Und darüber hinaus

Gut, heute kann ich den Sonntag Mittag mal nutzen, ernsthaft über das nachzudenken, was ich gestern noch eher witzig beschrieben habe. Die Blog- und Schreibkrise, die mich schon so lange erfasst. Ist das nicht ein bisschen peinlich? Normalerweise funktionieren Menschen einfach, das ist der Idealzustand, die Redaktion sagt bis dann und dann sind diese und jene Artikel zu schreiben und der Autor schreibt einfach drauf los. Es ist ein Job, man bekommt ein bisschen Kohle dafür jeden Monat aufs Konto, wahrscheinlich immer zu wenig, man mobbt ein bisschen die Kollegen in der Kantine, man schleimt sich beim Chef ein.. tja, dann geht’s nächstes Jahr eine Etage höher und der Schreibtisch wird größer und das Bankkonto gefüllter. Ist eigentlich eine gute Sache, so eine Festanstellung.

Warum zum Teufel hab ich dann alles weggeschmissen, was mich je in diese Richtung führen könnte? Warum musste ich mich ausgerechnet für dieses unsichere und luftige Medium Blog und Schreibhandwerk entscheiden?

Als Autorin scheint es zuerst ein besseres, ein freieres Arbeitsfeld zu sein, aber schon bald entpuppen sich die ersten Nachteile. Man muss darüber nachdenken und entscheiden, ob man sich darauf einlassen möchte. Blogs bieten Vorteile, aber eben auch Nachteile und mit denen muss man leben, sich engagieren.

Wichtig ist, dass die Vorteile überwiegen und die Nachteile verdrängen. Wenn es eher umgekehrt, wie bei mir zur Zeit ist, ändert sich die Perspektive und die Motivation stirbt.

Ich sehe das ganz nüchtern und bin auch nicht traurig darüber. Ich habe mich freiwillig darauf eingelassen, also sollte ich auch nicht traurig sein, wenn es nun freiwillig endet. Niemand zwingt mich dazu, ich hatte keinen Streit, nur mit mir selbst vielleicht.

Als freie Autorin hat man keinen Chef, keine Termine und meistens auch kein Einkommen. Es ist eine Tätigkeit, die ich nur auf der Basis von anderen Tätigkeiten erfüllen kann und das meistens nur dann, wenn die mir freie Zeit zur Verfügung stellen. Die Selbst-Disziplin ist eine ganz wichtig Schlüsselqualifikation in den freien Berufen und nur schwer zu erlernen. Auf Unis wird ja im Moment auch eher das Gegenteil gelehrt und mit Master/ Bachelor Studiengängen die Verschulung und das Lernen nach Plan gefördert ( = akademische Fehlentwicklung).

Viele mögen vielleicht denken, als Hausfrau kann ich mich jederzeit an die Kiste setzen und stundenlang Texte verfassen, aber dem ist nicht so. Für mich gehen die anderen Dinge stets vor, die Hausarbeit, die Beziehung und die freiberufliche Tätigkeit, über die ich hier im Blog aus guten Gründen nichts schreibe, weil es eine andere Welt ist.

Das Blog ist dann das, was von der anderen Welt freigestellt wird und übrig bleibt, meine Freizeit also, meine persönliche Identität, mein Ich, das nach Entfaltung drängt und meistens alles andere mitzieht, bremst oder beeinflusst.

Da mein Leben drumherum im Moment auch im Wandel ist, ist es kein Wunder, dass auch dieses Freizeit-Medium Blog im Wandel ist. Ich bin im Moment streng mit mir selbst, ich möchte Erfolge haben, ich will meine Energie nicht verschwenden. Ein Blog aber ohne persönlichen Einsatz und Energie zu führen, ohne emotionale Bindung und Streben nach vorn, geht überhaupt nicht. Dann kann man gleich zumachen oder ein Kiosk eröffnen, wo man den ganzen Tag nur rumsitzt und emotional unbeteiligt Artikel abkassiert.

Initiative ist das A und O beim Schreiben, oft wird die eigene Initiative durchs Schreiben erst wachgerufen, wachgerüttelt und erkannt. Ständiges Schreiben oder ständiges Reden ist also die beste Methode, die beste Prophylaxe, nicht rückfällig zu werden.

(Wie ich in den letzten Artikeln ja auch angedeutet habe, führt das Nicht-Schreiben und Nicht-Sprechen auch zu unangenehmen Nebenwirkungen.. wie Depressionen und seelische Abgründe, insofern ist das Schreiben etwas Überlebenswichtiges).

Gut, weg von der Seele muss man die marktwirtschaftlichen Fakten in der Blogosphäre sehen. Was will man? Möchte man eine Top-Bloggerin werden? Dann geht es nicht ohne Zeit, das ist ein Vollzeit-Job. A-Blogs gibt es bekannter weise nur wenige und die stärksten erreichen diese Höhen. Das einfache Schreib- und Fußvolk muss sich damit begnügen die heruntergefallenen Leser-Brotkrumen aufzusammeln und sich daran zu laben.

Wir haben eben keine breite Basis-Demokratie, was ein Idealzustand wäre, sondern immer die Tendenz, dass sich wenige Personen an die Spitze von Entscheidungs- und Meinungsprozessen setzen und diese dann von da aus lenken. Als einfache Bloggerin da etwas ändern zu können, ist also reine Utopie und es ist gut, dies frühzeitig zu erkennen, weil es vor Enttäuschungen schützt.

Auch das Geld-Verdienen ist in der Blogosphäre nicht so einfach. Derzeit gibt es eindeutig die Tendenz weg von den freien Inhalten hin zu bezahlten Inhalten. Auch da muss man sich ständig fragen, ob man überhaupt noch freie Texte anbieten möchte und was einem das – salopp gesagt- überhaupt noch einbringt?

Wenn man ein rein privates Blog betreibt, ist das alles nicht relevant, aber es liegt in der Natur des Menschen, sich stets zu perfektionieren und mehr aus dem eigenen Leben/ Werk zu machen, als momentan möglich ist und das ist ein wichtiger und notwendiger Antrieb.

Im Moment wäge ich das alles sehr genau ab, aber ich komme zu keinem eindeutigen Schluss. Es gibt ihn vielleicht nicht, es gibt keine 100 Prozent, die man im Vorfeld messen kann.

Manchmal muss man sich einfach drauf einlassen.

Die meisten und wichtigsten Erkenntnisse kommen beim Tun, beim Erleben und nicht nur beim reinen Nachdenken oder Grübeln über etwas.

Und nicht immer hat nur das Messbare und Verkäufliche einen Wert.. das eine beeinflusst das andere und umgekehrt.

..

Ich wünsche zum Schluss allen Lesern einen schönen 1. Advent und einen geruhsamen, stressfreien Sonntag!

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