Gleichheit, Gerechtigkeit- Hartz IV?

Nun ist es also raus und ein zweigespalteter Aufschrei gelt durch das Land: Das Urteil zur „Rechtmäßigkeit der Hartz IV – Sätze“.

Die einen, vor allem Sozialverbände und Gewerkschaften, loben und beklatschen es, die anderen, die vorher noch 30% weniger Hartz IV gefordert hatten, sitzen nun etwas angemault in der Ecke und sortieren ihre Karten neu.

Und schon das erste, das mir daran auffällt: Es gibt in der öffentlichen Medien-Wahrnehmung fast nur noch Extreme. Es gibt nur noch Arbeitslose, Superreiche, verschwenderische Boni-Banker und faule Rentner.. aber die Mittelschicht, der klassische Familienvater, die Erwerbsfamilie, die „Ordentlichen“, die das ganze nämlich bezahlen müssen, geraten fast nie in den Fokus der Öffentlichkeit. Dabei sind sie die Säulen der Gesellschaft und vor allem auch der finanziellen Steuer-Gesellschaft.

Und ständig wird versucht, das Ganze zu pauschalisieren. Überall pauschalisiert man, aber die Welt ist viel komplexer und oft nicht dafür geeignet. Ein Arbeitsloser kann eben nur faul sein und rauchen, ein Manager trägt immer einen Anzug und Kinder sind alle lieb, klein und unschuldig.

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Lokalpolitik & Wahlkampf

Im Moment flattern sie wieder zahlreich ins Haus: Wahlwerbebroschüren mit hübsch lächelnden Gesichtern auf allen Seiten, sauber gepflegte Zähne und (mehr oder weniger) perfekt ausgeleuchtete Porträts. An manchen Stellen blitzt die Bodenständigkeit oder die Amateurhaftigkeit hervor, vor allem bei der Werbung für lokal tätige Parteien und Wählergruppen. So habe ich z.B. in einer Broschüre einen Absatz gleich doppelt hintereinander gefunden, etwas, das nach kurzem Korrekturlesen sofort ins Augen hätte fallen müssen!

Was aber ist überhaupt zu wählen? So ganz klar ist es mir noch nicht. Auch beim mehrmaligen Lesen des Wahlscheins bin ich nur zu folgendem Ergebnis gekommen: Ein Abgeordneter fürs Europaparlament. Aber einer, zwei oder gar eine ganze Partei? Wie ist das mit der Zweitstimme, gibt es die bei der Europawahl auch? Dann die „Kommunalwahl“. Was aber ist „Kommunal“ eigentlich? Mein Landkreis, mein Ort, meine Stadt? Ich weiß es nicht. Ich hatte zwar mal Sozialkunde in der Schule, aber das ist lange her und es gibt keinen Lehrer, den ich einfach mal so fragen kann. Und auch im Internet ist das Recherchieren mit viel Mühe verbunden, so dass ich verstehen kann, warum sich bei manchen Menschen schnell Politikverdrossenheit breit machen könnte. Der Bürger, also auch ich, hat nicht wirklich das Gefühl, eingebunden zu werden. Wenn er teilhaben will, muss er sich anstrengen, sich selbst einbringen und Zeit bereithalten, etwas, das heutzutage nicht selbstverständlich ist. Politik soll aus dem Volk kommen, aber die Wahlen werden nur von außen an das Volk herangetragen. Man findet kaum eine Aufforderung mitzumachen. Keine Teilnahmeformular, nein noch nicht mal Adressen oder Kontaktmöglichkeiten finde ich auf der Werbung. Meine Stimme soll ich geben, aber bitte nicht aufdringlich werden oder gar nachfragen- so scheint es mir.

Die dritte Wahl ist eine dubiose Stichwahl. Wer aber wen sticht und warum, ist mir nicht klar. Ich vermute, dies ist ein Sonderfall, denn bei Bedarf kann ich diese Wahl auch „auslassen“.

Einfacher und verlockend wäre es, dieser Ignoranz und Oberflächlichkeit mit dem Gleichen zu antworten und nicht zu wählen.

Da ich aber gerne alles wählen möchte und Politik auch interessant finde, beantrage ich für jede Wahl die Unterlagen.

Was sich nun vor allem eingeprägt hat, sind die netten Gesichter. Ich entschließe mich also, nach Sympathie zu wählen- typisch weiblich eben. Die Wahlprogramme ähneln sich sehr und wirken etwas aufgesetzt und „unehrlich“. Man weiß aus der Bundespolitik, dass zwar viel versprochen wird, aber nicht immer alles auch eingehalten wird. Wohl kann man eine Hauptrichtung, eine Strömung wählen und mit seinem Kreuzchen eine Tendenz oder politische Richtung ausdrücken. Auffällig ist aber, dass ich nur von drei Parteien überhaupt Werbung bekommen habe: Der CDU, der SPD und der FWG (Freie Wählergemeinschaft).

Die Linke, die Grünen, die FDP und andere haben sich nicht gemeldet. Wohl hängen sie aber zu Hauf auf großen Plakataufstellern, die ganze Straße entlang. Auf manchen Gesichtern haben sich Kinder verewigt und mit Bleistift kleine Schnauzbärte auf weibliche Gesichter gemalt- lustig. Darin steckt entweder nur ein Scherz oder die unbewusste Angst vor einer „männlichen, dominanten“ Frau, die die Geschicke ihres Landes in die Hand nimmt. Diese Interpretation drängt sich zumindest auf, wenn man die Entwicklungen mit der Berichterstattung und der Zeitung vergleicht, die zum Schluss kommt, dass in unserem Landkreis der Frauenanteil in der Lokalpolitik bei unter 20% liegt! (soweit ich mich erinnern kann, gerade mal magere 16%) Und auch in den Blättchen der werbenden Parteien kann man diese Entwicklung eins zu eins verfolgen, es sind eindeutig mehr Männer als Frauen und vor allem: fast überhaupt keine jungen Frauen.

Die Geschicke unserer Gemeinde, unseres Kreises und vielleicht auch unseres Bundeslandes werden also von älteren Männern – meistens mit Schnauzbart- bestimmt, die die Reste einer patriarchalischen Gesellschaft verwalten. Nach außen wird diese Macht vom männlichen Geschlecht verwaltet. Macht über Meinungen, über Entscheidungen, über Geld.

Junge Frauen, so argumentiert die Zeitung, müssen sich zwischen Beruf und Familie entscheiden und wenn sie beides wählten, wäre für eine zusätzliche Beteiligung, wie z.B. in der Politik, kaum noch Zeit. Das mag stimmen, es wäre also ein Zeit- und Überlastungsproblem.

Eine Frau kann sich nur aktiv in der Politik einmischen, wenn sie genügend Zeit dazu hat und entsprechende Unterstützung von Angehörigen, der Familie oder anderen Personen bekommt. Wenn man sie überhaupt als Wesen wahrnimmt, das Macht erhalten und verwalten soll. So wundert es nicht, dass gerade in den Landkreisen, die bei uns als etwas rückständig und fern von den Städten liegen, diejenigen sind, bei denen der Frauenanteil am geringsten ist. Je städtischer der Wahlkreis, desto höher ist auch der Frauenanteil (Quelle: Rheinpfalz). Die ländliche Umgebung ist meistens strukturschwach und zudem psychologisch von Rückständigkeit und Konservatismus gezeichnet. Menschen entfalten sich vor allem dann gut, wenn Faktoren wie schnelles DSL, gute Nahverkehrsverbindung und hohe Arbeitsplatzchancen gegeben sind. In den Städten hat man eine Anhäufung von jungen, dynamischen Menschen, in den ländlichen Landkreisen bleiben oft die, die es sich nicht leisten können, einfache Berufe haben oder schlichtweg zu alt sind.

Junge, dynamische Frauen, die die Geschicke ihres Ortes oder Kreises in die Hand nehmen, sind also für die Politik wichtiger als je zuvor. Sie sind nur angehalten und aufgefordert, ihre Chance zu ergreifen, die in der partiellen Unterentwicklung von ländlichen Regionen liegt. Frauen, geht weg vom Herd und ergreift die Chance, die in der Politik liegt. In der Vielseitigkeit, der Kommunikationsfreude und der berühmten „Multitasking“- Fähigkeit liegen die natürlichen Ressourcen. Die Familie und Werte wie Solidarität, Fairness und Nachhaltigkeit, z.B. in der Umweltpolitik können nur wachsen, wenn mehr weibliche Personen an der Politik teilnehmen.

Und letztendlich ist es auch eine Frage der Gerechtigkeit und wahrgenommenen Chancengleichheit.