Warum ich „Die Partei“ gewählt habe

Der Wahlzettel zur Europawahl 2019 in Deutschland
Der Wahlzettel zur Europawahl 2019 in Deutschland

Okay, das soll jetzt kein eindeutiger Artikel zur Europawahl und auch keine „Beeinflussung durch Nachdenken“ werden, aber ich erzähle Euch jetzt trotzdem mal, warum ich zur Europwahl 2019 „Die Partei“ gewählt habe. 😉

Gestern öffnete ich die Briefwahlunterlagen, weil sie wie immer, schön früh gekommen sind und ich den Schreibtisch aufräumen wollte.
„Achja , da war ja noch was“ hab ich mir gedacht“ und den Umschlag geöffnet. Was heraus kam, war ein schlechter Witz!
Ein Klopapier-Zettel, so lang, das er nicht vernünftig auf den Schreibtisch gepasst hat und ca. 40 Parteien stehen zur Auswahl.
Ich wollte ein Foto für Instagram machen, aber das Ding passte zuerst nicht vor die Linse. Erst als ich den Fladen auf meinen schicken orange-farbenen Teppich ausgebreitet habe, konnte ich das Teil so halbsweg einfangen.

Viele Parteien kenne ich überhaupt nicht. Die klingen zwar schon sehr gut und witzig, z.B. „Die Humanisten“, „Liebe“, „Menschliche Welt“ „Partei für die Tiere“, usw. aber wer weiß schon, wer wirklich dahinter steckt und was die Absichten sind?

Den Wahl-O-Mat hab ich vor ein paar Tagen natürlich auch brav absolviert und heraus kam die SPD, eine Partei, die ich fast noch nie gewählt habe. 😉

Es ist irgendwie ein Witz: Da wählt man das größte und mächtigste Parlament, was wir in Europa je erlebt haben, mit Befugnissen, die über 500 Millionen Wahlberechtigte beeinflussen werden, aber jeder Wähler / jede Wählerin / divers hat gerade mal eine (!) Stimme. In den Medien sind stets die großen Parteien präsent und die kleinen Splitterparteien können sich natürlich nicht die große Aufmerksamkeit leisten. Daran sieht man: Auch die Medien sind nicht demokratisch, weil sie ihre Blickwinkel zu sehr auf „die großen“ und zu wenig auf „die kleinen“ konzentrieren. Mit dem „AfD-Blocker“ zeigt die Partei in die richtige Richtung: Viele Parteien bekommen mehr Aufmerksamkeit, als ihnen zusteht.

Da passt doch irgendwas nicht zusammen. Für die Wahl meines Kreistages habe ich 48 Stimmen und kann „kumulieren und panaschieren“, aber für das große EU-Parlament erlaubt man mir gerade mal ein kleines Stimmchen. Die Selbstbestimmung ist sehr groß auf der kommunalen Ebene, wird aber „nach oben raus“ immer weniger.

Bei „Der Partei“, der Satire-Partei von Martin Sonneborn bin ich mehrfach hängen geblieben. Ich kenne den Satiriker und Nico Semsrott (der ebenfalls auf der Liste steht) aus dem Fernsehen und fand beide immer gut. Auch die Parteiprogramme (sowohl für die letzte Bundestagswahl, als auch die Europawahl) klingen sehr lustig. Humor ist genau das, was wir in dieser Zeit der Krise und des Umbruchs brauchen! Jeglicher Dogmatismus, jegliche Ideologie ist für mich ein Irrweg, egal in welche politische Richtung es nun geht, am Ende warten immer Rechthaberei und Extremismus. Je schwieriger die Zeiten werden, desto größer ist die Gefahr, dass Ideologie-Berge aufeinander prallen und es ungemütlich wird. Satire ist befreiend und der Ausweg aus „Rechthaberei“. Dann muss sie allerdings auch „gerecht“ sein und sich gegen jede politische Richtung wenden. Satire ist unabhängig, im besten Falle journalistisch neutral, sie ist scharfzüngig, trifft auf den Punkt und traut sich unbequeme Wahrheiten auszusprechen und den „Status quo“ sowohl bei Politikern, als auch Medien-Schaffenden zu hinterfragen. Gute Satire deckt sich damit auch ziemlich dem Ethos, dem man sich als freie, unabhängige Bloggerin auferlegt hat.

Satire ist die stärkste Antwort der Intellektuellen auf einen großen, überbordenen Machtapparat wie ihn die EU derzeit bildet.

Der stärkste Ausdruck für die Missbilligung des herrschenden Politik-Betriebes ist die Nichtwahl.
Der stärkste, gleichzeitig demokratische Ausdruck für die Missbilligung des Politik-Betriebes ist die Wahl einer Satire-Partei.

Außerdem hat mir der mutige Wahlwerbe-Spot sehr gefallen, weil er ins Herz trifft.

Trümmer aus Staub

Das Ende des Kapitalismus ist nah. Ein letztes Aufbäumen vor dem totalen Exitus.
Strafzölle werden aus der Schublade gezogen. Das ganze Horrorsortiment von ewig Gestrigen.
Bald werden wir keine Harley Davidson und keinen Fruchtsaft mehr kaufen können. Menschen, die früher mal gute Freunde waren sind plötzlich zu Feinden geworden. Das ging ziemlich schnell.
Für die Zinsen wird schon ein Loch gebuddelt, damit man sie noch weiter in den Keller drücken kann.
Das bringt nur leider alles nichts. Die Menschen sind gesättigt, wollen nicht „noch mehr arbeiten“. Wachstum ist nur möglich, wenn viele Kinder in die Welt gesetzt werden und die Menschen möglichst viel arbeiten und Überschüsse erzeugen. Wachstum, das stellt man immer wieder fest, entsteht nicht von alleine.
Wozu aber mehr arbeiten, fragen sich die meisten? Das überschüssige Geld bekommt der Staat- damit die Lobby, die Wirtschaft, die Mächtigen- die damit machen, was sie wollen.
Machen wir uns nichts vor. Wir sind nur ein Rädchen im Getriebe. „Nützlich“ ist noch das beste Wort dafür. „Konsumenten“ das treffendere.
Wo ist die Freiheit bei all dem Ganzen?

Der sterbende Kapitalismus ist kein schöner Anblick. Grau und hässlich, aus Beton und Stahl. Er dreht sich und windet sich, sucht noch einen Sinn. Aber die Menschen sind schon weiter. Wollen keine „dreckigen Autos“ mehr fahren, keine Energie mehr aus kleinen Atomen gewinnen. Sie stellen sich lieber abertausende Spargel in die Landschaft und finden das „schön“.
Die Menschen wollen keine eng gequetschten Schweine im Stall mehr sehen, keine zerrupften Hühner und keine geschredderten Küken.
Aber gerne noch ein bisschen Fleisch essen, solange es noch billig ist.

Die Menschen wollen „fair-trade“, glutenfrei und bio. Sie wollen Flüchtlinge aufnehmen und ihnen helfen. Sie wollen bessere Menschen sein.
Ein freundliches, gesundes Gesicht zeigen. Die Bienen retten. Autos verbieten. Wieder mit dem Fahrrad fahren. Frauen tolerieren und bei Syrien ein bisschen weggucken. Die Bundeswehr wäre praktisch. Sie könne helfen, die hochtrabenden Ziele auch in die Realität umzusetzen. Aber was das alles kostet! Dann lieber nur so tun als ob.

Während die männlichen Führer der alten Welt an neuen Atomwaffen feilen und sich das Arsenal der 100 fachen Zerstörung neu ausdenken, fahren wir mit dem Fahrrad zur Arbeit und haben uns das Rauchen abgewöhnt.

Wir wollen an eine bessere Welt glauben. Eine Träne rollt über das Gesicht. In der Zwischenzeit fallen die Wolkenkratzer der alten Welt in sich zusammen und hinterlassen Trümmer aus Staub.

Sie nehmen keine Rücksicht auf den, der unten sitzt und in Träumen versunken ist.

Eine Frage…

die mich wirklich interessiert. Von fast 90 Facebook-Freunden hat sich aber noch keiner zu einer Stimme durchringen können. 😉

Also was denkt Ihr?

Soviel ich das herausgefunden habe, ermöglichen die Facebook-Umfragen nur zwei Optionen/ Antwortmöglichkeiten. Es gäbe aber noch mehr interessante Antworten, z.B. „eine große Koaltion mit der SPD“.
Oder „weiß nicht / interessiert mich nicht“. 😉
Davon muss man dann ausgehen, wenn keine Stimme abgegeben wird.

DAS Dilemma der Politik heutzutage.

Wer hätte gedacht, dass durch die Prinzipientreue eines Einzelnen (Lindner) mal wieder sowas wie Spannung in der Politik aufkommt?

Dieselgate

Okay, wird mal wieder Zeit was über Politik & Nachrichten zu schreiben.

„Dieselgate“, der : Die Fähigkeit der Deutschen, ihre eigenen hocheffizienten Schlüsseltechnologien mit Hilfe der technik-fernen Medien und einnahme-süchtigen Politikern schlecht zu reden. Mit Mitleid der Nachbarstaaten oder wirtschaftlichen Konkurrenten ist nicht zu rechnen.

Was ist die eigentliche Motivation (von Politikern) , den Diesel abzuschaffen?

Die Steuervorteile beim Diesel-Kraftstoff werden abgeschafft und der Diesel wieder auf die Stufe des Benzins gestellt (natürlich nur wegen der Umwelt, die kann man zumindest als Grund immer schön vorschieben).
Man hat mal wieder ein schönes „grünes Thema“, das im Wahlkampf gut ankommt und bei technisch nicht gebildeten Bürgern (die Masse) das Kreuzchen sichert. Durch die Hintertür werden Probleme gelöst, die man mangels Investitionsbereitschaft jahrelang verschlafen hat.

Wer hat die Schwierigkeiten ?
Der kleine Handwerker und Lieferant, der mit seiner alten Diesel-Schleuder täglich zum Arbeitsplatz in die Innenstadt muss.

Und für wen wird es teuer?
Die einkommensschwache Familie, die sich ein neues E-Auto für 40.000 Euro mal nicht eben so leisten kann. Alle Besitzer von älteren Autos, die mangels Geld ähnlich wenig „finanzielle Mobilität“ haben.
Für alle Leute (die dumme Masse) die beim Diesel geglaubt haben, der „Steuervorteil“ würde ewig gelten oder der Diesel ist eine überlegene Technologie, die wird schon nicht schlecht geredet….

Wer hat den Schlamassel verursacht?

Autokonzerne und Entscheider, die mangels Ideenreichtum und Investitionsbereitschaft es nicht geschafft haben, das Elektroauto in Deutschland zu kultivieren und jetzt alle anderen Nationen mal wieder stärker und schneller dabei sind (USA, China…) Und jetzt muss wieder die staatliche Brechstange her: Komm, wir verbieten irgendwas! Komm wir lassen uns vom Staat helfen und loben eine Elektroauto-Prämie aus… (die aber leider nichts mehr bringt, weil die Karre so tief im Matsch steckt).

Blaue Plakette, Software-Updates, Euro 6- Normen…. Stickoxide… merkt ihr nicht, wie lächerlich das alles klingt.. Und an die wahren Verursacher von Feinstaub… Kraftwerke, Industrie, Containerschiffe, Kreuzfahrt-Boom, etc… da denkt mal wieder keiner dran.

Hier gibt es einen schönen Link, in dem man nachlesen kann, wie die Feinstaubbelastung in Deutschland ist, wie sie sich verändert hat und was die primären Quellen sind: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/…/3565.pdf

Nimmt man nur mal die Grafiken auf Seite 8: Der Anteil des Feinstaubes lag 1990 bei ca. 1900 kt und ist bis 2003 auf ca. 390 kt gesunken! Der Anteil des Verkehrs ist nach der Grafik fast immer gleich geblieben, der Anteil der Energiewirtschaft (vermutlich Kohlekraftwerke) deutlich zurück gegangen. Das verarbeitende Gewerbe produziert so gut wie gar kein Feinstaub mehr! Nach dem Text ging die Belastung in Deutschland zwischen 1990 und 2003 um 86 Prozent zurück.

Jetzt noch den – sowieso geringen- Verkehrsanteil zu minimieren klingt nach deutscher Perfektion und Gründlichkeit: Kann man machen, muss aber nicht sein.

Ach und außerdem sind es die Reifen, nicht die Abgase.

Wir Deutschen sind in unserem kleinen Land und denken wir retten die Welt.

Dabei zerstören wir uns nur selbst und haben auch noch Spaß dabei.

Ungute Entwicklungen werfen ihre Schatten voraus

Ich habe mir vor ein paar Tagen die Vereidigung von Donald Trump im Fernsehen angesehen.
Es war ja gut, dass sie auf einigen Fernsehsendern live übertragen wurde. Und immerhin hat mich dieser „president elect“ dazu gebracht, mir so eine Vereidigung mal anzusehen. Bei allen anderen vorherigen Präsidenten der USA hatte es mich nie interessiert.

Es ist schon einiges dazu geschrieben worden, u.a. hat man festgestellt, dass es bei Trump weniger Besucher als bei seinem Vorgänger Obama gab.
Bestimmte Fernsehbild-Einstellungen konnten das genau beweisen, der Platz war weniger stark gefüllt als bei Obama. Darauf wurde dann von einer Beraterin Trumps gekontert, sie hätte „alternative Fakten“ dazu, das erste Unwort des Jahres war geboren.

Und so geht es derweil munter weiter mit den politischen Besonderheiten und anstößigen Entscheidungen, die durch die Medien wabern. Trump sorgt für Aufsehen und für Skandale. Er erweist sich als „Mann der Tat“ und mit seinen Präsidenten-Erlassen setzt er Dinge nur mit einer Unterschrift und in einem atemberaubenden Tempo in Gang, so dass viele Menschen überrascht sind und sich fast schon überrumpelt fühlen. In nur wenigen Tagen hat er sehr viele heiße Eisen angefasst und sich seine eigenen „Fakten“ geschaffen:

Er will jetzt die Mauer nach Mexiko bauen, die Mexikaner sollen die Mauer selbst bezahlen (notfalls mit Strafzöllen), er erlässt ein Einreiseverbot für bestimmte muslimische Länder, und auch für die internationale Handelspolitik zeichnen sich dunkle Wolken am Horizont ab.

  • Das Handelsabkommen TPP hat er bereits zurückgezogen und weitere Verschärfungen in dieser Richtung sind zu vermuten.
  • Eine der größten Errungenschaften von Obama, die Gesundheitsvorsorge für alle („Obamacare“) hat er fast am ersten Tag zurückgezogen.
  • Auffällig ist auch, dass schon am ersten Tage bestimmte Bekenntnisse zu Schwulen und Lesben von der Webseite entfernt worden sind und
  • er ein Gegner der Abtreibung ist
  • Zudem ist er kein Freund des Klimawandels und
  • lässt weiter Pipelines nach Kanada bauen

Alles in allem eine schlechte Woche für Leute, die sich progressive und fortschrittlich-liberale Werte in den USA und der Welt wünschen! Politisch kippt die USA nach rechts, aber menschlich scheint sie sogar nach hinten oder nach „unten“ zu kippen.

Wie ist das alles in nur so kurzer Zeit möglich gewesen? Warum gibt es nicht mehr Widerstand von den Bürgern in den USA?
Immerhin ist Trump ja ein „gewählter Präsident“ und er hat all diese Dinge, die er jetzt umsetzt, auch angekündigt. D.h. man wusste vorher, was einen mit ihm erwartet. Man muss ihm eins lassen, er ist konsequent. Er hat die Dinge angekündigt und er beschließt sie jetzt einfach.
Er ist aber auch zutiefst undemokratisch. Demokratie besteht ja im „gemeinsamen Beschließen und Diskutieren“ von Dingen. Und erst nach dem sorgfältigen Abwägen aller Interessengruppen sollte dann eine Entscheidung getroffen werden, die möglichst allen nutzen und die wiederum von einer Mehrheit getragen wird.

Aber wieviel Demokratie war bei Trump im Spiel? Er hat sich ja im Wahlkampf schon sehr unfair gegeben. Tlw. mit Lügen und Beschimpfungen und wilden Versprechungen gearbeitet. Niemand konnte oder wollte ihn stoppen. Man hat einfach den „starken Mann“ gewähren lassen.
Und dieser starke Mann hat sich immer weiter durchgesetzt und die Bevölkerung vor den Fernsehschirmen begeistert. Es ist traurig, wenn es nicht so real wäre und „so gut funktionieren“ würde.

Wenn man sich nur ein bisschen für Politik interessiert, dann sollte einem auffallen, wie krass und außerordentlich dieses Geschehen in den USA derzeit ist. Ich befürchte, die amerikansiche Verfassung wird auf eine harte Probe gestellt, denn sie wird mit einer autokratischen (und durchweg un-demokratischen) Führerpersönlichkeit konfrontiert. Jemand der so stark und verbohrt ist, wie es noch keiner vor ihm war. Jemand der Folter gutheißt, eine „schöne Mauer bauen möchte“ und auf die Medien schimpft. Trump ist in seiner Art auf dem besten Weg, der erste Diktator der USA zu werden. Und niemand stoppt ihn! Niemand fällt es anscheinend auf, was da derzeit abgeht.

Klar, es gab Proteste. Allerdings nur am ersten Tag. Was ist jetzt los in den USA? Glaubt man immer noch, dass das Amt den Präsidenten formen wird? Glaubt oder hofft man darauf, dass es von selbst besser wird?

Ich glaube das nicht. Immer wieder gehen mir diese Fernsehbilder von der Vereidigung durch den Kopf. Der emotionale Gehalt dieser Bilder und auch der Ton der Rede war befremdlich und lässt mich nichts gutes erahnen.

Hier der starke, charismatische Führer, der von sich selbst extrem überzeugt ist. Ein Narzisst mit dem unbegrenzen Willen zur Macht.
Jemand, der seine grotesken Einfälle mit Twitter in die Welt setzt und damit die Medien-Maschinerie aushebelt. Jemand, der sich vermutlich auch nicht für die Medien interessiert, wenn sie nichts positives über IHN schreiben. Und daneben diese seltsamen Frauenfiguren auf der Bühne. Über diese wurde noch nicht viel geschrieben, sie sind etwas aus dem Fokus geraten. Aber sie verraten ebenso viel über Trump und seine Denkweise. Die Frauen um ihn herum sind auffallend hübsch und zurechtgemacht. Wie Barbiepuppen ohne eigenen Willen stehen sie auf der Bühne. Die Miene regungslos, fast einzementiert. Das Äußere sehr wohl hübsch und ausgefeilt, fast schon perfektionistisch. Aber irgendwie nicht „lebendig“. Nur ein Lächeln aufgesetzt, wie andere einen Hut aufsetzen. Künstlich, unmenschlich, kalkulierend. Sie sind alle Produkt und Ergebnis einer Gesellschaft. Der Mächtigste gewinnt, der skrupellose hat den Vorteil. Als Frau hat man nur eine Chance, wenn man sich knallhart anpasst und nur auf die Karte „hübsches Püppchen“ setzt. Sind das die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte in unserer Kultur? Ich dachte, wir wären da schon weiter! Aber Amerika scheint den Zeitstrahl rückwärts zu laufen, zurück in die 50er Jahre, als die Rollenbilder noch klar verteilt waren, als er Verlässlichkeit und Sicherheit gab und der allgegenwärtige „Kalte Krieg“ und die nukleare Bedrohung der kalte Stahl war, an dem sich alle festklammern konnten.

Gesellschaftspolitisch gibt es viel Spielraum für Interpretationen. Die Menschen haben vermutlich Angst vor der Moderne, Angst vor der Globalisierung und den unsicheren Zeiten, die überall entstanden sind.
Auch die „deutsche Flüchtlingskrise“ hat ihren Teil dazu beigetragen. Anstatt dass die Staaten auf der Erde die humanen Entscheidungen Angela Merkels zum Vorbild nehmen und nun frei von allen Schranken Menschen in ihre Länder aufnehmen, passiert das Gegenteil! Großbritannien will auch deshalb aus der EU austreten, weil sie wieder Kontrolle über die Einwanderung zurückgewinnen wollen. Und dass Donald Trump kein Freund dieser Einwanderungspolitik ist, hat er schon mehrfach gesagt („Merkel hat all diese Illegalen ins Land gelassen“) und nun auch mit den ersten Erlassen schon in die Tat umgesetzt.

Wo hat das Unheil seinen Anfang genommen? In den globalen Krisen, im Hunger und Elend dieser Welt? Oder in der enormen Verschuldung der Länder und den finanziellen Verschärfungen durch die Finanzkrise?

Und die viel wichtigere Frage derzeit lautet: Wo wird das ganze enden?

Wahl in den USA -2

Wähleranalyse und Gedanken zur Persönlichkeit des Wahlsiegers

Ich glaube, dass es zu einfach ist, wenn man Donald Trumps Erfolg nur auf die Wahlentscheidung einer fehlgeleiteten, weißen Unterschicht „ohne Collegeabschluss“ schiebt. Sicherlich mag das am Wahlausgang einiges verändert und Hillary Clinton entscheidende Wählerstimmen gekostet haben. 72 % der Wähler waren weiß und hatten keinen College-Abschluss. (Quelle)
Erschreckend finde ich bei der ersten Wahlanalyse aber, dass durchaus auch Frauen und Latinos sich für Trump entschieden haben. Obwohl er diese ja lautstark und offensiv beleidigt hat. So haben sich immerhin 42% der weiblichen Wähler für Trump entschieden und 29% der Wähler waren Latinos.

Was sagt also dieser Erfolg über die Psyche der Wähler aus? „Die Schafe wählen ihren Metzger selbst“, anders kann man es -glaube ich- nicht formulieren. In der Wahlentscheidung für einen Präsidenten, der höchstwahrscheinlich zu ihrem eigenen Nachteil handeln wird, kann doch nur so etwas wie der Wille zur Demütigung und Bestrafung stecken. Wo die Gesellschaft auf der einen Seite durch falsche Erziehung und Vorbilder Narzissten und Egoisten wie Trump hervorbringt, muss es auf der anderen Seite auch Verlierer und Masochisten geben- die die Unterdrückung und Ungleichheit schon so sehr verinnerlicht haben, dass sie das Kreuz an der falschen Stelle machen.
Bei der Wahl war aber auch viel Protest im Spiel, was man an der Verteilung der Wahlgründe sieht. Hier geben 70% der Wähler an, dass sie Trump gewählt haben, weil er für einen Wandel sorgt. Erfahrung hat man Clinton immerhin mit 40% zugesprochen, aber Trump nur 3%.

Die Leute wissen also, dass Trump sehr wenig Erfahrung für den Job mitbringt, und wählen ihn trotzdem?

Hier kann man indirekt auch einen starken Geschlechterunterschied in der Bewertung von Führungspersönlichkeiten und allgemeiner Kompetenz ausmachen. Wo dem polternden, aggressiven Mann ein großer Vertrauensvorschuss entgegen gebracht wird, kann die Frau trotz ihres großen Wissens und ihrer Erfahrung sich nicht durchsetzen. Die Menschen wissen zwar, dass Clinton mehr Erfahrung hat, auch ihr Urteilsvermögen wird höher eingeschätzt (27% vs 11%).
Das „Gefühl“ setzt aber dennoch auf den starken Mann. Die Masse vertraut, dass er sich mit seinen Ellenbogen und seiner Aggressivität durchsetzen wird und ihrgendwie in den Job reinwachsen wird. Er soll die Kohlen für die abgehängten Amerikaner aus dem Feuer holen. In der Erziehung denke ich hier an Eltern, die den Jungen vor die Tür setzen, ihn hart ran nehmen und darauf vertrauen, dass er seinen Weg selbst findet- wohingegen die Mädchen eher vor negativen Erfahrungen und großer Stress-Berührung in Schutz genommen werden und man ihnen das sowieso auch nicht zutraut.

Es ist so offensichtlich das Donald Trump „nicht ganz normal“ ist, um es vorsichtig zu formulieren.
Googlet man nach der Psyche von Trump oder einer möglichen Psychoanalyse, dann stößt man ganz schnell auf den Begriff des „Narzissten“, also dem selbstverliebten Menschen, der nichts kennt außer sich selbst und sein Spiegelbild.

Es gibt einige Texte über den narzisstischen Trump, z.B. diesen hier,  der die These aufstellt, dass der Narzissmus einer prominenten Person auch einen Stellvertreter-Komplex lösen kann. Man sieht also in der Befriedigung des Narzissmuses eines anderen, seinen eigenen Narzissmus befriedigt. Zu dieser Erkenntnis kommt auch dieser Text, der gleich die ganze Kultur als narzisstisch gestört betrachtet.  Allerdings wurde das vom Sozialkritiker und Autor Christopher Lasch schon 1979 erkannt und vorhergesagt.

Einen interessanten Hinweis auf die extrem selbstverliebte Persönlichkeit findet man auch in diesem Artikel.
Zitat: „Selbstspiegelnd ist auch seine „Literatur“. Das Einzige, das er liest, sind Artikel über sich selbst. Diese werden von einem Team gesammelt und ihm als Morgenlektüre präsentiert, wie ein ehemaliger Angestellter berichtet.

Zu guter Letzt habe ich mir noch die berühmte Liste mit Beleidigungen vorgenommen, die vor kurzem von der New York Times veröffentlicht wurde. Hier wurden alle verbalen Entgleisungen Donald Trumps gegenüber „Personen, Orten und Dingen“ übersichtlich aufgelistet.

Entgleisungen, die „recent“ , also unlängst passiert sind, haben eine starke grüne Farbe, alles andere ist schwächer markiert oder weiß.

Beim Lesen der Beleidigungen musste ich erstmal das Wörterbuch zur Rate ziehen, denn viele Begriffe kenne ich aus dem Schulenglisch nicht. Für die werten BlogleserInnen folgt hier eine kurze Auflistung von verwendeten Wörtern Trumps und meine Übersetzung, die ich mit Hilfe von Leo nachgeschlagen habe.

Hillary Clinton kommt vor allem vor mit „crooked“ , was soviel wie „betrügerisch“ oder „schief“ bedeutet. Er attestiert ihr „schrecklich“ zu sein, dass sie „seit 30 Jahren scheitert“ und zu „schwach zum führen“ sei.

Andere Begriffe, die vorkommen sind z.B. :

phoney = Schwindler/ erfunden, gefälscht
biased = befangen, voreingenommen
dopey= blöd, dämlich
dumb = vereinfachen / geistiges Niveau senken
wacko= Spinner
dishonest = unehrlich
lightweight reporter= „Dünnbrettbohrer“ oder Leichtgewicht
overrated= überschätzt
thugs = Verbrecher
horrendous = entsetzlich, abscheulich
rambling = weitschweifig, schwafelnd
fraud = Betrug

political pundits = politischer Kritiker / Fachgelehrter (evt. abschätzig)
deadpan = Pokerface
media rigged / rigged = aufgetakelt
made-up = erlogen
flamboyant = grell, auffallend (über die Rede von Ted Cruz)
ridiculous = lächerlich
no guts, no glory = kein Mumm, kein Erfolg (über das Kaufhaus Macy)

Was kann man von jemanden denken, der solche verletzenden Worte massenhaft benutzt, und das meistens nur zum Zweck andere zu schwächen und zu diskreditieren? Er hat sein Ego an erster Stelle gesetzt und wertet nun alle ab, die ihm irgendwie schaden wollen oder kritisieren.
Somit ist er weit von einer demokratischen Basis entfernt, die ja Lösungen immer mit Hilfe von Diplomatie, Abwägungen, Abschätzungen und Diskussion zu lösen versucht. Beleidigungen sollten im demokratischen Alltag die absolute Ausnahme sein.

Wenn man in seinen Gegenübern aber von vornherein nur Feinde sieht, die man gerne beleidigen und schlecht machen würde, wird es niemals zu einer Diskussion oder gar einer konstruktiven Politik kommen. Wenn Trump seine ganze Schlangenhaut abstreift und sich plötzlich im weißen Haus ändern würde, würde das ja bedeuten, dass „das Amt den Präsidenten“ ändert. Aber bei der Bereitschaft zur inneren Änderung habe ich bei einem 70-jährigen Milliardär, der seinen ganzen Erfolg seiner aggressiven und egoistischen Attitüde verdankt, große Zweifel.

Es kann sein, dass einem Politiker unter Druck mal eine Beleidigung „herausrutscht“, aber es darf niemals zum täglichen Tagesgeschäft gehören. Mit so einer Einstellung wird sich Trump kaum Freunde machen und kaum vernünftig im Politikbetrieb interagieren können. Bezeichnend ist z.B. auch, dass fast keiner Europa-Politiker je Kontakt mit ihm hatte. Er ist also ein absoluter Neuling, ein unberechenbarer Faktor an der Spitze der mächtigsten Nation der Erde.

Wahl in den USA

Gestern abend habe ich mir noch diverse Sondersendungen im TV über die Wahl in den USA angeschaut. Schon seit längerer Zeit kommen im Fernsehen darüber viele Berichte und auch die Online-Medien sind voll mit Berichterstattungen. (z.B. diese oder diese) Der Grund-Tenor ist eigentlich immer gleich: Trump ist der irre Populist, den sowieso keiner ernst nehmen kann und Hillary Clinton die verbissene Musterschülerin, die bestimmt alles weiß, aber irgendwie keine Sympathie bekommt (ein Problem vieler mächtiger und intelligenter Frauen). Vor allem in den Biografien der einzelnen Präsidentschaftskandidaten wurde das nochmal ziemlich deutlich, wie sehr sich beide unterscheiden.

Trump ist eher jemand, der sich mit Ellenbogen und Skrupellosigkeit, mit Betrügereien und Egoismus durchgesetzt hat- wohingegen Clinton mehr auf Aufstieg durch Bildung, Heirat eines erfolgreichen Ehemanns und gute Kontakte in die Politiker-und Machtebene der USA gesetzt hat.

Und weil ja „Trump keiner ernst nehmen kann“ und er bei den Deutschen (und Europäern) sowieso recht unbebliebt ist, habe ich mir dann die „lange Wahlnacht“ weder bei ARD noch ZDF angetan und bin zeitig schlafen gegangen. Ich hatte noch überlegt, ob ich Wetten auf Hillary Clinton abschließen sollte, so sicher war ich gestern abend, dass sie gewinnt. Die Umfragen vor der Wahl sprachen eine eindeutige Sprache, sie lag klar vor Trump. Auch das fiese Hereingrätschen des FBI kurz vor der Wahl sollte sie nicht mehr vom Sockel holen, so dachte ich mir. Die Intelligenz, die Moral, die Erfahrung und die weibliche Ausstrahlung einer sympathischen Kandidatin wird das Rennen klar gewinnen, so dachte ich mir gestern abend noch. Es kann gar nicht anders sein. Wenn es anders kommt, dann muss die Welt in einer schweren Krise sein. Aber nicht nur in einer wirtschaftlichen, finanziellen oder „Globalisierten Krise“, sondern in einer echten moralischen, menschlichen Krise. Wenn dieser Hetzer gegen Minderheiten, gegen Frauen, derjenige, der eine Mauer bauen möchte und auf offener Bühne seinen Steuerbetrug zugibt und damit droht „er könne jemand erschießen, ohne dafür belangt zu werden“, die Wahl gewinnt, weil er für „offen und ehrlicher“ gehalten wird… dann würde mein Weltbild schwer erschüttert und enttäuscht werden.

Und als ich heute morgen aufgewacht bin, war der erste Griff zum Smartphone und den aktuellen News… und mein Weltbild wurde schwer erschüttert.

Was soll man zu diesem Ergebnis sagen? Freuen kann ich mich bestimmt nicht. Da es nicht „meine Wahl“ in „meinem Land“ ist, traue ich mich bei den USA-Wahlen viel eher zu einer klaren Meinung. Diesmal ist es doch viel zu leicht. Wie kann jemand wie Trump gewinnen?

Bei einer sehr interessanten Reportage wurde vor ein paar Tagen die Situation ehemaliger Stahlarbeiter in den ländlichen Staaten der USA beleuchtet. Bis dahin war mir z.B. überhaupt nicht klar, wie schlimm die Stahlkrise die USA getroffen hat. Dass in den USA schon länger nicht mehr soviel Autos produziert werden, wie z.B. in den 80er und 90er Jahren, das wusste ich irgendwie. Da gab es auch immer mal wieder Hinweise in den Online-Medien, der Rest des wirtschaftlichen Wandels wurde aber nur selten beleuchtet.

Und dann sitzen da dickbäuchige, weiße Männer mit Tattoos aus der unteren Mittelschicht auf ihren Harleys und klagen darüber, dass sich früher die „harte Arbeit“ im Stahlwerk gelohnt hat, dass das jetzt aber kein Leben mehr sei. Entweder sie bekommen so etwas wie Sozialhilfe oder sie haben viel schlechter bezahlte, prekäre Jobs. Und sie glauben tatsächlich an diese alten Zeiten und dass es jemand wie Trump schaffen kann, die Zeit wieder zurück zu drehen und ihnen die Industrialisierung der 70er Jahre zurückbringen kann. Sie glauben, dass jemand, der sein Leben lang immer nur an sich gedacht hat, plötzlich seine soziale Ader entdeckt und ihnen Aufstieg, Wohlstand und Erfolg schenken wird?

Von diesen abgehängten, weißen Männern scheint es eine Menge zu geben, denn Trump konnte selten wie nie mobilisieren. Trump hat eine Begeisterung geweckt, aber der Funke ist bei Clinton nie so recht über gesprungen. Ihr fehlt eine gewisse „Leidenschaftlichkeit“, die für den amerikanischen Präsidentenwahlkampf so wichtig ist. Diese Wahl war vom Fernsehen, von Gefühlen und gefälschten Bildern (teils offenen Lügen) geprägter als je zuvor. Man kann wirklich an der Intelligenz der Menschen zweifeln, wenn es weiterhin in diese Richtung gehen sollte!

Die Männer der unteren Mittelschicht tragen dann T-Shirts auf denen sowas wie „Clinton in jail“ oder andere harte Parolen stehen. Clinton wird generell viel weniger gemocht, sie steht für die abgehobene „Politikerkaste“, der immer weniger vertraut wird. Und dass sie ein Frau ist, das spielt unbewusst bestimmt auch eine Rolle. Wie soll eine Frau von der Uni die Belange der weißen, ungebildeten, männlichen Arbeiter verstehen? Das kann natürlich ein Mann von der Uni, der einen reichen Vater hatte (eine Million Startkapital) und auf einer privaten Miltärakademie ausgebildet wurde, natürlich viel besser…. In Sport war Trump gut, dort hatte er die ersten Erfolge, aber als es um die Einberufung in den Vietnam-Krieg ging, da konnte er sich irgendwie untauglich schreiben lassen

In einer anderen Einstellung werden Waffennarren gezeigt, die von einem ehemaligen Colonel ausgebildet werden und natürlich alle für Trump sind, weil Clinton ihnen ja die Waffen wegnehmen möchte. An der Stelle wird es sehr schwierig, sich als Deutsche in die Amerikaner hinein zu versetzen, weil wir hier ein völlig anderes Verständnis für „Waffenkultur“ und Gewalt im Allgemeinen haben.

In dieser Wahl konnte sich das liberale Amerika, das man meistens in den Städten und an der Küste findet, nicht richtig durchsetzen.

So beschreibt es auch Martin Schulz in diesem interessanten Video .

Man muss jetzt noch viel intensiver auf die Ursachen schauen. Wenn nicht der „Brexit“ schon ein Weckruf war, dann ist es dieser Wahlausgang in jedem Falle. Die westliche Welt fängt an, in der Mitte auseinander zu brechen und ihre moralische und demokratische Grundlage zu verlieren. Dies ist höchst gefährlich, weil am Ende des Weges nur Scherben und Unglück stehen können.

Welche Entwicklungen führen dazu, dass sich Menschen für Populisten entscheiden? Dass eher dem Hass und dem harten Ruck die Stimme gegeben wird, aber nicht der abgeklärten Sachpolitik, die im tatsächlichen Politikalltag vermutlich besser zurechtkommen würde?

Denn wirtschaftlichen Wandel und das Entstehen von „abgehängten Klassen“, die einen Hass auf Politiker bekommen und sich radikal entscheiden, gibt es im Moment leider überall.

Der kleine Riss, der langsam größer wird

Die Nachrichtenlage

Ich bin immer noch etwas erschüttert über die Nachrichtenlage der letzten Woche. Da ist einfach zuviel passiert. Und je mehr passiert, desto weniger hab ich das Gefühl, die richtigen Worte finden zu können.

Die Welt ist im Wandel, so scheint es mir. Phänomene wie die Überbevölkerung, Kampf um Ressourcen und der Klimawandel verdichten sich auch auf gesellschaftlicher, menschlicher Ebene zu immer neuen Tragödien. Die Welt ist kleiner geworden und mit den modernen Reisemitteln schrumpft alles enger zusammen. Die Konflikte werden dadurch deutlicher, sichtbarer und größer.

Sicherlich werden durch die Medien die Ereignisse verkürzt und komprimiert. Wenn man all das Gute weglässt und sich nur auf das Negative konzentriert, muss die Sicht zwangsläufig negativ werden. So ist mir heute das Bild der Nachrichtensprecherin in Erinnerung, die den Zuschauern einen schönen Abend wünscht und sich fast entschuldigt „über diese turbulente Nachrichtenwoche“. Aber doch, in ihren Augen ist kein echtes Bedauern, kein echtes Mitgefühl für den geplagten Zuschauer. Denn viele schlechte Nachrichten sind ja auch der Nährboden ihrer eigenen Arbeit.

Manchmal ist es dann hilfreich, sich zurückzulehnen, die Augen zu schließen und positive Ereignisse in die Erinnerung zu rufen. Sonst wird man von all den negativen Bildern vergiftet und runtergezogen.

Trotz alledem schwebt über der allgemeinen Nachrichtenlage dieses Gefühl, dass wir in einer besonderes Zeit leben, in einer Zeit der Umbrüche. Kleine Risse gehen auf und werden immer größer. Wir stehen mitten auf diesen Rissen und können die Lage nicht objektiv beurteilen.

Adé du schöne Zeit

Vielleicht werden wir in ein paar Jahrhunderten auf diese Phase zwischen 1945 und 2005 zurückblicken und sagen, „was für eine schöne Zeit das gewesen ist“. Neben den ständigen Konflikten, Kriegen und Umbrüchen die Europa stets erlebte, hatten wir ja einmal 60 Jahre eine außerordentliche Blütezeit. Kriege schienen überwunden, Hindernisse und Schranken zwischen den Völkern wurden überwunden, Deutschland wurde wiedervereint und am Ende war sogar die schlimmste Bedrohungslage überhaupt überwunden: Der kalte Krieg war vorbei und alle wurden vernünftig.

Jetzt aber, im Jahre 2016 scheint dieses fragile Gleichgewicht wieder zu kippen. Ein Mitauslöser war sicherlich die globale Finanzkrise, die speziell Europa sehr getroffen hat. Wirtschaftliches Ungleichgewicht und Bankenkrisen treffen die Menschen ganz besonders hart. In Griechenland wurde das sehr deutlich. Und die Opfer sind mal wieder die Falschen. Auch in Deutschland werden die Bürger getroffen, aber unsichtbarer und mehr über die Steuerbelastung und die niedrigen Zinsen.

Weil aber dennoch ein diffuses Gefühl der Angst und Skepsis gegenüber den Mächtigen vorherrscht, entstehen dann solche groteske Szenarien wie der Brexit. Menschen lassen sich aufhetzen und von den Medien manipulieren. Am Ende kracht der ganze Elfenbeinturm zusammen.

Und wenn Großbritannien erst der Anfang war? Was machen wir, wenn jetzt auch noch die Niederlande, Österreich, Polen oder andere Länder aus Europa austreten? Was machen wir mit einer Le Pen in Frankreich oder der AFD in Deutschland? Wenn solche Parteien stärker werden, bleibt uns nichts anderes übrig als der Zerfall.

Auch sicherheitspolitisch ist eine unsichere Türkei „an unseren Außengrenzen“ kein beruhigendes Gefühl. Oder ein Putin, der nach eigenem Ermessen getarnte Truppen über die Grenze schickt und einfach mal so ein Land besetzt.

Der Terror in den Köpfen

Zu allem Übel kommen jetzt noch die „Religionskriege“ und die Konflikte mit extremistischen IS-Kämpfern und die Terroranschläge.

Diese verwundern mich am allermeisten. Ich bin die ganze Zeit am Überlegen, welche Motivation Menschen haben, die so etwas tun? Ich versuche mich die ganze Zeit in sie hineinzuversetzen und eine rationale Begründung zu finden, aber ich finde keine. Wie kommt man auf die Idee, sich in einen LKW zu setzen und in eine Menschenmasse zu rasen, die gerade friedlich ein Feuerwerk angeschaut hat? Was muss im Gehirn alles schiefgegangen sein, dass so etwas passiert? Schlummern überall um uns herum Psychopathen? Oder reicht ein Psychopath auf eine Million, um eine Gesellschaft innerlich zerbrechen zu lassen?

Rational werden die Anschläge der letzten Zeit (Paris, Nizza, Brüssel, etc.) mit dem islamistischen Terrorismus begründet.
Man sagt, sie machen es aus Glaubensgründen, weil sie die Ungläubigen bestrafen oder vernichten wollen.
Allein hier krankt schon die Logik. Denn wenn sie gegen alle Ungläubigen wären, müssten sie auch konsequent alle vernichten. Da war Hitler mit seiner kranken „Säuberungsideologie“ ja schon weiter. Aber was bringt hier und da ein Terroranschlag, wenn man „gegen alle Ungläubigen“ ist?

Man sagt, sie wollen Angst und Hass verbreiten und die friedlichen westlichen Gesellschaften in einen Krieg ziehen und zu heftigen Gegenreaktionen zwingen. Das erscheint mir schon logischer, denn hier herrschen weltliche Motive vor. Wenn man eine Organisation ist, die gerade militärisch in die Enge getrieben wird, wird man mit aller Macht um Anerkennung und Einfluss kämpfen. Und wie so oft, sind die schrecklichsten und grausamsten Mittel die „effektivsten“, um den eigenen Untergang noch irgendwie abfangen zu können.

Lass uns Terrorist werden

Das wirklich Gefährliche ist aber der geistige Virus, der gesät wird. Man hat durch die vielen Terroranschläge schon fast das Gefühl, dass sie ein „Trend“ werden. Dass sie richtig chic werden. Und die Terroristen stehen sich ständig in den Medien! Werden mit Bildern und Namen gezeigt, man interessiert sich plötzlich für sie. Sie werden kleine Stars. Nicht, weil sie großes geleistet oder der Menschheit mit Frieden und Intelligenz gedient haben. Nein, sie werden Stars, weil sie andere Menschen auf bestialische Weise umbringen. Und das ist das Gefährliche. Hier kann so etwas wie eine „Ansteckung“ entstehen. Menschen werden dazu verleitet, ähnliches zu tun.

Der Attentäter von Nizza z.B. soll sich „blitz-radikalisiert“ haben. Der Vater berichtet sichtlich aufgelöst (und fassungslos) vor den Kameras, dass sein Junge überhaupt nicht religiös gewesen ist. Und dann, innerhalb von nur einer Woche ließ er sich einen Bart wachsen und alles in ihm explodierte?

Daran sieht man, dass die grauenvolle Idelogie einer Terror-Organisation wie dem IS ein Kanal sein kann. Ein Ventil für eigenes Versagen, für eigene unterdrückte Bedürfnisse, für eigenes Scheitern, für eigenen Sadismus und den latenten Bedürfnis, anderen Menschen zu schaden. Nicht die Religion ist der gemeinsame Feind der gesunden, freien Gesellschaft, sondern die menschliche Psyche mit all ihren Stolperstellen und inneren Trugbildern.

Lösungen?

Die Gewalt als einziger attraktiver Ausweg für junge Menschen, die dem Islam angehören, ist das Fatale. Hier muss die Gesellschaft ansetzen und Antworten finden. Der Islam und alle Ländern, die ihm angehören, muss insgesamt aus der Krise.
Er muss sich selbst reformieren. Er muss endlich mal kritische Fragen und Selbst-Reflexion zulassen. Die Rolle der Männer und die Gewaltherrschaft des Patriarchs muss hinterfragt werden. Auch von deutschen Feministinnen. Denn schließlich sind wir es ja „im Westen“ die sich frei, aufgeklärt und losgelöst von allen dunklen Seiten des Mittelalters wähnen.

Aber vielleicht müssen auch wir wieder etwas lernen. Über streng ausgeübte Religion, über klare, unveränderliche Familienstrukturen, über männliche Dominanz und die Verbindung von Religion und Staat.

Wenn Menschen, die aus repressiven und unfreien Ländern wie in Nordafrika kommen und auf eine freie, westliche, „weibliche“ Gesellschaft stoßen, müssen sie in ein Vakuum vordringen. Diese westliche Welt wird nach völlig anderen Maßstäben geregelt. Hier setzt sich nicht der stärkste und der lauteste durch. Auch die Männer zählen hier nicht soviel wie in vielen anderen islamischen Ländern. Sie können keine Frauen „besitzen“. Hier herrscht Gleichberechtigung und Diplomatie. Es ist nur klar, dass das viele überfordert.

Wenn man mit diesen Herausforderungen seelisch und pragmatisch nicht klarkommt, ist es viel leichter auf die alten, bewährten Lösungen des Hasses und der Gewalt zu setzen. Sie sind vielleicht nicht „anerkannt“, aber sie funktionieren.

Daher denke ich auch nicht, dass man den Terrorismus mit mehr Sicherheit, mehr Polizei oder anderen Mitteln begrenzen oder eindämmen kann. Der Terrorismus ist ein Spannungsfeld unterschiedlicher Gesellschaftsformen und unterschiedlicher (männlicher) Selbst-Definitionen und Selbst-Bilder. Dieses Spannungsfeld wird noch lange bestehen. Es kann nur abgebaut werden, wenn die Gesellschaften und Länder voneinander lernen, wenn sie sich gewissermaßen an die Eigenheiten der anderen anpassen und eine Dialogmöglichkeit finden. Wenn es Spannungen gibt, muss es auch einen „Druckausgleich“ geben.

Dass das „religiöse Spannungsfeld“ von einer wirtschaftlichen Ungleichheit (Armut) und einer Ungleichheit von inneren Entwicklungszuständen (Mangelnde Aufklärung, Demokratie-Defizite) mitgenährt wird, ist ebenso offensichtlich. Also muss die Politik hier mit geeigneten Mitteln der Entwicklungshilfe Lösungen finden.

Gelungene Integration im Rampenlicht

Man redet immer über den einen nicht-integrierten, über den einen Terroristen. Aber was ist mit den tausend eingewanderten Asylanten, bei denen die Integration super geklappt hat? Die erfolgreich zwei Kulturen leben? Die Freunde mit den Deutschen haben, unsere Sprache lernen und uns wiederum mit ihrer Kultur bereichern? Das sind Beispiele für gelungenes Nebeneinander und Miteinander. Man muss die guten Beispiele nähren, dann haben die negativen keinen Platz mehr.

Es ist auch eine Illusion zu glauben, wir könnten in die Weltordnung von 1950 zurück. Als jeder in seinem eigenen Land gelebt hat, die Grenzen zu waren und die „Moslems“ weit weg waren. Diese Zeit wird nicht mehr kommen. Wir profitieren von den Chancen der Globalisierung und der zusammengewachsenen Welt, jetzt müssen wir uns auch endlich den Risiken und Gefahren stellen. Die Welt des 21. Jahrhunderts kann sich keine Abschottung und keine geistigen Mauern mehr erlauben. Dazu ist es zu spät.

Einfach nur den Kopf in den Sand stecken und hoffen, dass der Kelch des Terrorismus an uns vorübergeht, wenn wir nur schön still halten, wird nicht reichen.

Und zum Ende kommt die Demut

Es gab ein britisches Referendum und die Einwohner haben für einen „Brexit“ gestimmt! Die gute Nachricht daran? Es gab ein Referendum. Das Volk wurde endlich mal gefragt. Und es hat das Bürokratie-Monster EU abgewählt. Die einfachen Leute vom Land und die Älteren haben den mächtigen Strippenziehern von Brüssel gezeigt, dass sie keinen Bock mehr auf sie haben. Sie haben das Finanzkapital und die „alternativlose“ Globalisierung und die Vergesellschaftung von Risiken abgewählt. Und jetzt? Sind alle ganz furchtbar überrascht, was da passiert ist. Die EU-Politiker wollen Großbritannien möglichst schnell aus der EU drängen, damit dieses schlimme Beispiel „keine Schule macht“. In ihren arroganten Worten hört man, dass sie noch nichts gelernt haben. Merkel verkündet ihre Rede zum historischen Brexit-Tag leidenschaftsloser, wie sie nicht sein könnte. Doch hinter ihrer gespielten Gleichgültigkeit verbirgt sich der Horror in kleinen Stückchen.

Die EU ist schon seit längerem in einem Verfallsprozess. Es gibt äußerlich nur noch wenige Gründe, die sie zusammenhalten. Emotional gibt es nicht mehr die prägende Erfahrung von Not, Krieg und Elend, die einst zur Gründung der mächtigen Staatengemeinschaft geführt hat. Nie wieder Krieg lautete damals die Devise! Deutschland musste in seiner Selbst-Auflösung zur Gemeinschaft von seiner kollektiven Schuld gereinigt werden. Und ist bis heute mit hohen Beitragszahlungen und Leistungen in der Flüchtlingskrise der ewige Büßer für den europäischen Kontinent.
Wir haben uns an den allumfassenden Wohlstand nur allzu schnell gewöhnt. Wir „sehen“ nicht mehr, wo die EU gut für uns ist. Wie verwöhnte Kinder sehen wir nur noch das Negative. Das Jammern und Meckern und auf die Eltern schimpfen ist leicht- aber was ändern und sich im „Familienverbund“ weiterentwickeln ist schwieriger. Es erfordert Disziplin, Verzicht auf Egoismus, Mitgefühl, Altruismus und gegenseitige Liebe. Alles Werte, die derzeit keine Hoch-Konjunktur haben. Und es sind mal wieder die Menschen, jeder einzelne, der mit seinen Entscheidungen zum Guten oder Schlechten das Zünglein an der Waage bildet.

Die EU war am Ende nur noch ein Abziehbild von sich selbst. Sie überzeugt nicht mehr mit gemeinsamen Werten, hat kein echtes Fundament mehr. In der Flüchtlingskrise wurde das besonders deutlich. Wenn von innen keine Substanz mehr dagegen hält, können Kräfte von außen nur zu gut daran reiben. Die Menschen haben Angst. Angst vor unkontrollierter Einwanderung, Angst vor Terroristen, Angst vor Globalisierung und „TTIP“. Die Finanzkrise wurde nicht richtig gelöst, sondern nur verschoben. Die Konsequenz aus den besinnungslos gewordenen Banken und „Finanzzocker“ besteht darin, dass die Sicherheit und die Garantie für Wohlstand und gesunden Wachstum- die Zinsen- zerstört werden. Wer normal arbeitet und sich einen Teil anspart, wer langfristig und mäßig denkt, wird bestraft. Wer bei diesem ganzen Wahnsinn des „immer mehr“ mitmacht und auf Risiko-Renditen und immer verrückteren Bond-Hebel-Futures und sonstigen Finanzprodukte setzt, wird belohnt.

In der Flüchtlingskrise gibt es keine Einigkeit. Jeder denkt nur an sich. Die Lösung für die Krise müsste „mehr Europa“ lauten, aber sie scheitert am Egoismus der Einzelnen. Denn „Nationalismus“ und „Rechtspopulismus“ sind nur andere Worte für Engstirnigkeit und nationalem Egoismus.

Die Spalter und Wort-Zerteiler, die Angst-Macher siegen nun. Die Rechtspopulisten heizen zusammen mit den Medien die Ängste der einfachen Menschen auf. Die kritischen Stimmen werden lauter, man redet den Menschen ein, dass sie es „alleine viel besser schaffen“. Trotz regiert, wo Weitsicht und Einsicht herrschen müsste.

Die britischen Fischer meckern in einer Fernsehreportage über die „unfairen“ EU-Fangquoten und denken, dass sie ohne diese Quoten besser dastehen würden. Nur schade, dass im Meer bald keine Fische mehr sind. EU hin oder her.

Die Klimakatastrophe ist die unübersehbare Antwort auf Gier und grenzenlose Konsumlust. Die Erde verkraftet die vielen Menschen mit ihren vielen dummen Ideen immer schlechter. Und so fliegt das Elend der Welt wie ein Bumerang auf uns zurück und zerteilt unsere Einigkeit. Die glänzenden Paläste von einst verlieren bald ihren Glanz. Moos und Unkraut setzt an, wo einmal politikgetriebene Überheblichkeit und grenzenlose Macht herrschte.

Die Natur holt sich die Paläste zurück. Alles zurück auf Start. Demut und Einsicht sind die notwendigen Konsequenzen dieser Tage.

Krise der Menschlichkeit

Die „Flüchtlingskrise“ ist das Thema dieser Zeit. Seitdem die Balkan-Route geschlossen wurde, scheinen die Ströme etwas zurück zu gehen und der „Migrationsdruck“ weniger zu werden. Also können sich nun alle (verantwortlichen Politiker) entspannt zurücklehnen, abends das Feierabend-Bier genießen, sich gegenseitig auf die Schulter klopfen und sich über die erfolgreiche Arbeit freuen?

Was ist das überhaupt für eine Krise? Es wird Zeit, sich das einmal genauer anzuschauen, wovor wir uns da überhaupt fürchten und was der Kern des Problems ist:

Ein Flüchtling ist ein Mensch, der vor Not, Krieg, Terror, Armut und Perspektivlosigkeit flieht. Das ist bestimmt kein leichter Schritt, den man mal eben so macht. Es muss schon gute Gründe geben, die eigene Heimat zu verlassen und in das Unbekannte zu fliehen.

Man stelle sich das mal umgekehrt vor: In Deutschland würde Krieg herrschen, weil z.B. Russland uns angreift. Zuerst sind sie in Polen einmarschiert und haben das Land wieder zur „Sowjetunion“ gemacht und weil sie dringend ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten erweitern wollen, muss das reiche Deutschland auch noch dran glauben. Die USA drehen Däumchen und können uns gerade nicht beschützen, weil sie zuviel mit Donald Trump beschäftigt sind und er als Rechtspopulist sowieso „aus der Nato aussteigen möchte“. Die deutschen Streitkräfte wurden verkleinert oder sind nicht einsatzfähig. Die Russen haben einfach mehr Panzer und Truppen und überrollen uns.
Was würden wir machen? Würden wir unser Land verteidigen wollen, bis zum letzten Mann oder zur letzten Frau? Wenn es nichts mehr im Supermarkt gibt, weil der weggebombt ist, wo würden wir das Essen kaufen? Die Leute auf dem Land könnten sich das Essen vielleicht noch selbst anbauen, aber die Leute in den Städten haben keine Vorräte. Man würde schon am dritten Tag anfangen zu hungern oder unter Knappheit leiden.
Jemanden anrufen und um Hilfe rufen ginge nicht mehr, weil die Infrastruktur ausgefallen ist und ständig der Strom unterbrochen wird oder tagelang weg bleibt. Die Nachbarn wollen uns nichts geben, weil sie selbst wenig haben. Für Wasser muss man sich an ein paar verdreckten Brunnen anstellen. Autofahren geht auch nicht mehr, weil Autoreifen so schnell brennen und Benzin plötzlich zu teuer wurde. Die Versorgungsketten wurden von russischen Streitkräften unterbrochen und über die Häfen kommt kein Nachschub mehr. In den Straßen sind Bombenkrater, wer keinen Geländewagen hat, kann gar nicht mehr fahren. Der Zugverkehr wurde eingestellt oder für das Militär zweckentfremdet. In den Flughäfen stauen sich die Menschen, Flüge sind überlastet oder fallen alle aus.
Zu allem Übel haben sich auch noch Terroistengruppen gebildet, die jetzt raubend und mordend durch das Land ziehen und Frauen vergewaltigen. Wer würde da noch zu Hause bleiben wollen?

Die ersten Deutschen machen sich auf den Weg, aber schon in Spanien oder Italien würde man mit Argwohn betrachtet.
„Was wollen die alle hier? Wir haben schon genug Probleme und Sorgen. Bald ist der Krieg auch bei uns!“. Und sie würden anfangen, Stacheldraht abzurollen und ihr Grenzpersonal verstärken. Niemand würde die Deutschen wollen. Das sind überhaupt viel zu viele. 100 könnte man ja noch aufnehmen, aber doch bitte nicht Millionen! Die provisorischen Lager, die man den Grenzen aufgebaut hat, wären schon bald überfüllt. 80 Millionen Deutsche fliehen vor russischen Truppen, eine Völkerwanderung macht sich breit. Und wo ist noch Platz? In Afrika! Das Land hat sich in den letzten Jahren gut erholt und an seiner Infrastruktur gearbeitet. Die Menschen waren fleißig und haben in Frieden gelebt. Hier kann man gut leben. Es gibt sogar einen Sozialstaat und eine Grundversorgung für jeden Bürger. Alle wollen nach Afrika, der Kontinent mit dem guten Ruf. Auch die Deutschen. Nur leider will sie dort keiner. Sie stören. Nehmen den Wohlstand und die Arbeitsplätze weg. Sollen sie doch nach Hause gehen und ihr kaputtes Land aufbauen! Wenn sie wahre Patrioten wären, würden sie sich den Feinden in den Weg stellen und kämpfen! Aber wer nur flieht, weil er Angst hat oder Hunger, der verdient kein Mitleid…

Auch wenn das alles Fiktion ist, im Grunde wurden nur die Vorzeichen umgedreht.
Die „Flüchtlingskrise“ ist keine Krise, vor der man Angst haben sollte. Die fliehenden Menschen bedrohen uns nicht und sie nehmen uns nichts weg. Die Flüchtlingskrise kann nur so groß werden, weil sie im Kern eine Krise der Menschlichkeit ist und auf negative, menschliche Eigenschaften wie Egoismus, Hass, Neid und Geiz trifft.
Das Leid der einen, wird erst durch die Unfähigkeit der anderen zum Problem. Lange hat man die Entwicklungen in Syrien erahnen können und doch wurde zu wenig gemacht. Die Menschen waren oft jahrelang in Lagern und warteten auf das Ende des Krieges, weil es aber zu wenig materielle Unterstützung gab, machen sie sich jetzt auf den Weg. In Syrien hat sich keine westliche Macht mit Ruhm bekleckert. Hier gab es keine Bodenschätze, nichts zu gewinnen. Und wer bekommt schon einen Orden dafür, dass er die Menschlichkeit rettet?

Ca. 4 von 28 Ländern in der EU haben Flüchtlinge in größeren Zahlen aufgenommen, 25 andere aber nicht- OBWOHL es möglich gewesen wäre. Das christliche Verständnis von Mitgefühl und Teilen geht so: Wer etwas teilt, verliert nichts- er gewinnt. Jesus hat das Brot auch unter tausenden von Menschen geteilt, und obwohl zu wenig da war, hat es für alle gereicht. Teilen macht glücklich, teilen macht frei. Es ist die wahre Säule des christlichen, aber auch eines humanistischen Selbstverständnisses.

Die Flüchtlingskrise fordert unsere Menschlichkeit heraus, wie lange zuvor keine Krise mehr. Die fliehenden Massen machen deutlich, was gerade auf der Welt geschieht. Es herrscht großes Unrecht und großes Leid. Dieses Leid wird durch die Untätigkeit der vermeintlich Guten noch verstärkt und verschärft. Man richtet den Hass auf die Verfolgten, anstatt sie auf die Verursacher der Krise zu lenken. Man zündet Asylantenheime ein, weil man sich „irgendwie“ bedroht fühlt. Dieses Bedrohunggefühl hat aber keinen Nährboden, es ist einfach nur eine Angst, vielleicht eine Täuschung. Abwehr und Hass sind immer die ersten, einfachen und reflexhaften Reaktionen auf neue Situationen, die uns Angst machen. Mitgefühl und jemanden zu helfen sind viel schwierigere Gefühle, die erst in Verbindung mit rationalen Überlegungen (Bildung) und einem offenen Herz entstehen können.

Wer helfen möchte, braucht eine nachhaltige und gut begründetete Motivation dies zu tun. Das kann erst aufgebaut werden, indem man überlegt, warum man helfen sollte und was die Alternativen sind. Und indem man sich in die Situation anderer Menschen hineinversetzt, indem man eben „mitfühlt“.

Ich denke, viel mehr Menschen sollten mitfühlen. Die Bevölkerung tut das schon häufig, z.B. in Deutschland wo es viele ehrenamtliche Helfer gibt. Aber es ist noch zu wenig. Die Einsicht sollte sich in ganz Europa verbreiten. Angela Merkel hat im Grunde recht mit ihrem „moralischen Imperativ“. Sie ist humanistisch gesehen auf der richtigen Seite. Wenn sie aber die anderen Mitgliedsstaaten der EU nicht einbinden kann, ist das kein echter Sieg über das Leid. Sie muss noch mehr vermitteln und die anderen mit Dialog und Überzeugungskraft noch mehr in ihre Linie einbinden. Und die Bevölkerung muss ihr dabei den Rücken stärken.

Die Politik muss eine schwierige Gratwanderung schaffen: Auf der einen Seite muss die illegale und unkontrollierte Migration unterbunden werden, weil diese nur zu Chaos und weiterem Leid führt. Bestehende Gesetze müssen eingehalten werden und die Sicherheitsthematik darf nicht vernachlässigt werden. Aber es muss auch einen einheitlichen europäischen Konsens über die Aufnahme und Verteilung der Flüchtlinge in ALLE europäischen Länder geben. Im Moment hat man sich nur darauf geeinigt „alles abzuriegeln“.

Das ist nicht genug und einer Europäischen Union im Jahre 2016 nicht würdig.
Eine EU die es nicht schafft, die Flüchtlingskrise mit vernünftigen und nachhaltigen Lösungen zu bewältigen befindet sich in einer schweren Krise der Menschlichkeit.