Deutschland, Februar 2024.

Die Menschen warten noch immer auf die ersehnten Lockerungen. Mittlerweile ist alles zum Erliegen gekommen, Deutschland wartet und zittert unter einer dicken Schneedecke. Die Kraftwerke fallen aus, Bettzeug, Wolldecken und die Pelze der gekeulten Tiere versprechen ein bisschen Abhilfe. Im Supermarkt sind mal wieder Kerzen ausverkauft. Luxusartikel wie „Gardinenweiß“ und „Duftlämpchen“ stehen direkt daneben, niemand kann etwas damit anfangen. Man hat zwar versucht, die Flüssigkeit der Dufterfrischer als Heiz- oder Leuchtmaterial in Petroleumlampen zu verwenden, aber diese Versuche waren nicht von Erfolg gekrönt. Außerdem war der anschließende Geruch nicht auszuhalten.

Vor den Geschäften bilden sich lange Schlangen, weil die Warenausgabe für die meisten Dinge des täglichen Bedarfs mittlerweile rationiert sind. Wenn Du ein Päckchen Schrauben oder Nägel kaufen willst, weil zu Hause etwas wackelt oder repariert werden muss, musst Du es umständlich über eine Online-Webseite bestellen. Dann bekommst Du einen Barcode, den du auf kostbaren Papier ausdrucken musst und dann musst du dich in eine lange Schlange stellen und wenn Du Glück hast, gibt es noch diese Schrauben. Und in der Schlange vor der Online-Ausgabe stehen dann doch wieder Menschen in Gruppen zusammen.

Alle Menschen rennen mit diesen Masken herum, weil das Coronavirus immer noch wütet. Niemand ist mehr zu erkennen, manche Menschen haben sich zusätzlich einen dicken Schal um den Hals gewickelt. Man sieht nur noch die Wolke ihrer Atemluft. Niemand weiß mehr, wie der andere aussieht. Und das ist auch gut so, denn Friseurbesuche sind jetzt seit ca. 3 Jahren nicht mehr möglich. Viele haben sich selbst Schere oder Bartschneider gekauft, manche haben auch „unter der Hand“ Termine mit ihren früheren Lieblingsfriseuren ausgemacht. Es ist nicht mehr so wichtig, „hübsch“ zu sein, dieser Luxus ist einfach aus unseren Köpfen verschwunden. Der Kontakt zu anderen Menschen ist immer mindestens auf zwei Meter Abstand begrenzt. Niemand trifft mehr Freunde und gemeinsame Partys musste man schon vor vielen Jahren einstellen. Gut, für die Leute die eine große Kernfamilie haben und dort immer alle sehen können. Aber die gelobten Singles aus dem letzten Jahrtausend sind jetzt alle einsam und allein. Früher wurden sie geliebt und gefeiert, die verspielten jungen Frauen, die auf einer Plattform namens Instagram posierten und Selfies machten. Unabhängigkeit, Freiheit und Schönheit waren starke Werte, mit denen neue Follower gewonnen worden sind. Alle redeten über Freundschaften und soziale Kontakte. Es wurde als Allheilmittel gegen alles verkauft, heute kann es sich keiner mehr leisten, denn aus dem „Allheilmittel“ ist eine „Gefährdung“ geworden. Mittlerweile werden die ehemaligen Heldinnen des Social Media nur noch belächelt. Auch Social Media wird es bald nicht mehr geben. Ohne Soziales brauchst du auch keine „Sozialen Medien“ mehr. Jede Frau möchte jetzt eine Familie und Kinder, das ist die neue Lebensform, die „in“ ist. Es wird wieder gebacken und gekocht, wie damals in den 70er Jahren. Und statt großer Reisen unternehmen wir jetzt Ausflüge in die Welt der Puzzles und Gesellschaftsspiele. Frauen verschwinden zunehmend aus der öffentlichen Wahrnehmnung. Jetzt sind wieder die Falken am Drücker. Männer, die das öffentliche Leben härter und unangenehmer machen. Mit kritischen Worten beißen sie um sich und stutzen alle schwachen Menschen dahin, wo sie hingehören. Wer sich nicht wehren kann, in dieser rauen Welt, geht unter.

Gegen diese neuen Härten des Lebens hilft nur noch Rückzug und Betäubung.
Wenn es irgendwo Alkohol im Sonderangebot gibt, kaufen die Menschen ihn wie bekloppt. Die Supermärkte sind die legitimierten Dealer der Pandemie. In ihnen bekommst du noch alles, was dein Leben einigermaßen erträglich macht. Abends musst du dich dann in die Traumwelt der Medien flüchten. Alkohol und Traumwelten, vielleicht noch eine Schachtel Antidepressivum. So kommen wir gut durch den Winter.

Der Kopf friert unterdessen am Kopfkissen fest. Alle bösen Menschen können jetzt machen was sie wollen, denn die guten Menschen sind von der Welt abgeschnitten. Die öffentliche Ordnung wird langsam untergraben. Die Fußgängerzonen und Gewerbegebiete stehen ja schon lange leer, es dauert nicht lange und finstre Menschen kommen stehen jetzt auf die Bildfläche. Sie wissen, die Gunst der Stunde zu nutzen. Für sie ist es kein Nachteil, dass der Staat und die Gesellschaft erodieren. Sie nutzen die Schwachstellen geschickt aus.

Neben den Verbrechern haben es sich alle radikale Menschen gemütlich gemacht. „Querdenker“, die jetzt Botschaften unter das Volk mischen, die wie Valium wirken. „Reichsbürger“, die mit abstrusen Gedanken die einfach gestrickten Menschen auf ihre Seite ziehen. Die Vollzieher des Unrechts, große Plattformen aus den USA dienen als ihr Vehikel. So arbeiten sie alle am Untergang unserer Zivilisation. Die großen amerikanischen Versandhändler stampfen ein Verteilzentrum nach dem anderen aus dem Boden und sie sind nicht aufzuhalten. Die Politik hat ihnen sogar geholfen, indem sie die kleinen Ladenflächen als „teufliches Unding“ gebrandmarkt haben und indirekt die Großen stark gemacht hat. In den Fast Food Ketten dieser Welt bekommst du noch dein tägliches Fressen. Friss, schluck es runter und erfreue dich am Niedergang deines Landes.

Ich habe einen Traum. Ich bin weit weg in einer Stadt, in der Sommer ist. In der Ferne sehe ich Berge, die im Abendrot rötlich schimmern. Die warme Sonne strahlt auf meiner Haut. Vor mir liegt ein Tag mit touristischen Ausflügen und voller Freiheit. Ich bin mit lieben Menschen unterwegs. Es ist Sommer. Ich bin gerade in einer überfüllten Straßenbahn gefahren und einfach da ausgestiegen, wo ich Lust drauf hatte. Dieses herrliche Gefühl der Freiheit ! Da am Straßenrand ist ein Eisstand , der leckere Süßigkeiten und Softeis verkauft. Ich überlege, wie ich meine „Vanilla Icecream“ auf Englisch bestellen soll. Aber der Verkäufer kann sogar Deutsch. Er ist ein ausgewanderter Staatsbürger.

Ich bin in einer besseren Welt angekommen.

Dann wache ich auf.

Auf dem Boden der Tatsachen

Das Jahr dümpelt so vor sich hin. Es fängt genauso an, wie das letzte Jahr aufgehört hatte. Einsam, alleine, sitzen wir in unserem Atombunker. Kochen, essen, fernsehen. Langeweile.
Pläne für die Zukunft, die bis jetzt aber nur aus Gedanken bestehen. Kleine, krakelige Skizzen, die ich nicht wirklich ausmalen kann.

Noch nichtmal auf Shoppen hab ich richtig Lust. Keine „Kauffreude“, wie man so schön sagt. Die einzigen Highlights des Tages sind Essen und Spaziergänge.

Pläne für Reisen liegen auf Eis, ich habe noch nichtmal mehr Lust darüber nachzudenken. Dabei hatte ich soviel vor: Alle europäischen Hauptstädte wollte ich sehen, mal in die USA fliegen, mal etwas von Asien sehen.
Letztes Jahr hatte ich den Französisch-Kurs belegt, damit ich endlich mal wieder nach Paris komme. Und jetzt? Bin ich schon froh, wenn meine Autotouren länger als 20 km sind. Jeden Wanderweg kenne ich in-  und auswändig, in jedem Naturschutzgebiet bin ich schon dreimal gewesen.
Dieser Verlust an Kultur und Vielfalt ist besonders schwer zu ertragen.

Noch nichtmal mehr auf Instagram kann man sich in den schönen Traumbildern verlieren, weil keine neue mehr produziert werden.

Bali, Mallorca, New York oder Dubai: Das alles erscheint so weit weg, so irreal, das ich manchmal denke, vielleicht war es doch nur ein Traum?

Passend zur äußeren Krise werden im neuen Jahr meine Augen schlecht. Als ob ich nichts mehr sehen kann. Nichts mehr sehen möchte. Ich werde wie ein Maulwurf und ziehe mich unter die Erde zurück.
„Klopf .. Klopf .. “ nur noch die Geräusche der Regenwürmer und Käfer über mir, die ab und an auf meinen Teller plumpsen.

Ansonsten Stille. Regen. Schnee. Wind.

Corona hat die Menschheit in eine kollektive Depression geschickt. Alle leiden. Alle werden getroffen.
Heute habe ich etwas über die Zahl der Impfdosen gelesen, die benötigt werden, um alle Menschen zu impfen. Sie erschien mir unglaublich hoch.
Irgendwas mit 12 Milliarden Dosen oder so. Und welche Mengen hochwertigen Glases man braucht, um diese Dosen sicher von Ort zu Ort zu transportieren. 8000 Flugzeuge sind erforderlich und das mit der Kühlung ist besonders kompliziert. Man benötigt sogar Sensoren, um die Temperatur des Trockeneises zu überwachen, damit es nicht vorschnell in den gasförmigen Zustand übergeht…

Es wird eine Meisterleistung werden müssen, wenn die Menschheit ihr altes Leben zurück haben möchte.
Und vieles wird danach ganz anders sein als vorher. Wir werden über die Dinge neu nachdenken müssen. Luxus wird uns stärker erscheinen als vorher. Vielleicht werden wir auch wieder mit weniger zufrieden sein?

Erstaunlich, dass ich dennoch so gut drauf bin. Hin und wieder blitzt ein Geistesblitz auf. Die Erinnerungen an gemeinsame Aktivitäten jenseits der eigenen Wohnung verblassen zwar, aber sie sind noch da.

Ca. heute vor einem Jahr hatte ich das letzte große Instagram-Treffen mit meiner Mädels-Gruppe. Ich hatte es gerade erst gegründet.
Eigentlich sollte es „gemischt-geschlechtlich“ werden. Aber wie der Zufall so will, haben sich dann doch nur Frauen eingefunden, als eine Frau dazu aufgerufen hatte. Die Männer „hatten keine Zeit“ (und wollten anscheinend auch keine weibliche Führung). Soviel zur Gleichberechtigung. Ich wollte gerade darüber lachen, es wegwischen und dann weitermachen.

Es fing gerade an, mir soviel Spaß zu machen. Kontakte bildeten sich, neue Menschen kamen zusammen. Ich hatte großes vor. Es fühlte sich gut an, Menschen zusammen zu bringen.
Und nun liegt alles am Boden. Viele Restaurants werden wir nie wieder besuchen können. Viele Geschäfte nie wieder von innen sehen.

Viele Marken werden aus unserem Bewusstsein verschwinden. Vieles wird sterben, und vieles werden wir verlieren. Es gibt „kein Zurück“ mehr. Der große Knall des 21 Jahrhunderts ist da. Passend in den „20er Jahren“, ähnlich wie im vergangenen Jahrhundert, als die großen Krisen auch in den 20er Jahren kamen.

Unser Einkaufsverhalten wird sich auch langfristig ändern. Die Geschäfte werden nie wieder so einen großen Überfluss anhäufen, weil dann immer die Gefahr besteht, dass sie auf diesen Konsum-Bergen sitzen bleiben. Die Zukunft ist ein Stück weit „unberechenbar“ geworden. Dass es immer nur oben geht, ist eine Vorstellung aus dem letzten Jahrhundert. Dieses aber ist anders. Man wird wieder die Produktion „in das eigene Land“ holen. Die zu große Abhängigkeit von anderen ist Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können. Auch wenn man augenscheinlich „billiger produziert“ ist das kein Vorteil wenn „gar nichts mehr produziert wird“ oder im Zweifelfall diejenigen Länder Impfstoff oder Schutzmasken bekommen, die die besseren Fabriken haben und mehr Dollars auf den Tisch legen. Die Globalisierung wird sich zwangsläufig verändern. Derjenige, der am besten auf sich selbst aufpassen kann, wird am stärksten sein. Vielleicht gibt es auch eine „Re-Nationalisierung“. Wir werden nicht mehr den Luxus haben, auf Kinder und Jugendliche zu verzichten und unsere Gesellschaft für das Geld „altern zu lassen“. (Denn Kinder kosten ja Geld und eine reiche Gesellschaft verzichtet nur zu gerne auf dieses unangenehme Etwas). Wir werden wieder mehr auf unsere eigene Gesundheit achten müssen. Mehr gegen das Übergewicht tun. Mehr für unsere Lunge.

Wir werden die Mitmenschlichkeit stärker pflegen müssen. Wir werden noch mehr auf uns aufpassen müssen. Das Virus lehrt uns, dass wir nicht unbesiegbar oder gottgleich sind. Und das ist ein kleiner Lichtblick, ein kleiner Hoffnungsschimmer auf eine bessere Zukunft – bei all den schlechten Nachrichten.