Sinn

„Sinn“ kann so vieles im Leben machen. Es ist sehr abhängig von der eigenen Einstellung, vom Charakter, von den gelebten Erfahrungen, von den Eltern, Verwandten und Freunden, die uns alle mit ihren Meinungen prägen.

Nicht immer ist der Sinn, von dem wir glauben oder gar „fühlen“, dass es der Richtige ist, auch der gesellschaftlich anerkannte oder einfachste Weg. So haben Jugendliche oder Studenten oft einen sehr starken Sinn für Gerechtigkeit, für Freiheit und das Gute im Menschen- doch wenn man Erfahrungen im Leben macht, wird man bald feststellen, dass die Welt oft ganz anders funktioniert und es teils heftige Widerstände gegen eigentlich „gute Überzeugungen“ gibt.

Von der Gesellschaft allgemein akzeptierte Sinn-Lösungen sind z.B. Kinder kriegen, Heiraten, einen guten Job haben, befördert werden, Sicherheit im Alter, ein Haus bauen. Vielleicht noch Erfolg im Sport, im Vereinswesen oder in der Politik.

Die Gesellschaft funktioniert dabei sehr außen gerichtet und wie ich finde, auch oberflächlich. Die wichtigen metaphysischen Sinnfragen sind nämlich Fragen, die das Wesen, das Sein des Menschen im Kosmos betreffen und dafür gibt es keine einfachen Antworten.

Wenn ich mir vornehme, ein Jahresgehalt von XY Euro zu verdienen oder Position Z im Unternehmen X zu bekommen, ist das ein Ding der praktischen Möglichkeit. Auch die Zielsetzung, genau 2,5 Kinder im Jahresmittel in die Welt zu setzen, kann ein Ding der Tat werden.

Darüber hinaus gibt es die viel weicheren Glaubensfragen, wie z.B. „wie erreiche ich Glück“ oder „Was ist der Sinn des Lebens“, „Gibt es einen Gott“, usw.

Diese Fragen führen im Allgemeinen viel weiter und über die praktischen Begrenzungen des Lebens hinaus. Es liegt in ihrer Natur, dass sie erstmal zu Unsicherheit führen, weil sie den Horizont erweitern und das Bestehende bewusst in Frage stellen. Sie sprengen einen festen Rahmen, der vielleicht auch ein Fundament gewesen ist. Daher sind die Widerstände so groß und darum denken nur die wenigsten Menschen wirklich offen darüber nach.

Wenn jeder manchen würde, was er wollte, hätten wir ein heilloses Durcheinander, keiner würde mehr arbeiten, der Staat als System mit Steuern und der aufgezwungenen Unfreiheit der Arbeitnehmer, Rentenzahler usw. würde nicht mehr funktionieren. Wir würden aus der Ehe ausbrechen, die gesellschaftlichen Gefüge wären ziellos, unberechenbar und jeder wäre sich selbst der Nächste.

In vieler Hinsicht steuert unsere Gesellschaft darauf zu, da es im Menschen meistens einen unstillbaren Durst nach Freiheit und „Erleuchtung“ gibt. Allerdings werden dann solche Ideen, die mehr Freiheit für den Einzelnen ermöglichen, wie z.B. das bedingungslose Grundeinkommen, nicht so einfach durchgesetzt. Das vielleicht stärkste Gegenargument beim Grundeinkommen ist immer die Aussage „dann würde ja jeder machen, was er wollte“ und „nichts würde mehr funktionieren, keine würde mehr arbeiten“. Dabei vergisst man aber, dass Menschen oft viel besser und produktiver arbeiten, wenn sie nicht gezwungen werden und etwas machen können, dass sie voll und ganz ausfüllt. Nicht das End-Produkt muss immer die Zielsetzung sein, nicht die schwarze Zahl auf irgendeinem belanglosen Papier. Sinn beim Arbeiten entsteht auch oft aus der Freude an der Arbeit, aus der Freude am So-Sein. Die Produktivität ist dann ein Faktor, der nebenbei anfällt und nicht erzwungen wird.

In unserer heutigen Denkweise und Wirtschaftswelt leider noch fast völlig undenkbar. Die alten Muster, die Disziplin und die Unterjochung des freien Geistes von Arbeitnehmern, vor allem der schlecht ausgebildeten, überwiegt.

Die „totale Freiheit“ ganz ohne einen bestimmten Rahmen muss nicht unbedingt zu Glück führen. Denn wo man erstmal aus Strukturen heraus gelöst ist, löst sich auch der Sinn auf. Wenn man morgens zur Arbeit geht, weiß man, warum man überhaupt aufstehen soll. Wenn man Kollegen trifft, weiß man, warum man arbeitet. Wenn das Gehalt da ist, weiß man wofür sich die Plackerei gelohnt hat. Wenn man dann mit der Ehefrau/ dem Ehemann einkaufen geht und sich was leisten kann, weiß man, wofür man Geld verdient. Wenn dann noch Kinder in der Welt sind, usw.

Ein Sinn entsteht meistens aus der Abhängigkeit im Leben von anderen und dem Gefühl, in diesem Gesamt-Gefüge etwas Gutes zu tun.

Wenn wir uns nun z.B. dem totalen Drogenrausch hingeben würden und unsere materielle und geistige Freiheit, das „Ausflippen“ genießen würden, wäre das kurzfristig schön und befreiend. Aber langfristig wären wir so losgelöst von allem und jeden und würden immer einsamer werden. Die anfängliche Freiheit würde sich zu einem Gefängnis, zur Sucht wandeln und wenig später zum sozialen Abstieg führen.

Für mich entsteht der Sinn im Leben dann, wenn ich genügend Zeit und Möglichkeiten habe, mich persönlich weiterzuentwickeln, kreativ und selbstständig arbeiten kann, mit meiner Arbeit etwas bewege, in der Gesellschaft vorwärts komme und dennoch nicht unfrei bin.

Der perfekte Weg zum Sinn ist daher eine eher wage Zielsetzung, die sich irgendwo zwischen die Extreme von völliger Losgelöstheit und engstirniger Disziplin-Erfüllung ansiedelt.

Und auch die Themen des Sinns können sich grundlegend wandeln: Mal ist es die Liebe, mal die Arbeit, mal die Familie, mal die eigene Schönheit, mal der Glauben, mal das Auto, mal der Computer, mal die Freunde, mal die Netzwerke und mal die Einsamkeit.

Der Sinn ist erreicht, wenn du glücklich geworden bist, mit dem was du tust.

2 Gedanken zu „Sinn“

  1. Zunächst möchte ich pedantisch erscheinen 😉 Du schreibst: „Sinn kann so vieles im Leben machen“ – und schon Anfangssatz ist so nicht richtig. Sinn kann gar nichs machen, Sinn kann nicht aus sich selbst heraus entstehen! Die gängige Floskel, „das macht Sinn“ ist sinnfrei! Wenn ich die Blumen gieße, ist das sinnvoll. Weil sie dann nicht verwelken. Also ist der Sinn dieses Gießens, diese zu erhalten …

    Soviel zum Sinnverständnis in der „praktischen“ Form.

    Sinn und Metaphysik zu verbinden, ist ein äußerst gewagtes Unterfangen. Denn das Metaphysische dreht sich um das hinter der sinnlich erfahrbaren, natürlichen Welt Liegende. Hier stellt sich also die Frage, welcher Sinn sich dahinter verbirgt. Nicht hinter dem Metaphysischen, sondern in der Frage nach dem Metaphysischen. Das ist ein Unterschied, der hoffentlich klar ist!?

    Die Frage nach dem Metaphysischen ist also keine Sinnfrage, sondern eine Sinnsuche …

    Ich höre jetzt auf – sonst wird der Kommentar länger als der Artikel. Worauf ich aufmerksam machen wollte: Stellst Du die richtigen Fragen?

    Liebe Grüße,
    Ralph

  2. Hallo Ralph, schau das ist genau das, was ich meine: Ich habe keine Lust, den Artikel durch Kommentare zu zerpflücken. Ich habe ihn so geschrieben, wie er aus meinem Gehirn kam und genau so ist er „richtig“.

    Richtig oder falsch gibt es streng genommen nicht, bzw. können sich richtig oder falsch ständig verschieben und sind kaum einzufangen.

    Das Internet ist voll mit Definitionen über Philosophie und Metaphysik, meistens alle von männlichen Autoren, gerade wenn man in der Zeit zurückreist.

    Ich empfinde das als einseitige Sichtweise, es geht nicht nur um geistige Strukturen, um Logik, sondern auch die eigene persönliche Einstellung dem Leben gegenüber, inkl. aller Gefühle und individuellen Wertungen.

    Insofern glaube ich, dass ich die richtigen Fragen gestellt habe und werde nichts weiter anhängen. Der Artikel ist abgeschlossen, so wie er ist.

    mfg, J.A.

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