Die Rente ist sicher

Gestern, also am 15. Mai 2014 kam bei Maybrit Illner eine sehr gute Diskussions-Sendung über das deutsche Rentensystem. Aufhänger waren dabei die geplanten Änderungen bei der Mütterrente und die Regelung für die abschlagfreie Rente mit 45 Beitragsjahren.

Man kann sich die Sendung in der Mediathek noch anschauen, außerdem gibt es im Internet auch Berichte und Protokolle zur Sendung (z.B. hier)
Wer möchte kann auch die Kommentare auf Facebook dazu lesen, diese sind aber erstaunlich wenig. Nur sieben Kommentare bei so einem wichtigen Thema, das ja letztendlich alle angeht.

Mir persönlich hat die Auswahl der Gäste sehr gut gefallen. Die Stimmung war sachlich und relativ harmonisch, was zu einem guten Austausch von Argumenten geführt hat. Jeder der Gäste hat eine etwas andere Sichtweise auf die Rente vertreten.

Für die großen Parteien standen Thomas Oppermann (SPD) und Carsten Linnemann (CDU). Mit Michael Vassiliadis hatte man einen Vertreter der Gewerkschaften (IG Bergbau, Chemie und Energie) und mit Anton Börner einen Wirtschaftsvertreter (Deutscher Groß- und Außenhandel ).

Auch an die jungen Menschen wurde mit Bettina Munimus gedacht, ihres Zeichen Vertreterin aus der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen und Christina Bylow (Journalistin) stand letztendlich für die spezifisch weiblich-feministische Perspektive.

Wie bei Talkshows üblich wurden teilweise sachliche, teilweise emotional aufgeladene Argumente ausgetauscht. Vor allem Frau Bylow schien sich in ihre Sichtweise tlw. sehr reinzusteigern und reagierte auch schon mal mit Augenverdrehen und anderen spitzen Bemerkungen. Dass sie die jetzige Regelung der Rente für sehr ungerecht hielt, konnte man ihr deutlich anmerken. So empfindet sie die geplante Mütterrente als keinesfalls ausreichend, allenfalls als „Trostpflaster“.

Thomas Oppermann entgegnete ihr sinngemäß, dass man ja derzeit umdenke und überlegt, wie man die Erziehungsleistung (meistens von Frauen) der Leistung tatsächlich eingezahlter Beiträge gegenüber stellen könnte. Es wurde festgestellt, dass die 45 Beitragsjahre meistens auf Männer zutreffen und Frauen oft Lücken in ihrer Erwerbsbiografie haben (sog. Erwerbsarmut).

Zwischendurch stellte Anton Börner fest, dass die Rente ja kein „Belohnungssystem“ oder eine Prämie wie bei einem Angestellten sei, sondern (sinngemäß) lediglich ein großer Topf, in dem das umverteilt ist, was gerade drin ist. Hat man also nur wenige Beitragszahler mit geringen Löhnen, aber auf der anderen Seite auch immer mehr Köpfe, auf die die Summe verteilt werden muss, wird der Beitrag zwangsläufig kleiner.

Aufgeschreckt wurden die Diskutanten nämlich von einem Video-Einspieler, auf dem die prozentualen Rentenrückgänge bei einem Bruttolohn von 2.500 Euro bis ins Jahr 2030 eindrucksvoll dargestellt wurden. Liegt der Auszahlungsbetrag derzeit bei knapp 50% wird er 2030 nach Berechnungen und Schätzungen nur noch bei 43% liegen. Darauf entgegnete jemand aus der Runde, dass das ja relativ sei, man eben für starke Löhne sorgen müsse, dann sind 43% von viel auch vergleichsweise mehr.

Zahlen und Fakten kann man übrigens hier  (Quelle )  und auf der Seite „Deutsche Rentenversicherung“ nachlesen.

Interessant ist der Satz, wenn man auf „Mittelfristige Finanzentwicklung“ klickt:
„Wegen der von der neuen Bundesregierung angekündigten Änderungen der rentenrechtlichen Bestimmungen wird zur Zeit von der Darstellung einer mittelfristigen Finanzrechnung Abstand genommen.“

Vergleicht man die Werte „Beitragssatz“ und „Bundeszuschuss“, so fällt auf, dass der Beitragssatz für den Arbeitnehmer relativ konstant gehalten wird (ca. 19 %), das ganze aber anscheinend nur erreicht werden kann, weil der Staat immer mehr „hinzuschießt“ (1998 noch 2,9%, 2012 schon 9,3%). Finanziert wird das ganze über die Mehrwertsteuer und die Ökosteuer.

Wer noch weiter in die Zukunft blicken möchte, kann z.B. hier interessante Erkenntnisse (vor allem über den demografischen Wandel) entdecken.

Fazit
Die Sendung von Maybrit Illner war insgesamt gut und mit zahlreichen guten Erkenntnissen verbunden. Keine Meinung hat dominiert, jeder kam mal zu Wort. Schon anhand der vielen verschiedenen Positionen konnte man sehen, wie komplex das Thema ist, und dass es letztendlich alle etwas angeht.

Wer Zeit hat und sich für die Materie interessiert, dem empfehle ich das Video in der Mediathek.

Vielleicht gibt es ja auch noch den einen oder anderen kritischen Blog-Artikel zum Thema? Nach einer kurzen Suche hab ich erstmal nichts gefunden, wer einen guten Link hat, kann ihn gerne schicken!

Heiße Birnen

Heiß her ging es heute bei „Hart aber fair„.
Die Vertreterin des Energieverbandes (stellvertretend für „die Stromkonzerne“) hatte Pech im Unglück, war die einzige Frau und konnte sich kaum beliebt machen. Zudem wirkte es so, als ob sie als Bauernopfer, Prellbock zwischen erzürnten Politikern und den Machtinteressen der Großkonzerne, herhalten musste.

Die rhetorisch sehr geschickten und aggressiv auftretenden Herren Trittin (Ex-Umweltminister) und der amtierende Umweltminister Sigmar Gabriel gaben sich keine Blöße und konterten jeden Angriff geschickt und setzen noch etwas obendrauf. Die Ausreden und typischen Floskeln wurden mit unerwarterter Härte beantwortet und nicht gelten gelassen. Frau Müller hatte es schwer, sich den Argumenten zu widersetzen und sie konnte einem ein wenig leid tun. Es war das erste Mal (für mich) dass auf solcher Breitseite öffentlich Stimmung gegen die Gewinnsucht der Energieriesen, wie z.B. RWE gemacht wurde und das Gefühl war, dass dies eine gerechtfertigte und heftige Emotion war, die auch der Stimme des Volkes entsprach. Allein der immense Reingewinn RWE´s von 2,2 Milliarden Euro pro Halbjahr (!) ist eine gewichtige Zahl, die nicht so schnell den Raum verlassen konnte.

Dies unterstrich Frank Plasberg auch mit der Richtigstellung, dass die Verbraucher nicht verunsichert sind („sich Sorgen machen“), sondern im Gegenteil sehr verärgert über die Tatsache sind, dass Deutschland die höchsten Stromkosten aller europäischen Länder hat, Steuern und Abgaben herausgerechnet.

Da half auch keine Ausweichtaktik mehr, dieser Punkt ging an die Verbraucher und an eine Politik des nach-vorne-Denkens, die jegliche Blockaden im Energiesektor umschiffen bzw. lösen soll. Hier wurden viele Sachpunkte angesprochen, z.B. die Sicherheitsthematik oder die atomare Endmülllagerung.

Ob sich nach so einer Sendung wirklich etwas ändert, oder doch nicht wieder nur Köpfe ausgetauscht werden, bleibt indes unklar.

Wichtig ist aber der politische Wind, der hier zum Vorschein kam und der schien mir sehr grün, sehr vernünftig und sehr intelligent. Die Politiker der links gerichteten Parteien, vor allem Herr Gabriel und Herr Trittin konnten auf jeden Fall wichtige Sympathie-Punkte für den aktuellen Wahlkampf sammeln. Geschickt konnten sie davon ablenken und die Tatsache überspielen, dass der Bürger durch das Verbot der klassischen Glühlampe und die schrittweise Verbannung aus dem Handel ziemlich bevormundet wird. Ihre Formulierungen klangen nicht sehr ideologisch, sondern durchdacht. Einzig der schelmisch grinsende Blick von Jürgen Trittin ließ erahnen, dass hier einiges an Gerissenheit und Kalkül dahinter stand, beweisen war es jedoch nur schwer. Der direkte politische Kontrahent der beiden, Markus Söder (CSU) war zu lieb und zu wenig bissig, einigte sich am Ende noch mit den beiden, was für Ruhe und Frieden sorgte. Aber auch Söder ist wahrscheinlich klug genug, nicht geradeweg in das politische Messer zu laufen was da so direkt vor ihm am Tisch imaginär aufgespannt wurde. Sein Verhalten passte zur Taktik der großen Schwester CDU die aktuelle Machtposition zu halten und souverän, aber nicht aufgeregt zu verteidigen. So wurde den Angriffen der flinken Gesprächspartner am besten die Energie genommen.

Genau in der Mitte dieser Talkgäste saß Ranga Yogeshwar , der bekannte Wissenschaftsjournalist und beliebte Moderator mit dem ausgeglichenen Gemüt setzte die richtigen Akzente. Sein Vortrag über die technischen Unterschiede der herkömmlichen Glühlampe im Vergleich zur modernen Energiesparlampe war anschaulich und gut erklärt. Wichtig ist zu wissen, dass bei der normalen Glühlampe das langwellige, warme rote Spektrum viel stärker ausgeprägt ist und somit „unbewusst“ (da unsichtbar) für ein wärmeres Raumklima sorgt. Der anfänglich etwas skurril wirkende Lampenhändler (Glühlampen sind „Lagerfeuer“ und „Kulturgut“), der sich per kurzen Einspieler äußern durfte, wurde somit indirekt bestätigt.

Yogeshwar vertat sich allerdings dabei, als er sich etwas abfällig über die Arbeitsmoral der „einfachen Leute“ äußerte, die in den Schaltzentralen von Atomkraftwerken ihren Dienst tun. Mag sein, dass er in drei Jahren seiner Tätigkeit in einem Kraftwerk schlechte Erfahrungen gesammelt hat, dies berechtigt ihn aber weder praktisch noch moralisch für so ein vernichtenes Urteil über die „Realität“. Es wäre geschickter gewesen, wenn er an die Ausbildungsqualität appelliert hätte oder darauf eingegangen wäre, wie die Arbeitsbedingungen im Schichtbetrieb sind, wer diese Arbeitsbedingungen verantwortet und welche Folge woraus genau entstehen.

Dieser Ausflug in die soziale Gerechtigkeit wäre aber zuweit gegangen und auch nicht Gegenstand der aktuellen Diskussion.

Der Zuschauer erlebte eine hitzige, beherzte aber dennoch friedliche Debatte und konnte sich gemütlich über die gelungene Sendung freuen.

Diese Sendung war eindeutig „Heiß, aber fair!“.