großes Interesse für frisches Ackerland haben. Einen Käfer vorsichtig zur Seite tragen, damit man ihn mit dem harten Garten-Stahl nicht zerteilt. Käfer sind sehr zerbrechlich und werden von Menschen meist komplett übersehen.

Die bereitgelegten Netze mit den Krokuss-und Tulpen Knollen sortieren, Bildchen betrachten und sich darüber freuen. Packungsbeilage beachten: Krokusse nur fünf Zentimeter tief, Tulpen aber zehn. Die Netze eine nach dem anderen öffnen und die Knollen auf der frischen Erde verteilen. Ein schönes Muster gestalten, das ist fast wie beim Backen oder Malen.

Entweder abwechselnd, oder eine Reihe mit blauen und dahinter eine gelbe, ganz wie man möchte. Die Tulpen als Wächter über das Beet thronend in großen Abständen. (Tulpen sind majestätische Pflanzen, der grüne Daumen behandelt sie mit ausreichend Respekt).

Wenn man mit dem Muster zufrieden ist, den runden Pflanzenstecher aus der Trickkiste zaubern: Mit dem geht es ganz leicht!

Jetzt kommt der Teil mit der Arbeit und der Part, der für die verbrannten Kalorien verantwortlich ist: Je nach Knolle ein Loch in die Erde stechen, dabei den Stecher leicht drehen, feuchte Erde hilft, rausziehen, Knollen reinfriemeln, Erde aus dem Pflanzenstecher pulen, glattstreichen. Evt. festdrücken. (Man denke an die Vögel und andere Tiere, die evt. hungrig oder neugierig sind)

Nach 40 Krokussen kann man erstmal eine Pause machen. Sich das Ergebnis anschauen: Man sieht nicht viel, nur eine glatte, von Unkraut befreite Erddecke. Jetzt heißt es warten! Im März oder April kann man sich dann freuen und an den frisch geschlüpften Pfänzlein schnuppern!

Der nächste Frühling kommt bestimmt… machen wir das beste daraus.

Weiterführende Infos zu Crocussen:

25. Erlebnistag Deutsche Weinstraße

Mit dem Rad ‚on tour‘

Gestern war mal wieder time for our „weekly-on street-trekkingcycling lifetime experience-cardio workout“, auf Deutsch: Radfahr-Tag.

Denn wie das mal so ist, verliert man ganz furchtbar schnell die Kondition, wenn man nicht wenigstens einmal pro Woche, am besten aber noch viel öfters fährt! So ein Fahrrad ist ein total unterschätztes Gerät! Die Reichweite mit dem Drahtesel und vor allem auch der Spaß am Fahren korreliert eng mit der eigenen, persönlichen Fitness. Sprich: Je fitter man ist, desto weiter kommt man und desto weniger schwitzt man dabei. Das ist genau umgekehrt wie beim Autofahren: Da kann man sich total überfressen und übergewichtig reinsetzen und es fährt dennoch überall hin und die Reichweite korreliert höchstens mit der Tankfüllung und dem jeweiligen Grad der Umweltverschmutzung und der weltweit verfügbaren Ölreserven.

Was sich schon am Vortag bereits intensiv in unser jeweiliges Gesichtsfeld gebohrt hatte, war dabei nichts weniger als die schöne Ankündigung, dass der 25. Erlebnistag Deutsche Weinstraße ansteht und wie der Zufall so will, ist das eine Ende (Bockenheim) dieses lang gezogenen Straßen-Ereignisses relativ nah zu unserem derzeitigen Wohnort.

„25. Erlebnistag Deutsche Weinstraße“ weiterlesen

Wolkenbruch

Viele kleine Regentropfen, die auf den Boden treffen und Kreise bilden
Graue, lang-gezogene Fäden stürzen sich vom Himmel. Ein dichter Teppich, durch den man kaum noch schauen kann und der das Sonnenlicht verschluckt.

Sie fallen in Reih und Glied über die Menschen her, wie eine Armee aus Wassermolekülen, die das Kommando bekommen hat, die Erde zu erobern.

Weich wird der Boden und die sorgfältig gepflanzten Blümchen knicken um. Die Erde wird durchtränkt mit Wasser und weiß nicht mehr wohin.

Im Hof sammelt sich das Nass und die Pfützen wachsen und wachsen. Weiterer Regen läuft über das Dach zusammen und sammelt sich in dunklen Rohren. An den Stellen in der Nachbarschaft, wo es keinen Heimwerker gab, drückt sich das Wasser über den Rand der geknickten Rinne und ergießt sich in einem Wasserfall-artigen Strahl auf den Beton. Wohl dem, der jetzt keinen Keller hat.

Im Abfluss gluckert es. Die Kanäle sind voll. Die Menschen haben zu viel gebaut und die freien Flächen vergessen. Da hilft auch keine Steuer. Das Wasser schaut nicht nach dem Geld. Es ist unparteiisch, aber es gibt nicht auf und nimmt sich seinen Weg. Langsam, beständig, fließt es und fließt. Dem Himmel ist zu warm, er schreit sich die Seele aus dem Leib „Nimm endlich auf mich acht, achte die Natur, beschütze die Erde, deinen Planeten…“ scheint er uns zu sagen.

Zuckende Blitze des Zorns erhellen den Himmel, ein monotoner Klangteppich aus Wasserrauschen und Bersten des Donners erfüllt die Luft. Die Luft riecht erdig und salzig und ist gut zu atmen.

In den Innenräumen ist meine Konzentration nicht ganz da, der Luftdruck ist tief und leichter Schwindel sitzt im Kopf. Kopfschmerzen. Die Nase ist zu und die erste Herbsterkältung kämpft mit dem Abwehrsystem. Die Sonne fehlt. Ich bin nicht so recht wach. Es plätschert und plätschert und hört gar nicht mehr auf.

Was muss ich heute noch machen? Oh je, nach draußen- die Pflicht erfüllen?

Hoffentlich hat der Regenschirm kein Loch…

Da, ein Fleckchen Sonne bahnt sich seinen Weg. Da, es wird hell. Auch dieser Regen geht vorüber.

Wochenrückblick

Soviele Themen derzeit in den Medien, dass ich kaum weiß, wo ich anfangen soll. Ob es sich überhaupt lohnt, ob es überhaupt etwas bringt. Aber Frauen (Menschen) sollen sich Gehör verschaffen, also verschaffe ich mir Gehör, also schreibe ich auf:

Als ein Scherz hielt ich zuerst den „Brandbrief“ der mächtigen Bosse von Atomkonzernen und ihr Bestreben, sich schamhaft und öffentlich vor einer Brennelemente-Steuer zu drücken. Wieweit diese Republik und die Moral der Menschen inzwischen verkommen ist, dass sowas überhaupt durchkommt.

Und wie schwach muss eine Regierung sein, wenn sie davor einknickt? Was bedeutet das für die Kunden, die jahrein- jahraus mehr Geld für Strom bezahlen müssen und dagegen so gut wie gar nichts machen können? Der vielbeschworene Wechsel des Anbieters ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und bringt vielleicht maximal 200 € pro Jahr (je nach Verbrauch) und ist bei einer maximal überschrittenen KwH-Menge oft gar nicht möglich. Dass Atomkraftwerke unsicher, gefährlich und eine Menge Problemmüll verursachen vergisst man irgendwie. Hauptsache, der Strom kommt aus der Steckdose. (( Sonst könnte ich auch nichts bloggen. ))

Ein krasses Ungleichgewicht der Mächtigen und der Machtlosen tritt hier zutage… so ist es auch kein Wunder, dass die Mehrheit der Deutschen eine neue Wirtschaftordnung möchte und der „Kapitalismus“ (der ja eigentlich eine soziale Marktwirtschaft ist) als nicht mehr so innovativ und vor allem nicht als sozial gesehen wird, wie er einst im Wirtschaftswunderland begonnen hatte.

Demnächst sollten die Arbeitnehmer sich vor der Einkommenssteuer drücken und einfach nicht mehr zahlen. Oder nicht mehr arbeiten gehen, der Urlaub wird ja sowieso gekürzt.

Wieder einmal ein Schlag in die geschrumpfte Mittelschicht und die Naiven, die heutzutage noch arbeiten gehen und den „Karren stemmen“. Wollte man denen nicht einmal Steuererleichterungen schenken, wollte man sie nicht entlasten? Waren das nicht die großen Versprechungen der letzten Monate? Stattdessen läuft die Gier des Aufschwungs wieder, das vielbeschworene Schwungrad, nach dessen Lauf die Häschen zu springen haben. Denn die Maschinen und Geld bestimmen unser Leben, nicht die seelische Erkenntnis oder gar die Gesundheit.

Aber woher soll die Einsicht kommen, bei den 20 Millionen Rentnern und den Hartz IV-Empfängern, die im Grunde pausenlos Urlaub machen können und die mangels Ausbildung, persönlichem Einsatz und Qualifikation am Kuchen der Erwerbstätigkeit nicht teilhaben können? Aber dazu können wir ja ausländische Fachkräfte ins Land holen.

Was ist eigentlich mit der Bildungsoffensive? Wurde die jetzt durch eine Chipkarte ersetzt? Ist ja auch viel einfacher! Und in Schwimmbädern und Zoos lernen die Kids soviel für ihr Leben! (( hält einen Tag ))

Aber ich glaube, ich bringe alles durcheinander. Geht mich ja auch nichts an. Hauptsache das eigene Leben stimmt. Das andere ist egal. Können wir sowieso nichts machen.

Nach uns die Sintflut..

Stadt-Ansichten: Düsseldorf

Passender Song: Good Life von Inner City

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Düsseldorf, das Dorf an der Düssel und gelegen am Rhein. Landeshauptstadt von NRW.

Hat sich uns am Wochenende von seiner schönsten Seite präsentiert. Strahlend blauer Himmel, eine kostenlose Stadt-Rundfahrt, die es mir ermöglichte, mit dem Handy (aus dem fahrenden Auto) ein paar Schnappsschüsse von der bewundernswerten und abwechslungsreichen Architektur zu schießen.

Ein Besuch auf der ca. 170 Meter hohen Rheinturm-Besucherplattform stand ebenfalls auf dem Programm und verwöhnte uns mit kostenlosen Schwindelgefühlen und einer beeindruckenden Fernsicht.

Düsseldorf, wo leckerer Braten und Senf, dunkles Altbier und rheinische Gemütlichkeit auf Manager, Werbung und Kommerz treffen. Düsseldorf, das Zentrum der Macht, das auf Grund der netten Einwohner dennoch sympathisch geblieben ist.