Der Missbilligungs-Gutschein

geht meist zurück an den Absender

Liebe Hartz IV Eltern,

nun seid ihr mal wieder in die Kritik geraten. Das Bildungspaket ist nach langem Hick und Hack endlich veröffentlicht worden und steht jedem offen, aber niemand nimmt es an. Ja, interessiert euch denn die Bildung eurer Kinder nicht mehr? Habt ihr keine Lust auf ein paar Euro mehr, die euch doch zustehen? Die drei Euro für das Mittagessen, ist das nichts? Oder die zehn Euro für Nachhilfe und Geigenunterricht?

Nun, ich nehme an, ihr wollt das Klischee auf der einen Seite erfüllen: Geld das man nicht versaufen und verrauchen kann, ist kein gutes Geld? Oder liegt es doch an der ausufernden Bürokratie? Achso, euer Geld reicht noch nichtmal für einen Schulzranzen und der kostet achtzig Euro… nebenbei müssen noch die horrenden Energiepreise und die Schulden getilgt werden hm, das ist ein Problem. Da müssen aber die Energiekonzerne was ändern, da können wir nix für! Wir waschen da unsere Hände in Steuermilliarden-Unschuld.

Achso jetzt verstehe ich: Ihr habt gar nicht gewusst, dass es sowas gibt.. weil ihr kein Bildungsfernsehen schaut und auch keine Zeitungen kauft. Ihr habt auch keine Kollegen aus Akademikerkreisen mit denen man das am Stammtisch so nebenbei besprechen könnte. Ich verstehe. Also quasi abgeschnitten von der weiten Welt? Ein wenig ausgegrenzt vielleicht? Oder einfach nur faul und dumm? So wie der Herr Sarrazin sagen würde? Der muss es ja schließlich wissen!

Also könnt ihr auch keine Bildungsgutscheine für die Kinder beantragen, weil man zum Beantragen Bildung braucht… herje das ist ja ein Kreis ohne Anfang und Ende!

Äh das ist wirklich dumm gelaufen. Ihr müsst nämlich damit rechnen, dass wir da einen anderen Erfahrungshorizont haben als ihr.

Wir haben gedacht, dass ein bürokratisches Monstrum mit vielen Regeln und vielen „wenn und abers“ die Liebe in reinster Form darstellt. Es hat ein paar Vorteile (für uns). Wir können uns super profilieren, weil wir ja was für die Bildung tun. Alle sehen und hören, wie wichtig uns die Bildung für unsere/ eure Kinder ist. Und falls das jemand nicht sehen sollte, können wir noch ein paar Steuermillionen in teure Anzeigenkampagnen oder anderen Marketing-Schnickschnack stecken. Okay?

Achso, das lest ihr auch nicht? Ach, das braucht ihr auch nicht. Das ist nicht für euch. Das ist für unsere Wähler, von der.. hm sagen wir, „besseren Zielgruppe“. Die Wähler von der CDU und CSU, die konservativen Bürgerlichen mit ein wenig mehr Geld und bestimmten, sagen wir „Ansichten“. Da passt es eigentlich ganz gut.

Aber jetzt, sag bloß, ihr wollt unsere Gutscheine nicht? Als ob wir das nicht immer gewusst hätten. Erst halten wir euch ein Seil hin, mit bequemer zehn Meter Ausgangshöhe.. und jetzt wollt ihr nicht darüber springen?

Das ist ja fast so wie bei den Autofahrern. Die wollen auch kein E10 kaufen, obwohl es doch so gesund ist! Trinkt doch endlich, äh ich meine gebt doch eurem geliebten Auto endlich mal was Gutes. Stört ja auch keinen ,wenn in Afrika Leute verhungern und die Anbauflächen für unsere geliebte Mobilität freigehalten werden.

Was solls. Das ist halt Politik. Aber das versteht ihr sowieso nicht.. dazu braucht man erst mehr „Bildung“…

Der saubere Krieg

und das sichere Atomkraftwerk

Die Frage nach der Entscheidungsfindung (in Bezug auf die Libyen-Krise) im UNO-Sicherheitsrat ist nicht nur eine politisch schwierige, populistisch überdeckte, im Wahlkampf eventuell missbrauchte, in Deutschland umstrittene, sondern zugleich auch eine hoch moralische. Und hier kommen wir gleich zu dem ersten Problem: Politiker müssen im Grund auf der Basis eigener Wert- und Moralvorstellungen handeln und zugleich eine faktisch und mit großem Sachverstand abgesicherte Entscheidung treffen. Und das in einem Umfeld von Bürgern und Medien, die emotional aufgeladen sind und urteilen und in einem Umfeld, wo zwar viele mitreden, aber die wirkliche Expertise nur von ganz wenigen Menschen verwaltet und vertreten wird.

Oder es treten sogar bestimmte „Gefühle“ oder vordergründige Taktikspielchen in den Vordergrund. Das macht die Politik oft so unbeliebt. Dass der Menschen/ der Wähler nicht das Gefühl bekommt, von qualifizierten Menschen geleitet zu werden, sondern von welchen, die im Kern genauso „schwach“ oder „stark“ wie der gewöhnliche Durchschnittsmensch sind. Zu einem Monarchen konnte man noch aufschauen, er hatte auf Grund seines Adels-Statuses (der wiederum von Gott legitimiert) eine Sonderstellung. Die Menschen konnte das akzeptieren. In den heutigen Zeiten aber ist Politik viel gewöhnlicher und somit auch viel anfälliger für Kritik.

„Der saubere Krieg“ weiterlesen

Revolutionen im Geiste

und die deutsche Hasenfuß-Außenpolitik

Die Nachrichtenwelt und damit die gespannten Zuschauer vor den Schirmen haben es in diesen Tagen nicht leicht. Da läuft so ein spannender Krimi im Ersten und wird von dem einen oder anderen „Brennpunkt“ unterbrochen. Die Welt hielt letzte Woche den Atem an, man konnte es ganz deutlich hören, äh nicht hören!

Und kaum haben wir uns vom Fukushima-Schock ein bisschen erholt (wie wird das eigentlich richtig betont, Japanologen unter euch? Fu- KU- shima oder Fu- ku- SHI- ma ?) … da kommt schon der nächste Super-Gau. Diesmal ein ganz besonderer Spinner unter den größenwahnsinnigen Weltenlenkern und bombardiert sein eigenes, wach gewordenes Volk mit Panzern und Raketen. Die, so wurde mir von Friedensaktivisten einhellig bestätigt, allesamt aus westlichen Reservoirs und Waffenlieferungen stammen. Wir im Westen sind also schuld, dass die da unten im Süden so schlimme Patricharchen haben und das ganze einfach nicht in Griff bekommen. Ne, alles klar.

Und wir haben den ja auch eingeladen, da gibt es so tolle Fotos. In Paris ist er spaziert, in Rom anscheinend auch und immer hübsch in die Kamera lächeln und ein Urlaubsfoto mit dem Despoten schießen. Das macht man halt so als Regierungschef. Nur die Deutschen waren etwas zurückhaltender und skeptischer, haben sie doch selbst schon sehr schlechte Erfahrungen mit autoritären Führungspersönchen gemacht.

Und weil die Deutschen so skeptisch und so anders geworden sind im internationalen Umfeld, zuerst und als einzige in lichtschneller Art und Weise ihre Atomkratfwerke abschalten und damit ein Beispiel setzen, kommt nun die nächste Ausnahmewurst. Freiheit ja, aber bitte keinen Krieg. Veränderung ja, aber bitte keine Taten. Großes Ansehen in der Welt ja, aber bitte keine Stimmung gegen den Krieg in der Bevölkerung (vor den Landtagswahlen). Da nimmt man es als Regierung doch lieber mal in Kauf, dass man von den Linken (hahaha!) gelobt und hofiert wird. Die Linken, das ist die Partei, die generell immer gegen alles, vor allem gegen alles ist, was eine Waffe in der Hand hält, weil Waffen ja an sich böse und scheiße sind und generell verboten werden müssen. Und dass der Großteil der Länder bewaffnet ist, Armeen unterhält und es auch nicht wenige Diktatoren auf dieser Welt gibt, die diese Waffen auch mal einsetzen, das hat die Linkspartei anscheinend noch nicht bemerkt. Denn wir können ja über alles reden!

Lass uns doch mit Gaddafi reden, das ist auch nur ein Mensch. Wer wird denn gleich schießen? Achso er? Tja dann..

Bitte nicht falsch verstehen. Auch ich finde Kriege doof. Unzählige Menschen, die sterben, Bomben, die aus Verzweiflung gezündet werden, Soldaten die Grenzen bewachen, die man nicht bräuchte, hätte es vorher noch einen Weg auf diplomatischer Ebene gegeben. Aber es gibt meiner Meinung nach ganz wenige Ausnahmefälle, in denen Waffengewalt zur Verhinderung von größerem Leid legitim ist… und das wäre/ ist in Libyen der Fall gewesen.

Die arabische Liga hatte sich eindeutig für ein Einschreiten ausgesprochen und selbst die UNO kam jetzt ohne Gegenstimmen zu einer Resolution, was in den langsam mahlenden Mühlen dieser Institution schon eine kleine Revolution für sich ist. Der Westen hat lange genug zugesehen, wie Scharfschützen auf Demonstranten schießen, wie Kinder und Frauen, Männer und Jugendliche verprügelt oder vergewaltigt, eingesperrt, gefoltert und unterdrückt werden. Das ist keine Demokratie, das ist Terror pur. Und die Leute tun gut daran, sich dagegen aufzulehnen. Man muss sie in ihrem Kampf unterstützen und da ist ausnahmsweise die Waffengewalt (als exekutive Instanz) das Mittel der Wahl. Veränderungen brauchen Energie und wer nur die Hände in den Schoß legt und etwas aussitzen möchte, verändert die Welt nicht. Andere werden handeln, die Unterdrückung geht weiter, weitere Menschen sterben. Das kann nicht das Ziel eines freiheitlich-demokratischen Landes sein. Wer Freiheit und Macht hat, hat auch Verantwortung. Im Rahmen der internationalen Gemeinschaft ist ein Vorgehen hochgradig legitim und quasi von höherer Stelle und im Sinne von allen legitimiert. Es war gut, dass die Welt diesmal nicht vorschnell agiert hat, dass sich die Weltpolizei USA (wohl auch aus finanziellen Gründen) diesmal zurückgehalten hat.

Mit Frankreich und Großbritannien sind zwei weitere mächtige Militärnationen in ihre Fußstapfen getreten. Der Konflikt ist direkt vor der Haustür, direkt im Eingangsbereich der europäischen Union, quasi in unserem Garten. Auch in diesem Sinne wäre Deutschland gut beraten, wieder auf eine Linie mit seinen Anrainerstaaten zu kommen.

Zukünftige Konflikte in unserer Nachbarschaft kann man nur verhindern, wenn man sich einig ist und dazu gehört auch eine einheitliche EU-Außenpolitik.

Es war freilich nicht einfach für Deutschland. Das Land ist pazifistischer als je geworden. Das ist eigentlich gut. Nicht vorschnell in einen Krieg zu ziehen ist weise und hat sich z.B. im Falle des zweiten Irakkrieges als gut erwiesen.

Man kann aber auch nicht so tun, als ob einem das alles nichts angeht.
Denn das Morden und die Ungerechtigkeiten in der Welt gehen weiter, ob man nun hinschaut oder nicht.

Letztendlich offenbart die Haltung von Schwarz-Gelb eine weitere Schwäche in ihrer derzeitigen politischen Glaubwürdigkeit, die nur allzu vordergründig auf die Beliebtheit in den kommenden Landtagswahlen schielt. Aber mit der Haltung des „Fähnchen in den Wind halten“ und dem Populismus nach dem Mund reden ist noch keiner gut gefahren. Vor allem keiner, den man so gut dabei durchschauen kann.

Atomare Sicherheit

ist eine Illusion

Surreal sind die Bilder und Eindrücke, die vom Monitor ungefiltert in das Bewusstsein getragen werden.
Surreal, anders kann ich es nicht beschreiben und ich möchte mich eigentlich mit Deutungen, Bewertungen, Meinungen, Vorurteilen und all zu schnellen Analysen lieber ein wenig zurückhalten. Dennoch habe ich das Bedürfnis mich zu äußern, wie immer, wenn etwas wirklich schlimmes passiert ist und die Worte eigentlich über die schreckliche Kraft der Bilder verstummen wollen.

Da war zuerst dieses schlimme Erdbeben in Japan, das an sich für sich schon schlimm genug und weitesgehend unkontrollierbar ist. Die Natur ist nicht berechenbar. Wer in so einer Zone lebt, kann zwar damit „rechnen“, aber vorbereiten: nicht wirklich.

Die Frage bleibt aber: Wenn man weiß, wie heftig und wie oft so eine Erde in Japan bebt, wie kann man auf so ein wackeliges Pulverfass noch ein Fläschchen Nitroglyzerin draufstellen? Alles nur, damit die Energie billig bleibt und die Wirtschaft schön weiter wächst?
Und was sind das für Vorbereitungen, wenn die Batterien für den Notstrom (die Kühlung) nur acht Stunden halten und das Kühlmittel aus den USA eingeflogen werden muss? Das erscheint beinahe grotesk. Das wäre so, als ob ich eine kontrollierte Sprengung vorbereite, aber dabei die Sandsäcke vergesse oder die Zündschnur zu kurz berechne.

In diesen Minuten wird auf Twitter und den Nachrichtensendern dieser Welt noch diskutiert und überlegt, ob es nun ein Super-GAU wird oder nicht.. es gibt keine offiziellen Bestätigungen, das meiste sind Vermutungen. Die Evakuierungszone wurde vorsorglich von 10 auf 20 km ausgeweitet. Aber was sind schon 20 km bei einem Gau? Das erinnert mich alles an Augenwischerei und sehr intensiv werde ich an das Buch „Die Wolke“ erinnert, über das ich vor ein paar Monaten noch rezensiert habe. Es kommt genau alles so, wie die Autorin beschrieben hat. Unvorstellbares Leid kommt auf die Menschen zu. Atomkraft ist nicht sicher, egal wieviel Mühe man sich gibt. Es wird immer ein Restrisiko geben und dieses Restrisiko übersteigt den möglichen Nutzen bei weitem.

Und was ist das für eine Technologie, bei dem man in zehntausend Kilometer entfernten Deutschland schon jetzt überlegt, ob es Folgen für die hiesige Bevölkerung geben kann? Aber gleichzeitig eine Diskussion über den Atomausstieg oder die Gefahren der Atomkraft ablehnt? Dabei darf man aber nicht vergessen, dass die atomare Verseuchung keine Grenzen kennt und endgültige, weltweite Sicherheit erst dann besteht, wenn auch das letzte Atomkraftwerk weltweit abgestellt worden ist. (also ca. im Jahr 3503…)

Ach, es ist so schön, sich etwas vorzumachen. Das Problem dabei: Einen Super-GAU kann man nicht aussitzen. Und wir leben im Zeitalter der Medien und Web 2.0 – Protestbewegung. Es wird zumindest schwieriger, die Bürger zu täuschen.

Die Mächtigen und Politiker werden von selbst keinen Ausstieg wollen. Das schaffen nur die Bürger und Menschen auf der Straße, letztendlich mit dem Stimmzettel für eine vernünftigere Energiepolitik.

Der Fall eines Prinzen

und der zurückbleibende moralische Scherbenhaufen

Zwei Perspektiven fehlen mir in den derzeitigen Guttenberg-Zu-Rücktritt-Berichten. Einmal: Die Gefühle und zum zweiten: die Rücksicht auf den Menschen.

Auch wenn ich weder Anhängerin der CSU bin und vor allem ihre Wertvorstellungen und konservativen Einstellungen nicht teile oder gut finde; auch wenn ich negativ bzw. etwas spöttisch über den Guttenberg-Vorgang geschrieben habe (und er im Kern ein politischer Skandal bleibt und auch für einen Rücktritt gereicht hat) und auch, wenn ich die Einstellung und die Bewegungen in der Netz-Gemeinde eher progressiv und gut, als schlecht finde; bei all den „trotz“ und „abers“…

Der Mensch Guttenberg tut mir leid. Er tut mir leid, weil er in ein System der Macht und Selbstbezogenheit gezogen worden ist. Er tut mir leid, weil er beneidet wird und die Medien und andere Menschen kollektiv auf ihn eingedroschen haben. Er tut mir leid, weil er gut reden konnte, meistens einen freundlichen bis authentischen Eindruck gemacht hat und eine neue Klasse von Politikern dargestellt hat. Wenn schon CSU, dann wäre Guttenberg das kleinstmögliche Übel gewesen. Der Mut zu Veränderung ist in dieser Partei ein kleiner Lichtblick und die Partei wäre gut beraten, diesen Aspekt weiter auszubauen. Für eine Pauli hat es ja dann leider doch nicht ganz gereicht, aber die Richtung stimmt schonmal!
Die Menschen haben Guttenberg gemocht, weil sie auf ihr Herz vertraut haben und nicht nur, weil sie ausschließlich die Springer-Presse gelesen haben.

Die Soldaten tun mir leid, weil sie eine wichtige Bezugsperson verlieren und jemand, der sich ihrer Sorgen und Nöte angenommen hat. Weil mit Guttenberg eine reisefreudiger und aufrichtiger, anteilnehmender Politiker zurückgetreten ist. Die jungen Menschen, deren Begeisterung für einen freiwilligen Dienst nun erst geweckt werden muss (und damit das eigentliche Problem an der „Reform“ darstellen)… aber auch die alten und kranken Menschen, die von Zivis versorgt worden sind und über die kaum jemand mehr spricht. Ein Guttenberg hätte mit seinem Charisma viel Gutes bewegen können. Er war in vielerlei Hinsicht ein Vorbild, jemand zu dem man aufschauen konnte und leider auch jemand, den man hassen oder beneiden konnte.

Menschen lassen sich nicht täuschen, wenn es um Beliebtheit von Menschen oder Politikern geht. Guttenberg ist jung und mit seiner aristokratischen Wurzeln stellte er für viele Menschen eine Art „Ersatz-König“ dar. Es passte einfach alles zusammen: Jung, vermögend, eine hübsche Frau, fotogen, redegewandt, gebildet, ehrgeizig, erfolgreich und eine kometenhafte Karriere. Beliebtheit bei Partei-KollegInnen und bei den Menschen im Volk. Was kann ein Mensch mehr sein, wenn es um die reine Äußerlichkeit geht? Aber diese gläserne Podest, auf das er von allen gehoben worden ist, war zugleich sein Untergang. Während Frauen meistens vor gläsernen Barrieren oder Decken stehen und schon allein auf Grund ihres Geschlechtes niemals diesen Ruhm und diese Beliebtheit erlangen können, profitierte Guttenberg auch von seiner sportiven Männlichkeit, die den Idealtypus unserer Zeit wie kein zweiter repräsentierte. Auch gerade, dass er kein typischer Politiker zu sein schien und irgendwie locker und natürlich herüberkam, wurde an ihm geschätzt.

Mir tut er leid, aber mir tut auch das ganze Politik, Medien und Internetgeschäft leid. Eine Sache, warum ich immer weniger Lust darauf habe und mich schrittweise immer weiter davon distanziere, weil ich merke, wie falsch alles und jeder ist. Jeder beneidet und kritisiert den anderen, eine wirkliche Bindung gibt es zwischen den Leuten nicht. Und was ist die vielgelobte „Netzgemeinde“ denn oft, als ein sich mit Hilfe technischer Mittel zusammenrottender Mob, der danach schreit, den König zu stürzen? Mir tun die Leute leid, die nicht verzeihen können. Die solange auf den Fehlern und der Schwäche eines Menschen herumreiten, bis dieser unter dem Druck zusammenbricht (oder alternativ: sich umbringt). Mir tun die Leute leid, die von vornherein behaupten müssen, dass das Leben kein Ponyhof sei oder Mitleid grundsätzlich nicht zu erwarten sei. Nein, Mitleid gibt es nicht in der Welt „da draußen“. Und gibt es Mitleid in der Welt „da drinnen“ oder ist sie schon gänzlich ausgehöhlt und zerfressen von Ehrgeiz und Neid?
Was ist Neid? Neid deutet darauf hin, dass dem Menschen etwas fehlt und weil es ihm so sehr fehlt, gönnt er es auch einem anderen nicht. Neid ist Mangel im menschlichen Bereich und er ist ziemlich verbreitet. Niemand ist zufrieden, niemand ist gesättigt. Der Konsum oder die Arbeit allein sorgen nicht für Glück. Glück sind kleine, unsichtbare Momente. Großmut, Verzeihen, sich etwas schenken, Zeit geben, die Stärken sehen, loben.

Mir tun die Menschen leid, die in so einem System leben und so eine Art von Politik hervorbringen. Wo sich Neid und Betrug mehr auszahlt, als intensive Arbeit und qualifizierte Recherche. Wo die Titel und Posten, das Gehalt mehr zählt, als der langsame und auf gesunden Füßen gewachsene Fortschritt. Das ist das traurige daran. Es ist traurig, wie qualifizierte Menschen an so einem System zerschellen, weil sie den Verlockungen nicht widerstehen können. Das System wird auch nicht besser, wenn wir darüber schimpfen. Es entsteht kein menschlicher Wandel auf der Basis von Neid, Gier oder Hass.

Das einzige was man braucht, um glücklich zu sein ist Toleranz, Vergebung und viel, viel Geduld.

Chance oder Rückschritt?

Ein Blick in die Medien

Ich denke noch ein wenig über die Guttenberg-Sache und verfolge weiterhin gespannt die Meldungen aus den Medien. Dabei fällt mir zuerst auf, wie sehr ich mir doch an dieser Stelle Quellen wünsche, die etwas in die Tiefe gehen und auch kritische Töne zulassen. Denn die sind auffällig schnell verschwunden. Zwar hat sich fast jede „größere“ Nachrichten-Seite getraut, auch negatives über Guttenberg zu schreiben (z.B. hier oder hier ) und das Verhalten in irgendeinerweise anzuprangern. Aber im Moment sieht der Trend schon wieder rückläufig aus und wenn wir alle Pech haben, dann kommt der Minister mit einem blauen Auge davon und „die da oben“ machen so weiter wie bisher. Das wäre sicherlich der „worst case“, also der schlimmste anzunehmende Fall.

So lese ich z.B. plötzlich auf der „Welt“, dass die Mehrheit der Deutschen gegen den Rücktritt Guttenbergs ist, der Artikel bezieht sich dabei auf eine Focus-Umfrage. Nun ja, wir wissen, dass jede Umfrage den Menschen nützt, die sie in Auftrag geben (oder war das mit den Studien?), aber ein wenig seltsam finde ich es schon.
„Chance oder Rückschritt?“ weiterlesen

Vorzeitig ablaufendes Haltbarkeitsdatum

Portrait von Guttenberg (Zeichnung)

„SOS- Dr. Guttenberg unter Druck“ heftig funkt der mediale Buschfunk aus allen Rohren, man kann es kaum übersehen, kaum überhören. Der (einstige?) Vorzeigeminister mit dem eintätowierten Dauerlächeln und der doppelt haltbaren Glaubwürdigkeits-Piercing galt stets als der Überflieger der Politik. Mit Überschall-Geschwindigkeit trieb er die Reformen der Bundeswehr voran und mit einem weiteren Dauerlächeln und einer aalglatten James-Bond Frisur gleich in die Herzen der einfachen Bürger. So vertrauenserweckend, so jung und anders. Ganz bestimmt: Wenn nicht er, wer sonst vertritt den sympathischen Politiker der Zukunft? Der für die Menschen spricht? Der ihre Belange ernst nimmt? Der das ungeliebte „Die da oben“- Image der herrschenden Klasse endlich mal revidieren kann?

Doch schon bald wurde es dunkel am Horizont der schnellen Entschlüsse. Schwere Wolken zogen über das Meer und dazu kamen Nebelbänke aus falschen Anschuldigungen und unfairen, verbalen Unter-die-Gürtel-Schlägen. Hinterhältige Piratenangriffe auf das Leuchtfeuer der deutschen Marine, die Gorch Fock zum Beispiel. Da hatten die Kritiker-Haie schon ihr erstes Blut geschmeckt. Es muss doch eine Lücke im Vorzeige-Staubsauger-Vertreter-Image zu finden sein. Garantiert! Wieviele amerikanische Filme über Verschwörungstheorien müssen wir gesehen haben, um das nicht zu erkennen?

Aber noch halten sich die Bluthunde der verbalen, oppositionellen Über-Moral zurück! So einfach ist ein Häuptling nämlich nicht zu kippen. Und wehe, wenn einer den Schmutzkübel auskippt, wenn noch nichts bewiesen ist. Da bleibt der Schmutz gerne mal kleben. Hier und da und überall und so schwer zu entfernen. Wer will sich schon Neid oder Argwohn vorwerfen lassen? Das sind doch weiche Faktoren, schwer zu beweisen und spielen daher auch keine Rolle. Eigentlich.

Und überhaupt, das geht doch alles viel zu einfach, viel zu schnell. Abgekupfert? Für die Doktor-Arbeit? Also nein!

Die Internet-Generation schlägt zurück und den Vorzeige-Streber aus dem Fernsehen mit seinem eigenen Waffen. Mit Copy und Paste werden weitere, abgekupferte Stellen gesucht und anscheinend auch zahlreich gefunden.

Tja, so ist das in der modernen Politik-Welt. Nichts und niemand ist mehr originär. Abschreiben ist ja auch viel einfacher, als neu machen. Und bei 450 475 Seiten kann man schonmal in Versuchung geraten. Schließlich muss es schnell gehen! Schnell nach oben! Möglichst jung müssen die modernen Führungskräfte sein. Alter und Erfahrung zählen nicht mehr. Das gefragte Produkt der Konsumentenwelt ist neu, jung und unverbraucht. Hält aber insgesamt auch nicht mehr so lang. Das liegt an der eingebauten „Obsoleszenz“- dem Faktor, der von der Industrie eingebaut wird, um die Haltbarkeit eines Produktes herabzusetzen, um den Neuverbrauch, und somit den Umsatz des Unternehmens zu steigern…

Guttenberg- der planmäßige Kurzzeit-Minister mit eingebauter Obsoleszenz?

Also ich glaube, der Vergleich geht dann doch zu weit. Das mit der Obsoleszenz ist auch gar nicht von mir, das habe ich neulich irgendwo gelesen und das klang so gut.. und ach, jetzt ist die Zeit auch schon wieder rum.

Ich bin dann mal weg. Brötchen holen oder so.

Tschüssi! (( Hiermit versichere ich: Der Text ist auf meinem eigenen Mist gewachsen und er enthält eine Menge inhaltliche, wie auch grammatikalische Fehler, die auch so gedacht sind. Das in diesem Artikel dargestellte Bild wurde unter Zuhilfenahme von Google-Bildern mit bestem Wissen und Gewissen abgezeichnet und beruht auf meiner eigenen Leistung. Ähnlichkeiten mit bestehenden Cartoon-Bildern sind rein zufällig ))

Frauenquoten-Gedöns

Wo dir fehlt der Mut zu Taten, musst du halt ein wenig warten

Nachdem in der Mädchenmannschaft die Frauenquote diskutiert wurde und dabei unter anderem auf die Phoenix-Talksendung aufmerksam gemacht wurde, habe ich mir an diesem Abend das Programm freigeschaufelt und mit großer Neugierde in die Sendung eingeschaltet.

Zuerst: Das Thema Frauenquote finde ich an sich sehr wichtig, weil endlich mal ein frauenpolitisches Thema in den Medien Gehör findet. Wenn auch nicht besonders erfolgreich und meistens auch recht einseitig. Die mächtigen Frauen wie Familienministerin Schröder oder Merkel bekleckern sich nicht gerade mit Ruhm und Takraft und schon gar nicht mit einseitiger weiblicher Solidarität, was eigentlich schade ist, aber wahrscheinlich ihre Glaubwürdigkeit und ihren männlichen Durchsetzungswillen bekräftigt. Wer weiß? Und wo kommen wir denn hin, wenn plötzlich alle Frauen mit anderen Frauen solidarisch wären? Also so weit sind wir nun auch noch nicht. Wer nach oben kommen will, soll bitteschön kämpfen. Anders funktioniert es nicht! Steuergesetze und Bürokratie in unendlichen Mengen verschreiben wir dem guten Bürger ganz gerne, aber wenn es um die Freiheit der Geschlechter geht, dulden wir keine Einmischung! Schließlich geht es dabei um den heiligsten Gral in diesem Land überhaupt: Der Performance und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Und wer will schon eine Baby-Mama in der Chef-Kajüte? Die stört da nur, aus dem Weg.. entweder du kleidest und verhälst dich wie ein Mann oder du hast verloren. Hier oben weht ein rauer Wind und die Regeln die machen wir selbst, die sind männlich. Basta.

„Frauenquoten-Gedöns“ weiterlesen

Hand in Hand, bis der eine verschwand

Gestern kam in der ARD eine recht interessante Reportage über das „Duell“ zwischen Schröder und Lafontaine, aus der Zeit, als die beiden noch mehr Bedeutung hatten. Das war so um 1996 bis ca. 2005, also genau die Zeit, in der ich mich auch anfing, für Politik zu interessieren und auch erstmals wählen konnte.

Ich weiß noch, wie Schröder mich damals beeindruckt hatte, mit seiner kumpelhaften Art, mit seinem Macho-Getue und dem charmanten, einnehmenden, selbstsicheren Dauerlächeln. Ein bisschen wie Guttenberg heute. Und ähnlich beliebt, für einfache Leute und auch für nicht ganz so einfache, schwer zu durchschauen.

Die Grünen waren damals noch etwas weltfremder und intellektueller als heute, aber Schröder, das war irgendwie der „Sefmade-Aufstreb-Politman“ dieser Zeit. Dass ein paar Jahre später, mit genau dieser Führungsperson, die sozial ungerechtesten Reformen seit langem durchgeführt wurden (Agenda 2010 ) und die SPD an diesem neoliberalen Rechtsruck bis heute nicht genesen konnte, vergisst man dabei zu leicht.

Die Reportage nun beleuchtet diese Zeit recht anschaulich und ich merke dabei, wie sich auch meine Einstellung der Politik gegenüber gewandelt hat. Plötzlich, und das mag nicht nur am kritischen, medial-anklagenden Ton liegen, der für solche Dokumentationen typisch ist, sehe ich das ganze in einem anderen Licht. Schröder konnte zwar gut lächeln und war medientauglich, aber was er im Einzelnen für Schaden angerichtet hat, wird erst heute so richtig deutlich.

Neu ist mir auch diese Perspektive:
Lafontaine, der große Linke mit den tollen Visionen, der sich gegen einen „Wirtschaftskanzler“ mit neoliberalen Berater im Kanzleramt nicht mehr recht durchsetzen konnte? Der in seiner Rolle als Finanzminister bitterlich „versagte“ und keinen rechten Spaß darin fand. Der seinen Gestaltungsspielraum an einen großen Kumpel-Bruder abgegeben und sich kurze Zeit später nicht mehr dagegen wehren konnte.

Ich hab nicht oft Mitleid mit Politikern, aber dieses „Duell“ zeigte mal wieder einen neuen Aspekt am Machtkampf und auch, warum viele Menschen Politiker nicht mögen und oft als „schmutzig“ oder unehrlich empfinden.

Und ich frage mich, wie dieses Duell der zwei Konkurrenten ausgesehen hätte, wenn es Frauen gewesen wären. Hätte man sich gegenseitig zum Kaffee eingeladen und die Dinge miteinander besprochen? Wie zwei gute Freundinnen sich um den Hals gelegen, schluchzend die Tränen aus dem Auge gewischt und es „beim nächsten Mal alles besser gemacht, versprochen“?

Hätte man der einen den Vorzug gegeben und die andere hätte sich höflich im Hintergrund gehalten und auf eine starke weiblich, verbindende Teamarbeit gehofft? Fast so wie Mutter und Tochter oder zwei Schwestern oder die besten Freundinnen, die immer zusammen aufs Klo gehen, aber den gleichen Mann lieben und am Ende doch als Hausfrau enden?

Kann man sich das vorstellen, eine Sendung, die von „Duellen“ handelt, aber zwei Frauen zeigt? Ist Duell nicht an sich schon ein seltsam mittelalterlicher, patriarchalisch antiquierter Begriff und passt er noch in die heutige Welt?

Nein – dazu passt die Feststellung, dass Frauen im Berufsleben tlw. noch stärker miteinander konkurrieren als Männer und neben der Konkurrentin auch noch mit dem eigenen Ansehen und der insgesamt schlechteren gesellschaftlichen Akzeptanz von Frauen in Führungspersonen kämpfen müssen. Ein Duell würde es zwischen Frauen wahrscheinlich genauso geben. Und im Grunde spielt das Geschlecht auch keine Rolle, wenn es um Machtpolitik geht.

Am Anfang war es zwischen Schröder und Lafontaine sogar recht harmonisch, kumpelhaft führten sie beide die SPD zum Sieg- aber der Machthunger des einen und der Bedeutungsverlust des anderen führte zum Streit. Eine fast biblische Geschichte von Vertrauen und Vertrauensbruch, die man jeden Tag tausendfach in irgendeiner Form wiederfindet. „Ich helfe dir und zusammen werden wir stark- und wenn ich das erreicht habe, was ich wollte, dann lasse ich dich fallen!“

Lafontaine schließlich, der als Verlierer aus diesem Machtspiel hervorging und sich von Schröder täuschen ließ, schmiss alle Posten beleidigt hin und ein paar Jahre später auch seine SPD-Mitgliedschaft.

Insgesamt lebt er eine höchst anschauliche Biografie und ist irgendwo auch ein Musterbeispiel für die Höhen und Tiefen der Politik in unserer Zeit.

Sehr interessant fand ich z.B. auch, wie man ihm mit dem Rücktritt ein menschlich schlechtes Verhalten vorgehalten hat, aber die Position Schröders, des Patriarchen, wurde nie kritisiert oder hinterfragt. Aber man vergisst allzu leicht, dass es Lafontaine im Guten versucht hat (nämlich mit Teamarbeit) und vom Machtpolitiker an die Wand gedrängt wurde. Dieser eilte gleich danach zum russischen Energieriesen. Es konnte gar nicht schnell genug gehen.

Neujahrsansprache, zerpflückt

Mal wieder gibt es: eine sehr schöne Auseinandersetzung mit der politischen Rhetorik und der „Wahrheit“ dahinter, auf den Nachdenkseiten.
Diesmal geht es um die Neujahrsansprache der Kanzlerin. So sehr würde man sich als BürgerInn etwas Nettes, Aufrichtiges wünschen, so gerne hätte man das Gefühl, für „die richtige Sache“ zu arbeiten.
Dass das mit den Banken, Steuern und der Arbeitslosigkeit alles keine Lüge ist, dass die Deutschen wirklich fleißiger als die anderen sind und nicht nur von ihren aggressiven Exportüberschüssen und der auf den Schultern der Bürger ausgetragenen „Lohnzurückhaltung“ profitieren.

Nach dem Lesen des Artikels verfliegt dieser Optimismus allerdings ziemlich schnell. Die andere Frage: Gab es ihn je?

Menschen arbeiten gerne für das Gemeinwohl, das ist eigentlich ihre Natur und eine wichtige moralische Grundlage. Nur schade, wenn man bemerkt, wie dieses Bestreben an anderer Stelle und von Leuten mit mehr „Macht“ torpediert wird. Oder es sich nicht mehr lohnt, „noch mehr zu geben“.

Die Nachdenkseiten bewundere ich für ihre genaue Recherche, für die Kenntnis der Zusammenhänge, die schon fast jenseits eines guten Zeitungsjournalimus stehen, dass es alles kostenlos ist und sie den Mut haben, die unbequemen Wahrheiten auch zu formulieren.

Es sind diese Blogs, die die Demokratie wachhalten und den Blick für das Wesentliche schärfen.

Nur die Freude an der Demokratie, die darf man sich dabei nicht verderben lassen.