Sucht

Eine Sucht ist, wenn man etwas sucht, aber nicht mit dem Stoff glücklich wird, den man gerade konsumiert.

Sucht ist das genaue Gegenteil von Freiheit, weil man eben nicht durch die Dinge freier wird, die man konsumiert, sondern immer unglücklicher. Man koppelt sein Glück an die Quelle der Sucht und verbindet sich mit ihr.

Alles scheint nur noch auf die Sucht ausgerichtet zu sein. Es fängt meistens klein an und wird immer schlimmer. Typisch sind lange Verläufe, die umso schwieriger umzukehren sind.

Der Mensch ist anfällig für Süchte, manche mehr und manche weniger.

Süchte kann man aber – ohne Übertreibung – zu den schlimmsten psychischen Erkrankungen der Menschheit gezählt werden.

Buddhisten würden sagen, die Sucht ist das Kennzeichen für die innewohnende Gier im Menschen und dieses „immer mehr haben wollen“ ist die eigentliche Ursache für das Verstrickt-Sein in das menschliche Leid. Die Sucht ist also das Symptom für unser größtes Leiden, dem niemalsendenen Lebenskreislauf selbst.

Aber auch die Christen kennen die Askese und empfehlen ihren Anhängern nicht zu sehr in weltlichen Genüssen zu schwelgen, sondern die kurze Zeit, die man zur Verfügung hat, lieber sinnvoll zu nutzen. Z.B. durch Nächstenliebe.

Leider vergisst man das sehr schnell, vor allem in einer materiellen Konsumgesellschaft wie unserer, die den Konsum zu ihrem eigentlichen Gott erhoben hat und das andere, Spirituelle – völlig verblassen lässt.

Es gibt so schöne Zahlen über die Verbreitung von Nikotin – oder Alkoholsüchtigen in Deutschland, diese sind so erschreckend hoch, dass man von Volksdrogen spricht. Ebenso die zahlreichen Medikamente, die man gegen Ängste, Depressionen, und andere „Symptome“ nehmen kann, die eigentlich darauf deuten, dass etwas grundlegend falsch läuft, denn ein Symptom ist nichts anderes als ein Schmerz, ein Zeichen. Leider verdienen viele Firmen gut an solchen Glücklichmachern – mit der Krankheit und der Unfähigkeit von anderen lassen sich sowieso immer die besten Geschäfte machen. Daher tut sich gesellschaftlich auch nichts, wir sind alle im Leiden verstrickt und keine Veränderung entsteht. Alle hängen mit drin und innere Wandlung (durch Erkenntnis und praktische Taten) braucht Zeit und ist nur wenigen gegönnt. Richtiges, inneres Glück ist selten.

Es gibt Leute, die sind anscheinend anfälliger für Süchte als andere, aber nur weil man anfällig für etwas ist, heißt es nicht, dass man der Sucht auch erlegen sein muss!

Manche Süchte werden z.B. über den Dopamin-Rezeptor geregelt, das ist sowas wie ein hauseigenes Belohnungssystem und es funktioniert ganz simpel: Ich nehme etwas zu mir und mein Belohungssystem wird getriggert, es stellt sich mit der Zeit darauf ein und immer mehr Rezeptoren bilden sich. Unser Gehirn lernt mit der Zeit, dass es nur noch von einem bestimmten Stoff ein Glücksgefühl erhalten kann und wir werden davon abhängig.

Der Griff zur Zigarette ist dann ein innerer Zwang, oder auch die Kaufsucht, die immer wieder das Gleiche stimuliert, aber doch nichts neues bringt. (Das Neue ist nur die Hülle, aber kaufen oder konsumieren alleine macht nicht glücklich). Haben oder Sein?

Meistens ist die Sucht ein Pakt mit dem Teufel und ein Handel zu den eigenen Nachteilen. Es gibt keine „positive Sucht“. Sucht an sich ist ein Zeichen von Krankheit und De-Regulierung der menschlichen Ganzheit. Der glückliche Mensch macht sich von allen Substanzen und Dingen frei. Er lebt das Leben so wie es kommt, kontemplativ- er reißt es nicht an sich.

Der glückliche Mensch kann die Quellen seiner Sucht sublimieren, aber er erreicht das nicht unbedingt dadurch, indem er sie immer wieder konsumiert. (Wobei das groteskerweise ein Mittel sein kann, zumindest bei den schwächeren Süchten, die nicht substanzgebunden sind)

Man muss unterscheiden zwischen den Substanzen, die man zu sich nimmt. Meistens kann man eine starke Sucht durch eine schwächere ablösen und so mit der Zeit immer freier davon werden.

Leider ist die Sucht unerbittlich und wenn man nicht darüber nachdenkt, wird man den Teufelskreis nie durchbrechen können. Es ist eine Endlosschleife. Immer von vorne, immer von vorne, immer von vorne…

Man sollte sich stets für das kleinere Übel und die nicht so schlimme Sucht entscheiden, man sollte aber nicht zuviel faule Kompromisse eingehen.

Sei streng mit dir selbst und beobachte dich ständig.

Die Substanzen (egal welche, alles was süchtig macht) zerstören dein Gehirn und machen dich dümmer und handlungsunfähiger. Wer süchtig ist, kann in ein Abwärtsstrudel geraten. Mit der Zeit wird alles für die Sucht geopfert, Geld, Freunde, Hobbys, Zeit, Vertrauen, Respekt.

Nur wenige finden wirklich heraus. Von alleine schon gar nicht.

Aber wer reicht dem Süchtigen die helfende Hand-

Wenn er sie wirklich braucht?

8 Gedanken zu „Sucht“

  1. Hallo Julia,

    ja Süchte sind ein Pakt mit dem Teufel. Man ist nicht mehr frei in seinen Entscheidungen (wann ist man das schon?) und das Denken fängt an um den Stoff zu Kreisen, nach dem man verlangt. Ich kenne das vom Rauchen her. Die letzte Zigarette habe ich vor über 10 Jahren geraucht. Ausserdem habe ich auch über einen sehr langen Zeitraum regelmässig (täglich) Alkohol (Bier und Wein) konsumiert. Zum Glück war ich dann doch in psychologischer Behandlung wegen der Transsexualität und meine Therapeutin konnte mir da doch sehr gut helfen. Heute bin ich froh, daß ich diese Art von Süchten hinter mir gelassen habe, allerdings immer mit dem Bewußtsein, nie wieder in meinem Leben eine Zigarette rauchen zu dürfen, bzw. ein Glas Alkohol trinken zu dürfen. Die Gefahr rückfällig zu werden ist einfach zu groß.

    Liebe Grüße,

    Michaela

  2. Es gibt die unterschiedlichsten Ausführungen zu deinem Thema,Julia,z.B.
    “ Buddhisten würden sagen, die Sucht ist das Kennzeichen für die innewohnende Gier im Menschen“ wird es hier auch gesehen, als „Subsitut für einen Mangel“, der sein kann Anerkennung, Fürsorge, Liebe, Zuwendung,…,
    wobei vielleicht das eine und das andere das gleiche meint, es nur anders ausdrückt.
    Dein wikipedia Link Alkoholsüchtige fand ich übrigens sehr gut.

  3. Hallo Michaela,

    Süchte sind auf jeden Fall kein einfaches Thema. Ich habe mir überlegt, wie ich es allgemein formulieren kann, ohne jemand auf die Füße zu treten. Natürlich schiebt man die Schuld-Frage gerne auf den Süchtigen selbst, aber jeder, der mal süchtig gewesen ist, weiß, dass es nur bedingt stimmt und die Gefährlichkeit auch von den Substanzen selbst ausgeht.

    Wie Du schon sagst, kann die Krankheit (oder der ungelöste Konflikt Transsexualität in diesem Falle) dazu führen, dass man süchtig wird.

    Solange man die Ursache nicht gelöst hat, wird man auch immer wieder mit der Droge „übertünchen“.

    Finde ich schön, dass es dir jetzt wieder besser geht, das ist gut zu hören!

    Ich habe früher mal viel und lange geraucht und konnte diese blöde Laster erst 2006 hinter mir lassen. Ein Schwager starb an Lungenkrebs, das hat mich schwer getroffen und ich nahm seinen Tod als Anlass, etwas in mir zu ändern. Sein Leiden im Krankenbett war sehr erschütternd und hat mich tief geprägt.

    Alkoholsüchtig war ich zum Glück nie, inzwischen vertrage ich ihn sehr schlecht, das ist eine Art natürlicher Schutz gegen zuviel davon. 😉

    Viele liebe Grüße,
    Julia

  4. ps: Aber ich kenne natürlich Leute, die alkoholsüchtig sind und das ist meistens erschütternd zu sehen. Vor allem wenn es nicht nur einer oder zwei sind, sondern man ein ganzes Bündel an Menschen kennt, die süchtig sind… oder ihre Freizeit nur damit verbringen. Ich frag mich immer:

    Wer hilft ihnen aus diesem Schlamassel? Und wenn ja, wie?

  5. @ Menachem: Danke für den Hinweis. Wie ich schon andeuten wollte, ist es natürlich nicht nur die Gier (oder gar die Schuld des Menschen) selbst, sondern auch seine Untersättigung mit Bedürfnissen.

    Wenn man Süchte heilen möchte, kommt man gar nicht darum herum, die Ursachen anzuschauen und das werden immer Probleme oder ungelöste Konflikte sein, ganz gleich welcher Art. Vielleicht hab ich das zu wenig herausgestellt, aber es ist auch nicht auszuschließen, dass ich noch mehr darüber schreibe. 😉

    Viele Grüße
    Julia

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