Hoch zu Ross

Pferd auf der Weide

Moderne Polizisten mit umfangreicher Ausrüstung und dem neusten technischen Schnickschnack hoch zu Ross auf Streife durch die Straßen trabend- dieses Bild ruft in mir immer unweigerlichen einen heftigen Anachronismus hervor. Warum nutzt man in diesen modernen Zeiten von Handy, Pfefferspray und Schlagstock eigentlich noch ein Pferd, welchen Sinn macht das? Wie sie dann majestätisch durch die Straßen reiten, auf Demonstrationen zusätzlich gepanzert und mit Hilfsmitteln ausgestattet, das erinnert eher an eine mittealterliche Kavallerie, als an eine moderne Polizei.

Welche Pferde werden dazu benötigt, welche Eigenschaften bringen sie mit? Und wie ist das mit den Reitern selbst? Was motiviert sie, was treibt sie an?

All diese Fragen wurden in der Reihe „Expeditionen ins Tierreich“ im NDR beantwortet, die sich in der aktuellen Ausgabe der wiedereingeführten Hamburger Reiterstaffel widmet. Im Internet ist die Sendung noch komplett anzuschauen (Mediathek) und am 12.01. um 11:30 Uhr wird sie nochmal im Fernsehen wiederholt.

Für alle Pferdefreunde und Anhänger einer modernen und vorausschauend denkenden Polizei „nah am Bürger“ ist die Dokumentation sehr sehenswert. Vor allem zum Schluss, als die neu ausgebildeten Reiter mit alten, erfahrenen Pferden (aus Hannover) einen Fußballzug begleiten müssen und dabei noch zusätzlich von Sprengkörpern und pöbelnden Fans aufgeschreckt werden, läuft es einem kalt den Rücken herunter. „Die armen Tiere“ denke ich mir nur dabei und wie blöd Menschen sein können, vor allem randalierende Fußballfans. Letztendlich werden die Tiere aber so ausgewählt und ausgebildet, dass sie sich an solche Strapazen gewöhnen.

Es kostet viel Zeit und viel Arbeit, die Tiere soweit zu bringen, dass sie diesen schwierigen Aufgaben gewachsen sind. Aber wenn, dann haben der Polizist und die Polizistin das schönste und lebendigste Polizeiauto, das man sich vorstellen kann.

An einem Tag in Duisburg

Gestern lief also diese Doku über die Loveparade mit dem Titel „An einem Tag in Duisburg“. Ich wollte sie mir zuerst nicht anschauen, da ich den Titel und die Aufmachung ein wenig zu reißerisch empfand und dann war da noch der Hinweis, dass stellenweise Ereignisse hinzugedichtet oder umgeformt wurden. Anscheinend ging es vielen Menschen so, denn mit einem Marktanteil von 5,6% und 1,53 Millionen Zuschauern war die Sendung alles andere als ein Einschaltquotenhit.

Das sind nicht wesentlich mehr Leute, als insgesamt auf der Loveparade waren. Man muss sich also fragen, wieso interessiert diese Sendung niemand? Wenn man doch selbst auf der Parade gewesen ist, dann sollte man doch wenigstens ein bisschen Interesse dafür zeigen- plus die Leute, die Verwandte oder Freunde dort hatten und dann noch die „allgemein interessierten“.

An der Qualität der Sendung kann es jedenfalls nicht gelegen haben: Die Doku war gut gemacht und zeigte in meistens chronologischer Reihenfolge den Ablauf der Ereignisse, die zur Tragödie führten. Manchmal wurden die Abläufe etwas durchmischt, um wahrscheinlich mehr Spannung zu erzeugen. Es wurde z.B. vom Vormittag der Parade plötzlich wieder auf die Planungs-Querelen im Vorfeld zurückgeschaltet. Die Schauspieler spielten ihre Rolle sehr gut und waren besser als in anderen Dokus dieser Art.

Zu wenig von allem

Im Mittelpunkt stand dabei der Veranstaltungspsychologe, der in einem kleinen Container vor Ort die vielen Videokameras überwachte, dabei versuchte, die Besucherströme zu lenken und über den Kontakt zu Polizei und Veranstalter jeweils bestmöglich einzugreifen. Schon hier wurden interessante Details in der Fehlplanung offenbart, die dann in ihrer Summe zum großen Unglück führten. Der Verbindungsbeamte zur Polizei hatte z.B. keine funktionierende Funkverbindung zu seinen Leuten, sondern versuchte mit seinem Handy zu kommunizieren. Er beachtete dabei aber nicht, dass bei sovielen Menschen an einem Ort die Netze heillos überlastet sein würden. Um einen Verantwortlichen zu holen und die Meldungen weiterzugeben, musste er also erst umständlich den Container verlassen. Ein weiteres Problem war, dass es auf der Parade keine Lautsprecheranlage (ELA) gab, mit der man die Masse über bestimmte Ansagen hätte steuern können. Auch eingreifende Menschen (sog. Ordner oder Pusher), die im Sinne der Organisatoren die Menschenmassen hätten lenken können, gab es viel zu wenig.

Die „Verstopfung“ an der Brücke (dem einzig möglichen Zulauf und Ablauf)  war also am Tag der Parade kaum noch zu bremsen oder aufzuhalten. Es fehlten einfach geeignete Mittel und Werkzeuge und die Planung war sehr schlecht bis ungenügend. Als dann noch die Kabel für die Videoüberwachung abrissen, weil die Menschen anfingen, an den Masten hochzuklettern, um irgendwie ins Freie zu kommen, war es endgültig vorbei.

Mangelnde Planung und Vorbereitung

Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt der Dokumentation war die Planungsphase und die Vorstellung der unterschiedlichen Menschen, die damit zu tun hatten. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Loveparade aus kommerziellen Gründen an einen Sponsor übergeben wurde. Die Stadt Duisburg hätte sich so ein Großereignis gar nicht leisten können, da sie finanziell schon beinahe handlungsfähig war. Dennoch gab es großen politischen Druck, um mit den Paraden in den anderen Ruhrstädten mitzuhalten und im Rahmen des Ruhr 2010 Projektes eine passende Großveranstaltung vorweisen zu können. Das erste Mal in ihrer Geschichte wurde die Parade abgesperrt und eingezäunt, wodurch sich auch andere baurechtliche Konsequenzen ergaben. Die Fluchtwege waren eindeutig unterdimensioniert und in der Reportage herrschte die Meinung vor, dass die Veranstalter trotz besten Wissens und Gewissens die Loveparade mit allen Mitteln und Wegen „durchzudrücken“ versuchten. Skeptische Meinungen wurden belächelt oder mit irgendwelchen Tricks ausgehebelt und unschädlich gemacht. Man gab z.B. zu, dass die Zahlen der vorherigen Loveparades gefälscht waren und in Duisburg wahrscheinlich gar nicht soviele Menschen kommen werden.

Allein schon das Konzept des Zulaufs war unzureichend. So stellte man z.B. fest, dass der Tunnel für eine Richtung die Kapazität von 70.000 Menschen aufwies, in der Planung aber bereits mit dem doppelten gerechnet wurde und zwar in unterschiedliche Richtungen! Dass dann am Tag der Loveparade nochmal deutlich mehr Menschen ankamen, als erwartet wurde, sprengte das Konzept der Zulaufes eindeutig. Das Gelände war insgesamt zu klein und der Versuch, durch die rotierenden „Floats“ (also die Wagen mit der Musik) die Besucherströme auf das Gelände zu ziehen, hat nicht wirklich geklappt.

In tragischen Bildern, die tlw. mit echten Aufnahmen vermischt wurden, wurde dann der genaue Hergang der Katastrophe dokumentiert. Wackelige Videos aus Handykameras sind hautnah dabei. Man sieht deutlich, wie die Besucherströme immer enger werden und am Ende überhaupt nichts mehr geht. Auch die verzweifelten Versuche der jungen Menschen, über die schmale Treppe zu entkommen oder über die Masten zu klettern, wurden aufgezeichnet. (( Hierzu gibt es auch sehr viele Videos auf Youtube, die allerdings nur von Leuten gesehen werden sollten, die das verkraften können und am besten volljährig sind; Youtube selbst scheint da nicht sehr viel zu zensieren; Ein verträgliches Video, das zumindest mal ein Gefühl für die Menschenmasse gibt, sieht man hier, eine Collage mit Bildern des Ereignisses hier ))

Augenzeugen

Wie bei solchen Sendungen üblich, wurden einige Augenzeuge interviewt, die dann die Geschehnisse erläuterten und mit eigenen Worten beschrieben. Da war z.B. das ältere Ehepaar, das eigentlich gar nicht auf die Parade wollte und dann doch überredet wurde. Oder die junge Frau, die ihrem besten Freund zuliebe auf die Veranstaltung gekommen war, um mit ihm dort Geburtstag zu feiern. Einige der Zeugen wurden in die Masse gedrückt und wären beinahe gestorben. Alle Menschen, die so nah dabei waren, leiden nun noch unter post-traumatischen Streßsymptomen, hauptsächlich Panikattacken , Angst vor Lärm oder Menschen und Schlafstörungen.

Auch ein Mediziner kommt zur Wort und erklärt in kurzen Worten seine Eindrücke und die Unwirklichkeit der Szenerie. Er meint, dass die Menschen auf dem Boden alle „so dreckig“ gewesen waren und er sich das zuerst nicht erklären konnte. Auch war ihm nicht klar, woran die Leute eigentlich gestorben waren, ging er doch zuerst davon aus, dass sie vielleicht bei Kletteraktionen abgestürzt seien.

Später erläutert er dann noch die genaue Todesursache, die im notfallmedizinischen Alltag wahrscheinlich sehr selten ist: Tod durch am Atmen gehindertes Ersticken. D.h. die Menschen werden so sehr durch die Menge gedrückt, dass sie nicht mehr in der Lage sind, eigenständig zu atmen und infolgedessen qualvoll an Sauerstoffmangel sterben. (genaueres hier) Man kann sich vorstellen, dass das ein sehr unangenehmer Tod sein muss. Vor allem Frauen waren betroffen, da sie mangels Kraft und Ausdauer nicht so lange in der Masse aushalten konnten und dann zu Boden gedrückt wurden.

Am Ende der Reportage wurden noch kurz die Geschehnisse nach der Tragödie aufgearbeitet und gezeigt, vor allem das peinliche Leugnen der Verantwortung von allen Beteiligten. Sehr schlecht kommt dabei der Oberbürgermeister weg, der einfach nicht zurücktreten will und sich dabei in teils zynische bis widersprüchliche Aussagen verstrickt. Er meint z.B. dass er nicht zurücktreten kann, weil das sonst wie ein Schuldeingeständnis wirkt. Das bis heute niemand wirklich die Verantwortung übernommen hat und keiner richtig „bestraft“ wurde, ist eigentlich sehr schade. Die Fehler in der Planung und das durch Profitgier und Machtstreben geleitete Handeln war so offensichtlich, dass einfach mehr hätte passieren müssen. Und, wie so oft, zeigt sich auch niemand bereit, sich zu entschuldigen oder die Hinterbliebenden anzuschreiben. Das ist eigentlich das Mindeste, was man erwarten kann. Die Katastrophe war keine Kleinigkeit und sie war eindeutig durch schlechte Planung und menschliches Versagen verursacht.

Fazit
Die Doku „An einem Tag in Duisburg“ fasst die Ereignisse sehr gut zusammen, bleibt sachlich und im Detail genau, verzichtet aber auch nicht auf moralische Aussagen und die Darstellung von Gefühlen der Beteiligten. Insgesamt war sie sehr sehenswert.

Auf ZDF.de kann man sie übrigens noch in voller Länge anschauen.

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Links und Hintergrundinfo

Eine Frau, zwei Gesichter und ein Flop

Eine Frau…

Vor ein paar Tagen kamen mal wieder ein paar Filme von der guten Schauspielerin Uma Thurman.

Einmal, der von mir auf Grund des hohen Gewaltanteils nicht sehr geschätzte „Kill Bill“, bei der sich aber dennoch eine sehr kontrastreiche Rolle spielt und diese hervorragend interpretiert und dann der wesentlich bessere (weil lustigere) Film „Die Super-Ex“.

Keine Ahnung warum, aber auf Thurman passen diese grotesken Rollen sehr gut, diese überzeichneten Figuren, die in kein Schema passen wollen. Sie schafft es dabei, mit Brillianz und Witz den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen.

Obwohl die „Super Ex“ ein wenig überzeichnet ist und der Film insgesamt viel zu flach und Popcorn-Kino lastig, fand ich ihn gut. Selten, dass solche übertriebenen Stilmittel in einer Beziehungskomödie zwischen Mann und Frau verwendet werden. Meistens überwiegen doch eher die Stereotypen. Thurman spielt hier eine „gewöhnliche“ Frau, die durch die Berührung mit einem geheimnisvollen Asteroiden in eine Superheldin verwandelt wird. Allerdings schafft sie es trotz „beruflichen Erfolg“ und aller Bemühungen nicht, einen Mann fürs Leben zu finden, worunter ihr kleinbürgerliches Selbstverständnis dann wieder leidet und in einem ironischen Diskurs mit ihrem ansonsten heldenhaften Leben als Powerfrau steht. Kann man die Probleme moderner Frauen besser auf einen Punkt bringen? Die hohen Erwartungen an sich selbst und die damit heillos überforderten Männer, die lieber ein klassisches Rollenverständnis ihrer weiblichen Pendants sehen würden?

…zwei Gesichter…

Ideales Gegenbild für diese perfekte -und zudem noch sehr hübsche Frau- ist daher der Büromensch Matt Saunders, der sie anfangs sehr attraktiv findet und sie auch als Erster anspricht. Als die beiden eine Beziehung beginnen, merkt er allerdings sehr schnell, dass mit ihr etwas nicht stimmt und er ihren übersinnlichen Kräften nichts abgewinnen kann. Letztendlich fürchtet er ihre unkontrollierten Emotionen und empfindet sie zu einengend und manipulativ. Z.B. geht sie beim gemeinsamen Sexualakt in seinem Bett so sehr zu Sache, dass der Boden von den Schwingungen zerkratzt wird und das Bett schließlich ganz zusammenkracht. Die Last ihrer Kräfte (= ihre Dominanz, denn sie besteht auch darauf, oben zu liegen) ist einfach zuviel für die beiden, vor allem aber für ihn.

Er fühlt sich nicht männlich genug und versucht daher, sich von ihr zu trennen. Sie beginnt daraufhin einen extrem übertriebenen Rachefeldzug, der dem Film seinen Namen gibt.

Kurz und knapp, die Verdrehung der Geschlechtsrollen und Zuständigkeiten ist hier das, was ich an dem Film lustig fand. Der Mann ist mal nicht der Held und strahlender Übermensch, sondern die Frau. Der Mann ist eher ein Loser und weckt in den starken Hauptfiguren, die ihn umgeben, einen mitleidigen Eindruck. Manchmal hat man das Gefühl, die Frauen wissen gar nicht wohin mit ihren „Superkräften“ und dominieren ihre Bezugspersonen nach Strich und Faden. Es ist kein Wunder, dass die „Super-Ex“ dann mit der Nebenbuhlerin, einer Büroangestellten von Matt, in Streit gerät, und die beiden sich anzicken und bekämpfen. Der Umstand, dass die Frau meistens diejenige ist, die den Sexualpartner aussucht und dieser als „Spermaspender“ dabei nur eine Statistenrolle einnimmt, wurde in diesem Film hervorragend karikiert.

Der Film hat natürlich ein Happyend und wird zum Ende her leider vorhersehbar. Ein wenig mehr Mut in den Entscheidungen wäre gut gewesen, es fängt vielversprechend an und wird immer durchschaubarer.

Dennoch gefiel mir die Schauspielerin Thurman so gut, dass ich noch ein wenig über sie in Wikipedia nachgelesen habe.

…und ein Flop

Darin erfährt man unter anderem auch, dass sie bei einen überaus erfolglosen Film mitgespielt hat, der von vielen Kritikern zerrissen wurde, am ersten Wochenende in den USA nur 50.000 $ einspielte und in Großbritannien sogar nur 12 (!) Besucher anzog und 88 Pfund einspielte. Damit ist es der schlechteste Filmstart aller Zeiten. (( Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Uma_Thurman#Karriere ))

Wie kann es zu so einem Gegensatz kommen? Uma Thurman, die bestimmt kein unbeschriebenes Blatt ist und spätestens mit Kill Bill zu Weltruhm gelangt ist und dann noch ein Film, der zumindest von der Inhaltsangabe ganz attraktiv wirkt:

Nicht mehr ganz so erfolgreiche Schriftstellerin in New York, die mit beiden Kindern heillos überlastet ist und ihre Sorgen in ein Blog schreibt.

Ist das nicht Spiegelfläche für Millionen, ist es nicht die mutige Herangehensweise an ein feministisches Problem? Das Thema „Probleme mit der Mutterschaft“ endlich mal kritisch beleuchtet? Anstatt die Frauen und Mutterschaft zu glorifizieren oder als Thema ganz aus den Kinos herauszuhalten?

Aber wie kommt es zu so einem Flop in den Kinos? Leider habe ich den Film noch nicht gesehen, was bleibt sind also wilde Vermutungen: Dass Kinobesucher keine „Problemfilme“ schauen wollen. Dass Filme ohne Action und Brutalität kein Geld einspielen. Dass man zwar die Beziehung zwischen Mann und Frau darstellen, sich dabei aber an gängige Konventionen zu halten hat: Frauen opfern sich gerne auf, es gibt zwar kleine Probleme, aber am Ende wird alles gut. Oder allein die Heldentaten des Mann sind Inhalt des Films und die Frau die hübsche, aber inhaltsleere Nebenrolle, die dann am Ende erobert, verteidigt und geliebt wird.

Es ist auch interessant zu sehen, welche Rollenbilder auf ein zahlendes Publikum attraktiv wirken: Die Frau, gesehen aus den Augen eines Mann, strotzend vor Kraft und Brutalität in „Kill Bill“ ist ein überaus großer Erfolg- die Frau auf dem Territorium ihrer biologischen Heimat- der Mutterschaft und der damit verbundenen Hürden- kein Thema für einen erfolgreichreichen Film. Vielleicht ist das Thema „Mutterschaft“ einfach zu nahe an der Realität, ohne künstlerische Fallhöhe?

Wenn man die Kommentare und Kritiken so anschaut, liest man oft etwas heraus wie „langweilig“, zu nah an der Realität, öde, wird Thurman nicht gerecht. („Die schöne,coole Tarantino-Muse Uma Thurmann als heruntergestylte nervige NewYorker-Klischeemutter, das geht gar nicht“; )

Wenn der Film nur von Männern gemieden würde, hätte ich es noch verstehen können. Die Thematik ist zu weiblich und das Beschäftigen damit zu alltagsnah und zu langweilig. Ins Kino geht man, weil man sich gerade von solchen Dingen ablenken möchte, nicht weil man die Probleme nochmal aus anderer Perspektive sehen oder gar neu interpretieren möchte.

Das schlechte Einspielergebnis deutet aber daraufhin, dass ihn selbst Frauen gemieden haben und das wiederum stimmt ein wenig nachdenklich.

Trailer und Kritiken zu New York Mom

Neues Lesen für neue Menschen

mit dem Amazon Kindle 3

Den Kauf eines Ebook-Reader plane ich schon etwas länger. Vor allem der Kindle 3 von Amazon hat mich durch viele gute Testberichte immer wieder in seinen Bann gezogen und am Ende zu einer Kaufentscheidung geführt. Dass ich Anfang dieser Woche Geburtstag hatte, machte die Entscheidung dann sehr leicht. 😉 Danke an meine Mum an dieser Stelle…

Wenn man die Verkaufszahlen des Kindle auf Amazon anschaut, stellt man fest, dass es vor allem in den USA und in Großbritannien eine große Nachfrage dazu gibt und er zum bestverkauften Produkt auf diesen Plattformen geworden ist. Die Deutschen hinken da noch etwas hinterher und bevorzugen in punkto Lesegenuss noch eher die klassische Offline-Variante.

Aber warum überhaupt einen Ebook-Reader? Auch ich war lange Zeit skeptisch, was das elektronische Lesen angeht. „So ein neumodisches Zeug brauche ich nicht“.. habe ich mir meistens gedacht und dann doch auf die klassische Papierform zurückgegriffen. Dazu kommt, dass der Großteil der eigenen Bibliothek bereits in gedruckter Form zur Verfügung steht und der komplette Umstieg auf ein neues Medium immer schwer fällt.

Argumente für den Ebook-Reader-Kauf

Mit der Zeit fiel mir aber auf, dass viele Hersteller ihre Anleitungen nicht mehr in Papierform mitliefern, sondern aus Kostengründen nur noch eine PDF auf CD oder gar ausschließlich online anbieten. Das Ganze hat so dermaßen zugenommen, dass es schon fast Stand der Technik, bzw. Stand der industriellen Gewohnheiten geworden ist. Den Kunden fragt man dabei nur begrenzt, und wer hat heutzutage keinen PC zu Hause? Das ist aber sehr unbequem. So ist das vollständige Handbuch meiner Digitalkamera nur als PDF verfügbar. Ich kann aber auf Touren unterwegs keinen Computer mitschleppen und auch ein Netbook oder Notebook wäre auch noch zu umständlich. Ein derartig leistungsfähiges Handy besitze ich nicht und scheue außerdem die monatlichen Kosten (z.B. für ein Iphone).

Das Ausdrucken der Seiten wäre erstens zeitaufwändig, zweitens teuer und drittens für die Umwelt nur begrenzt von Nutzen.

Ein Ebook-Reader wäre da eine perfekte Alternative: Klein, handlich, ohne monatlichen Gebühren und kostengünstig in der Anschaffung.

Er ist so klein und leicht wie ein Taschenbuch und nur ein paar wenige Zentimeter dick, so dass er locker auch in eine kleinere Tasche von Frauenjacken passt. (( Seitenbemerkung: Frauenklamotten haben tradtionell weniger Taschen und weniger Stauräume, weil man anscheinend davon ausgeht, dass alles in die Handtasche gepackt wird und Klamotten mit vielen Taschen sehen ja auch nicht so schick aus… ))

Dazu kommt, dass meine Hauptinformationsquelle für neue Medien, Ideen, Inspirationen und sonstiges fast ausschließlich das Internet geworden ist. Ich lese zwar noch eine offline-Zeitung, schlage aber gleichzeitig in ca. fünf verschiedenen Nachrichten-Seiten Infos nach. Auch viele Magazine haben inzwischen einen sehr guten Internet-Auftritt, dass man das Internet kaum verlassen muss, um mit einer Flut an kostenlosen(!) Informationen versorgt zu werden. Dazu kommen die privaten Blogs und Tagebücher, die Emails und andere Informationsstränge, die alle zentral am Computer zusammenlaufen.

Das Argument, dass man nicht gerne elektronisch liest „zieht“ also bei mir nicht mehr. Wenn ich die Online- und Offline-Lesestunden zusammenzähle, fällt mir auf, dass ich auch heute schon (noch ohne Ebook-Reader) den größten Teil auf elektronischem Wege lese, einfach, weil das Internet als Haupteingangstür für neue Informationen aller Art, sozusagen das Tor zur Welt geworden ist.

Drittes Argument: Viele Studien von Instituten oder andere Publikationen im politischen/ wirtschaftlichen Bereich werden gerne auf elektronischem Wege bereit gestellt. Die letzte Quelle, die mir dazu einfällt war z.B. die Veröffentlichung über neue Energiequellen (Windenergie, usw.) zu der es ein langes, kostenloses PDF gab. Am Computer habe ich aber meistens nicht die Geduld, fünfzig Seiten an PDF-Seiten zu lesen. Man ist auf der einen Seite zu sehr abgelenkt und klickt mehr, als dass man wirklich eingängig und viel liest. Außerdem fällt einem am Computer noch ein, was man machen wollte: Eben noch den Bank-Account checken, eine Runde bei Ebay surfen, ein paar Emails beantworten und generell mehr interaktiv-klickend als passiv-lesend zu sein.

Mit einem Ebook Reader kann ich nun diese PDFs herunterladen, bequem und schnell abspeichern und dann abends in Ruhe auf dem Sofa bei einem gemütlichen Glas Wein und mit eingelegter Musik-CD ganz in Ruhe lesen.

Viertes Argument: Die Technik hat in den letzten Jahren große Vorteile herausgebracht und die Nachteile (z.B. schlechte Lesbarkeit, Akku-Kapazität, Gewicht, etc.) von Ebook-Readern hinreichend reduziert. Inzwischen übertreffen die Vorteile die Nachteile bei weitem. Z.B. die Möglichkeit, bis zu 1.000 Bücher und mehr auf einem einzigen Lesegerät bei sich zu tragen, gleichzeitig ins Internet gehen zu können und sich frische Bücher quasi von unterwegs auf das Lesegerät zu ziehen.

Auch wenn die Papierform ein paar unschätzbare Vorteile bietet (es ist angenehmer ein „echtes“ Buch zu lesen und das Blättern und das Riechen in den Seiten wird man nie ganz ersetzen können), so wird es doch auf langer Sicht hinauslaufen, dass die beiden Medien zumindest parallel existieren und ähnlich wie bei der Schallplatte oder den Kassetten das alte Medium eines Tages auf eine Nische schrumpft.

Der Kindle im Detail

Der Kindle 3 von Amazon ist genau auf diesen Vorgang des ruhigen Lesens spezialisiert und in seiner Nüchternheit und Einfachheit ist er ein sehr stylisches und angenehmes Produkt. Zuerst fällt die elektronische Tinte auf, die einmal in ihren Zustand gebracht, keinen weiteren Strombedarf erfordert. Das bringt ihn, ohne Betrieb des Wireless-Lan oder 3G, auf eine Netto-Akkulaufzeit von ca. drei Wochen (Herstellerangaben). In der Praxis geht es allerdings schneller, weil man doch meistens die W-Lan Funktion aktiviert hat oder auch Musikdateien oder Hörbücher über die Lautsprecher ausgeben will.

Die elektronische Tinte ist tiefschwarz und der Hintergrund hat ein angenehmes Grau, wie man es von Zeitungen her kennt (ein paar Nuancen dunkler). Das Kuriose ist, dass man für dieses Gerät externes Licht braucht, wie bei einem richtigen Buch. Dafür kann man ihn auch bei starker Sonnenbestrahlung lesen und es gibt keinen nervigen Spiegeleffekt wie bei fast allen Handys, Ipads und Phones die mit einer Aktiv-Beleuchtung betrieben werden. Prädestiniert, um ihn im Garten oder am Strand zu lesen, vorausgesetzt man kann seine immer Händer sauber und sandfrei halten…

Je mehr Umgebungslicht vorhanden ist, desto wohler fühlt sich der Kindle! Grafiken werden sehr hübsch und weich angezeigt und wenn das Gerät in den Ruhemodus wechselt (in dem es auf Grund des technischen Designs sowieso fast immer ist), kommt ein Zufallsbild englischer Autoren-Portäts oder andere klassische Bilder. Im Moment lächelt mich z.B. eine hübsche Porträt -Zeichnung von John Steinbeck an.

Allerdings, das merkt man gleich, ist das Lesegerät von Amazon nicht auf bunte Grafiken oder gar bewegte Inhalte spezialisiert. Um die elektronische Tinte in einen neuen Zustand zu bringen, wird stets der ganze Display für ein paar Millisekunden Schwarz und wechselt dann in die neue Anzeige. Scrollen kann man daher nicht und auch bewegte oder bunte Banner-Grafiken im Internet werden meistens fehlerhaft angezeigt.

Auch das Anpassen der Textgröße von PDFs bereitet Probleme. Wo man auf dem PC noch stufenlos zoomen und scrollen kann, wirkt der PDF-Reader des Kindle ein wenig statisch und unflexibel. Es gibt nur feste Zoomgröße und einen unpraktischen Rahmen, auf den der Zoom-Ausschnitt platziert wird. Hat man Pech, rutscht man nun genau in die Mitte eines Zwei-Spalten Textes und kann sich vom bequemen eingabefreien Lesen gleich verabschieden. Es ist an der Stelle hilfreich, die Ansicht auf den Quermodus zu wechseln aber das Lesen von Spalten-Texten in PDFs ist nach wie vor etwas unpraktisch.

Am wohlsten fühlt sich der Kindle mit fertigen Ebooks, entweder im hauseigenen .AZW, .TXT oder Mobipocket-Format. Diese werden stets passend skaliert und können mit ein paar wenigen Klicks auch in der Schriftart und der Größe angepasst werden. Lästige Rahmen entfallen, so dass das Lesegerät mit der Bequemlichkeit eines kleinen Taschenbuches durchaus mithalten kann.

Das in Deutschland beliebte Epub-Format kann übrigens mit einem Programm wie „Calibre“  mit wenigen Mausklicks für den Kindle umgewandelt werden. Allerdings soll es Einschränkungen geben, was die digitalen Rechte angeht (dazu sind weitere Recherchen erforderlich).

Was das Lesen auf einem elektronischen Gerät zusätzlich motiviert, ist die Möglichkeit, eigene „Notes“ bzw. „Highlights“ in den Text zu fügen. Ein Klick auf den Text, kurz wie mit einem Mauszeiger die Abschnitte markieren und „Enter“ drücken. Fertig ist die unterstrichene Notiz, die -passend zum jeweiligen Ebook- in einer übersichtlichen Liste abgespeichert wird und zeitnah aufgerufen werden kann.

Wer will, fügt noch eigene Bemerkungen an dieser Stelle ein, was mit der kleinen Mini-Tastatur erstaunlich gut funktioniert.

Sehr schön ist auch, dass sich der Kindle die letzte Lese-Position merkt und man nicht immer zur besagten Seite klicken, oder scrollen muss. Diese Funktion beschleunigt vor allem das gleichzeitige Lesen mehrerer Ebooks und verhindert, dass man beim häufigen Wechsel der Lektüre die Übersicht verliert.

Nur das 5 Wege- Tastenkreuz zum Navigieren hätte größer und komfortabler sein können. Man benutzt es sehr oft und rutscht hin und wieder ab, was den ansonsten guten, haptischen Eindruck des Kindle schmälert.

Es wäre theoretisch sogar möglich, diese Notizen dann über ein soziales Netzwerk zu teilen, aus einem mir noch nicht ganz ersichtlichen Grund ist diese Funktion aber ausschließlich für amerikanische Kunden vorbehalten. Dabei wäre es ein Leichtes, die Inhalte an den jeweils verknüpften Social Network-Account zu senden. Ob .DE oder .COM sollte doch eigentlich keine Rolle spielen?

Im Amazon-Shop kann mit integrierter 3G Funktion „kostenlos und weltweit“ einkaufen! Für das Surfen im Netz ist eine hauseigene W-Lan Funktion von Vorteil.

Daten hin und vom Kindle rauschen über das USB-Kabel im Sekundentakt. Mit diesem Kabel kann man außerdem den integrierten Akku aufladen..

Nix Deutsch- nur Englisch

Leider scheint der deutsche Kunde ein wenig diskriminiert zu werden. Das fängt damit an, dass man den Kindle nur auf englischen oder amerikanischen Seiten kaufen kann und man von der deutschen Amazon-Seite stillschweigend umgeleitet wird. Kommt man auf der deutschen Amazon-Seite noch in Genuss der bequemen Bankzahlung, wird man auf der amerikanischen Seite landestypisch auf die Kreditkarte reduziert! Kunden, die keine Kreditkarten haben, schauen dort in die Röhre und könnten den Kauf theoretisch genervt abbrechen.

Auch die Gebühren für Steuern und Zoll sind beim Kauf nicht ohne weiteres ersichtlich, hinzu kommt, dass man einen Stromadapter für das europäische Stromnetz dazu erwerben muss. Auch eine Tasche ist in der Roh-Version des Kindle noch nicht enthalten.

Da mir das alles zu unpraktisch war, bin ich kurzerhand auf Ebay und habe den Kindle über einen Drittanbieter erworben, der seinen Sitz in Großbritannien hat, so dass (innerhalb der europäischen Union) keine Zollgebühren anfallen. Die Lieferung dauerte ca. eine Woche und war dank Paypal schnell abgewickelt.

Nachdem dieses Problem der Internationalisierung also endlich überwunden wurde, kommt die nächste Enttäuschung für deutsch-sprechende Kindle-User: Das vorinstallierte Wörterbuch ist leider nur für die englische Sprache, die Menüführung ist ebenfalls englisch, Kauf von Ebooks über den Amazon-Store geht wieder nur mit Kreditkarte oder „Gift Cards“ (Gutscheinen). Und die integrierte Sprachausgabe kann, wer hätte es gedacht?- natürlich nur englische Texte vorlesen. Schade!

Bücher satt

Nach dieser Enttäuschung kommt aber wieder ein Lichtblick. So hat der englische Kindle-Ebook Shop inzwischen auch einige deutsche Bücher im Programm und viele Klassiker, die inzwischen gemeinfrei geworden sind, sogar kostenlos! So steht dem euphorischen Testen des Whispernets und der neu erworbenen Lesefunktionen eigentlich keine Mauer mehr im Weg.

Gesagt, getan. Und so fanden- quasi als experiementelle Erstauswahl- verschiedene Klassiker den drahtlosen Weg in meinen Kindle: Darwinismus und Sozialismus von Ludwig Büchner beispielsweise, ein erhellendes Buch über soziale (Un)gerechtigkeit und im Schatten der großen Marxisten seiner Zeit. Und auch die Weisheiten eines Kaisers Marc Aurels, nämlich die berühmten „Selbstbetrachtungen“ säumen fortan meinen elektronischen Leseweg. Als sei soviel klassische Kost noch nicht genug, gesellte sich die kostenlose Ausgabe der „Psychopathologie des Alltagslebens“ von Sigmund Freud gleich dazu, umgeben von den Äußerungen eines Immanuel Kants zur „Kritik der reinen Vernunft“.

Puh, nach soviel schwerer Kost ist mir nach etwas Leichtem zu mute und siehe da, im Internet gibt es weitere unzählige Stellen klassischer und profaner Literatur für lau oder einige Exemplare namenloser Autoren, die in ihrer Großzügigkeit ganze Werke dem Internetkunden freudig verschenken!

Addiert man noch die PDF´s und Texte der „politischen Bildung“ so ächzt der interne Speicher des Kindle– zum Glück noch kaum, aber das Gehirn braucht definitiv eine Pause.

Auf eine Waage gelegt, wiegt der Kindle auch nach dreißig Büchern immer noch soviel wie vorher, eine faszinierende Erfindung der neuen Welt! 😉

In der nächsten Folge der Ebook-Reihe stelle ich evt. weitere Lesequellen vor. Bis dann..

Blogpause und ein neuer Buchtipp

Buch-Rezension aktualisiert und erweitert am 1.3.2011

Zur Zeit tut sich bei mir im „reallife“ recht viel, so dass ich für das Blog nicht soviel Zeit finde. Ich möchte die werten Leserinnen und Leser nur darauf hinweisen, falls sich jemand wundert, dass im Moment keine neue Texte geschrieben werden. Aus meiner ambitionierten Ganztags-Berufung ist eine „zweimal im Monat“ Halbtags-Bloggerin geworden. Und da sich hier zu Hause die Wäsche stapelt und der nächste Einkauf auch schon wieder vor der Tür steht und doch dieses und jene Telefonat zu führen ist, kann ich im Moment nicht sagen, wenn ich endlich mal wieder Zeit fürs Bloggen finde!!! 😉 Aber es ist gut, es verleiht einem selbst auch so einen exklusiven Geschmack auf der Zunge. Wenn die Texte seltener geschrieben werden, überlegt man sich auch noch genauer was man schreibt und es fällt auch mehr an. Man kann dann schreiben wie ein Wasserfall. Und das ist letztendlich auch nichts schlechtes, oder?

Auch wenn meine Blog-Abstinenz derzeit von Zeitmangel diktiert und gebremst wird, so spielen doch auch die Überlegungen über die Motivation, das Wofür und Warum im gedanklichen Hinterzimmer immer wieder eine Rolle. Für mich ist Bloggen, Schreiben und Kommunizieren ein Raum voller Luft und Unverbindlichkeit. Vielleicht einer der letzten Räume (und wenn sie nur virtuell sind) in denen man wirklich frei ist. In denen man sagen kann, was man möchte. Ein Raum, in dem die Gefühle einen Platz haben und die freien Erkenntnisse, die nicht unbedingt gleich wieder durch Kritik oder Neid zerstört werden können. Ich schaffe, also bin ich. Und es braucht Kraft, so einen Gedanken zu erschaffen. Wenn er dann seinen Platz auf Papier gefunden hat, ist er endlich da und eine kleine Genugtung macht sich breit.

Doch genug der persönlichen Nabelschau, zurück zu meinen Kernthemen, der kritischen Medienschau:

Gestern kam z.B. ein Bericht über die Einschränkung der freien Forschung in der Wissenschaft und wie sehr dort die geistigen Erkenntnisse von Markt-und Profitinteressen gelenkt werden. ((Sendung hieß „Titel Thesen Temperamente„, und der besprochene Film „Gekaufte Wahrheit“ )) Teilweise ist es den Wissenschaftlern sogar unmöglich, einer Frage nachzugehen, die sie für interessant halten, wenn sie dem Geist des Unternehmens widersprechen. Bei der Frage ging es um die langfristigen Auswirkungen der genveränderten Nahrung auf den Menschen. Obwohl dort offensichtlich erkannt wurde, dass es eine starke bis ungünstige Wechselwirkung gibt, wurde der Forscher von seiner Arbeit suspendiert und bekam das Verbot, über seine gewonnenen Erkenntnisse zu sprechen.

„Blogpause und ein neuer Buchtipp“ weiterlesen

Die Fülle des Lebens IV

Weiterführende Informationen u. interessante Medien

Wenn ich über das Thema noch weiter nachdenke, komme ich gedanklich unweigerlich auf den Film „We feed the world“ zurück, der mich damals sehr geprägt hat und nach dem Kinobesuch nun auch im DVD-Regal steht.

Für eine volle Rezension müsste ich ihn nochmal frisch anschauen. In Erinnerung geblieben ist der Eindruck an einen authentischen, gut recherchierten Film, der die Zusammenhänge der Lebensmittelindustrie und Globalisierung aufzeigt. Welche Rolle die Politik der einzelnen Länder, die Verbraucher und die Denkweise manch großer Firmen spielen, wird dem Zuschauer dabei anschaulich vermittelt. Oder wie der Zusammenhang zu erklären ist, dass es auf der einen Seite der Welt eine maßlose, durchdesignte und technisch hochgewirtschaftete Überproduktion gibt und auf dem anderen Teil der Welt noch nichtmal das einfachste Korn gedeiht. Warum in westlichen Ländern das Thema Übergewicht an der Tagesordnung ist und die Menschen buchstäblich an Überfettung sterben und 3.000 km weiter südlich an Unterernährung.

Vor allem auch moderne Entwicklungen wie z.B. Patente auf Saatgut oder genetische Veränderungen fand ich erstaunlich. Da laufen Entwicklungen ab, die für die meisten Menschen komplett unsichtbar und verborgen sind, aber dennoch eine große Wirkung auf den Lauf der Welt haben können. Letztendlich kann man mit allen Dingen ein „Geschäft“ machen, so auch mit der Schöpfung der Erde und den künstlichen Veränderungen daran.

Alles in allem ein sehenswerter Film für den, der sich in der Thematik noch ein wenig vertiefen will.

Aber wer weiß, vielleicht kennt ihr auch noch ein passendes Buch, Blog oder Medium? Zum Thema Globalisierung, Auswirkung auf die Umwelt, Massenkonsum, Genetik?

Dann rein mit euren Tipps in die Kommentare. 😉

Tipps von Leserinnen und Lesern

Cradle to Cradle
(Müll- und schadstoffreier Produktionsweg)

Web-Links

Ein Drittel aller Lebensmittel landet im Müll

Wikileaks: Der erbitterte Kampf um die Wahrheit

oder: Who the f**k ist Vicki Lieks?

Es ist ja im Moment kaum möglich, das Internet für drei Sekunden oder das Radio vier Sekunden lang laufen zu lassen, ohne mit dem Thema „#Wikileaks“ konfrontiert zu werden.
Obwohl ich Bloggerin bin, interessierte mich das Thema bis jetzt wenig. Der passive Aufmerksamkeitsschirm war dennoch aufgespannt und sorgt dafür, dass der eine oder andere Informationsbrocken daran unweigerlich hängen blieb.

Mit meiner typischen skeptischen Anfangshaltung sah es zunächst wie ein Internetscherz aus: Auf der einen Seite die Hacker, die freiheitsliebenden und sehr links orientierten, jungen Netz-Aktivisten – auf der anderen Seite die Unternehmen, Politiker, Mächtigen, Status-Quo Bewahrer. Man hat auf der einen Seite ordentlich mit Schmutz um sich geworfen und die Politker und deren Spielweise lächerlich gemacht. Die deutschen Politiker haben erstaunlich souverän und gelassen reagiert, so dass mangels Widerstand auch kein weiterer Grund zur Nachforschung oder Anklage bestand. Weniger Demokratie-freundlich und weit aus aggressiver war der Widerstand aus dem amerikanischen Lager.

Was sich nun für ein Kampf abspielt, ist faszinierend. Er zeigt eine neue Ära im Kampf um Warhheit und Informationen (Cloudkrieg, Informationskrieg). Die Bürger, auf der einen Seite, wollen sich immer besser informieren und nutzen dazu die bahnbrechenden und extrem vielfältigen Möglichkeiten der neuen Technologie „Internet“ (ist zwar nicht wirklich neu, aber in größeren gesellschaftlichen Zusammenhängen schon).
Und die Politik steht vor dem Dilemma, sich mit einem neuen „Feind“ konfrontiert zu sehen und ihr Ansehen noch weiter zu verlieren. Nach Wikileaks wird nichts mehr so sein, wie es war. Die Bürger werden immer misstrauischer und stehen der Politik immer skeptischer gegenüber. Gründe gibt es dafür viele, national wie international: Die Weltwirtschaftskrise, die das ganze System „Kapitalismus“ an den Rand des Untergangs gebracht hat, den zerbröckelnden Zusammenhalt im Euro-Raum und vor allem die Dreistigkeit, mit der eine Politik der Eigeninteressen für die Riege der mächtigen Klassen durchgesetzt wird. Gespart wird immer zuerst bei denen, die nichts oder nur wenig haben und entlastet werden die Banken und reichen Unternehmen.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass in vielen europäischen Ländern extreme und rechts-populistische Gedanken wieder stärker werden, was ein gutes Zeichen für den politischen und vor allem mentalen Zustand einer Generation ist. Insgesamt ein perfekter Nährboden für Revolutionen und ziviles Aufbegehren.

Vor dem Hickhack um Wikileaks sieht man plötzlich die Klassengesellschaft, vor dem Kontrast der Krise wird sie viel deutlich sichtbarer als sonst. Ein kleiner Kreis an Mächtigen -im Finanzwesen, den Unternehmen und der Politik- steuert die große Horde der leicht lenkbaren, manipulierbaren „Schäfchen“, und macht mit ihr, was er will. Solange das System im Lot war, begehrte niemand dagegen auf, und solange die Bürger ausreichend im Dunklen und Unklaren gelassen worden sind, gab es kein Widerstand. Im zweiten Irak-Krieg wurde ja z.B. die Informationspolitik gezielt geändert, so dass man den zivilen Widerstand (ein ärgerlicher Nebeneffekt in Demokratien) von Anfang an besser „kontrollieren“ konnte. Das Problem daran ist: Die Wahrheit kann man nicht kontrollieren, sie ist ein Selbstläufer und kommt früher oder später immer ans Licht. Die Frage ist vielmehr, ob man sie überhaupt noch aussprechen und veröffentlichen darf.

Das ging eine ganze Zeit lang gut. Der echte Freund der Demokratie -und konform zum westlichem Ideal der Aufklärung- ist aber die neue Technologie Internet.

Plötzlich kann sich jedermann über alles informieren. Plötzlich wird jede Privatperson zum enthüllenden und anklagenden Journalisten (Blogger). Wir bekommen Informationen aus den USA innerhalb von drei Sekunden und können parallel dem Verlauf der chinesischen Börse beobachten. Auf Twitter kommen brandaktuell die neusten Meldungen und es vergeht nicht eine Stunde, bis der Großteil der Menschen (mit Computer) auf der Welt alles über sie selbst erfahren hat. Die technischen Einstiegshürden sind gering und die -zumeist mit Computer aufgewachsende junge Generation- beherrscht sie im Vorübergehen und ohne groß darüber nachzudenken. Allein durch die Masse an Menschen und Webseiten wird ein Ungleichgewicht zwischen dem ehemaligen „Pressemonopol“ und den Informationswünschen von Regierungen geschaffen. (( dass auch die Presse nicht immer ganz frei von politischen Meinungen ist, zeigt z.B. dieser Artikel: http://www.nachdenkseiten.de/?p=7671 ))

Wir Bürger der neuen Informationsgesellschaft hetzen, getrieben vom Bedürfnis nach ständig neuer Information, von einer News zur nächsten. Wir können uns überall weiterbilden und die menschliche Neugierde allein macht uns dabei zum guten Staatsbürger. Teilhaben können freilich nur die Gebildeten und jene, die lesen, schreiben und kritisch denken können. Also wird nach wie vor alles dafür getan, eine Klassengesellschaft durch das dreigliedrige Schulsystem und andere „soziale Einsparungen“ aufrecht zu erhalten. Denn, wo kämen wir denn hin, wenn plötzlich alle so gebildet und kritisch wären, wie die intellektuelle „Oberschicht“? (( der Begriff ‚intellektuelle Oberschicht‘ wird sich vermutlich auflösen, da ja die Bildung und Informationen für alle Menschen ausreichend zur Verfügung stehen und nicht mehr zwangsläufig an ein Studium oder den Besitz von teuren Büchern gebunden sind; ein Traum oder eine Vision von Freiheit und Gleichheit ))

Was das Internet dabei zur „Waffe“ macht, ist hinreichend bekannt: Sogenannte Hackerangriffe (DDOS ) oder virtuelle Diffamierungen, „Shitstorms“ auf Twitter und ähnliche gehören heute schon fast zur Tagesordnung. (Beispiele hier oder hier. / Wie man einen Shitstorm überlebt.)

Auf der Seite der Politik werden nicht minder schwere Geschütze aufgefahren: Einen kritischen Geist wie Julian Assange kann man innerhalb von wenigen Tagen mit zweifelhaften, juristischen Vorwürfen dingfest machen und ins schlechte Licht rücken. Die Spendenkonten seines Vereins werden gesperrt und die großen Unternehmen wenden sich im Schulterschluss von den „Terroristen“ ab. Aber sind die Betreiber von Wikileaks denn wirklich Terroristen? In einem Blog-Artikel stand, dass sie im Kern nichts anderes sind als Journalisten: Sie suchen die Wahrheit und nutzen dafür die Quellen, die ihnen zugesandt, übermittelt oder von ihnen selbst eigenständig recherchiert werden. Dabei setzen sie sich für Meinungsfreiheit ein und informieren die Bevölkerung.

Nein, das Problem ist hierbei einzig und allein die Reaktion der wenig souveränen Machtstrukturen, vor allem in den USA. Einzelne Reaktionen zeigten für kurze Zeit die wahre Denkweise über kritische Menschen wie Julian Assange: Er solle hingerichtet werden. Ja, so macht man das mit Gegnern des Staates. Das ist ja fast wie in China oder in Russland: Mundtot machen. Am besten für immer. (( Soeben erfahre ich aus anderer Quelle, dass das angeblich eine Falschmeldung ist und der genaue Wortlaut anders war: http://www.bildblog.de/26097/bringt-ihm-den-kopf-von-julian-assange-2/ Zitat: „Tatsächlich hat Huckabee gefordert, die Quelle der veröffentlichten Dokumente im amerikanischen Staatsdienst wegen Hochverrat anzuklagen und die Todesstrafe als einzig angemessenes Urteil dafür bezeichnet.“))

Für Deutschland kann man bloß hoffen, dass sich die Menschen nicht einlullen lassen und weiterhin aufmerksam bleiben. Denn Wachsamkeit und Systemkritik sind die besten Werkzeuge für eine funktionierende und lebendige, echte Demokratie.

Hat man das nicht immer gewollt, hat man uns das nicht immer versprochen? Wurden Politiker oder Personen aus dem öffentlichen Leben denn nicht stets dafür geehrt, dass sie sich für Freiheitsrechte, Aufklärung und Authentizität eingesetzt haben?

Warum hasst man nun jene Aktivisten, die genau das machen?

Welchen Teil von „Freiheit“ hat man nicht verstanden?

Vielleicht, den unbequemen?

Gedanken zum JMStV – Teil 3

Nur ein einzelnes Gesetz, doch es hat viele Folgen.
Damit ist es auch ein Musterbeispiel für juristische und bürokratische Abläufe in diesem Land.

Was man mit dem JMStV und dessen Neuauflage erreichen wollte:

Mehr Sicherheit für unsere Kinder im Netz

Was man erreicht hat, bzw. erreichen wird:

  • Rechtsunsicherheit bei allen Menschen, die im Netz Inhalte erstellen
  • potentielle Abmahngefahr durch Anwälte, die daraus Profit schlagen wollen > wirtschaftliches Risiko für nicht geschützte Einzelpersonen
  • Schutz für große Nachrichtenseite und Portale (also weiter sexistische Bilder von halbnackten Frauen auf Bild und ähnlichen) mit beträchtlich größeren Besucherzahlen und damit auch mehr „Gefährlichkeit“
  • Verschlechterung der Konkurrenzsituation für „kleine Blogger“ und einzelne Autoren
  • „handwerkliche“ Erleichterung für die Pornoindustrie, vor allem sog. Softpornos (siehe hier oder auch hier)
  • viele Blogs schließen im Voraus > Verlust an Meinungsvielfalt, Offenheit und Transparenz im Netz
  • Zeitlicher Mehr- Aufwand für Recherche über das neue Gesetz und die Folgen
  • Zeitlicher Mehr- Aufwand für die Einbindung von Filtersystemen oder manuellen Sichtung von Inhalten
  • Deutlicher finanzieller Mehraufwand für Jugendschutzbeauftragte oder Mitgliedsbeiträge > die Blogs rechnen sich bald nicht mehr > die Bürokratie frisst die Wirtschaftkraft von Start-Ups und deren Eigeninitiative auf
  • das kann dazu führen, dass Seiten und Inhalte rückwirkend gelöscht werden > Verlust an Meinungsvielfalt
  • bürokratische Hürden für kleine Netz-Firmen und Online-Produzenten, Journalisten > wirtschaftliche Hürden, Verlust an Produktivität
  • der Standort-Vorteil „Deutschland“ verschlechtert sich
  • ein Klima der Angst wird geschürt und vorangetrieben > Verlust an menschlicher Freiheit und Autonomie
  • moralischer Schaden an Leistungsträgern, die freiwillig Inhalte erstellen und ihr Fachwissen unentgeltlich weitergeben
  • Rückzug von Fachkräften und Experten aus einem Land, dass sich zunehmend selbst im Weg steht > Produktivitätsverlust, Fachkräftemangel
  • Abschreckende Wirkung auf ausländische Fachkräfte (zuviel Bürokratie in Deutschland!)
  • kein Schutz für Kinder und Jugendliche, da sie auf ausländischen Seiten oder über Proxies sich weiter gefährdende Inhalte beschaffen können (das Internet ist kein nationaler Raum, sondern ein internationaler)
  • moralische Entlastung für Eltern, sich nicht weiter um ihre Kinder oder deren Medienkompetenz kümmern zu müssen („die Politiker regeln ja alles“)
  • ….

Sehr gute Informationen zu den möglichen Folgen gibt es auch unter diesem Link

http://ak-zensur.de/download/JMStV-Stellungnahme-2010-12-02.pdf

Gedanken zum JMStV- Teil 2

Und noch ein guter Artikel zum Thema JMStV
Pornoindustrie regelt sich Jugendschutz neu- zu Lasten von uns allen

Was darin beschrieben wird, klingt nachvollziehbar.

Es geht beim JMStV eigentlich gar nicht um Jugendschutz. Den Politikern geht es um Glaubwürdigkeit, und dass „was getan“ wird. Der Industrie bzw. der Wirtschaft geht es um persönliche Interessen und Lobbyarbeit. Und darunter leiden muss- wie immer- die Allgemeinheit und die Leute, die am wenigsten was dafür können.

Interessant ist auch dieser Blog-Artikel auf Faz.net
http://faz-community.faz.net/blogs/deus/archive/2010/12/04/liebling-du-hast-die-kinder-vergessen.aspx

Hier wird endlich mal die Frage diskutiert, was Jugendschutz überhaupt ist, welche Rolle die Kinder dabei spielen und wie man „Sicherheit“ im Netz erreichen kann (nämlich hauptsächlich durch Schulung der Medienkompetenz).

Gedanken zum JMStV

Okay, ich habe derzeit nicht viel Zeit und liefere daher nur eine kurze Übersicht über meine bisherig-gewonnen Erkenntnisse über die Neuregelungen beim Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, kurz „JMStV“ . Ganz wichtig: Ich bin keine Expertin und kann mir meine Meinung nur auf Grund öffentlich zugänglicher Quellen bilden. Nichts von dem, was ich hier schreibe, darf man als rechtsverbindlich ansehen oder interpretieren. Selbst Experten sind sich bei der Beurteilung der neuen Regelungen noch unsicher.

Vorneweg: Es gibt sehr viele Infos im Netz zu diesem Thema, aber trotz der beeindruckenden Vielseitigkeit ist die Diskussion von der sachlichen Ebene scharf begrenzt. Ich habe den Eindruck, dass man fast ausschließlich Informationen von Netz-Affinen bekommt, die wiederum ähnliche Quellen lesen und sich vom Inhalt sehr angleichen.

Beispiele hierfür sind:

Auch gibt es weniger eine offene, demokratische Struktur, die in in die Breite geht, sondern vielmehr eine inhaltliche Reduktion auf Alpha-Blogger, nach deren Meinung man sich nun zu richten hat bzw. richtet. Ich habe nichts gegen Experten, aber im Kern bedeutet das mal wieder, dass sich nun 80 Millionen Einwohner und ihr prozentualer Anteil der Netz-Tätigen nun ausschließlich nach den Ideen und Vorgaben zu richten hat, die vielleicht ein oder zwei Einzelpersonen hervorbringen. Basis-Demokratie sieht anders aus.

Viel zitiert wurde in diesem Zusammenhang das Lawblog von Udo Vetter und seine „Beschwichtigung“ (die dann wiederum von anderen als zu beschwichtigend angesehen wurde..)

Es wundert nicht, dass all diese BloggerInnen (ich auch!) natürlich von Vornherein einen staatlichen Eingriff in ihre Grundrechte vehement ablehnen..insofern ist die Diskussion nicht objektiv, sondern von einer Protestkultur geprägt, wie man sie heutzutage in fast allen öffentlichen Bereichen und Themen findet. Ich finde das nicht schlimm, sondern gut. Aber man darf nicht vergessen, dass es auch eine ursprüngliche Motivation gab, die so im Kern gar nicht so schlecht ist: Nämlich den Jugendschutz.

Bitte, das Thema ist aber sehr wichtig und es geht uns alle etwas an. So wurde die eigentliche Thematik, kaum thematisiert und hier sehe ich auch ganz gezielt einen Verbesserungsbedarf. Im Vordergrund steht die Aufregung um die juristische und gesetzgeberische Gängelei, die möglichen finanziellen Folgen, die sich für BloggerInnen ergeben und dass ein Klima der Angst verbreitet wird. Ich sage aber: Angst kann man nur haben, wenn man ein schlechtes Gewissen hat.

Die Jugendschutz-Regelungen gibt es schon, es gibt bereits einen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Was sich nun ändert, habe ich so verstanden: Die unbedingte Pflicht für jeden Internet-Content-Anbieter, eigene Angebote zu „labeln“, also mit USK-Empfehlungen zu verstehen oder ganz aus dem Netz zu nehmen, bzw. nur zu bestimmten Sendezeiten zu veröffentlichen.

Labelt man nicht, dann gelten automatisch die USK 16 oder 18- Empfehlungen und die sind eben von der Uhrzeit beschränkt, müssen also raus! ((wobei ich eben, ein paar Stunden später, beim erneuten Lesen des Lawblogs zu einer gegenteiligen Meinung gekommen bin; Als Blogger muss man grundsätzlich nichts labeln, es sei denn es sind eindeutig Inhalte ab 16 oder 18 dabei))

Unheil verspricht dann die Höhe der Abmahnung. Ein weiteres Minenfeld besteht darin, dass man sich als Normal-Sterblich-Verdienender eine professionelle Beruteilung durch Fachkräfte (Medienpädagogen, Anwälte, etc.) kaum leisten kann. Die Zahl 4.000 Euro pro Jahr steht im Raum. Dazu kommt, dann man rückwirkend alle Angebote des eigenen Internet-Auftrittes nach etwaigen jugendgefährdenen Inhalten durchforsten und evt. rausnehmen oder labeln muss.

Dies ist- ein fast nicht zu bewältigender Aufwand, der verständlicherweise von niemand gemacht werden will. Einmal ist man kein Experte auf dem Gebiet und man kann nicht mal eben so zwei Wochen seiner normalen Arbeitszeit abzwacken, nur weil da so ein neues Gesetz herausgekommen und die Bürokratie mal wieder ins Uferlose gewachsen ist.

Aus diesem Grund finde ich die Einstellung von Claudia Klinger sehr gut, die schreibt, dass ihr Blog bleibt und ihre Beiträge „zur Diskussion des Zeitgeschehens“ beitragen.

Gut so, und die Einstellung teile ich. Ich denke, damit zeigt man mehr Standhaftigkeit und moralische Stärke, als wenn man nun beleidigt ins Ausland abhaut oder ganz aufhört. Auf Twitter schrieb jemand treffend, dass nun jeder, der abhaut oder sein Blog aus Angst schließt, nie ein richtiger Blogger gewesen ist. Das denke ich auch. Wie sollen wir je eine kritische und glaubwürdige Gegenöffentlichkeit aufbauen, wenn wir nicht standhaft bleiben und bei jeder Kleinigkeit jaulend das Weite suchen?

Eine ganz andere Frage ist, ob die neuen Regelungen der Jugend nützen, denn um sie geht es ja eigentlich:

Was ist denn überhaupt jugendgefährdend, und wo sind die inhatlichen Fallstricke, die jeder Content-Produzent mal überdenken sollte?

In meinem satirischen Artikel habe ich es ja bereits angedeutet: Nicht die aufklärenden und die Allgemeinheit bildenden Blogger sind das Problem, sondern eher die Politiker.

Dazu kommen folgende Themen:

  • Volksverhetzung
  • Rechts- oder Linksextremismus
  • Aufruf zu Straftaten
  • positive Darstellung von Drogen
  • positive Darstellung von Gewalt
  • Darstellung von Folter
  • Darstellung von Toten
  • Pornografie

Also, alles Dinge, die sowieso verboten sind und die kein Mensch macht, der einen gesunden Menschenverstand hat.

Ich habe mir mal aus Neugierde die Beispiel-Begründungen zum Jugendschutz der FSK durchgelesen:

Hier bekommt man einen guten Einblick, wie argumentiert wird. Was genau eigentlich jugendgefährend ist und wie man sich- so ungefähr- abgrenzen kann. (ohne Garantie!!)

Zitat „Für die Altersfreigabe eines Films spielen Wirkungsrisiken wie Beeinträchtigung aufgrund von Ängstigung, Übererregung, negative Vorbildverhalten oder Desorientierung die entscheidende Rolle.“

Ebenfalls interessant ist die BR-Online Veröffentlichung zur „Sicherung des Jugendschutzes bei der Beurteilung von Fernsehsendungen“.
Ich zitiere:

Im fiktionalen Bereich darf die Darstellung von Gewalt und Sexualität nicht selbstzweckhaftspekulativ und ohne dramaturgischen Begründungszusammenhang in Szene gesetzt werden. [..]. Gewalt und Sexualität können reflektiert und thematisiert werden, wenn dies dramaturgisch notwendig ist und ihre Darstellung psychologisch aufgearbeitet und in
differenzierte Zusammenhänge eingebettet wird.[..]
Gewalt in Spielhandlungen darf nicht als Mittel der Konfliktlösung propagiert werden. [..]

Für mich als Bloggerin interpretiere ich das so: Ich darf über Gewalt schreiben, aber ich darf sie nicht verherrlichen. Ich kann über die Probleme von Gewalt schreiben, aber ich darf sie aus dem Zusammenhang herauslösen oder gar moralisch aufwerten und als einzige Lösung hinstellen. Ein Beispiel wäre, wenn ich schreiben würde: „Alle Politiker sind scheiße. Und weil sie so scheiße sind, bewerft sie bitte mit Steinen und faulen Eiern. Das ist die einzige Lösung, wie wir diesem Drecksstaat beikommen können.

Das wäre ein Aufruf zu Straftaten und es würde die Gewalt in den Mittelpunkt setzen. Aber irgendwie erscheint es mir auch logisch. Was man damit abdeckt, ist der Ehrenkodex, den sich ein Blogger am besten von vornherein auferlegt und durch kritisches Hinterfragen des eigenen Wirkens immer wieder neu an sich selbst reflektiert. Wenn man das nicht kann, sollte man auch nicht bloggen.

Sicherlich reizt das Bloggen zu einer selbstherrlichen Darstellungsweise und manchmal fühlt man sich mächtiger, als man eigentlich ist. Aber das sollte nicht zu Dummheit verführen und vor allem muss man die Bezucherzahlen-Kirche einfach mal im Dorf lassen. So wichtig und so gefährlich sind Blogger nun auch wieder nicht. Wir werden in vielen Bereichen auch total überschätzt.

Interessant, aus gleicher Quelle, ist auch dieser Satz:

Hierbei ist jedoch der ständige Wandel gesellschaftlicher Normen zu beachten, so dass in diesem Problembereich nur allgemeinverbindliche Normen und Werte Berücksichtigung finden können.

Das ist sowas wie eine salvatorische Ausschlußklausel, mit der man das gesagte und beschlossene eigentlich wieder relativiert. Es bedeutet auch, dass eine realistische und menschlich unumstößliche Einordnung bestimmter Sachverhalte gar nicht so einfach möglich ist.

Und daher lautet mein vorläufiges Fazit auch, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Man muss nunmal abwarten, wie die Dinge sich entwickeln. Vorschnell das eigene Blog zu schließen, halte ich für falsch. Übermäßige Angst zu haben auch. Es vollständig zu ignorieren wäre dumm. Die Politiker zu unterschätzen ebenfalls. Die derzeitigen Entwicklungen um Wikileaks beispielsweise zeigen, dass es eine große Angst in der politischen Klasse gibt, vor allzu viel Öffentlichkeit und vor allzu kritischen Menschen. Auch wenn es Demokratie heißt, so haben wir im Kern nur eine kleine, Ausgangsdemokratie, bei der viele Strukturen eigentlich anti-demokratisch oder zumindest mal anfällig für Enthüllungen oder Korruption sind. Sowas gibt es nur bei starken Hierarchien und bei Machtstrukturen, die sich verfestigt haben. In einem wirklichen demokratischen Land gäbe es keine Angst vor Enthüllungen oder neugierigen Bloggern, weil es eben nichts zu verheimlichen oder beschwichtigen gäbe!

Wachsamkeit und ständige Weiterbildung durch das (hoffentlich noch lange freie) Internet sind die einzigen Möglichkeiten und „Waffen“ die man als einfacher Bürger hat.

Und ganz wichtig: Den gesunden Menschenverstand.

………..

Skurrile Fußnote zum Schluss: Selbst eine große, die Jugend stark beeinflussende Sendung wie DSDS hat schon Probleme mit dem Jugendschutz bekommen. Was dort beschrieben ist, stimmt nicht gerade optimistisch. Und die Frage – angesichts des JMStV – bleibt: Schwingt man hier die Keule gegen die richtigen? Jugendschutz ist auch eine Frage der Bandbreite und Quantität und ob mit dem Auftrtitt 50 Einzelpersonen oder eher 7 Millionen Menschen erreicht werden. Die Blogger und Internetbetreibenden richten sich doch eher nach den traditionellen Medien, rezensieren und kommentieren sie. Man sollte das Pferd nicht von hinten aufsatteln..