Die Rente ist sicher

Gestern, also am 15. Mai 2014 kam bei Maybrit Illner eine sehr gute Diskussions-Sendung über das deutsche Rentensystem. Aufhänger waren dabei die geplanten Änderungen bei der Mütterrente und die Regelung für die abschlagfreie Rente mit 45 Beitragsjahren.

Man kann sich die Sendung in der Mediathek noch anschauen, außerdem gibt es im Internet auch Berichte und Protokolle zur Sendung (z.B. hier)
Wer möchte kann auch die Kommentare auf Facebook dazu lesen, diese sind aber erstaunlich wenig. Nur sieben Kommentare bei so einem wichtigen Thema, das ja letztendlich alle angeht.

Mir persönlich hat die Auswahl der Gäste sehr gut gefallen. Die Stimmung war sachlich und relativ harmonisch, was zu einem guten Austausch von Argumenten geführt hat. Jeder der Gäste hat eine etwas andere Sichtweise auf die Rente vertreten.

Für die großen Parteien standen Thomas Oppermann (SPD) und Carsten Linnemann (CDU). Mit Michael Vassiliadis hatte man einen Vertreter der Gewerkschaften (IG Bergbau, Chemie und Energie) und mit Anton Börner einen Wirtschaftsvertreter (Deutscher Groß- und Außenhandel ).

Auch an die jungen Menschen wurde mit Bettina Munimus gedacht, ihres Zeichen Vertreterin aus der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen und Christina Bylow (Journalistin) stand letztendlich für die spezifisch weiblich-feministische Perspektive.

Wie bei Talkshows üblich wurden teilweise sachliche, teilweise emotional aufgeladene Argumente ausgetauscht. Vor allem Frau Bylow schien sich in ihre Sichtweise tlw. sehr reinzusteigern und reagierte auch schon mal mit Augenverdrehen und anderen spitzen Bemerkungen. Dass sie die jetzige Regelung der Rente für sehr ungerecht hielt, konnte man ihr deutlich anmerken. So empfindet sie die geplante Mütterrente als keinesfalls ausreichend, allenfalls als „Trostpflaster“.

Thomas Oppermann entgegnete ihr sinngemäß, dass man ja derzeit umdenke und überlegt, wie man die Erziehungsleistung (meistens von Frauen) der Leistung tatsächlich eingezahlter Beiträge gegenüber stellen könnte. Es wurde festgestellt, dass die 45 Beitragsjahre meistens auf Männer zutreffen und Frauen oft Lücken in ihrer Erwerbsbiografie haben (sog. Erwerbsarmut).

Zwischendurch stellte Anton Börner fest, dass die Rente ja kein „Belohnungssystem“ oder eine Prämie wie bei einem Angestellten sei, sondern (sinngemäß) lediglich ein großer Topf, in dem das umverteilt ist, was gerade drin ist. Hat man also nur wenige Beitragszahler mit geringen Löhnen, aber auf der anderen Seite auch immer mehr Köpfe, auf die die Summe verteilt werden muss, wird der Beitrag zwangsläufig kleiner.

Aufgeschreckt wurden die Diskutanten nämlich von einem Video-Einspieler, auf dem die prozentualen Rentenrückgänge bei einem Bruttolohn von 2.500 Euro bis ins Jahr 2030 eindrucksvoll dargestellt wurden. Liegt der Auszahlungsbetrag derzeit bei knapp 50% wird er 2030 nach Berechnungen und Schätzungen nur noch bei 43% liegen. Darauf entgegnete jemand aus der Runde, dass das ja relativ sei, man eben für starke Löhne sorgen müsse, dann sind 43% von viel auch vergleichsweise mehr.

Zahlen und Fakten kann man übrigens hier  (Quelle )  und auf der Seite „Deutsche Rentenversicherung“ nachlesen.

Interessant ist der Satz, wenn man auf „Mittelfristige Finanzentwicklung“ klickt:
„Wegen der von der neuen Bundesregierung angekündigten Änderungen der rentenrechtlichen Bestimmungen wird zur Zeit von der Darstellung einer mittelfristigen Finanzrechnung Abstand genommen.“

Vergleicht man die Werte „Beitragssatz“ und „Bundeszuschuss“, so fällt auf, dass der Beitragssatz für den Arbeitnehmer relativ konstant gehalten wird (ca. 19 %), das ganze aber anscheinend nur erreicht werden kann, weil der Staat immer mehr „hinzuschießt“ (1998 noch 2,9%, 2012 schon 9,3%). Finanziert wird das ganze über die Mehrwertsteuer und die Ökosteuer.

Wer noch weiter in die Zukunft blicken möchte, kann z.B. hier interessante Erkenntnisse (vor allem über den demografischen Wandel) entdecken.

Fazit
Die Sendung von Maybrit Illner war insgesamt gut und mit zahlreichen guten Erkenntnissen verbunden. Keine Meinung hat dominiert, jeder kam mal zu Wort. Schon anhand der vielen verschiedenen Positionen konnte man sehen, wie komplex das Thema ist, und dass es letztendlich alle etwas angeht.

Wer Zeit hat und sich für die Materie interessiert, dem empfehle ich das Video in der Mediathek.

Vielleicht gibt es ja auch noch den einen oder anderen kritischen Blog-Artikel zum Thema? Nach einer kurzen Suche hab ich erstmal nichts gefunden, wer einen guten Link hat, kann ihn gerne schicken!

Bundestagswahl 2013 – Parteien und Programme

Eigentlich wollte ich in den letzten Tagen schon über die Bundestagswahl schreiben, bin aber immer noch so enttäuscht von Politikern, Aussagen und dem ganzen Wahlkampf, dass ich keine richtige Motivation gefunden habe.

Also folgt jetzt eine knappe Zusammenfassung, möglichst originalgetreu „nach Vorlage“, auf möglichst wenig Substanz zusammengestrichen: Es war langweilig.

CDU
Mit Angela Merkel und der Union hat mal wieder die „glatteste Partei“ gewonnen, die nach vorn heraus für die wenigsten Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten für den Einzelnen steht. Zu Recht sagt man ja „Mutti Merkel“ oder der „Kanzlerinnen-Staat“. Die wirklichen Herausforderungen für die Bürger, z.B. die kalte Enteignung über Niedrigst-Zinsen und der langsame Abfluss des Kapitals vom kleinen Bürger zum immer größer und mächtiger werdenden Bankensystem und Großkonzernen lässt sich (noch) ganz gut kaschieren.

Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis uns die Rechnung für den großen „Euro-Crash“ und das Fehlverhalten anderer Länder und Finanz-Jongleure präsentiert wird.

Die ganze Ungerechtigkeit im Euro-Raum ist für mich daher auch das wichtigste und zentralste Wahlkampf-Thema gewesen und es mag ein Grund sein, warum Merkel versucht hat, sich diesem unangenehmen Diskurs weitesgehend fernzuhalten.

Anscheinend erkennen die wenigsten Menschen diese Zusammenhänge und es werden bei der Union nur die vordergründigen Erfolge gesehen: Viele Arbeitsplätze, beinahe „Vollbeschäftigung“, gutes Abschneiden Deutschlands in der Krise, Überschüsse im Staatshaushalt und bei den Steuern. Deutschland hat sich ein Polster geschaffen, mit dem es noch schafft, besser dazustehen, als andere Euro-Länder: Die tendenzielle Lohn-Zurückhaltung und die starke Export-Orientierung. Beides benötigt den Euro. Nur ein starker Euro schafft es, dass deutsche Firmen auf den internationalen Märkten konkurrieren können. Die Lohnzurückhaltungen und die „Anreize“, die man mit einem radikalen Zurückbau des Sozialstaats erkauft hat, verdankt die Union eigentlich noch der SPD und deren Agenda 2010.

Würde man den Euro schwächen oder „aufteilen“, so wie es die eurokritische Partei AfD fordert, würde das dazu führen, dass in der Binnenmarkt wieder angekurbelt werden müsste und Deutschland sich mehr bemühen müsste, die eigenen Produkte ins europäische Nachbarland zu exportieren. Die vielbeschworene Europa-Freundlichkeit und die geheuchelten Lippenbekenntnisse zum Euro können also hinter vorgehaltener Hand dazu dienen, den eigenen Machtanspruch zu verstärken und zu untermauern. Es wird auch weiterhin keine Lohnerhöhungen in der Breite, keine Steuerentlastungen und keinen Mindestlohn geben. Dennoch gibt man sich aber den Anstrich „christlich“.
Das liberal ist ja nun weggefallen.

FDP
Die FDP lernt einfach nicht aus ihren Fehlern. Sie hat zu lange an altem Personal festgehalten und sich weder inhaltlich, noch personell erneuert. Sie hat (neben der CSU) den niedrigsten Frauenanteil aller Parteien und schafft es folglich nicht mehr, die „Mitte“ anzusprechen. Das Anbiedern über die Zweitstimme war nur noch die letzte Fehlentscheidung in einer Reihe anderer und der letzte Versuch, die Kuh noch irgendwie vom Eis zu holen.

Sie konnte ihren eigenen Markenkern, das „liberale“ und das „freiheitliche“, sowie die „Bürgerrechte“ nicht genügend ausbauen. Zur NSA-Spähaffäre war sie viel zu still und zurückhaltend. Den liberalen Außenminister, sonst immer eine Stärke der Partei, hat man schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen oder gehört.

Die FDP wirkt nach außen immer noch wie eine Lobby-Partei für einige wenige, wurde außerdem von anderen Partnern als Sündenbock missbraucht und bei inhaltlichen Verhandlungen übergangen oder ausgespielt (z.B. bei den Steuersenkungen). Im Grunde wollte die Union keine Steuersenkungen, aber die FDP hat den Image-Schaden abbekommen, weil sie sich nicht durchsetzen konnte.

Das Abschaffen der Praxisgebühr war eine große Leistung, wurde aber vom Wähler nicht ausreichend erkannt, noch gewürdigt. Es hat gezeigt, dass das Stärken der Liberalität auch Geringverdiener und „kleinen Leuten“ helfen kann und es war eindeutig besser, als sich nur um reiche Hoteliers und andere Lobbyisten zu kümmern.

Der liberale Ansatz wird auf der politischen Bühne eindeutig fehlen. So sehr man über diese kleine gelbe Partei noch spotten mag (und egal, wieviel davon berechtigt ist): Das Wegfallen der FDP unter die 5-Prozent Hürde ist ein Verlust für die Demokratie und deren Vielseitigkeit.

Mein Tipp für die FDP: Sich wieder mehr auf die eigenen Inhalte konzentrieren, Personal austauschen und wieder mehr Mut zur politischen Diskussion und zum „anderssein“ aufbringen.

CSU
Neben Angela Merkel wird es für Partner sehr schnell sehr einsam und traurig. Als nächstes werden Grabenkämpfe mit der CSU über strittige Themen, z.B. die PKW-Maut folgen. Stammtisch- Politiker wie Seehofer werden bis zum Erbittersten kämpfen und sich nicht kleinkriegen lassen.

Das Betreuungsgeld wurde ja schon mit einigem Zähneknirschen abgesegnet und stellt einen Kratzer auf dem ansonsten so makellosen Lächeln der Raute-Kanzlerin dar.

Neben der FDP wird als nächstes die CSU zerrieben oder ihrerseits der CDU Schaden zufügen, wenn man sich nicht auf intelligente Verhandlungen und sehr geschickte Kompromisse einlassen wird (andere nennen das auch „Kuhhandel“).

SPD
Zu schwach und immer noch am Markenkern vorbei. Arbeiter oder Anstellte wählen nicht mehr die SPD, sondern eher die CDU, was eigentlich total grotesk ist und spätestens jetzt wachrütteln sollte!

Steinbrück war der falsche Mann. Fundiertes Sachwissen, trockene Vorträge und nordische Nüchternheit sind in einem medien-orientierten und personen-orientierten Wahlkampf fehl am Platz.

Steinbrück stand einfach für zu wenig. Eher noch für den Mittelfinger. Ein bisschen für den Mindestlohn. Und sonst?

Für seine Art, anecken zu wollen und die Reibung zu suchen? Leider ist an Merkel nichts, woran Reibung entstehen könnte, es perlt einfach alles ab. Sehr gut hat man das im „großen Zweikampf“ (TV-Duell) gesehen, der langweiliger nicht hätte sein können.

Die künstliche Abgrenzung gegen die Links-Partei ist kindisch und sollte schnellsmöglichst überdacht werden. Die Protestlinie sollte nach rechts, nicht nach links zielen! Wenn die linken Parteien (also Grüne, SPD und Linke) sich nicht soviel streiten würden und auf eine gemeinsame Linie einigen könnten, könnten sie jetzt die Regierung stellen. (Hätte, hätte, Fahrradkette) So wird das wieder nichts.

Mein Tipp für die SPD: Den linken Flügel wieder stärken, sich für die Links-Partei öffnen. Neue Themen besetzen und sich von Merkel nicht alles wegschnappen lassen. Den sozialen Markenkern stärken. Agenda 2010 als Fehler begreifen und eine neue Richtung aufbauen. Neue Personen sind erforderlich, Steinbrück austauschen.

Die Grünen
Standen diesmal für Kindesmissbrauch, Veggieday-Bevormundung und Steuererhöhung. Sind außerdem „gefühlt“ gegen die Ehe (Ehegatten-Splitting abschmelzen).

Mehr Fehler kann man nicht machen. Sie müssen sich dringendst und grundlegend reformieren. Das wichtigste Thema, die Energiewende wurde von Merkel weggeschnappt und bringt den kleinen Leuten nur teure Stromrechnungen. Alles in allem nicht sehr populär.

Sie müssen sich dringend neue Themen suchen. Die Abkehr vom Bürgerlichen und hin zu linken Positionen , maßgeblich durch Trittin verursacht, war ein Fehler. Sie haben diesmal den Wahlkampf an der Mitte vorbei geführt.

Das neue Gesicht Katrin Göring-Eckhardt konnte nicht genügend überzeugen.

Bei den Grünen wirkt es eher so, als ob sie zu alten Fehlern und Positionen zurückkehren. Das Zurückrutschen auf alte Prozenthöhen spricht dafür.

Die Linken
Zu extrem. Haben aber mit Gregor Gysi einen der besten Redner aller Parteien. In Wahlsendungen hatte er jedes mal die besten Argumente, wirkt politisch und inhaltlich sehr überzeugend und engagiert.

Die Linken sollten schleunigst extreme Positionen aufgeben und sich ein bisschen bürgerlicher machen. An ein paar Stellen an die SPD anpassen, dann klappts auch mit den Koalitionen.

Die Gemeinsamkeit mit der SPD bleibt die soziale Gerechtigkeit. Hier ist der gemeinsame Schnittpunkt, auf den man sich konzentrieren sollte.

AfD
Ganz nett, aber zu neu. Wirken zu rechts. Sind zu unbekannt. Wirken als Frustpartei. Müssen sich inhaltlich und personell noch besser aufstellen, dann könnten sie zu einer ernsthaften Gefahr für Merkel und ihren Euro-Kuschelkurs werden.

Die Piraten
Wo waren die Piraten? Ich hab nichts gesehen. Weder im TV, noch auf Wahlplakaten, noch inhaltlich, noch in der Presse. Vielleicht noch im Netz. Für Insider. Männer. Singles. Computer-Nerds. Hm…

Wahlkrampf

In ein paar Wochen ist Bundestagswahl. Wenn man so nach draußen schaut, und einen Blick in den blauen Himmel wirft, die Menschen gemütlich über die Straße schlendern sieht, die Kinder beim Lachen und Spielen hört und in der Ferne die Glocken des ruhenden Sonntags über allem schweben- ist davon nicht viel zu sehen!

Auch in den täglichen Schlagzeilen liest man nicht viel darüber. Das einzige, was sich anscheinend verändert hat, ist die Schlagzahl der politischen Sendungen in den öffentlich-rechtlichen Sendern, bei denen „kritisch nachgefragt“ wird, was ja eigentlich zu begrüßen ist. Meistens läuft es aber darauf hinaus, dass ein paar ganz wenige obere Kandidaten von einigen wenigen Parteien eingeladen werden, Persönlichkeiten die man schon in- und auswändig kennt, die dann mit bewusst gewählten provokanten Thesen aufgestachelt werden, sich anschließend streitend in den Haaren liegen – was vom Sender dann anschließend als „Diskussion“ verkauft wird.

Positive Ausnahmen zum täglichen Einerlei sind kritische Artikel, die sich mit dem aktuellen Wahlkampf auseinander setzen, z.B. dieser hier.

Die Auftritte und Wahlkämpfe der Kanzlerin sind betont zurückhaltend, neuerdings ganz bürgernah, ruhig, präsidial, manchmal schnarchig. Klare Ecken und Kanten sind nicht ihr Ding. Sie vermeidet lieber eine klare Aussage und verschweigt den Bürgern die Wahrheit über wichtige Themen. Einlullen ist die Devise. Wo man sich nicht zur Diskussion stellt, entsteht auch kein Widerspruch. Die Taktik der Machterhaltung ist einfach: Ein gedoptes, eingeschläfertes, williges, wahlmüdes und gelangweiltes Volk, das jeglichen Willen zur Veränderung verloren hat. Wie auch, wenn die liebste Freizeitbeschäftigung der Deutschen mittlerweile das Fernsehen ist? Bei weiterhin sinkender Freizeit, versteht sich…

Es ist ja auch viel einfacher alles so zu lassen wie es ist. Was soll schon mit einem Wahlzettel anders werden, den man mal alle vier Jahre in eine Box werfen kann? Der Einfluss des Wählers und obersten Souveräns- dem Bürger- ist denkbar gering . Die einzelne Stimme zählt nicht wirklich. Die großen Parteien machen den Sieg unter sich aus und die kleinen laufen mal wieder am Rande.

Positiv zu erwählen ist der „Wahl-o-mat“, ein virtuelles Frage- und Antwort-Spiel, mit dem man seine eigenen politischen Denkweisen mit kurzen Thesen aus Wahlprogrammen aller Parteien vergleichen und abgleichen kann:

http://www.bpb.de/politik/wahlen/wahl-o-mat/

Dieses Tool richtet sich vor allem an Erstwähler und Menschen, die bei ihrer Wahlentscheidung noch unsicher sind. Der große Vorteil ist, dass aus dem täglichen Politik-Geschwätz und -Einerlei konkrete Aussagen und Inhalte herauskristallisiert werden. Freilich, so war zu hören, soll bei den Aussagen auch geschummelt werden. Nicht jede Partei wird sich bei jedem Thema so konkret festlegen lassen (wollen).

Ich hab den Test gleich am ersten Tag gemacht. Ein paar Mal ist er mit der Meldung „service not available, error 503“ abgestürzt, bzw. überlastet gewesen. Als ich dann endlich alle Fragen durch hatte, drei davon besonders stark gewichtet habe und ca. 10 der wichtigsten Parteien markiert hattte, war ich über das Ergebnis erstaunt: Größte Übereinstimmung mit den Piraten!

Dabei hatte ich die gar nicht auf den Schirm. Meine eigentliche Lieblingspartei und bisheriger Favorit landet weiter abgeschlagen auf hinteren Plätzen. Große Übereinstimmung habe ich außerdem mit „Den Frauen“, eine Partei die ich bis jetzt gar nicht kannte und die bundesweit auch nur sehr klein ist. (0,1 Prozent, 300 Mitglieder )

Das hängt aber auch sehr davon ab, welche Parteien man in die Vergleichsliste holt und wo man intern den Fokus setzt. Und sind 70% wirklich eine große Übereinstimmung? Zudem viele Parteien ja intern ganz andere Themen haben, für die wichtiger sind. Was bringt z.B. die Tatsache, dass die Piraten für das bedingungslose Grundeinkommen sind, aber in der Öffentlichkeit eher für ihr Engagement in der Netzpolitik bekannt sind? Wer eine reine soziale Partei wählen möchte, muss wohl eher die Linken oder die SPD wählen.

Überhaupt die SPD. Es scheint der schlechte Wahlkampf in ihrer Geschichte zu sein. Zuerst die lange Suche nach einem richtigen Kandidaten. Und als man sich dann endlich für Steinbrück entschieden hatte, war klar, dass dieser in der Öffentlichkeit und den Beliebtheitswerten nicht so gut ankommt. Monate vorher hat man das gewusst. Aber es wird nicht darauf reagiert. Warum nicht? Warum ist die Partei da so zäh und nimmt nicht einfach einen Kandidat, der sympathischer ist und das soziale Profil der SPD besser vermitteln kann? Vielleicht, weil es mittlerweile so wenige davon gibt?

Spätestens seit der Affäre mit den bezahlten Vorträgen war Steinbrück für die meisten unten durch. Er wirkt einfach zu kantig, zu spröde, zu norddeutsch und nicht bequem genug. Mutti Merkel geht da eher ans Herz. Auch wenn das alles nur Fassade ist. Wo sich die Politik um die Auseinandersetzung und das Offenlegen von echten Inhalten drückt und das Wahlkampfvolk müder als je ist, verkürzt sich der Wahlkampf umso mehr auf die Gesichter, auf die Persönlichkeiten,die man „irgendwo einordnen“ kann, auch wenn man nicht stundenlange Diskussionen im Fernsehen verfolgen mag.

Und dann ist ja noch dieses „Duell“. Das einzige, heute abend. Das einzige, obwohl es soviele Parteien gibt. Soviele Kandidaten, soviele Menschen, die etwas zu sagen hätte. Man fühlt sich fast wie in den USA, wo der ganze Wahlkampf auf zwei Personen reduziert wird. Eine präsidiale Demokratie wird vorgegaukelt. Und wenn das alles nichts hilft, kann man ja immer noch Schlägertruppen aus der Weimarer Republik einsetzen, um allzu kritische Gegner einzuschüchtern.

Wie soll da echtes politisches Interesse aufkommen?

Brennende Themen, die für die nächsten Jahre wichtig sind, und alle etwas angehen, gäbe es genug: Die Energiewende, demografische Veränderungen und die Umstrukturierung von Renten- und Sozialsystemen, die Zuwanderungs- und Asylpolitik, der Umgang mit internationalen Konflikten, die Euro-Krise oder die Mindestlohndebatte.

Wenn das mit dem einlullenden Wahlkrampf so weitergeht, bewegen wir uns immer mehr in eine Schein-Demokratie. In eine Medien-Demokratie, wo das korrekte Auftreten, die „guten Bilder“ und das Vermeiden von Extremen wichtiger als echte Persönlichkeiten und inhaltliche Aussagen sind.

Das Betreuungsgeld-Debakel

Das Betreuungsgeld ist ja nun schon seit mehreren Wochen in den Schlagzeilen und die Aufregung darüber ist noch nicht ganz abgeebbt. Worum geht’s? Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, ein Betreuungsgeld einzuführen, welches jenen Eltern einen Ausgleich gibt, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen, anstatt es in die Kita zu schicken.

Mir sind mehrere Kritikpunkte, dafür eingefallen, die ich kurz aufliste und kommentiere. Da ich eine kritische Deutsche bin, schreibe ich das Negative zuerst und meckere ein bisschen herum. Erst am Schluss folgt nochmal der schwierige Versuch, sich in die Befürworter dieser Lösung reinzudenken. Das hat nichts mit meiner eigenen Haltung oder einem argumentativen Aufbau zu tun, aber irgendwie muss man die Sachen ja anordnen. 😉

Contra:

– Paradoxer Widerspruch:

Das Betreuungsgeld ist meines Wissen die erste Zahlung, die jemanden belohnt, wenn er staatliche Leistungen nicht in Anspruch nimmt. Das ist absolut absurd. Man baut ja auch keine Autobahnen und belohnt die Leute dann, wenn sie die Landstraße nehmen oder durch die Ortschaften brettern. Noch auffälliger wird der Vergleich im sozialen Bereich: Man baut ja keine Schulen und belohnt Eltern, die ihre Kinder lieber nach einem anderen Glauben als den dort vermittelten lehren wollen (Darüber gab´s schon Streit und Gerichtsurteile!). Man erfindet auch keine Bundeswehr und belohnt dann die Leute, die nicht mitmachen oder vorher kündigen.

Also zuerst eine Leistung oder ein Angebot einführen und dann noch eine zweite Leistung für die Nicht-Benutzung anbieten ist paradox. Es ist die schönste, unlogische Verschwendung von Steuergeldern die man sich vorstellen kann. Überall ist vom Zwang und den staatsgläubigen Bürgern die Rede, die ja noch ein bisschen „den Gürtel enger schnallen müssen“ und für die bei Steuervergünstigungen „leider kein Geld mehr da ist“, aber im Betreuungsgeld soll es plötzlich anders herum sein? Das riecht sehr nach Manipulation und einer Schein-Lösung.

– Zuviele Regelungen im Familienbereich:

Die Familienpolitik scheint ein beliebtes Steckenpferd der Politik zu sein und es wird sehr viel in den privaten Bereich hinein-gesteuert und vor allem „Anreize“, meistens Geldgeschenke gemacht, um die Leute zu mehr Kindern und mehr „Nestwärme“ zu bringen. Ob das jetzt die bessere Steuerklasse beim Heiraten, das Ehegatten-Splitting, das Kindergeld oder das Elterngeld ist: Von überall locken Anreize und Belohnungen und Deutschland bleibt dennoch fast Schlusslicht in der europaweiten Geburten-Rate. Es gibt also bereits jetzt sehr viele Ausgaben und Bonus-Zahlungen, die aber anscheinend alle nichts bewirken. Es wird Zeit, diese Regelungen unter die Lupe zu nehmen und die Wirkweise zu analysieren, warum sie nicht funktionieren, anstatt nun wieder noch ein neues Modell einzuführen, dass in seiner Einführung schon so umstritten ist, dass es eigentlich scheitern muss.

Von den vielen Regelungen und Bonus-Leckerlis sollte man endlich zu einer erwachsenen, liberalen und freiheitlichen Familienpolitik zurückkehren ((ja an der Stelle könnte sogar eine FDP punkten, wenn sie dieses Feld bestellen würde)) : Man sollte möglichst viel anbieten, aber nicht lenkend eingreifen. Wenn man z.B. – wie versprochen- die Versorgung mit Kitas weiter ausbauen würde, könnte sich jede Familie selbst aussuchen, ob sie das in Anspruch nimmt oder nicht. Keine Pflicht, kein Zwang und auch keine Vergünstigung bei Nicht-Benutzung.

Und man sollte endlich aufhören, in die privaten Bereich der Menschen hinein zu manipulieren und sich am Ende wundern, dass die tollen Ideen alle gar nicht so gut ankommen. Wenn man es wirklich ernst mit der Frauenförderung und der Familienförderung meinen würde, würde man die Bedürfnisse erkennen und das Handeln danach ausrichten. (Z.B. mit einer Volksbefragung-/ Abstimmung oder bürgernahen Umfragen)

Der gesellschaftliche Tenor sollte diesen Gedanken folgen und den Familien endlich die Freiheiten lassen, anstatt sie ständig in die Pflicht nehmen zu wollen, nur um neue Steuerzahler zu generieren oder die Rentenbeträge niedrig zu halten.

Auch ein Blick in Nachbarländer würde helfen, um die Wirkweisen effizienter Familienpolitik zu verstehen und bei Bedarf zu übernehmen. (Skandinavische Länder, Frankreich, etc.) Meistens ist es nämlich genau die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die hoch gefragt ist und vor allem bei gut ausgebildeten Frauen zu einem Nebeneinander von Kindern und Karriere führt. Man möchte ja mitarbeitende Frauen, man möchte Fachkräfte und man möchte mehr Kinder. All das würde man mit dieser Lösung bekommen. (Oder ach, man will das vielleicht gar nicht?)

– Höhe des Betrages und Auszahlungskriterien:

„Soso, die Erziehung unserer Kinder ist euch also viel wert? Das ist ja schön. Und, wieviel gibt’s dafür? WAAS nur 150 Euro? Das verdiene ich ja mit einer halben Stunde in meiner gut gehenden Kanzlei als Rechtsanwältin. Ne danke, das lohnt sich irgendwie nicht.“ sagt die gut ausgebildete und Karriere-orientierte Mitt-Dreißigerin. „Aber einen Kita-Platz, den hab ich drei Jahre lang gesucht und am Ende hat es wieder meine Mutter machen müssen. Und, was hat die dafür bekommen? Nix. Saftladen.“

„Aber ich, mir würde es was bringen!!“, ruft die alleinerziehende Hartz IV Empfängerin dazwischen. „150 Euro ist für mich viel Geld. Da krieg ich 20 Gläser Baby-Brei, fünf Packungen Windeln und noch eine neue Badezimmer-Einrichtung dafür. Ja, 150 Euro würde mir wirklich helfen. Da würde ich mich anerkannt fühlen und vielleicht sogar noch ein Kind bekommen. Außer Kinder hab ich ja nichts. Der Arbeitsmarkt hat mich verdrängt, der Rest der Gesellschaft im Stich gelassen. Also gehe ich meiner angestammten Rolle als Mutter und Hausfrau nach… Was? Ich krieg das Geld nicht? Das wird auf die Bezüge angerechnet? Sauerei! Saftladen…“

Im Ernst: 150 Euro und die persönlichen Kosten für die Kinder-Erziehung kann man nicht gegenüberstellen. Es sind verschiedene Welten. Familiäre und soziale Leistungen sind nicht mit Geld aufzurechnen. In einer Familie wird man immer geben, als man zurückbekommt, vor allem im finanziellen Bereich. Jeder, der halbwegs rechnen kann, wird herausfinden, dass Kinder und Familie ein finanzielles Verlustgeschäft sind. Der einzige Lohn, der man dafür bekommt, ist ein immaterieller. Und genau der ist es, der mit Füßen getreten und nicht wirklich anerkannt oder gesehen wird. Also sollte man gar nicht erst anfangen, mit Geldscheinen zu kommen oder das ganze irgendwie in Zahlen zu drucken.

Pro:

Warum sollte es überhaupt Stimmen für das Betreuungsgeld geben? In der CSU gibt es anscheinend einige. Die Partei ist dafür bekannt, ein sehr konservatives Familienbild mit „Heimchen am Herd“ zu haben. Es ist wahrscheinlich die alptraumhafte Vorstellung von einer übermächtigen Kita, die das Kind verdirbt, es überfordert und aus der Nestwärme der fürsorgenden Mutter entreißt. Der alltäglich in den Medien gesungene Tenor von der berufstätigen Frau kann auf konservativere Gemüter auch wie ein feministisches Dogma und damit abschreckend wirken. Nur wer voraussetzt, dass es eigentlich gar nix anderes mehr als eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf gibt und die flächendeckende staatliche Eingriffe in Erziehungsweisen (inkl. Frühstförderung) das Nonplusultra sind, übersieht, dass das genauso ein Zerrbild ist. Es wird immer Individualität und abweichende Meinungen geben. Es wird immer Leute geben, die das toll finden und nutzen und welche, die sich nicht begeistern lassen und auf andere Werte setzen. Wie oben angesprochen, sollte der Staat davon die Hände lassen und den Leuten mehr Autonomie und echte Entscheidungsfreiheit geben (Wenn man nicht genügend Kita-Plätze hat, ist das indirekt auch ein Eingriff in die Privatsphäre, weil die Eltern dann zu einer Zu Hause-Erziehung gezwungen sind).

Die Partei ist etwas schlauer als die FDP und weiß genau, dass man seine Ziele nicht aufgeben darf, wenn man nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken will. Dass die (durchaus moderne) CDU mit ihrem Machtwillen kleinere Koalitionspartner einfach übergeht oder an die Seite drängt, ist ja in den letzten Jahren mehr als klar geworden. Aber der Widerstand der CSU bedeutet auch, dass ein heftiger, tiefer Riss durch die Koalition geht, der (im schlimmsten Fall) sogar zum Scheitern der Gesamtheit führen könnte.

Insgesamt wirkt der „Betreungsgeld-Streit“ mehr wie ein typisch politischer Streit um Deutungshoheit und Einfluss, aber nicht um Sachfragen oder gar das Wohl der Familie. Und das ist das eigentlich Traurige daran.

Notstrom

Nicht schlecht, die Nachricht, dass das Atomstromland Frankreich in der kalten Jahreszeit Strom aus dem Austeiger-Land Deutschland dazu kaufen muss.  Der Hauptgrund liegt wohl darin, dass die Franzosen mit Strom heizen, obwohl jeder Mensch wissen sollte, dass hier der Wirkungsgrad am in-effektivsten ist.

Erklärt wird das z.B. hier (Tabelle: Elektroheizung, Primärenergieeinsatz 278%!), etwas anschaulicher erklärt wird es hier.  Der Autor kommt zum Schluss, dass der effektive Wirkungsgrad bei Strom (mit Erzeugung) bei ca. 50 Prozent liegt und bei Gasheizungen höher ist, nämlich 95%.

Bei den alternativen Energien gelten vor allem die Solaranlagen als versorgungssicher. Etwas widersprüchlich ist allerdings die Meldung, dass Deutschland in schwierigen Tagen, als es z.B. im Dezember 2011 zuviel Windenergie gab und der mangels Netzausbau nicht abgebaut werden konnten, in Österreich Strom dazu kaufen musste. So basieren die meisten „Reserveaggregate“ leider auf fossiler Energie z.B. Kohle oder Erdöl (!).

Eines dieser drei Reserve-Kraftwerke steht übrigens in Mannheim.



Weitere Links zum Thema Energieerzeung

Das Interview

Der Interviewer auf der Straße: „Guten Tag ich bin vom Blogger-TV und wir machen eine Umfrage. Was halten sie von der Frauenquote? Sind sie dafür oder dagegen? Betrifft es sie und was könnte die Politik ihrer Meinung nach besser oder anders machen?“

Eine Frau: „Frauenquote? Natürlich bin ich dafür, Frauen sollten viel besser gefördert werden. Immer nur diese Männer in Anzügen an der Spitze, diese Klonarmee. Die Führungsriege braucht Farbe und Abwechslung!“

Ein Mann: „Oh nein, schon wieder ein Versuch dieser Feministen uns irgendwas mit Gesetzen aufzudrücken. Als Mann fühle ich mich in diesem Land mittlerweile diskriminiert. Reicht es nicht, dass man als Mann arbeiten muss und im schlimmsten Fall hohen Unterhalt für eine Frau zahlen muss, die es sich gemütlich macht? Es ist doch bekannt, dass Frauen nicht so ehrgeizig sind. Daran wird eine Quote auch nichts ändern.“

Der Unternehmer und Darwinist: „Der Eingriff in die Selbstbestimmung der Unternehmen ist kontraproduktiv. Es erinnert mich mit dieser Steuerung von oben an alte DDR-Zeiten. Die moderne Berufswelt ist Kampf und Krieg und Unternehmen sind die Kommandozentralen dieses Krieges. Nur der stärkste wird überleben und nur die stärkste AG wird sich an der Börse behaupten können. Daher brauchen wir die Auslese über die Qualifikation. Wenn wir plötzlich Frauen an die Führung lassen und die sich dann während eines wichtigen Meetings die Nägel feilen oder Mutterschaftsurlaub nehmen- wo kommen wir denn da hin? Daher bin ich gegen eine Quote.“

Die Hausfrau: „ Tja Führungsposition hin oder her, aber das betrifft mich sowieso nicht. Es soll ja Geschäftsfrauen geben, die sich darum reißen, aber für mich ist das nichts. Was ändert die Debatte eigentlich an meinem eigenen, täglichen Leben? Aus diesem Grund lese ich sowieso nicht gerne Zeitungen und schalte die Nachrichten nur beim Bügeln ein. Man sollte lieber noch mehr für Familien oder den Ausbau der Kitas tun. Dann könnte ich auch noch länger arbeiten und mein Mann könnte auch mal einen Tag frei nehmen. Was die Politkerinnen da oben reden ist für mich fernes Geschwätz.“

Der junge, aufstrebende Jurist „Ich mach sowieso Karriere, ob ihr wollt oder nicht. Ein erfolgreicher Mann findet die hübscheste Frau, so war es doch schon immer, oder? Für mich ändert sich daher null. So, keine Zeit ich muss ins Fitness-Studio…“

Die Geschäftsfrau „Quoten finde ich super. Ich habe hart gearbeitet, lange studiert, aber im Beruf dennoch das Gefühl, dass ich nicht weiterkomme und in die Büros unsichtbare Decken eingezogen sind. Die Männer trinken nach der Arbeit noch ein Bier und bilden starke Männerbünde. Als Frau fühle ich mich da außen vor. Wenn ich in einen Raum komme, wo nur Männer arbeiten, fühle ich mich wie ein Fremdkörper. Die starren mich alle an und berurteilen mich nur nach dem Aussehen. Eine Quote würde mir helfen, mich in der Firma zu behaupten, und noch weiter nach oben zu kommen. Und wer weiß, vielleicht denken die Leute dann um und ich werde endlich so akzeptiert, wie ich bin? Ich hoffe, dass man meine Qualifikation nicht nur nach meinem Geschlecht beurteilt, das ist nämlich auch diskriminierend. Ich bin aber auch bereit, ohne die Quote hart zu arbeiten und mich in diesem Umfeld zu beweisen. “

Der Arbeiter im Stahlwerk: „Man hört immer nur was von den da oben und immer nur die Frauen. Wer denkt eigentlich mal an uns? Wir leisten die Hauptlast der körperlichen schweren Arbeit. Wann kommt man wieder eine Lohnerhöhung? Was ist mit unseren Renten? Warum müssen wir eigentlich den möglichen Zusammenbruch der Banken und die Euro-Krise zahlen? Nein, ich habe der Politik schon längst abgeschworen. Die behandeln Probleme, die mich nichts angehen. Und auf eine Frauenquote pfeife ich. Das nächste Mal wähle ich was rechtes oder was ganz linkes.“

Die junge Studentin „Ich finde es super, dass derzeit soviel über uns Frauen geredet wird. Die Situation ist zwar noch ziemlich schlecht und ich möchte auch mal Kinder bekommen. Die harte Arbeitswelt schreckt mich ein wenig ab, aber auch dass in vielen Chefetagen nur Männer sitzen. Zählen wir Frauen denn überhaupt nicht? Immerhin kaufen wir den Großteil der täglichen Konsumprodukte und verwalten über 70% des privaten Haushalts-Einkommens. Wenn die Politik was für uns Frauen tut und es ihnen wirklich wichtig ist, werde ich vielleicht noch länger arbeiten und mein Studium ist dann nicht umsonst. Jetzt bin ich wieder motiviert. Wann ist die nächste Vorlesung?“

Der jugendliche (männliche) Schulabrecher: „Cool, Führungsposition klingt echt super. Würde ich auch gerne haben, dann könnte ich meine neue Freundin beeindrucken. Leider muss ich dazu erstmal den Hauptschulabschluss schaffen.“

Der Mensch mit Migrationshintergrund „Ich nix deutsch. Frau zu hause. Bleibt so, basta!“

Der Psychologe „Frauen und Männer haben unterschiedliche Qualifikationen, aber vor allem unterschiedliche Wertvorstellungen und Eigenschaften. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar, dass man in extremen Positionen weniger Frauen findet, weil diese insgesamt eine besser Work-Life Balance aufrecht erhalten und weil ihnen ethische und soziale Werte im Durchschnitt wichtiger sind. Wenn man wirklich etwas ändern wollte, müsste man an der Unternehmenskultur und der gesellschafltichen Debatte über Arbeit an sich etwas tun. Nun mit Quoten etwas aufzusetzen, wird an den Ursachen und den psychologischen Dispositionen nichts ändern!“ (( Vergleiche hierzu z.B. http://www.leadership.info/1278/spas-im-beruf-und-ethische-werte-sind-frauen-wichtig/ ))

Der Sozialwissenschaftler „Das ist Unfug, was sie da sagen, Herr Kollege. Natürlich wird sich etwas ändern. Es ist doch die Frage, was ändert sich zuerst: Die Gesellschaft oder die Rahmenbedingung? Wenn wir die Rahmenbedingungen ändern, müssen sich auch die Köpfe ändern. Natürlich wird es am Anfang harten Widerstand geben, das ist nur natürlich. An den Geschlechterverhältnissen etwas zu ändern, ist vielleicht das schwierigste, was die Politik wagen kann. Nirgends sonst sind die Fronten so verhärtet und die Debatten so aufgeheizt. Der aktuellen Feminismus-Kultur weht ein harter Gegenwind entgegen. Man sollte die Diskussion auf anderen Ebenen weiterführen und sie nicht alleine auf das Geschlecht reduzieren. Aber jetzt einfach die Flinte ins Korn werfen und so weitermachen, wie immer.. da macht man es sich ein wenig zu leicht, meinen Sie nicht?“

Der Pessimist und Realist „Ach egal, in drei Tagen hat man das Ganze sowieso wieder vergessen. Dann wird eine neue Sau durchs Dorf gescheucht. Also rege ich mich gar nicht erst auf, spart Energie!“

Das ist nicht unsere Krise – II

aber wir sind alle betroffen

Der Ausdruck „Das ist nicht unsere Krise“ drückt in aller erster Linie aus, dass wir die Krise nicht verursacht haben. Dieses „Wir“ ist dabei nicht wirklich zu fassen, aber es ist doch eine scharfe Abgrenzung gegen verantwortliche Menschen und Entscheider in den obersten Schichten der Wirtschafts- und Politiksteuerung. Das „Wir“ sind die Bürger, die breite Mittelschicht, die „abgehängte“ Unterschicht und vielleicht sogar Teile der Oberschicht. Der Ausdruck suggiert aber noch etwas anderes: Wir sind zwar nicht verantwortlich, aber wir sind sehr wohl betroffen. Es entsteht also ein ungünstiges Spannungsfeld zwischen der Verantwortung der Krise und der Last der Fehler, die aus ihr entstanden sind.

Natürlich ist es auch unsere Krise! Es wäre zu einfach wegzuschauen und zu meinen, dass es uns alle nicht betreffen wird. Vielleicht sind die unmittelbaren Folgen noch nicht abzusehen und neben den ständig steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen (letztere werden von der Preispolitik der Discounter noch in Schach gehalten) merken wir nicht wirklich, dass etwas nicht stimmt und es irgendwo auf der Welt gekracht haben soll. Diese Illusion ist gefährlich. Vom Finanzwesen und der Wirkungsweise des Geldes und der allgemeinen Konzernpolitik sind wir schon längst entfremdet- als „normaler Arbeitnehmer“ kann man nicht sehr viel mehr machen, als zu lernen und sich für einen Job zu bewerben und dann auf ein wenig Glück zu hoffen.

Dass es aber im Zuge der Globalisierung schon seit Jahren ein Druck auf die „Wettbewerbsfähigkeit“ und damit hauptsächlich die Löhne als variabelsten und weichsten Faktor gegeben hat, wird mit der jüngsten Studie des DIW deutlich:

Das Institut kommt zum Schluss, dann in den letzten zehn Jahren die inflationsbereinigten Reallöhne im Schnitt um 2,5 Prozent gesunken sind. Besonders hart betroffen hat es die Niedrigverdiener: Wer zuvor 835 Euro verdient hat, muss zehn Jahre danach gerade mal mit 705 Euro auskommen, das ist ein Rückgang von 15,57 Prozent! Eine genaue Tabelle mit den Zahlen kann man hier nachlesen;  die Original-Quelle habe ich trotz langer Suche nicht mehr auf der DIW-Seite gefunden.

Die TAZ stellt noch die interessante Parallele fest, dass die Wirtschaft im Allgemeinen um ca. 16,3 Prozent gewachsen ist. Was liegt also näher als der Schluss, dass die Wirtschaft vor allem zu Lasten der Arbeitnehmer gewachsen ist?

Die Nachdenkseiten stellen nochmal genau den Zusammenhang zwischen der Leiharbeit, den Arbeitslosenzahlen und dieser Studie her.

Denn vor allem die Leiharbeit, die niedrigen Löhne und das einseitige Begünstigen der Arbeitgeber-Seite hat zu dieser Entwicklung geführt. Man kann nicht wirklich überrascht sein, hat man doch im neoliberalen Diskurs immer genau jene Entwicklungen gefördert und politisch den Weg bereinigt. Ich erinnere mich doch gut daran, wie die Leih- und Zeitarbeit damals als probates Mittel zur Wirtschaftsförderung diskutiert wurde und dass man dann auch die Arbeitslosen aus ihrer „Stagnation“ holen wollte und ihnen langfristig den Weg in ein reguläres Arbeitsverhältnis eröffnen würde. Wie zynisch und verlogen kommt einem die damalige Diskussion vor, wenn man sich die heutigen Entwicklungen und Zahlen anschaut. Noch mehr wundert es mich aber, dass die Deutschen das anscheinend immer noch nicht kapiert haben und weiterhin bereit sind, von ihrem ohnehin schon geschrumpften Einkommen weiterhin fleißig Steuern und Abgaben zu zahlen und damit den Rettungspaketen für Euro-Länder und Banken mit zu finanzieren. Warum regt sich an dieser Stelle nicht mehr Widerstand und ziviles Aufbegehren? Die Stuttgart 21 und Atomkraftgegner- geübten Wutbürger haben das doch mittlerweile recht gut drauf…

Auch die Diskussion um den beliebten „Fachkräftemangel“ scheint vor diesem Hintergrund fragwürdiger denn je zuvor. Wenn man sich wirklich so um Fachkräfte sorgen würde, wäre man auch bereit für „anständige Arbeit anständige Gehälter“ zu zahlen und würde ganz allgemein den Wert der Arbeit durch Geld wieder höher bewerten. Auch die Ausbildung der schlechter Qualifizierten und die Investitionen in ein gutes Schulsystem und ein leistungsfähiges Hochschulwesen wäre dann kein Problem mehr. Der Wert der Arbeit und der Qualifizierten wird anscheinend nicht richtig erkannt und/ oder wertgeschätzt, wie sonst kann es sein, dass man plötzlich „völlig überraschend“ (nach dem Ende Wehrpflicht und des 12-jährigen Abiturs) mit einem Ansturm auf die Unis konfrontiert wurde und die vielen jungen Menschen, die was lernen wollten, nicht mehr unterbringen konnte?  Anstatt jetzt mehr Geld in die Lehre zu pumpen und weitere Professoren anzustellen oder die Räume zu vergrößern, vergibt man demnächst lieber strengere Zulassungsbeschränkungen oder erhöht die Gebühren. Ähnliche Entwicklungen und Beschränkungen „vom Geiste“ her finden wir bei der derzeitigen Einwanderungs- und Integrationspolitik. Man kann nur hoffen, dass die Menschen im Ausland das integrationsfeindliche Deutschland als solches entlarven und einen großen Bogen darum machen werden.

Was wir derzeit ganz allgemein sehen können ist ein Ausufern des Niedringlohnsektors und immer schlechter werdende Arbeitsbedingungen bei rückläufigen Löhnen. Der allgemeine Wirtschaftsaufschwung kommt also bei den Menschen überhaupt nicht an und diese Spaltung der Gesellschaft in Gewinner und Verlierer der Wirtschaft ist sozial und menschlich höchst gefährlich. Wenn diese Politik so weitergeführt wird, gibt es bald 99% Verlierer und nur noch ein Prozent Gewinner.

Nehmen wir als weiteres Beispiel die Pflegeberufe, die es immer wieder in die Schlagzeilen schaffen. Im Schnitt verdient ein Altenpfleger ca. 1800 Euro brutto (Quelle ). Das ist kein fürstliches Gehalt, wenn man den geleisteten Arbeitsaufwand anschaut oder sich diese Nachricht durchliest, aus der hervorgeht, dass nur 5,6 Prozent der Befragten in diesem Job keine Überstunden leisten.

Dazu gekommen ist es z.B. dadurch, dass man in den Jahren 1996 bis 2008 14,2 Prozent der Pflegekräfte abgebaut, aber die Zahl der Klinikärzte um 26 Prozent erhöht hat. Ein besseres Beispiel für die faktische und reale Abwertung dieses Berufszweiges kann es nicht geben und für die Betroffenen wird es zu einer massiven Mehrbelastung führen, die das Ansehen des Berufes weiter schmälert.

Noch schlimmer ist die Lage, wenn man global denkt und feststellt, dass weltweit sogar vier Millionen Pflegekräfte fehlen.

Der „Fachkräftemangel“ ist also kein regionales oder nationales Problem, sondern menschlich und wirtschaftlich ein weltweites Problem. In Afrika treten 24 Prozent aller Krankheiten auf, aber nur drei Prozent des Pflege-Personals arbeiten dort. Und jetzt hat man noch den Mut, ausländische Fachkräfte in diesem Sektor abzuwerben.

Die grandiose Idee der Politiker zur Lösung dieses Problems lautet schlussendlich, die ungebildeten Arbeitslosen im Pflegebereich einzusetzen .

Vielleicht sollte man lieber ein freiwilliges soziales Jahr für Politiker verordnen, damit sie mal sehen, wie die Realität vor Ort wirklich aussieht?

Fazit
Man kann also nicht wirklich sagen, dass es „nicht unsere Krise“ wäre. Es ist unsere Krise und wir sind mittendrin, verbunden z.B. über die Löhne, die Lebenshaltungskosten, die Struktur der Gesundheits- und Sozialsysteme, die Energiepreise und allgemeinen Arbeitsbedingungen. Letztendlich über den Maßstab, was wir mit unserem Geld noch bekommen und wie der Wert unserer Arbeit im Vergleich zum Kapital bemessen wird.

Es gibt viele kleine Baustellen und Puzzlestücke, die diese zum Teil fatale Vernetzheit verdeutlichen. Jeder ist betroffen, egal an welcher Stelle und an welcher Position.

Das ist nicht unsere Krise

Seit zwei Wochen ist es unentwegt in den Nachrichten, mal in hübscher Form, mal in bedrohlicher, mal in ungewisser, aber doch stets im Mittelpunkt unserer Welt: Das Geld, bzw. das Zuwenig davon. Die Schulden in manchen Staaten, die USA am „Abgrund“ ihrer Zahlungsfähigkeit und die ehemals als stabil und Allheimittel für die Wirtschaft gepriesene europäische Einheit mit ihren Wackelzahnkandidaten, die wiederum zum Ausfall des gesamten Gebisses führen könnten.

Ungläubig sitze ich vor den Nachrichten und denke mir „na da könntest du aber so langsam mal was drüber schreiben, das ist ja schließlich DAS Thema, eine Headline sozusagen, und man hört allerorten nichts anderes mehr“. Aber das Problem , das ich mit der ganzen Sache habe ist einfach: Ich verstehe es nicht. Ich verstehe nicht, wie eine grandiose Weltmacht USA, die jahrelang mit modernster Militärtechnik, mit riesigem Vorsprung in Luft- und Raumfahrt, mit gigantischen Nahrungsmittelreserven und einer aggressiven Außenpolitik -und nicht zuletzt unser großer Verbündeter – plötzlich so schlecht dastehen kann. Und ich verstehe nicht, warum es in diesen Zeiten plötzlich so unmöglich geworden ist, die Steuern „für die Reichen“ anzuheben oder die Ausgaben für das Militär weiter zu kürzen. Dass man jahrelang über die Verhältnisse gelebt hat, sollte doch spätestens jetzt offensichtlich sein. Dass die Kriege und militärischen Interventionen vor allem der Rüstungsindustrie und den Herstellern von blechernen Orden und Prestige-Fabrikanten, aber am wenigsten den notleidenen Menschen vor Ort geholfen haben. Aber ein Wandel in der Gesinnung, im Denken ist anscheinend das Schwierigste für die Menschen und je stärker die Identität in einem starken Staat / einer starken Nation verwurzelt ist, desto schwieriger scheint das zu sein. Und im Eifer des Gefechts streiten die Kontrahenten, als sei kein Land zu retten, als ging es nicht um die Rentenzahlungen und Sozialhilfe für Millionen, die sich mit ihren 500 Dollar (oder sogar null Dollar!) mühsam durch den Monat schleifen, während die großen „Verbrecher“ am anderen Ende der Nahrungskette vielleicht das Hundertfache verdienen und sich trotz massiver Fehler seelenruhig aus dem Staub machen können.

Und gescholten wird in diesen Tagen! Vor allem auf die „hungrigen Sozialsysteme“ auf die horrenden Ausgaben für Kunst und Kultur, für all dieses überflüssige Zeug, wofür sowieso noch nie viel Geld da gewesen ist, in anscheinemd keinen Land auf der Erde, wo Menschen regieren, die doch mit „Vernunft“ gesegnet sein sollen. Wir haben soundsoviel Millionen Arbeitslose in Deutschland, davon ca. soundundsoviel Millionen, die sich schon seit Jahren ohne Job und Perspektive durch das Leben schleppen, wir haben Mütter mit Kinder, die vielleicht gut ausgebildet sind, aber auf Grund der Doppelbelastung mit Kind, Job und Haushalt einfach nicht mehr arbeiten können- dann wird auf der anderen Seite „Fachkräftemangel“ geschrien, weil die exportlastige Wirtschaft mit ihren Hungerlöhnen so schön brummt- und was machen die Verantwortlichen? Sie kaufen die Ware Mensch und Arbeitskraft billigsmöglichst da im Ausland ein, wo sie in ein paar Jahren vielleicht genauso dringend benötigt wird. Kurzsichtiger und einseitiger kann politisches Handeln kaum sein.

Warum ist in der Politik kein Platz mehr für Vernunft? Wo doch jeder zweite Stammtisch und jedes drittklassige Blog die bessere Lösung für die Probleme der Welt parat hätte, aber nur von „da oben“ immer die gleichen falschen Entscheidungen getroffen werden?

Alle wundern sich über die riesigen Rückstände im Pflegebereich und mit bebender Stimme wird in den Abendnachrichten erklärt, wieviel Millionen an Pflegebedürftigen demnächst auf „uns“ (also die jungen Generationen) zukommen werden, aber oh Wunder- es findet sich niemand mehr, der die Arbeit freiwillig machen will. Obwohl es x Arbeitslose gibt. Und y Schulabgänger, die noch keinen Job haben und im Traumjob z nichts mehr finden. Ist das wirklich so ein großes Rätsel, dass sich niemand erklären kann? Bei der Bezahlung, bei dem Ansehen des Berufs und den Arbeitsbedingungen? Und wieso hat man dann den Zivildienst abgeschafft, wo er doch jahrelang sich mehr als bewährt hat und ein wunderbares Mittel war, die Menschen zu sozialer Arbeit und einem Mehrwert in der Gesellschaft zu bringen? Zusätzlich mit einem hohen Ansehen? Erwartet man wirklich, dass sich jetzt genausoviel Leute finden, die sowas freiwillig machen ohne einen kleinen „Anstubser“ (sprich Verpflichtung) von staatlicher Seite zu bekommen? Ist die Verpflichtung etwa out geworden? Passt sie nicht mehr in ein konsumorientiertes Leben, dass uns stets den maximalen Genuss bei minimalen Einsatz garantieren soll?

Aber immer ist das Problem, dass nicht genügend gedacht wird, dass der Hebel immer an der falschen Stelle angesetzt wird. Das Geld und die gleichzeitige Gewinnmaximierung, das optimale „Haben“ bei geringstem Einsatz und maximalen Geiz regiert die Welt. Alles wird der Logik des Wirtschaftens und des Profits untergeordnet und obwohl man diesen Idealen so zielstrebig folgt, scheint die Rechnung am Ende nicht aufzugehen. Obwohl alle um das goldene Kalb tanzen (mit dem Höhenflug des Goldpreises sogar wortwörtlich) scheint die Gesellschaft nicht reicher und freier, sondern immer ärmer und verschuldeter zu werden.

All das sind Dinge, die ich nicht verstehe und die ich noch nichtmal ansatzweise erklären kann. Ich kann nur versuchen, sie zu beschreiben und den ganzen Wahnsinn, der mir tagtäglich aus dem Buchstabenwald entgegen hallt, in einen einigermaßen übersichtlichen Zusammenhang zu bringen.

Wenn ich z.B. in die EU schaue, wird es noch schlimmer. Wollte man Griechenland jetzt retten oder nicht? Und was ist mit Irland? Die sind doch aus dem Schneider? Wieso konnten sie dann unlängst wieder „herabgestuft“ werden? Überhaupt, dieses Wort! Hat man schonmal zu einem Mensch gesagt: Ich hab dich jetzt herabgestuft in meiner Freundschafts-Würdigkeit? Du bist nicht mehr eine glatte zehn, du bist nur noch eine magere fünf, und wenn du nicht aufpasst, dann gebe ich dir nur noch zwei Punkte! Aber, aber- beschwichtigen die Politiker, die Banken, das sind doch unsere Heilsbringer, die großen Geldverwalter- die es bis jetzt noch nichtmal geschafft haben, jedem Bürger ein Recht auf ein Girokonto einzuräumen und die immer diejenigen mit Gebühren belasten, die kein eigenes Einkommen über einer bestimmten Grenze haben. Nochmal genau anschauen: Derjenige, der ein regelmäßiges Einkommen hat, ist von den Gebühren befreit, zahlt also nix. Derjenige aber, der unter 1000 Euro verdient, muss teils saftige Gebühren zahlen. Das ist ähnlich wie mit den Steuersätzen: Je mehr du verdienst, desto mehr darfst du nach Hause nehmen und desto geringer deine anteilige Belastung für das Gemeinwohl. Zehn Prozent des Haushalts-Einkommens gehen für Lebensmittel drauf? Eine schöne Planrechnung, die in der Realität von vielen ärmeren Menschen leider nicht mehr greift. Schon jetzt gibt es Millionen von Menschen weltweit, die sich noch nichtmal mehr ein Stück Brot leisten können, während auf der anderen Seite der gleichen Welt Paläste aus Marmor und Gold errichtet werden. Die man dann mit teuren Panzern wieder verteidigen muss, woran andere wiederum auch sehr gut verdienen.

Vielleicht sollte man der Aufforderung auf der Startseite des Online-Bankings nachkommen und am Banken-Gewinnspiel teilnehmen? Kann man da auch Anteile an der HRE oder an der Helaba erwerben? Vielleicht sollte man sein Glück versuchen, wie in dem guten alten Spiel und Herzstück unserer kapitalistischen Kultur: Monopoly! Da geht es schließlich auch um Glück, nicht unbedingt um Leistung. Wer zuerst die teure Straße gekauft hat, ist der Gewinner. Wer zuerst das Geld zusammengekratzt hat (vielleicht mit einem Kredit?) und ein paar Hotels draufbaute, kann jetzt kräftig abkassieren. Die anderen müssen zahlen. Pech gehabt, zu spät gekommen! Das Regelwerk sieht keine Gleichberechtigung vor. Es gibt nur Gewinner und Verlierer und meistens mehr von der letzteren Sorte und nur ein paar ganz wenige, die alles haben.

Die, die alles haben, kommen dann in den Genuss, die Fehler zu machen. Wofür sie dann von unseren gnädigen (sprich abhängigen und willfährigen) Politikern wieder aufgefangen werden. Den normalen Häuslebauer und den täglich zur Arbeit gehenden Arbeiter und Lohnbezieher interessiert das freilich wenig. Er hat es vielleicht kurz in den Medien gelesen, als er heute morgen flüchtig über die Zeitung huschte. Keine Zeit für eine ausgedehnte Vertiefung. Die Pflicht ruft und das eben verspeiste Brötchen muss schließlich auch noch verdient werden.

Es könnte allerdings sein, dass er dann der erste ist, der seinen Job räumen muss. Und der erste ist, dessen Rente auf Null gekürzt wird, weil zufälligerweise gerade nix mehr da ist, sorry.

Wütend und mit einem Plakat zieht er dann, als es schon längst zu spät ist, vor die Tore der Mächtigen dieser Welt und verkündet „Das ist nicht unsere Krise!“ Auf dem Transparent seines Nachbarn steht etwas kleiner, fast kleinlaut und bescheiden „Aber wir haben sie bezahlt!“

Bewegung und Mobilität

Eine Zusammenfassung

Bewegung und Mobilität ist so etwas wie ein „Menschenrecht“ und das Kriterium für eine moderne und vor allem freie Gesellschaft. Überall und zu jeder Zeit an jeden Ort der Welt zu fahren erzeugt ein unglaubliches Freiheitsgefühl. Unsere Möglichkeiten werden hier eigentlich nur vom Geld, nie aber von den zur Verfügung stehenden Mobilitätsmitteln begrenzt (zumindest nicht in den reichen, „westlichen“ Industrieländern). Wer möchte, reist in einem Monat an fünf verschiedene Orte auf der Welt, wer möchte, kann eine Woche lang mit dem Auto in jedes Urlaubsland seiner Wahl unterwegs sein, andere wiederum werden eine Wanderung zu Fuß auf einem berühmten Pilgerweg oder eine trans-europäische Reise mit dem Zug oder Trekking-Rad vorziehen.

Die Freiheit des modernen Menschen wird durch nichts mehr definiert, als durch die zu Verfügung stehende Mobilität. Das bringt uns aber auch gleich zu mehreren Einschränkungen: Diese Freiheit ist nicht gleich verteilt. Allein schon körperliche Einschränkungen wie Kurzsichtigkeit, Übergewicht, Querschnittslähmung, geistige Einschränkungen, hohes Alter, etc. schränken die Wahl des Fortbewegungsmittels ein. Auch wenn wir gerne wollten, auch im Verkehr sind wir nicht „gleichberechtigt“ sondern höchst unterschiedliche Wesen mit ganz unterschiedlichen Vorraussetzungen. So können starke Menschen schwache im wahrsten Sinne des Wortes auf der Überholspur abhängen.

Der zweite trennende Faktor ist eindeutig das Geld. Denn Reisen ist teuer. In der Themenwoche der ARD hatte man in einer Sendung z.B. vorgerechnet, dass die durchschnittlichen Kosten für einen Mittelklasse-Wagen bei ca. 5.000 Euro pro Jahr liegen und diese Kosten dann mit der Nutzung eines Taxis gegengerechnet. Man kann einige Kilometer (ich glaube es waren 1.500) mit dem Taxi fahren, bevor diese Kosten wieder eingespielt werden. Problematisch beim Auto ist vor allem der Wertverlust, der vor allem beim Neuwagen sehr hohe Wert-Minderungen in den ersten Jahren erzeugt. So schön ein neues Auto auch ist, in den ersten Jahren könnte man das sauer verdiente Geld auch in einem großen Ofen verbrennen, ähnlich rasant geht es vonstatten.

Autofahren war überhaupt schon immer ein Luxus und früher nur für wenige Menschen nutzbar. Vor ein paar Jahrzehnten sind die Leute noch hauptsächlich zu Fuß gegangen oder mit dem Fahrrad gefahren. Die Massen-Nutzung des Automobils ist eine typische Eigenschaft von industrialisierten und reicher gewordenen Ländern.  Ähnliches kann man derzeit in China beobachten, wo die Menschen auch massenweise vom Fahrrad aufs prestige-trächtigere Auto umgestiegen sind.

Menschen, die weniger privilegiert sind und kein festes Einkommen haben, können sich oft kein Auto leisten (z.B. Arbeitslose, Studenten, Hausfrauen). Sie sind dann mehr als andere abhängig von den weniger „starken“ Fortbewegungsmitteln Bus, Bahn oder Fahrrad. Erfreulich aber ist, dass die Hartz IV Gesetzgebung den Besitz eines Autos erlaubt, solange es einen bestimmten Wert nicht überschreitet.

Wer Pech hat, kann sich noch nichtmal mehr ein Fahrrad leisten und muss alle Wege zu Fuß gehen. Kein Wunder, dass die Menschen alles tun, um in den Besitz eines Autos zu kommen, bedeutet dieses Auto doch eine massive Aufwertung ihres Selbstbewertgefühls und eine faktische Aufwertung der zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, vor allem in abgelegenen und ländlichen Regionen. Für den Individualtransport über große Strecken und das Transportieren schwerer Lasten ist das Auto weiterhin unumgänglich. Anders sieht es aus, wenn man nur Kurzstrecken überwinden und dabei nur eine Person bewegen muss. Hier wäre der gezielte Ausbau anderer Verkehrsmittel sinnvoll.

Mobilität ist also nicht nur unsere Lebens- und Glückseeligkeitsader Nummer eins, sie ist außerdem mit Kosten, aber auch mit emotionalen Belastungen verbunden. Denn über kein Thema regt sich (der Deutsche) lieber auf, als das Auto, die Spritpreise oder die Verkehrspolitik. Manchmal hat man sogar den Eindruck, das Auto ist den Menschen wichtiger als die Kinder, die Menschen oder die Umwelt. Oft überwiegt der Egoismus und die persönliche Kosten-Nutzen Rechnung (die im Kapitalismus ja gewollt und indirekt auch gefördert wird, weil der Mensch ja „schlecht“ ist) über vernünftige Einsichten und logische Überlegungen.

Den Deutschen kann man generell wenig mit vernünftigen Argumenten kommen, wenn es um das Auto geht. Die Autofahrer-Lobby ist sehr stark. Die Autoindustrie ist zudem eine sehr umsatzstarke und exportträchtige Industrie (69 Prozent aller hergestellen PKW) und einer der wenigen klassischen Industrien, die in Deutschland noch boomt und nicht von anderen Ländern übernommen wurde.  Man verbindet das Autofahren also unbewusst auch mit dem Auto-Herstellen und indirekt auch mit dem Prestige als Autofahrer- und Autobauer-Nation.

Dass das Auto aber langfristig überdacht werden sollte, daran eigentlich besteht kein Zweifel. Bei jungen Leuten ist es schon lange nicht mehr das Prestigeobjekt Nummer eins und vor ein paar Jahren las ich die Zahl, dass der durchschnittliche Neuwagenkäufer meistens um die fünfzig Jahre alt ist (was hauptsächlich finanzielle Gründe haben wird).  Mit sinkendem Durchschnitts- Einkommen und gestiegenen Ausgaben für Nahrungsmittel und Energie werden zunehmend auch wirtschaftliche und ökologische Gründe bei der Wahl des Fortbewegungsmittels eine größere Rolle spielen.

Das Auto, als Nabel der Technik steht also auch im Fokus des Innovationsdrucks. Hier hat die deutsche Autoindustrie aber auch der deutsche Autokäufer eindeutig Nachholbedarf.

Für mich bedeutet eine vernünftige Verkehrspolitik also, das Auto nicht ganz zu verdrängen oder gar „abzuschaffen“ aber zukunftsfähiger, ökologischer und für die Masse erschwinglicher zu machen. Es muss zudem von anderen Verkehrsmitteln ersetzt werden und sollte nicht nur als reines Spaßmobil genutzt werden. Man sollte verkehrspolitisch auch an die Menschen denken, die sich kein Auto leisten können oder wollen.

Wenn das Verantwortungsgefühl für Gesundheit und Umwelt von den Menschen nicht selbst entwickelt und umgesetzt werden kann, müssen der Staat oder die Kommunen lenkend eingreifen.

Leute, die das Auto z.B. nutzen um zur Arbeit fahren sollten entlastet werden (Pendlerpauschale), aber alle die das Auto nur zum Herumfahren und Spaß vertreiben benutzen, sollten stärker in die Pflicht genommen werden. Wer das Fahrrad benutzt und damit seine Gesundheit schützt und die Umwelt schont, sollte entsprechend belohnt werden, z.B. durch günstigere Krankenkassen-Tarife oder steuerliche Anreize für den Fahrradkauf.

Auch der Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel und Radwege sollte weiter forciert werden. Es muss ein stärkeres Miteinander der Verkehrsmittel geben, z.B. bessere Mitnahmemöglichkeiten von Fahrrädern im Zug oder mehr „Park and Ride“ Parkplätze für zugreisende Autofahrer.

Struktur- und verkehrspolitisch schwache Regionen müssen stärker unterstützt werden und dafür auch Gelder vom Bund erhalten. Wenn die Menschen günstig und umweltschonend zur Arbeit kommen sollen und damit auch gesellschaftliche Aufgaben erfüllen und Steuern zahlen, dann ist das nicht nur eine Sache der Kommunen, sondern eine Sache der ganzen Gemeinschaft.

Generell sollte die Verwendung von finanziellen Mitteln aus dem „Steuertopf“ wieder zielgerichteter erfolgen. Es kann nicht sein, dass man mit jeder Tankfüllung die Rentenkasse gefüllt wird, aber die Schlaglöcher weiterhin ungeflickt die Straße aufreißen. Da fragen sich die Menschen zurecht, was eigentlich mit dem ganzen Geld passiert, was vom Endverbraucher in den Verkehr gepumpt wird.

Verkehrspolitik ist eigentlich eine sehr spannende Politik, weil es jeden Menschen angeht und fast jeder Mensch damit täglich zu tun hat. Also sollten die Menschen in diesem Bereich auch mehr Mitsprachemöglichkeit bekommen und sich selbst noch aktiver einbringen. Wenn man es nicht macht, riskiert man Massenproteste und bürgerliches Aufbegehren wie z.B. mit Stuttgart 21.

Und wenn man es richtig macht, erntet man eine moderne, gesundheits- und umweltbewusste Gesellschaft, die dennoch auf den Luxus der allseits verfügbaren Mobilität nicht verzichten muss.

Liberaler Umbau

an der Oberfläche

Nicht viel bloggenswertes passiert in der letzten Woche. Das Geschachere um Posten in der FDP… wirkt auf mich eher oberflächlich und verstärkt den negativen Eindruck, den diese Partei auf mich macht. Aber warum eigentlich? Was ist so schlimm am „liberalen Geist“, der jetzt neuerdings auch „mitfühlender Liberalismus“ genannt wird? So kam gestern eine Interview-Sendung mit einem Politiker, der ein paar ganz interessante Worte zum Thema sagen konnte: Wolfgang Gerhardt
Und das ganz abseits der Vorurteile, die man sonst für diese Partei hat und abseits der ständig gleichen Floskeln, die sie selbst hervorbringt.

Aus dem öffentlichen Gesicht der FDP ist er verschwunden, was schade ist, weil er eigentlich einen vernünftigen Eindruck macht und mehr Profil zeigt, als die anderen „Gurken“ von der derzeitigen FDP- Meinungs- und Führungsspitze.

So sagte er z.B. im Interview, dass er auch eher einfache Wurzeln hat und daher die sozialen Belange in einer Gesellschaft besser verstehen kann, sein Cousin ist sogar SPD-Mitglied geworden. Er hat wohl mal auf dem Bau gearbeitet und kommt auch eher aus einfachen Verhältnissen. Die FDP war für ihn in den 60er Jahren „avantgardistisch“ und eine Art moderne Alternative zur etwas in die Jahre gekommenen CDU. (Heute ist es eher umgekehrt und ein moderner bürgerlicher Geist wird eigentlich eher von den Grünen vertreten). Er betont, dass die Verantwortung eines Einzelnen sehr wichtig sei und dass er einen zu starken Staat eigentlich ablehnt, das ist wohl so etwas wie der Kerngedanke der Liberalen. Er bemängelt dann auch, dass die Grünen für ihn zu staatsgläubig sind und dass sie erstmal beweisen müssen, wie sie ihre vollmundigen Versprechungen auch umsetzen wollen (Stichwort Atomausstieg und Umbau der Netzinfrastruktur beispielsweise). Der Moderator merkt dazu an, dass dieses „weniger Staat“ bei den Bürgern aber gar nicht gut ankommt.
Meine Meinung dazu: Meistens wird von den Wählern nach „mehr Staat“ und einer Art „Ersatz-Fürsorge“ für alle gerufen. Dem kann die FDP freilich wenig Attraktives entgegensetzen. Mit den derzeitigen gesamtgesellschaftlichen Voraussetzungen wurde das Leistungs-und Aufstieg durch Arbeit-Prinzip ausgehebelt und wurde eher von einem „wer sich mehr nimmt, bekommt auch mehr“- Prinzip ersetzt. Da viele Menschen spüren, dass das so ist und sich Anstrengung im Grunde nicht lohnt, weder im Geldbeutel noch bei den Lohnerhöhungen (z.B. wegen der kalten Progression und anderen Rahmenbedingungen, die Reiche und Superreiche belohnt, aber die Mittelschicht über alle Maßen belastet), trifft der liberale Geist eher auf eine skeptische Grund-Haltung in der Bevölkerung. Dabei ist es gerade der frische Wind des Liberalismus, der Änderungen in die richtige Richtung hervorrufen könnte.

Wenn es so etwas wie liberalen Intellektualismus gäbe, dann würde Gerhardt ihn am ehsten in einem Politiker wie Christian Lindner sehen. Insgesamt käme dieses liberale Profil in der FDP aber zu kurz.

Der Meinung bin ich auch. Wofür stehen denn Leute wie Rösler, Brüderle und die so eben geschasste Homburger? Ich glaube, es ist das schlechteste Führungspersonal seit langem. Rein subjektiv! Brüderle wirkt auf mich immer so selbstverliebt, er ist irgendwie immer am Dauergrinsen und er hat eine fürchterliche Aussprache. Er wirkt sehr wirtschaftsfreundlich und wenig bürgernah. Rösler ist viel glatter, aber in seiner allzu polierten Glattheit schon wieder abstoßend. Auch mit ihm kann ich mir einen „mitfühlenden“ oder gar „intellektuell geführten“ Liberalismus kaum vorstellen. Homburger war einer der wenigen wichtigen Frauen in der FDP-Spitze und wurde prompt weggemobbt, auch das sind so feine Zwischentöne und sie werden dem aufmerksamen Wähler (und vor allem Wählerin) kaum entgehen. Sylvana Koch-Mehrin fand ich noch ganz gut, aber sie hat ja jetzt dieses Doktor-Problem… Westerwelle hatte bestimmt gute Ideen, konnte sich aber nicht mehr durchsetzen. Insgesamt ist er dann doch zu steif und für einen Politiker in seiner Macht-Postion zu stur gewesen. Und seine Verbal-Attacken gegen die „spätrömische Dekadenz“ waren der Anfang vom Ende. Irgendwie hat sich seine Arroganz am Ende doch gerächt. Rein menschlich hat die FDP so ziemlich alle Fehler gemacht, die man machen kann und auf einer Erfolgs-Welle können sie derzeit auch nicht reiten, das kostet zusätzliches Selbstbewusstsein und Glaubwürdigkeit.

Und ganz wichtig: Der große Partner CDU/CSU hat die FDP nach der letzten Wahl schwer auflaufen lassen. Die FDP, noch im Wahlkampf die Steuersenkungspartei, ist an den Widerständen der konservativen Koalitions-Schwester gescheitert. Die Bürger vergessen das sehr schnell und schieben ihren Frust nun auf die FDP, obwohl der Widerstand eigentlich von einer anderen Stelle kam. An Teflon-Merkel prallte alles ab und auch jetzt, mit gigantischen Steuermehreinahmen hält der eiserne Schäuble die Hand fest auf der Steuer-Schatztruhe. Wenn es Geld geben wird, dann für die Haushalts-Sanierung oder neue Rettungspakete für Banken oder schlechtergestellte EU-Länder. Aber zu allerletzt für die Bürger, weil man das nämlich gar nicht will. So fließen z.B. schon heute ca. 65 Cent von jedem gekauften Liter Sprit nicht etwa in die Straßensanierung oder die Infrastruktur, sondern in die Rentenkasse! Die Mobilität der Jungen ist die Alterssicherung der Alten, aber es ist ja kein Geld da… (( Quelle: http://www.bundesfinanzministerium.de „Fast alle Einnahmen zahlt der Bund jährlich im Rahmen des zusätzlichen Bundeszuschusses an die allgemeine Rentenversicherung.“ Aber: Steigt der Benzinpreis, nimmt der Staat nicht mehr, sondern gleich viel ein ))

Für die CDU wird es sich im nächsten Wahlkampf zeigen, ob es eine Konsequenz hat, dass sie ihren Partner damals verraten hat. Auf die Dauer kann die Blockade bei der Entlastung der Mittelschicht keine gute Entscheidung sein. Was in der politischen Landschaft fehlt ist eine reine Mittelschichts-Partei und zwar keine, die sich nur auf dem Papier oder mit Worten dazu bekennt und dann nichts durchsetzen kann, sondern eine, die dem Bürger nach dem Mund redet und dann mit dem richtigen Personal tatkräftige Akzente setzen kann. Da bleiben im Moment nur die Grünen, aber sie haben auch ihre Schwächen, wie sich in Baden-Württemberg bald zeigen könnte.

Man kann nur hoffen, dass die FDP sich eines Tages neu erfindet. Oder dass eine ganz neue Partei gegründet wird, die ihre Schwächen ausbügelt und ein paar Stärken hinzuaddiert. So, wie sie derzeit aufgestellt ist, kann es einfach nicht gut gehen.