Heiße Kurven, die nicht jede(r) scharf findet

Die Mädchenmannschaft hat mal wieder eine sexistische Werbung rausgepickt: Eine halbnackte Frau auf einem Motorrad, mit sehr eng anliegender Kleidung, die ihren Hintern in die Kamera zeigt und dabei den Kunden „heiße Chips“ verspricht.

Wieder einmal eine Werbung, die sich einzig und allein einer männlichen Zielgruppe präsentiert. Denn die weiblichen Kommentare sind in der anschließenden Diskussion- wen wundert´s- nicht sehr positiv gestimmt.

Auffällig ist aber, dass es sehr viele männliche Stimmen gibt, die diesen Spot / dieses Plakat gut finden.

Da haben wir das Problem: Eine gute Werbung sollte möglichst cool sein, aber die weibliche und die männliche Perspektive treffen. Dann müsste sie -zwangsläufig- auf eine sexuelle Orientierung zielende Bildsprache verzichten.

Oder man erschafft bewusst Marken, die nur für Männer gedacht sind und Marken, die sich nur an Frauen richten. Es gibt ja auch rosa Spielzeugpferdchen nur für Mädchen und für kleine Jungs die hellblaue Werkzeugbank.. Und für große Mädchen die Make-Up Werbung und für große Jungs die PS-starken Fahrzeugbolliden. Und für angepasste Hausfrauen die Fertiggerichte und Putzmittel-Werbung und für den Mann die eingängige Baumarkt-Melodie.

Denn wir- die Kunden- sind ja so. Wir verhalten uns stereotyp und angepasst, ergo spricht uns auch die Werbung an. Die Werbung verstärkt unsere Träume und Verhaltensweisen, überzieht sie bisweilen ins Groteske und führt zur Aufregung. Wir werden auf sie aufmerksam- und damit funktioniert sie.

Die großen Verführer- TV Rückblick

Gestern, also am 30.10.2010, sendete VOX eine vierstündige Süddeutsche TV- Reportage über die Geschichte der Werbung. Im Grunde war das eine Dauerwerbesendung, die alle 30 Minuten von Werbung unterbrochen wurde. Also vier Stunden lang nur Werbung, Werbung, Werbung…

Zuerst mal die Dinge, die mir negativ aufgefallen sind: Es ist ein absolutes Unding geworden, Sendungen die man „Dokumentationen“ nennt, die also Bildung und Wissen vermitteln sollen, immer mit diesen Promi-Kommentaren und sinnlosen Einspielern garniert. Eine Welt der Kommentare. Alles und alle ergießen sich in Meinungen und Halbwissen, und wenn jemand charmante drei Sätze zu einer Sache geredet hat, von der er keine Ahnung hat, ist anscheinend alles gesagt. Die meisten Promis waren schlecht gewählt und hatten überhaupt keinen sichtbaren und erkennbaren Bezug zum Werbe-Thema (Fritz Egner, Christian Tramitz, Gloria Gray, …. ) Und die Leute, die man aus der Werbung gewählt hatte, erfüllten eher das Klischee eines vor Selbstbewusstsein nur so strotzenden Übermenschen, der die dumme Kundenwelt mit seinem Wissen „erobern“ möchte.

Vor allem eine generelle Frauenfeindlichkeit kam dabei stark zum Vorschein: Frauen mit nackten Brüsten sehe er in der Werbung doch gern, sagte ein Kommentator, das wäre doch toll. ((soweit geht die generelle Frauenfeindlichkeit in den Medien also schon)) Und diese Werbung (das FA-Deo in der Karibik) wäre doch sehr gelungen. Die weiblichen Kommentatoren hingegen meinten, dass sie das primär abstoßen würde und nicht besonders zum Kauf animieren könnte, es sei denn, es wäre wirklich gut gemacht und passe zum Produkt.

Eine andere Prominente, die für die gleiche Marke eine Kampagne gemacht hat, wusste damals gar nichts von dem ersten Nackt-Auftritt überhaupt in der deutschen Werbung. Und wie viel hat sie dafür bekommen? 3000 DM.

Da die ganze Sendung am Anfang sehr unkritisch war und es immer nur über die genialen und tollen Ideen der Werbefilmmacher ging, stand ich nach ca. einer Stunde kurz davor, auszuschalten und mich mit etwas „Sinnvollerem“ zu beschäftigen. Die Alternativen im TV-Programm waren leider sehr dürftig (wie fast immer samstags, und die richtig guten Filme kommen dann Sonntags abends um 23 Uhr).

Nach einiger Zeit wurde die Sendung aber interessanter und auch etwas werbe-kritischer. Strukturiert wurde die Dokumentation durch informative Blöcke, die jeweils auf bestimmte Aspekte der Werbung eingingen. Werbung früher und heute, erfolgreiche Werbefilme, Autos in der Werbung, Tiere, Kinder, Schönheit, Werbung im Netz, etc.

Manipulation und Absatzsteigerung

Interessant war dabei z.B. der Beitrag, wie Kunden mit psychologischen Tricks und Apparaturen regelrecht durchleuchtet werden, um deren Kaufverhalten zu manipulieren oder welche Arten der Einflussnahme es beim Supermarkt-Einkauf gibt („Augenware“ in Augenhöhe ist mehr wert, Schokolade in Breitseite wird besser abverkauft, als wenn sie nur vom Rücken her präsentiert wird, abgepackter Käse verkauft sich in der Nähe der Käsetheke besser, usw..).

Hier zeigte sich mal kurz das wahre Gesicht der Werbemacher und der Motivation der Konsumindustrie: Wichtig ist, dass verkauft wird. Und so drängt sich manchem Kunden eines Supermarktes das Gefühl auf, die Ware steht im Vordergrund und nicht der Kunde selbst. Wenn das allerdings zu deutlich wird, wäre die Manipulation sichtbar und keiner würde mehr kaufen. Der Trick ist also, den Kunden so unsichtbar zu durchleuchten, dass er davon nichts mitbekommt, man aber dennoch die relevanten Daten erhält. Am besten erfolgt die Einflussnahme direkt über das Unterbewusstsein.

Gezeigt wurde die Gesellschaft für Konsumforschung, zum Teil angesiedelt in dem pfälzisch-statistischen Durchschnittsörtchen „Hassloch“, bei der die Fernsehwebung regional auf die Testkunden abgeändert wird, um anschließend ihr Konsumverhalten im Supermarkt zu messen. Das alles ist verdeckt, und die Testkunden wissen nicht, welche Werbung abgeändert wurde. Der Auftraggeber kann aber dennoch erkennen, ob eine Werbung „ankommt“ oder nicht.

Und das ist auch sehr wichtig, denn die durchschnittlichen „Konversionsraten“ in der Werbung sind sehr niedrig. Im Internet wird im Schnitt nur 0,1 Prozent der Werbung angeklickt, im Fernsehen schauen gerade mal 13 Prozent aller Personen die Werbespots. Die Zahl der Personen, die dann wirklich kaufen, wird noch niedriger sein. Umso wichtiger ist es, dass eine Werbung oft geschaltet wird und sich in ihrem Inhalt einprägt.

Ein wichtiges Mittel ist die generelle Marktforschung und die Erfassung von Daten. Ein Instrument wie die Payback-Karte kann dabei helfen, ist aber bei Verbraucherschützern – wen wundert es – umstritten.

Durch Werbung vermittelte Werte und Bürgerlichkeit

Ein wichtiges Kernthema war die Frage, welche Ideale und Werte über Werbung vermittelt wird. Schon schnell wurde klar, dass Werbung im Grunde die Kunstform und der Spielplatz für gut bezahlte Kreativität in einer „modernen“ Markt-und Geld-orientierten Gesellschaft ist. Dass der Kunstbegriff sich dabei selbst verkauft und sich im Grunde in eine halbseitige, bedeutungslose Kunst auflöst, wurde nicht mal ansatzweise diskutiert. Es wurde gemunkelt, dass man einen Regisseur wie Wim Wenders nur für einen Werbespot nahm, damit man einen guten Namen zum Präsentieren hat. Einzig und allein der Werbefilmmacher Charles Wilp produzierte damals für Afri Cola so etwas wie „richtige Kunst“ – mit dem Ergebnis, dass er anderen Kunden zu schrill war und sie nicht mit ihm gemeinsam in einem Block gesendet werden wollten. Er kam also an das Ende eines jeden Werbeblockes, was die Bedeutung für den Spot nur noch verbesserte. ((Spots von Wilp: http://www.youtube.com/watch?v=PmJypW0lWrQ und http://www.youtube.com/watch?v=3a1uMvWFlj0&feature=related ))

Gezeigt wurde auch ein Werbespot für eine Seife aus den 60er Jahren: Ein Ehepaar trifft auf eine alte Schulfreundin und sie verabreden sich zum gemeinsamen Kaffee trinken. Dem Mann fällt auf, dass diese Freundin aber viel jünger aussieht und dessen Ehefrau zeigt sich geschockt: Wie macht sie das bloß? Die eingespielten Promis lachen sich darüber schlapp und meinten sinngemäß, dass man dem Mann mit der Faust ins Gesicht schlagen soll ((soweit geht die generelle Männerfeindlichkeit in den Medien also schon)) , auf Grund so einer Dreistigkeit und dass das ja ein „absolutes Unding“ wäre, etc… Natürlich wäre so ein Schönheitsideal und vor allem so eine Vermittlung heute UUUN-denkbar.

Aber hat sich das heutzutage wirklich geändert? Ein paar Minuten später wird die Werbesendung von aktuellen Werbespots getrennt: Gleich am Anfang sieht man eine Beauty-Werbung, die schöneres Haar verspricht, Frauen sieht man meistens beim Backen und Kochen oder sich sorgen um ihr Aussehen und ihre Schönheit, dem heiligen Gral der Werbung überhaupt.

Promis

„Promis in der Werbung“ war ein weiterer Abschnitt in der Vox-Reportage: Meistens werten sie ein Produkt positiv auf und dieses profitiert dann von der Markt-Wirkung des jeweiligen Promis. So hat ein Michael Ballack immer noch einen hohen Bekanntheitswert, auch wenn er für die Nationalelf derzeit nicht aufläuft. Eine Verona Pooth rangiert in der Popularität und in ihrer medienwirksamen Natürlichkeit weit oben, und ist daher für die Vermarktung von Produkten interessant. Nur sollte das Produkt auch zur Person passen, was im Falle der Kik-Werbung nicht so gelungen wäre. Ein anderer negativer Effekt kann auftreten, wenn sich das Image des Promis zum Negativen wandelt, wie z.B. beim Fall Kachelmann. Grenzwertig sind auch Spots mit „Bad-Girls“ wie Paris Hilton oder allzu freizügige erotische Spots mit Kylie Minogue. Paradox dabei ist, dass ein Bad-Girl Image die Popularität und die Medienpräsenz sogar erhöht und selbst eine Gefängnisstrafe oder der Konsum von Kokain dabei nicht abwertend wirkt. Brave Mädchen sind anscheinend out und vermitteln nicht das, was man von einem „angesagten“ Produkt erwartet.

Es ist eindeutig: Werbung soll und will Einfluss auf die Köpfe und die Bewertung einer Sache nehmen. Galt es vor ein paar Jahren noch als cool und männlich, dem Camel-Mann folgend durch eine virtuelle Prärie zu reiten und dabei eine zu schmökern, ist das heute undenkbar geworden. Wie schnell sich der Geist einer Gesellschaft ändert und wie wechselhaft sie dabei ist! Aufklärung gibt es auch von der Regierung, z.B. zum Thema Aids oder Anti-Raucherspots, die ein Kind zusammen mit der Mutter an einem Tisch zeigen: Die Mutter raucht eine Zigarette und atmet ein, das Kind atmet an ihrer Statt den Rauch aus. Nett gemacht und auch sehr einprägend, aber letztendlich wieder eine „Moralkeule“.

Fazit
Insgesamt war die vierstündige Reportage gelungen. Die anfängliche Vermutung, dass hier einseitig Werbung für die Werbung gemacht wurde, bewahrheitete sich zum Glück nicht. Dennoch hätte ein bisschen mehr Konsum- und Werbekritik nicht geschadet. Und bitte, das nächste Mal andere Promis oder Leute, die sich wirklich auskennen und nicht nur zur Selbst-Präsentation gezwungen werden.

In einer Welt, in der der Großteil unserer Werte und Einstellungen über das Fernsehen und vor allem die Werbung vermittelt wird, ist es gut, wenn man sie noch ein bisschen durchschauen kann.

Oberlehrer vs. Oberlehrer

1:0 für die Diplomatie

Quo vadis, Blog? Diese Frage habe ich mir schon öfters gestellt, aber diesmal habe ich einen sehr konkreten Zusammenhang, bei dem es sich lohnt, darüber nachzudenken (finde ich). Ich frage mich derzeit, was man mit einem Blog überhaupt erreichen kann, vor allem bei den Blogs mit einem politischen Hintergrund oder die rein privaten Blogs (die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben). Der Aspekt der kommunikativen Botschaft interessiert mich, aber auch die Frage, wie wir Menschen aufeinander bezogen sind und ob das gut so ist.

Die Botschaft: ist das Ziel

Bei beiden Herangehensweisen möchte man ja etwas erreichen: Bei den politischen Blogs möchte man eine Meinung verbreiten, bei den privaten Blogs möchte man vielleicht Rückmeldung, Anteilnahme, „Freundschaften“ und Austausch im Allgemeinen. Nichts ist ohne Sinn und Absicht und ein zeitintensives Medium wie ein Blog o. Twitter schon gar nicht.

Wenn ich z.B. auf Twitter unterwegs bin, gibt es sehr viele Menschen, die mir ihrer Meinung aufs Auge drücken, ob ich will oder nicht. Das Ganze ist dann mit einem „Werbe-Spam“-Effekt zu vergleichen: Man bombardiert die anderen einfach ohne zu fragen mit politischen Ansichten und Links und hofft dann vielleicht, dass sich jemand dafür interessiert oder sogar umstimmen lässt. Ob diese Meinung überhaupt akzeptiert oder hinterfragt wird, steht nicht im Raum. Viele Meinungen stehen einfachen parallel im Raum, ohne dass die Menschen wirklich aufeinander eingehen und ich denke, dann erreicht man mit dieser Meinung auch nichts. Vielleicht gewinnt man ein paar Zustimmer, ein paar Mitläufer, die gerade zufällig im luftleeren Raum der Gedanken standen, aber seine ‚Feinde‘ wird man damit kaum überzeugen.

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