Der Fernsehabend

Die dümmsten Eltern der Welt

Eigentlich wollte ich gestern Abend gar nicht fernsehen. Da es draußen aber regnete, ich von der anstrengenden Woche noch müde war und zudem gerade eine Pizza im Ofen hatte, beschloss ich, ein wenig herumzuzappen. Wie so oft, kam nach der ausführlichen Lektüre der Programmzeitschrift erstmal nicht viel Interessantes. Da war nur die Sendung „Die strengsten Eltern der Welt“, die ich wenigstens mal kennenlernen und reinschalten wollte. Da ich überzeugte Anhängerin der antiautoritären Erziehung bin, war mir schon von Anfang an klar, dass das Format wahrscheinlich nichts für mich sein wird. Und so war es dann auch. Zwei Jugendliche aus sozial schwachen Familien, mit völlig überforderten und allein gelassenen Müttern benehmen sich „unmöglich“ und „frech“ und „wollen nix lernen“. Sie zum Beispiel, eine verzogene Göre mit dem hübschen Namen „Julia“, kaute ständig auf dem Kaugummi herum, trug nur die besten Klamotten und Make-Ups (für die sie dann ihr ganzes Geld ausgab) und telefonierte und simste ständig, sogar beim Essen, unter dem Tisch. Ich habe mir dabei gedacht „oh, fein- eine kommunikationsfreudige Person, wie schön, dass sie so viele Kontakte hat und sich um andere Menschen kümmert, von der kann ich noch was lernen…“, aber die dicke Mutter war schneller und plärrte aufgebracht in die Kamera „dass es so nicht weitergeht“ und hier „dringender Handlungsbedarf“ besteht. Tja, und wer kann da mehr Hilfe leisten, als der werbe-finanzierte und auf Profit ausgerichtete Privatsender??

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Virtuelle Sozialkontakte

Das Nachdenken über die Twitterei zeigt zugleich die positiven wie negativen Aspekte des Denkens.

Wie immer, gibt es nämlich Vor- und Nachteile daran. Nehmen wir die Tatsache, dass jemand Fernsehen sieht, z.B. eine beliebte Fernsehshow, und dazu mit anderen darüber twittert. Zuerst möge man denken, dies sei eine komische Art und Weise „gemeinsam zu fernsehen“ und es mag etwas abschrecken. Warum machen Menschen das und ist das eine sinnvolle Art und Weise des Zeitvertreibs? Überhaupt sind „virtuelle Freunde“ etwas komisches und man muss sich erst daran gewöhnen, Zeit und Energie in dieser dubiosen Datenwolke zu verbringen, über die momentan so viel berichtet wird. Traditionelle Medienkritik ist sehr leise geworden, aber nichtsdestotrotz darf man den Blick für Gefahren nicht aus den Augen verlieren. Wer könnte es besser, als die Nutzer selbst?

In Zeiten von Energieknappheit und beschleunigten Abläufen liegt es nahe, Zeit und Geld zu sparen, indem man sich Freunde aus der Datenleitung vor das Sofa holt. Bei Bedarf noch ein wenig chatten oder die Videokamera an und schon gleicht die virtuelle Kommunikation der „echten“- bis auf die Gerüche und die reale Präsenz mal abgesehen (was vielleicht auch ein Segen sein kann, gerade bei den Gerüchen….)

Ist das jetzt „schlechtere Kommunikation“? Wird man durchs Twittern und bloggen vielleicht einsam? Oder werden die Grundvorraussetzungen von Kommunikation derartig eingehalten, dass man getrost sagen kann, es sei nicht ungesund?

Obwohl dies der Grundpfeiler jedes Bloggers sein müsste, findet man zu dem Thema nur wenig. Vielleicht sind die meisten Blogger und Twitterer einfach soweit, dass sie die Vorteile der virtuellen Kommunikation soweit schätzen gelernt haben, dass sie zu dieser Entscheidungsebene gar nicht mehr zurückgehen und sie irgendwie als „ok“ abgehakt haben.

Es fällt mir immer nur bei denjenigen auf, die nicht bloggen oder twittern und dem Ganzen dann negativ und ablehnend gegenüber stehen. Wenn ich mir ihre Argumente so anhöre, wird mir bisweilen Angst und Bange und ich denke, dass ich vielleicht im falschen Zug sitze?

Die Essenz jeder Kommunikation ist „Datenaustausch“ bzw. „Informationsaustausch“. Hier ist das Internet stark und es gibt keine Nachteile, eher Vorteile, weil mehr Informationen als üblich ausgetauscht werden, manchmal zuviel (Reizüberflutung).

Aber auch Sekundärelemente wie Vermittlung von Zuneigung, Ablehnung, emotionale und zwischenmenschliche Konflikte sind für den Menschen wichtig. Zum Beispiel zur Verbesserung der sozialen und emotionalen Intelligenz und weil der Mensch grundsätzlich ein Gesellschaftswesen ist.

Denkt man an die Wirkweise der Spiegelneurone wird klar, dass auch ein direktes Sehen des Gegenüber nicht unwichtig ist, um dessen Gefühlszustand zu kopieren bzw. „zu empfinden“. Spiegelneurone werden aber (soviel ich das verstanden habe) auch bei der Vorstellung über eine Sache, bei Lauten, Handlungen, usw. aktiv und gelten als „Simulationszellen“ für eine reale Tat. Das heißt, unser menschlicher Körper besitzt die grundlegende Fähigkeit, sich eine Sache vorzustellen oder soweit zu simulieren, dass sie beinahe als real gesehen wird. Die virtuelle Welt in ihrer Gesamtheit (also Internet, Chat, Blogs, Spiele, usw.) macht nichts anderes, als unser Gehirn ständig auf dieser virtuellen, abstrakten Ebene zu trainieren und für das „echte Leben“ vorzubereiten. Denkt man die real mögliche Vernetzung von virtueller in reale Währung (z.B. in Secondlife) oder die machtvollen Fähigkeiten von Sozialkontakten in Facebook, Xing, usw. wird schnell klar, dass die Art und Weise der genutzten Schnittstellen es sind, die den Grad meiner „letztendlichen Realität“ bestimmen.

Bloggertreffen oder Twitterlesungen sind ebenfalls Dinge, die das virtuelle Denken in reale Taten, echte Menschen und „Greifbares“ umwandeln. Zuerst war das Netz, der Gedanke, dann das Treffen und -bei ausreichender Pflege- die soziale Bindung!

Es liegt also an jedem selbst, wieviel Realität er aus der virtuellen Welt zieht und umgekehrt. Ich empfinde z.B. gerade die Tatsache, dass man nicht so verletzt werden kann und bei Nichtgefallen einfach den Strom auslässt und bestimmte Dienste nicht nutzt oder Menschen meidet, sehr befreiend und angenehm! Gerade die Freiwilligkeit und die Nicht-Notwendigkeit zur Verpflichtung befreit die virtuelle Kommunikation um unnötige Zwänge und verbessert ihre Auswirkung.

Auch andere Aspekte, wie z.B. die Geschwindigkeit und die Möglichkeit „zu wählen“ sind enorm.

Mal angenommen heute abend läuft eure Lieblings-Fernsehsendung. Würdet ihr jetzt bei Regen von Haus zu Haus gehen und überall nachfragen, ob jemand mitschaut? Selbst wenn, die Gefahr wäre groß, dass man sehr lange braucht, vielleicht bei Hunderten Haushalten klingelt, sich lächerlich macht, abgewiesen wird, keine Gleichgesinnten findet, nass wird, Gefahren ausgesetzt ist, usw.

Bis dahin wäre die TV-Sendung längst vorbei!

Wie einfacher es da ist, an den PC zu gehen und sich mit ein paar Mausklicks diejenigen Menschen rauszusuchen, die genau das gleiche machen und gerade dazu schreiben wollen- und selbst wenn sie in Berlin, Hamburg oder Köln leben!

Dennoch, wenn man den Fernseher ausmacht, ist man wieder einsam, hat sich real nicht viel verändert. Es bleibt nur einfach das Gefühl, dass man mit anderen zusammen Fernsehen geschaut hat, dass sie virtuell bei einem waren. Seltsam!

Und ist nur diese Simulation einer Tat ausreichend für den Menschen, glücklich und ausgeglichen zu sein, sich im sozialen und emotionalen Bereich befriedigt zu sehen?

Was meint ihr?

Wo sind die Gefahren der virtuellen Kommunikation? Was habe ich übersehen? Wie sehen klassische Negativ-Beispiele aus?

Wo aber gibt es Leute, die von den sozialen Fähigkeiten des Internets soweit profitiert haben, dass sie durchweg als Gewinner anzusehen sind?

Nicht geschäftlich, sondern vor allem menschlich?

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Noch ein paar Links via Google als Ergänzung: