Insta-Overload

Johannisbeer-Busch, eine kleine weiße Johannisbeere in der Hand und zwischen den Fingern
Weiße Johannisbeere

Feinsinnige, wohl durchdachte und ausführlich recherchierte, philosophische Gedanken kommen auf Instagram deutlich zu kurz. Es ist eine kurzlebige, hektische Welt, die unsere ohnehin schon zu stark aufgeladene, visuelle Kortexrinde zusätzlich auflädt und belastet. Wir werden von oberflächlichen Dingen wie ein Magnet angezogen. Der schöne bunte Klick-dich-durch-die-Bildchen Stream hat was von einem Bilderbuch, dass man einem Zweijährigen vorhält, der seit 20 Stunden nur geschlafen und Brei geschlürft hat. „Endlich Input!! Endlich bunte Bildchen!! Und Herzchen und Likes und Feedback!!“ Ist klar, dass wir total darauf abfahren. Ein Lob von Mama! Ein Herzchen von der Lehrerin! Ein guter väterlicher Rat vom Kollegen! Brauchen wir noch mehr fürs Glücklichsein?

Ich will nun nicht gänzlich dagegen reden, denn schließlich bin ich selbst in dem Sog der bunten Quadrate-Bilder seit ca. 2 Jahren. Ich habe mir extra ein neues Handy gekauft, nachdem ich mit der Bildqualität meines alten Apparates nicht mehr zufrieden war. Und nachdem ich gemerkt habe, dass das immer noch nicht reicht und ich die „professionellen Bilder“ damit auch nicht nur annähernd erreiche, musste extra noch eine etwas teure Profi-Kamera her. Und nachdem ich gemerkt habe, dass andere mit besseren Objektiven und noch besseren Profi-Kameras noch bessere Bilder erzielen, musste ich… aber hey. STOP !!!!

Wer stoppt diesen Wahnsinn endlich und warum machen wir all das?
Was ist mit unseren inneren Bildern, die wir früher mühsam mit Gedanken, Schreibstift und Phantasie selbst „ermalen“ mussten?

Jetzt laufen wir nur noch durch die Gegend und richten einen „Ausschnitt“ auf das Leben. Nur eine Millisekunde unseres Lebens. Ein kostbarer Moment. Den man nicht beschreiben, aber festhalten kann.

Was ist mit dem Fluss der Worte und Gedanken? Mit dem Werden und Enstehen, dem Verfallen und Vergessen? Den schönen Worten zwischen den Menschen, die Brücken bauen. Die ganze Kommunikation… Bild zu Gehirn, Gehirn zu Bild, Wort in Bild, Bild in Wort.

Klar gibt es eine Verbindung. Mit Bildern erreiche ich Menschen, die meine Sprache nicht sprechen.

Letztens habe ich ein Bild von einem Johannisbeer-Busch auf Instagram gepostet. Ich habe einen Follower aus Afghanistan, der immer gerne meine Bilder anschaut und auch auf meine Stories reagiert. Normalerweise beschrifte ich meine Bilder oft und schreibe wenigstens ein Wort oder ein Hashtag dazu. Beim Johannisbeer-Bild habe ich nichts dazu geschrieben, weil ich gedacht habe, dass es klar ist, was es darstellt.

Prompt schrieb mir mein afghanischer Freund „What?“ . Er tut sich etwas schwer mit Englisch und konnte anscheinend keinen ganzen Satz schreiben. Erst fand ich etwas unhöflich und habe gedacht, dass ich es ignorieren sollte. Aber dann hab ich mir überlegt, dass er vielleicht wirklich nur wissen will, was das ist. Also hab ich auf Englisch und auf Deutsch die Begriffe erklärt und gefragt, ob er solche Beeren auch kennt? Er hat sich sehr über die Antwort gefreut und tausendmal bedankt. Aber solche Beeren gibt es anscheinend am Hindukusch nicht. 😉 Das weiß ich jetzt, obwohl ich noch nie dort war! Und er weiß jetzt, wie es in Germany aussieht. 😉

So long, ihr Insta-Mäuse, die nächste aufregende Foto-Geschichte wartet schon.

Das Gesichter-Buch

Wow, was für ein gut geschriebener Artikel über Facebook.

Ich geb zu, ich hab bis jetzt nur die ersten zwei Drittel gelesen, aber das was ich las, hat mir gut gefallen. Daumen hoch!

Wie ist meine persönliche Meinung zu Facebook? Der Gedanke drängt sich beim Lesen automatisch auf..

Ich hab es eigentlich nie besonders gemocht, fand es immer zu kompliziert und neuerdings die Werbung, die nervt mich auch.
Zudem misstraue ich dem ganzen, nicht erst seit der NSA-Affäre. Letztens gab´s im Fernsehen eine Reportage über einen Facebook-Server, da wurde mir erst bewusst, in welchen Dimensionen, die sich eigentlich bewegen. (so etwas ähnliches wie das hier ). Es ist eine riesige Maschine, die Daten aus uns heraus saugt und am Ende damit Geschäfte macht und an die Börse geht. Und wir sind die kleinen Computersklaven, die freiwillig mitarbeiten und den Profit erst ermöglichen. Die „Bezahlung“ ist, dass wir uns sozial geborgen und anerkannt fühlen, weil andere auf uns reagieren oder „gefällt mir“ klicken. Aus dem ur-eigenen und wichtigen Bedürfnis des Menschen nach Anerkennung haben schlaue Leute ein Milliarden-Geschäft gemacht. Das ist erstmal das wirklich kritische, die „dunkle Seite“ an all den sozialen Netzwerken. Die Frage ist also: Überwiegen die positiven Dinge, die man aus den Netzwerken zieht über die Gefahren und das Ausspioniert-Werden?

Natürlich, letztendlich kann nix von dem was man sagt, wirklich privat oder „sicher“ sein. Das ist sehr schade. Dennoch halte ich auch einen völligen Boykott für falsch. Man muss halt nur wissen, wie weit man gehen kann. Welche Dinge kann man von sich preisgeben und welche nicht? Ich denke es ist wichtig, sich selbst starke Grenzen aufzusetzen und selbst zu kontrollieren. Allerdings ist dann auch die Gefahr groß, dass der „Spaß“ verloren geht. Dass man zu selbst kontrolliert wird und gar nichts mehr schreibt. Seine Gefühle kontrolliert, weil man denkt, „das kann ja alles gespeichert werden“. Ich denke, der richtige Weg liegt darin, das Potential zu nutzen, sich mit anderen zu vernetzen und versuchen sein soziales Netz zu verbessern. Online wie offline. Dabei aber auch nicht vergessen, wie gläsern man dabei wird. Daher sind auch die klassischen Wege wichtig und wertvoll: Einen gut gepflegten Facebook-Kontakt mal im „echten Leben“ treffen. Generell kann man diese beiden Welten nicht wirklich voneinander trennen, sie werden immer stärker vermischt. Die Technik ist quasi schneller und stärker als unser freier Wille.
Wer das eine boykottiert, boykottiert und untergräbt damit auch das andere. Wer sich nicht traut, im Internet offen und ehrlich und unbeschwert zu sein, wird es im realen Kontakt auch nicht sein..

Denn wie hieß es da so schön in dem einen Artikel : „Gegenseitiges Vertrauen ist eine Sache der Intelligenz.“

Aber ein gesundes Misstrauen hat auch noch niemanden geschadet. 😉

( Sowie die Blogs. Vergesst die Blogs nicht. Hier man das meiste selbst in der Hand. Dezentral, von Privatperson zu Privatperson. Mehr Vertrauen geht nicht. Kein Unternehmen, das mitlauscht. Keiner, der mitverdient. Keine Werbung. )

Das Null-Kommentar Problem

Solange ich blogge und im Internet schreibe, stoße ich immer wieder auf dieses Problem. Man schreibt, baut sich einen Besucherkreis auf und plötzlich stirbt die Diskussion ab. Man ruft seinen 60 Followern in Twitter „Guten Morgen!“ zu – aber keiner antwortet. Man stellt eine Frage ins Blog, glaubt der neuen Feedstats-Anzeige, die irgendwas mit „642“ ausgibt (warum die sich jetzt verdreifacht hat, seit der Neuinstallation ist mir ein Rätsel)- und alle klicken weiter.

Das Internet ist ein Massen- und ein „Schwarm“-Medium. Wer viel Besucher hat, wird immer jemanden finden, der antwortet und schreibt, aber das ist dann mehr ein Rate- und Zufallsspiel. So gieren alle nach den gigantischen Besucherzahlen, die wohl erst ab so 500 pro Tag werbe- und kommentarlohnend werden.

Wenn man- wie in der Anzeigen-Werbung – mit Konversionsraten rechnet  und denkt, ist klar, dass ca. 1 Prozent der Besucher mal einen Kommentar schreibt (und somit die Häufigkeit mit der Masse der Leser zunimmt), der andere Teil aber die kostenlosen Infos aufsaugt und nichts zurück gibt- kein Link, keine Meinung, kein Feedback. Das ist eigentlich schade.

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