Gesicht zeigen

Einen Neuanfang brauche ich auch dringend beim Bloggen.

Ich sehe das in meiner Blogroll und in meinem Feed-Reader. Mit der Zeit ist es immer weniger geworden.

Ich habe immer weniger andere Blogs gelesen und es sind immer weniger „neue Leser“ dazu gekommen.

Für mich ist das das beste Zeichen, dass sich irgendwas „überlebt“ hat. Sind es die Blogs an sich?
Kommen nicht mehr soviele nach? Oder ist es meine Einstellung? Kann ich nicht mehr soviel aufnehmen, wie ich eigentlich müsste oder sollte?

Das Schreiben gerät mir immer mehr zur Ruheinsel, zu einem Punkt, auf den ich mich zurückziehen kann.
Das Schreiben hilft beim Verarbeiten. Es gibt zwei Ebenen: Die eine Ebene, die nach außen gerichtet ist und neuen „Input“ braucht und dann die Ebene, die alles verarbeitet und durch Nachdenken und Überlegen zu eigenen Schlüssen kommt.

Obwohl ich es nicht geplant habe, haben sich bei mir zwei Pole eingependelt: Auf Facebook und Twitter hole ich mir Anregungen, bin mehr im Außen, auf andere Leute hin ausgerichtet und der Strom an Informationen scheint nicht abzureißen.

Auf meinem Blog kann ich alles in Ruhe verarbeiten. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zum Schluss, dass es wohl genau so sein muss.
Dass man auch hier wieder eine nötige Dualität findet.

Bei Instagram ist es ähnlich. Es gibt User, die haben sehr schnell 1000 oder 2000 Follower und manche Bilder bekommen 10.000 oder sogar 20.000 Likes.
Wer aber braucht diese ganzen Likes eigentlich? Ab wann darf ich mit meinem Bild zufrieden sein?

Es ist doch wie das Geld-System. Leute scheinen zu glauben, wenn sie „mehr“ haben, werden sie glücklicher. Oder sie vergleichen sich mit anderen und fühlen sich besser oder schlechter, je nachdem wie viele Likes sie bekommen.

Diese „Beliebtheit bei anderen“ sagt doch aber gar nichts aus, was ich erlebe, wenn ich ein Bild mache. Ob ich mich dabei gut fühle. Ob ich mich damit ausdrücken kann und meinen Gefühlen nachgehe. Mache ich das Bild nur, damit es schön in Szene gesetzt wird und es andere bewundern sollen?

Oder mache ich das Bild auch erstmal für mich selbst?

Schöne Bilder entstehen oft, wenn man es „fließen“ lässt. Wenn man einfach nur die Natur oder die Stadt geht und ganz spontan entscheidet, was man schön findet oder was nicht. Erfahrungsgemäß sind Perspektiven, die ich spontan als „schön“ oder „besonders“ empfinde auch ganz besonders gut geeignet, um schöne Fotos zu produzieren.

Dann werden die Werke sehr persönlich. Und wer sagt, dass es immer nur „schön“ sein muss? Wie langweilig!
Warum kann es nicht mal nervenaufreibend, hässlich oder trist sein?

Warum kann das Bild nicht mal bestimmte Gefühle wie Ärger, Angst, Ekel oder sogar Wut erzeugen?

Wenn ich mir meine eigenen Bilder so anschaue, dann stelle ich oft fest, dass ich mich um Ausgeglichenheit bemühe.
Auch das sagt viel über mich aus. Ich produziere gerne „Stilleben“, auf denen das Auge ruhen kann. Gähn!

Ich nutze Fotos also zur Entspannung und zur Entschleunigung. Ich fotografiere gerne Szenen, auf denen KEINE Menschen zu sehen sind.

Auch in meinen Bilder suche ich also oft mehr die „Distanz“ und weniger die „Nähe“. Ich fotografiere mich gerne selbst.
Ich würde auch gerne andere Menschen fotografieren, aber ich möchte ihnen nicht zu nahe treten.

Ich müsste sie erst fragen, ob ich das darf. Ich muss mit ihnen Kontakt aufnehmen. Ich muss mich auf sie einlassen, ein Bild von ihnen machen.
Das ist was ganz besonderes. Für gute Porträt-Fotos muss sich auch der Fotograf ändern!

Letztens war ich im Wald. Es kam ein sehr netter, älterer Herr vorbei, der einen tollen, großen, wuscheligen Hund mit schönem Fell und tollen Augen hatte. Meine Mutter hat ihn gleich angequatscht und wir unterhielten uns angeregt mit ihm und über sein Haustier. Ich stand relativ still daneben. Ich hatte die Kamera im Anschlag. Sie war sogar noch an, der Objektivdeckel abgenommen.

Aber ich habe mich in den ganzen 15 Minuten, die ich da stand und zuhörte, nicht getraut zu fragen, ob ich seinen schönen Hund mal fotografieren darf!
Das hat mich geärgert. Daran hab ich gemerkt, dass ich was ändern muss.

Ich will in diesem Jahr mehr Tiere und mehr Menschen fotografieren und ich muss sie fragen, ob das okay für sie ist.

Auch bei Facebook ist mir das aufgefallen! Es heißt doch „Face“ book. Also Gesichter-Buch. Aber die wenigsten Menschen posten Fotos von sich oder ihren Gesichtern. Ist doch eigentlich langweilig! Und wenn, dann sind es meistens Frauen, die sich um Schönheit und Likes bemühen – ist ja auch verständlich.

Aber alle Menschen haben doch Gesichter! Alle Menschen sind für sich genommen schön. Warum sieht man dann nur bestimmte Menschen und warum posten manche Menschen überhaupt keine Gesichter von sich?

Die sozialen Medien zwingen uns in einen Dialog auf die Technik-Ebene. Wir müssen miteinander über Maschinen kommunizieren. Ich finde, wir als Menschen sollten die Kontrolle über die Maschinen zurück gewinnen, indem wir uns menschlich zeigen. Indem wir Gefühle und unsere Gesichter zeigen.

Die Mauer aus Glas

Sie wollte die Gefühle erkennen. Also kramte sie die Gefühle aus Ihrem Gehirn und schaute sich sie an.
Da standen interessante Gefühle, die alle einen Namen und tolle Fachbegriffe hatten. Gefühle von Trauer, von Depression, Abschied und Tod. Da waren auch ein paar lustige Gefühle, z.B. Freude, Glück, Euphorie, Neuanfang. Diese Gefühle mochte sie aber nicht so gerne. Das war ihr zu albern. Sie mochte lieber die richtigen „ernsthaften“ Gefühle. Daher zog sie auch immer Leute an, die auch ernsthaft waren und über Gefühle nur reden wollten. Das Problem war, die Gefühle glitten ihr immer aus den Fingern weg, wenn sie sie fassen wollte. Sie waren glitschig und nicht greifbar. Besonders schlimm war es mit der Liebe. Die war wie ein Schmetterling, der fröhlich hin und her flatterte, sich aber nie dauerhaft irgendwo hinsetzte. Immer, wenn sie ihn einfangen wollte, flatterte er weiter.

Und sie grübelte sehr lange und intensiv und fragte sich, was sie denn falsch machte?
Wie kann man fühlen, wenn man nicht darüber reden konnte?
Das war wie ein Widerspruch! Man sollte was essen, durfte aber nicht satt werden.
Man sollte über das Wasser laufen, aber keine nassen Füße bekommen.
Man sollte in den Wald gehen, aber keine Pflanzen treffen.
Es ging einfach nicht.

Also versuchte sie es weiter. Sie versuchte es mit Musik. Sie spielte die Musik… aber das war nur ein Ablesen von Noten. Wo war da das Gefühl? Es waren doch nur Noten. Und Klänge. Schallwellen- konnte man alles physikalisch erklären. Aber wo war das ominöse Gefühl in der Musik versteckt? Sie verstand es nicht. Was machten die anderen nur immer einen Hype daraus?

Das machte sie traurig. Sie wollte weinen. Aber es kamen keine Tränen.
Da waren nur trockene Augen.

Noch nicht mal das klappte.

Sie versuchte es mit einem Smiley. Da gab es sehr viele Smileys mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken.
Welcher würde wohl am besten passen? Sie wusst es wieder nicht.

Also schaute sie sich Menschen und ihre Gesichter an. Versuchte Gefühle zu erkennen.
Sie sah nichts. Sie sah die Formen, die Muster, die Farben. Sie las die Texte… aber sie erkannte den Menschen nicht. Er war weg. Unsichtbar, nicht zu greifen. Sie verstand nicht, warum sie IHM schreiben sollte. Was er denn eigentlich erwartete von ihr? Liebe, Zuneigung, Mütterlichkeit? Das war schwierig für sie.

Sie schaute sich weitere Menschen an. Die Zuordnung erfolgte über den Namen und das Geschlecht.
Sie konnte sie anschreiben und mit ihnen kommunizieren. Es funktionierte.

Aber hatte sie eine Beziehung zu den Menschen? Liebte sie? Fühlte sie sich verantwortlich?
Oder ging es nur um sie?

Fühlte sie sich selbst? Ich glaube nicht. Da wo normalerweise ein „Ich“ und ein „Gefühl“ war, war bei ihr ein großes Fragezeichen. Und ein Lexikon. Und ein Computer mit 100 Gigabyte. Ein Smartphone. Ein Gerät.

Sie funktionierte so tadellos. Aber ihr fehlte das Gefühl. Vielleicht ein Bauteil, ein Chip… oder die Versorgung über die Hauptrecheneinheit, den biologischen Zentralcomputer, dem der Treibstoff fehlte.

Ihr Gehirn machte das, was es sollte. Es bildete die Umgebung wirklichkeitsgetreu ab. Die Welt war logisch, und klar aufgebaut. Die Welt duldete kein Chaos, kein „Zwischen den Zeilen“. Also hatte ihr Gehirn auch nicht gelernt, diese Zwischentöne zu erkennen. Sie wollte lieben und klopfte nur gegen eine Mauer aus Glas, die sich langsam aber unaufhörlich um sie herum aufgebaut hatte.

Besuch auf der Gamescom – Teil 2

Der Tag war sehr intensiv, es hatten sich einige Eindrücke angehäuft, förmlich angestaut.
Ich hab so das Gefühl, dass ich noch Wochen darüber nachdenken kann und die Dinge Zeit brauchen, bis sie sich setzen.
So geht es mir im Moment mit sehr vielen Dingen im Leben. Das Leben ist sehr intensiv, wie kann man da am besten überleben und sich emotional schützen? Man beachtet erstmal die äußeren Dinge, die Struktur und das grobe Ganze…dann erst kann man in das Gefühl einsteigen, so nach und nach. Wenn man gleich alle Kanäle voll öffnen würde, würde man überflutet werden und den Halt verlieren. Dann kommt man keinen Fleck mehr vorwärts und verliert sich im Strudel der Emotionen. Die Gefahr besteht bei künstlerisch veranlagten Menschen immer, weil die Empfindungen einfach stärker sind und man das „Abstumpfen“ erstmal lernen muss. Abstumpfen ist aber kein einseitiger Effekt, man kann auch schrittweise wieder Gefühl reingeben. Die Kunst besteht darin, sich in jeder Situation entsprechend „anzupassen“ und flexibel zu reagieren. Ich merke z.B. zur Zeit an mir, dass ich viel chaotischer bin und die Gedanken viel stärker springen und emotional aufgeladen sind. Das hat mir den Besuch auf der Messe schon recht schwierig gemacht.. Dinge die normal gut laufen, sind im Moment nicht so gut zu kontrollieren (vor allem alles, was mit Planung und Koordination zu tun hat).

Auf der Gamescom hab ich versucht, stärker zu filtern und mich an dieses neue Ich-Gefühl anzupassen. Es geht am besten, wenn man gefordert wird und die Außenreize sehr stark sind. Ich hab mich nicht gegen die vielen Eindrücke gewehrt. Ich hab sie nicht bewertet, weder in gut, noch in schlecht einsortiert. Ich hab einfach versucht, meine Sinne „aufzustellen“ und die vielen Eindrücke, Bilder, Klänge, Menschen, Gesichter, Töne, Gerüche, etc. durch mich „durch fließen zu lassen“. Der Effekt ist quasi wie bei einer Meditation. Man ist unter tausenden von Menschen, wird beschallt und berieselt von allen Ecken und was macht der Geist? Er akzeptiert es einfach und lässt es fließen. Unser Bewusstsein ist eigentlich rein und frei. Unbefleckt. „Die Seele ist ohne Substanz“ sagen die Buddhisten dazu. Eine Richtung oder eine Prägung bekommt unser „ich“ erst durch die Bewertung und Beurteilung von Dingen.

Natürlich gab es viele Eindrücke, die mich schockiert haben oder über die ich im Nachhinein noch viel nachdenken muss. Aber ich schau mir das jetzt in Ruhe an. Ich werde noch mit ein paar Leuten darüber reden, die mich natürlich auch fragen „Na, und wie war die Gamescom?“. Ich kann da nicht aus der Pistole schießen und „irgendeine Antwort“ geben. Ich muss mich echt hinsetzen und überlegen, ja wie war es eigentlich?

Ich hab z.B. ein bisschen ein Problem damit… z.B. das Thema Computerspiele. Es begleitet mich schon sehr lange, ich spiele Games, seit dem ich sechs Jahre alt bin… also über 30 Jahre. Seit der Hormonumstellung vor ca. 3 Monaten hab ich daran – von heute auf morgen- jegliches Interesse verloren. Ich kenn fast alle Spiele, ich bin damit durch. Ich kenn die Industrie, ich kenne alle Richtungen und mein Buch über die Games steht in der Pipeline. Meine Östrogene sind sehr hoch, das Testosteron fehlt. Daraus resultiert, dass ich kaum noch Lust auf Wettbewerb oder Action habe. Und die meisten Spiele richten sich immer noch an ein „männliches Publikum“ (wobei das nicht mehr stark wie früher ist und der Games-Markt für Frauen auch stetig wächst). Dafür hab ich diesmal die „Cosplay“-Sachen und die Verkaufsstände für Mode, Shirts, Perücken, usw. viel reizvoller gefunden. Als wir auf der Messe fertig waren, sind wir erstmal in Köln shoppen gegangen. Der Drang danach war unendlich groß und überall gibt es Klamotten-Geschäfte, Schmuck, Schuhe… 😉 Das war quasi unsere eigene, zweite Messe. Die „Schönheits-Com“. 😉

Köln finde ich als Stadt sehr reizvoll… ich hab im Nachhinein gesehen, dass es dort noch sehr vielen Sachen gibt, die ich nicht kenne. Z.B. Museen. Kunst, Kultur. Ich werde sicherlich nochmal nach Köln fahren und mir dort alles anschauen. Mein Geist hat sich weiter entwickelt, die Interessen auch. Warum sollte ich darüber traurig sein oder mich aufregen? Es ist halt so, wie es ist.

Die Intensiv-Gefühle-Überlastungschutz-Firewall

im echten Leben suche ich sie noch

Ich möchte nur kurz etwas zum „Kommentare moderieren“ sagen, weil ich diese Funktion in den letzten Monaten öfters angestellt habe. Ich weiß, dass das etwas umstritten und bei manchen Bloggern sogar verpönt ist. Dennoch fühle ich mich dabei wohler, wenn ich alle Kommentare moderiere.

Die Gründe sind recht einfach: Ich räume dem Blog eine feste Tageszeit ein, meistens ein oder zwei Stunden am späten Vormittag, und kommentiere dann die aufgelaufenen Beiträge. Während der anderen Stunden mache ich was anderes und abends lasse ich den Computer oft aus. Ich sehe mich nicht gezwungen, ständig auf mein Handy oder Netbook zu schauen und ständig mit allen und jeden in Kontakt zu bleiben. Je intensiver die Web 2.0- Dienste werden, desto mehr schrecken sie mich in ihrer Notwendigkeit, ständig verfügbar sein zu müssen, ab. Das ist auch der Grund, warum ich im Moment so wenig auf Twitter schreibe, der Reiz des Dienstes ist für mich derzeit verflogen. Es gibt ja viele Blogger, die sind von ihrem Blog auf Twitter übergesprungen und bloggen nun gar nichts mehr, aber das kann ich kaum nachvollziehen. Bei mir ist es eher umgekehrt, allein schon weil ich so gerne lange Texte schreibe und mich diese Begrenztheit der 140 Zeichen doch sehr stört. Der freie Geist soll sich an die Bytes- geizige Maschine anpassen? Eigentlich ist es doch total paradox, wenn man lange genug darüber nachdenkt… fehlt nur noch, dass man per SMS Schluss macht oder einen Heiratsantrag stellt, was es bestimmt alles schon gegeben hat.

Ich sehe das Blog und seine Rückmeldungsfunktion eher wie ein Mittelding aus Zeitung und Leserbrief an und möchte mir daher für jeden einzelnen Kommentar Zeit lassen. Außerdem kann ich nicht ausschließen, dass negative Kritik kommt und ich möchte mir davon nicht den Tag verderben lassen (dafür scheint die Sonne zu schön).

Wenn man die Kommentare moderiert, gibt es auch ein paar Nachteile. Der eine ist, dass sich keine „Live-Diskussion“ zwischen verschiedenen LeserInnen ergeben kann, so wie ich das mal vor ein paar Jahren hatte, als sich eine sehr intensive Diskussion aufbaute und ich mich am Abend durch mehr als dreißig Kommentare lesen musste! (Ich glaube, bei dem Google-Artikel)

Ansonsten ist es der einzige Schutz, den ich als Bloggerin vor Spam und Trollen habe. Nicht, dass ich besonders viel Ärger mit Trollen hätte, aber wenn sie zuschlagen, dann meistens dann, wenn man nicht damit rechnet. Und ich möchte nicht, dass das hinter meinem Rücken passiert, während ich gerade beim Essen bin und die bösen Trolle dann mein virtuelles Wohnzimmer verwüsten! Und meine gute Laune gleich mit… das ist es einfach nicht wert.

Ja, die schöne Weltoffenheit und Toleranz, sie kennt ihre Grenzen. Gesunde Grenzen, so hoffe ich. Vor allem möchte ich wissen, was die LeserInnen darüber denken. Ob es in der Form okay ist oder ein nicht moderiertes Blog höher geschätzt wird?

Gefühle in drei (vier) Akten

Gefühle sind in unserer Gesellschaft eigentlich kein seltenes Gut und die Medien sind voll mit überzogenen, meist auf Hass und Gewalt basierenden, negativen Gefühlen. Positive, authentische Gefühle sind hingegen selten und arten schnell in Kitsch aus. Vor allem das Bekennen zu Gefühlen oder den eigenen persönlichen Belangen wird dem modernen Alltag und der Gesellschaftsstruktur geopfert (es ist eben nicht schick oder der Karriere förderlich, sentimental zu sein). Wir müssen Gefühle je nach Situation unterdrücken oder lieber etwas indirekt ausdrücken, gerade wenn es um negative Gefühle geht. ((Der Psychologe Peter Lauster nennt das ganz allgemein in seinen Büchern das „vernachlässigte psychische Weltbild“))

Direkt ausgedrückte Aggressionen gelten als unreif, Weinen in der Öffentlichkeit als peinlich und dass die ganzen Leute ihr Privatleben auf Facebook ausspucken, als „dumm“.

Um also gesund und ausgeglichen zu bleiben, finde ich es sehr wichtig, dass man sich täglich mit eigenen Gefühlen auseinandersetzt und auch in der Lage ist, hin und wieder abzuschalten und das Bewusstsein für die Körper-Wahrnehmung hinter dem Alltag zu öffnen. Dabei kann das Ausüben einer Kunst sehr helfen.

Je nach Tageszeit können unterschiedliche Gefühle angesprochen und wahrgenommen werden, traditionell fühlt man morgens und tagsüber eher progressive, nach außen gerichtete Gefühle und abends die ruhigeren. (Zumindest ist das bei mir so, aber ich denke es hängt auch mit der inneren Uhr und anderen Faktoren zusammen)

Der folgende Text ist also nochmal ein Beispiel dafür, wie sich Musik beim Schreiben auf Gefühle und somit auch auf die Inhalte auswirkt. Ich hoffe, dass man den Effekt umgekehrt beim Lesen auch spüren kann. Der Text ist nichts besonderes- mehr ein „Anwendungsbeispiel“. Der moderne Computer macht es einem als Multimedia-Station recht einfach, beim Schreiben immer die passende Musik zu hören. Und ich kann es mir inzwischen fast gar nicht mehr anders vorstellen. Nur, wenn der Text sehr kompliziert ist und keinerlei Gefühle enthalten soll, lasse ich die Musik am besten ganz aus.

„The Day Before The Day“ – Dido http://www.youtube.com/watch?v=OJcrFfE5QMI
(weiblich, traurig, melancholisch, sanft)

Sie hatte Tränen im Gesicht. Dicke, große salzige Tropfen, die sich langsam von ihrer kugeligen Gestalt in kleine Rinnsaale auflösten, um dann Minuten später langsam und melancholisch über ihr glattes Gesicht zu streichen. Sie weinte, wie schon lange nicht mehr und sie war traurig. Gedanken schossen ihr durch den Kopf, aufregende, wechselnde Bilder, die man kaum auf etwas bestimmtes festlegen konnte. Bruchstückartig und intensiv drangen sie aus ihrem Unbewussten und überlagerten ihr normales Alltagsbewusstsein. Bunt und laut waren sie, schimmernd und berührend. Sie konnte sich dann selbst mit diesen Bildern quälen, sie immer wieder wachrufen und mit ihren Gedanken verstärken und wenn sie das so machte, hörte das Weinen überhaupt nicht mehr auf, vor lauter Selbstmitleid.

Am meisten dachte sie an ihren Freund, den sie gerade verlassen hatte. Hatte noch das Gefühl der Holztür in der Hand, die sie mit großer Wucht in den Rahmen geschlagen und sich anschließend selbst über das Donnern und die Druckwelle in ihrem Bauch gewundert hatte. Aber so aufgeregt, wie sie nach dem Streit war, war sie immun gegen jegliche Gefühle und vor allem immun gegen Angst. Es war einfach ein intensiver, kaum beschreibbarer Strudel aus Gewalt, aus Wut und aus Schadenfreude. Sie wollte es ihm, dem blöden Idioten, endlich mal zeigen und sie lachte innerlich auf, als sie daran dachte und schnaubte anschließend gefühlte 250 Gramm Inneres in ihr bereitgelegtes Taschentuch. Es war schon die zweite Packung angebrochen und eine kritische Stimme in ihr fragte (die Sachliche, die Alleskönnerin und die, die immer die Führung übernahm), ob es jetzt nicht langsam mal reichte, mit dem weinen?

„Brand New“ von Jesus Christ http://www.youtube.com/watch?v=aa_1hVJHccU
(ausgeglichen, optimistisch, beschwingt, neutral)

Aus dem Radio auf ihrem Tisch klangen allerdings so traurige Klänge an ihr Ohr, dass sie überhaupt nicht mehr aufhören konnte. Sie entkrampften ihre anfänglichen, chaotischen Gefühle erst langsam in einen lauwarmen Strom aus Klarheit, der ihr nach ein paar Minuten half, wieder in eine normale Spur zu kommen. „Irgendwie muss es ja weitergehen“ dachte sie absichtlich logisch. „Eigentlich war es auch mein Fehler.. ich sollte nicht so eifersüchtig sein“. Dann zog sie die Nase hoch.

Er hatte sie betrogen, vor ihren Augen mit einer anderen geküsst. Und dann hinterher, als sie ihn zur Rede stellte, noch ganz unschuldig und unwissend getan, das regte sie am meisten auf. „Männer, dachte sie sich. Männer sind alle gleich.“

Markus Schulz – „First Time“ http://www.youtube.com/watch?v=LyndQncxkLw (analytisch, positiv, mystisch)

Sie schaltete auf einen Sender mit Techno um. Das war gleich viel besser. Die Gefühle wurden nun viel seichter. Die Tränen versiegten und ihr Kopf verlor die Schwere und die Dumpfheit. Positive Gefühle drangen an die Oberfläche und sie war kurz davor, ihre Sachen zu nehmen und zum Einkaufen zu fahren, um sich ein wenig abzulenken.

Dennoch konnte sie diese innere Unsicherheit und ihr Gefühlschaos noch nicht wirklich abschalten. Es war, als ob ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hatte und sie war immer noch im freien Fall. Sie fühlte sich schwerelos an.

…………………..
„Wait and Bleed“ von Slipknot http://www.youtube.com/watch?v=K2u0rDQBQ9w
(positiv, männlich, aggressiv, progressiv)

Er startete den Motor und dachte an nichts. Sein Gesicht war erstarrt und die Augen finster.

Konnte es kaum erwarten, endlich auf die Autobahn zu kommen. Vor ihm, eine Fußgängerin die auf die andere Seite wechseln wollte, er gab Gas. „Müssen die immer hier auf der Straße laufen, gibt es dafür nicht einen Bürgersteig?“ Er hatte Hass in sich, sehr negative Gefühle und er dachte ständig an seine blöde Freundin und ihre dämliche Eifersucht. Die Fußgängerin sprang zur Seite, im Rückspiegel konnte er noch sehen, wie sie ungläubig den Kopf schüttelte. Er grinste.

Auf der Beschleunigungsspur angekommen, gab er richtig Gas. Der Motor heulte auf und das Drehmoment des Acht-Zylinders presste ihn in den Sitz. Endlich bekam er wieder gute Laune. Mit knapp 160 km/h fädelte er sich auf die dreispurige Autobahn ein. Jetzt gab er nochmal richtig Gas, wechselte auf die Mitte und dann gleich weiter nach links.

Er drückte die kleine Metallplatte immer weiter, bis er den Anschlag unter seinem rechten Fuß spüren konnte. Die Landschaft zog an ihm vorbei und die Tachonadel kletterte immer weiter, bis sie 220 km/h anzeigte. Das Fahrwerk war gut und schluckte jede Bodenwelle. Adrenalin wurde in seinem Körper ausgestoßen. Er versuchte zu vergessen. Seine Hände fingen an zu schwitzen, sein Mund wurde trocken. Hin und wieder schaute er in die Rückspiegel, aber da war niemand, der es mit ihm aufnehmen wollte. „Gut so“ dachte er sich und nichts weiter.

Er fuhr. Er war. Im Jetzt.

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Weiterführende Links

Persönlichkeits-/Rollen/ Identitäts- fragen

Ich sitze vor meinem Blog und freue mich, dass es so schnell läuft. Von Hartmut habe ich den Tipp bekommen, dass ich einen Cache installieren soll und jetzt läuft es tatsächlich etwas besser. Es hat ein paar Stunden gedauert und auch andere Sachen hab ich geändert, eine Sicherung der Datenbank gemacht, den WordPress-Core auf den neusten Stand gebracht, den Spamschutz geändert und die Twitter-Sprüche in der Seitenleiste wieder reduziert (weil die Server manchmal zu langsam abfragen). Komischerweise klappt Super Cache jetzt, die ganze Zeit ging es nicht. Den neusten Google-Artikel bin ich euch noch schuldig und auch die 34 Kommentare habe ich so stehen gelassen, weil ich fand, das wichtigste war gesagt.

Jetzt glänzt mein Blog, wie eine neue, frisch aufgezogene Tischdecke kommt es mir vor und irgendwie ist es jetzt auch sauber, klar abgesteckt und steril und das ist doch genau das, was ich eigentlich nicht haben wollte. Ich mochte die Frau in der Sonne, die so hoffnungsvoll die Arme nach oben gestreckt hatte und die umgeben von Wasser war. Ich mochte die warmen Farben, den Hauch von Wärme und Liebe, die das ganze ausgestrahlt hat.

Ich liebe Wasser. Ich sehne mich nach Wasser. Wasser ist das Element der Gefühle und der Psychologie. Wasser kann ich nicht genug haben.

Leider kann man darin auch ertrinken, wenn es zuviel wird. Vielleicht hab ich deswegen unbewusst mein Wasser-Theme entfernt, weil ich gemerkt habe, dass….. nein das ist bestimmt Quatsch.

Ich hab das Theme entfernt (und da sind wir wieder beim alten Thema, dem Wechsel der Optik) weil mir das alte zu lahm war. Ich die Vermischung der Fonts nicht mehr leiden konnte. Ich wieder übersichtliche drei Spalten haben wollte und weil- das war das schlimmste- die Gravatar- Bildchen mit euren Gesichtern nicht mehr gingen. Jetzt kann Stephan mich immer schön zitieren und da kommen so nette Anführungszeichen, wo jeder sehen kann, wie er meine Texte auseinander pflückt. 😉 Also bitte .. ich warte!

Ich hab mir überlegt, dass ich eigentlich schon gerne persönlich bin. Aber vielleicht komme ich damit nicht so durch? Ich glaube, an Frauen werden sehr andere Erwartungen gestellt als an Männer. Doch viele Frauen die ich kennengelernt habe, merken das nicht und regen sich nicht darüber auf. Ich schon. Ich will auch wie ein Mann respektiert und geachtet werden, aber ich will mir auch meine Weiblichkeit bewahren und ich möchte nicht, dass jemand denkt ich wäre kalt und hätte nur den Profit oder die Arbeit im Sinn.

Für eine Frau ist sowas viel schwieriger zu vereinen als für einen Mann. Für den Mann gibt es die Falle und die Gefahr, dass er zu emotional reagiert, dann wird er schnell als weich und schwul abgestempelt. Bei einer Frau ist es andersrum: wenn sie zu kalt und geschäftig daher kommt, nimmt man es ihr vielleicht nicht ab oder denkt, sie meint es böse. Ständig ecke ich bei diesen Rollen an. Ständig merke ich, dass sie mir nicht passen und ich die eine um die andere sprengen will, nein sprengen muss, weil sie nur Fesseln sind und meinen Gang beschweren.

Aber obwohl die Unterschiede in den Geschlechter-Rollen so drastisch sind, lerne ich kaum Leute kennen, die offen darüber reden wollen. Warum? Warum kommen so wenige Leute in meinem Blog auf die Idee, auf die wirklich wichtigen Fragen Antworten zu liefern und warum finde ich nicht mehr Leute, die über Gefühle schreiben und ihr Innerstes preisgeben? Mir kommt die Frage immer wieder auf, liegt das vielleicht an mir selbst?

Ich hatte mal eine Zeit, in der ich sehr emotional und persönlich geschrieben habe, aber das habe ich mir abgewöhnt. Ich denke, so wie es jetzt ist, ist es auch okay. Eigentlich fühle ich mich wohl dabei. Dann aber gibt es Tage, da denke ich, dass etwas fehlt. Dass ich mir etwas vormache, mich vielleicht belüge und nicht wirklich über das schreibe, was ich denke.

Sex, zum Beispiel. Über Sex schreibe ich nie. Okay, eine Frau tut es nicht, steht irgendwo– aber hey, es ist mein Blog! Ich könnte also auch mal über Sex schreiben. Zumindest mal über meine Vorstellung von gutem Sex oder was partnerschaftliche Liebe ausmacht!

Oder lästern, über andere herziehen, das ist ein typisches weibliches Domizil. Das mache ich nicht. Warum? Weil ich niemanden verletzen will, weil ich zu zögerlich bin und denke, dass es gefährlich ist. Außerdem will ich nicht, dass man über mich lästert. Also ziehe ich mir lieber meine weiße Tischdecke über die Ohren und gebe mich „gebildet“… ist das mein Problem?

Wo ist mein Problem? Hab ich überhaupt eins? Warum zweifel ich mich an und schreibe nicht einfach über etwas, das mir auf der Seele liegt und das ich loswerden will? Warum schreibe ich überhaupt nicht mehr? Ich hatte eine Zeit, da hatte ich viele Ideen und hab jeden Tag geschrieben. Das fand ich schön, diese Zeit gibt es aber im Moment nicht.

Soll ich übers Kochen schreiben? Über meinen langweiligen Arbeitsalltag? Wenn ich darüber schreiben soll, was ich mache, fällt mir auf, dass ich ein nach außen hin langweiliges Leben habe. Das Spannende in meinem Leben, das passiert meistens in meinem Kopf. 😉

Ich weiß nicht warum, aber es ist so. Es ist einfach so. Und ich glaube, genau in diesem Moment bin ich auch ein wenig traurig und möchte einfach nur Worte finden, für das was ich empfinde.

Ich habe heute z.B. über das Thema „sich selbst belügen“ nachgedacht und das passt. Ich gebe mich schlau und sage, dass man sich nicht belügen soll, aber hey- wenn ich nicht ehrlich über meine eigenen Gefühle und Bedürfnisse schreiben kann und auch im Blog nicht bereit wäre, es zu tun, wie soll ich dann anderen Menschen Ratschläge geben und ihnen empfehlen, „ehrlich zu sein“? Das wäre dann wirklich Heuchelei. Und das möchte ich nicht.

Also muss ich, wenn ich ehrlich sein will und Menschen auf einer persönlichen Ebene ansprechen und etwas zurückerhalten will, auch bereit sein, mich selbst genau in diesem Moment so zu sehen und zu präsentieren, wie ich es gut finde- ehrlich, persönlich, authentisch.

Natürlich gibt es auch Gefahren und Hindernisse. Wenn man darüber schreibt, was man denkt, kann es passieren, dass Leute einen dafür kritisieren oder ablehnen. Genau diese soziale Angst ist dann meistens der Grund, etwas nicht zu sagen oder zu schweigen.

Wenn ich überlege, ist das bei mir genau so und auch stets der Grund gewesen, warum ich geschwiegen habe oder beschließe, weniger persönlich zu schreiben. Ich will einfach nicht verletzt werden! Ich will nicht, dass ständig jemand in meiner Seele rumtrampelt. Ich will mich nicht ständig selbst offenbaren müssen. Ich will die schwierigen Klippen der Selbsterkenntnis meistens umschiffen. Aber wehe, wenn der Tag kommt- und er kommt immer wieder aufs Neue auf mich zurück- wo ich mich dem nicht mehr entziehen kann. Dann muss ich denken, dann stockt es !! Dann quält mich meine Seele so lange, bis ich sie höre und in mein Herz lassen kann. Bis ich meine Mauer aufmache und entdecke: Da ist noch eine Welt dahinter, und es lohnt sich, sie anzuschauen.

Was für eine schöne Welt!