Nur eine weitere Krise

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Oder: warum es sich lohnt, positiv zu denken

Tja, was soll ich sagen, es zieht sich schon durch das ganze Jahr. Was im letzten Jahr langsam angefangen hat, hat sich 2009 angehäuft und ist mir nun völlig bewusst: Ich habe keine große Lust mehr zu bloggen. Die Sonne ist weg und der Druck zu Schreiben auch.

Ich habe wohl alles aufgeschrieben, was auf meiner Seele lag, was ich meinte, formulieren zu müssen. Die Dinge, die neu kommen, kann ich auch für mich behalten oder im Tagebuch aufschreiben.

Die große Suche nach Besuchern und Lesern hatte ich sowieso nie und Geld verdienen wollte ich auch nie mit meinen (öffentlichen) Texten.

Den Versuch, mit dem Schreiben die Welt besser zu machen, habe ich auch nicht mehr. Spätestens seit dem Ende meiner Krankheit und der Erkenntnis, dass es nun einfach „normal“ weiter gehen soll (was für sich auch ein Kampf war). Ich bin sogar froh sagen zu können, dass ich das erste Mal seit 2001 nicht mehr abhängig von meiner Webseite, den Rückmeldungen oder meinem öffentlichen Tagebuch bin.

Ich bin einfach an einem Punkt angekommen, wo ich ganz normal glücklich sein kann, auch ohne Webseite.

Patient geheilt, Blog tot?

Ich finde, das ist eine wichtige Erkenntnis. Ich mache mir inzwischen auch keine Illusionen mehr, die Blogs und Leser so wie sie momentan in Deutschland sind, haben einfach keine Macht, irgendwas zu ändern.

Die große Blog-Welle, die vor ein paar Jahren begann, ist am Strand ganz leise ausgelaufen und hat keine weiteren Folgen nach sich gezogen. Die Meinungskultur in Deutschland ist nicht bereit für eine so offene Bürger-Diskussion auf breiter Linie. Die meisten Leute wollen nicht über die wichtigen Dinge im Leben diskutieren. Sie könnten zwar, aber sie wollen nicht. Die Dinge anzustoßen und laut gegen die Gesellschaft aufzuschreien ist eine Aufgabe von jungen Menschen, die viel Zeit und Energie haben (Studenten z.B.).

Wenn man erstmal so alt wie ich ist (hüstel), ja dann gibt es wichtigere Dinge. Z.B. Bausparverträge, Fernreisen, Supermarkteinkäufe oder Börsennachrichten.

Viele Leute lesen zwar online und die klassischen Zeitungen werden mit der Zeit immer unwichtiger. So bleibt auch die leise Hoffnung, dass große Massenmedien (mit den vier Buchstaben z.B.) irgendwann an Macht über die Köpfe verlieren, aber was soll man als kleine Nischen-Schreiberin schon ausrichten? Die haben ein Hochhaus, unendlich Kohle und tausend schlaue Menschen- ich dagegen nur 10qm, einen alten PC und mein viel zu kleines Gehirn!

Nein, egal in welche Richtung ich schaue, ich habe für kein Ressort meines Denken und Schreibens noch Lust, vor allem nicht auf das Bloggen. Schon erstaunlich, wie sich das ändern kann! Es ist wie ein Spiel. Es gibt Tage, da wache ich auf und tausende Gedanken strömen nur so aus meinem Bewusstsein und bahnen sich einen Weg in die Öffentlichkeit. Dann wieder gibt es diese stillen, leisen Tage wie im November, wo mir kaum was einfällt und ich auch ziemlich depressiv über die Welt nachdenke.

Wenn man genau hinschaut, nimmt man mit dem Schreiben nur die (eigentlichen) Taten vorweg. Man simuliert das Leben, man verpasst aber, es zu leben.

„Das Internet hat die Pubertät verschluckt“- so oder ähnlich hat jemand in der Sendung Scobel (3Sat) vor ein paar Tagen die Feststellung gemacht.

Das ist wahr. Anstatt miteinander zu reden, schreiben wir in unsere Tagebücher. Anstatt auf den Menschen zuzugehen und ihm Mitgefühl zu schenken, klicken wir auf „Das gefällt mir“. .. Anstatt zu unserer Oma zu fahren und unsere neusten Fotos zu zeigen, präsentieren wir wildfremden Leuten unsere Galerien.

Das Internet gibt sich so sozial, aber es ist seltsam menschenlos und steril. Diese Erkenntnis bleibt und bleibt und bleibt..

Die Sphäre der Gedanken ist schön und macht süchtig, aber sie bleibt am Ende nur eine Scheinwelt, ist mit der realen Welt kaum verbunden.

Ich möchte nicht sterben und wenn mich jemand fragt, was ich die ganze Zeit gemacht habe, sagen:

Gebloggt.

In ein Tagebuch, das keiner liest, das keine Erkenntnisse produziert und letztendlich nur mir selbst etwas brachte.

Pro?

Nein, wenn ich objektiv darüber denke, und nur analytisch gibt es keine erkennbaren Gründe, die für das Blog schreiben sprechen. Wenn ich an die Gefühle und den immateriellen Nutzen denke, wird es schon anders. Ich denke z.B. darüber, wie andere Leute nun schmunzeln und vielleicht frotzeln „Oh schon wieder ein Artikel, der sich mit dem Bloggen selbst beschäftigt?“- und dabei haben sie selbst kein Blog mehr. Es wäre so blöd, als wenn man einen Philosophen anlächelt und ihn dafür kritisiert, dass er über das Leben nachdenkt. Er muss es jeden Tag tun, denn das Leben ist jeden Tag anders und so ist auch mein Blog und meine Motivation es zu schreiben, jeden Tag anders!

Mein Blog ist mein Ventil, meine Leinwand, mein Spiegelbild der Seele- und es hilft! Die Psychotherapie, Bildung, Kunst und die weichen Faktoren im allgemeinen werden in Deutschland noch viel zu wenig beachtet, aber ein Blog bietet eben genau das in Fülle, wenn man es richtig macht:

  • ein Blog regt zum Nachdenken an und klärt Gefühle
  • man formuliert seine Gedanken und Ansichten
  • man kann sich frei schreiben > somit ist es ein Werkzeug, um einen besseren Zugang zu sich selbst zu bekommen
  • man kommuniziert mit anderen und erfährt was von ihrer Welt > die Einsamkeit nimmt ab

Auch wenn ich tausend Millionen Euro auf meinem Konto hätte, das Geld könnte mir niemals das bieten, was ich durchs Blog schreiben erreiche: Einen inneren Seelenfrieden, Gelöstheit und Glück.

Was bedeuten da schon Besucherzahlen, Quoten, Pagerank und „Verlinkungsgrad“ ??

Wer kann das menschliche Glück schon messen?

Nein ich glaube, ich werde noch ein wenig weiter schreiben. Man kann ja nie wissen, das nächste Tief kommt bestimmt…